Christliche Ethik im Religionsunterricht - Amt für kirchliche Dienste
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<strong>Religionsunterricht</strong> vor. Der Verlag Vandenhoeck & Ruprecht<br />
bringt ein neues kompetenzorientiertes Unterrichtswerk <strong>für</strong> den<br />
Evangelischen <strong>Religionsunterricht</strong> an Haupt- und Realschulen<br />
heraus: Von RELi + wir liegt der erste Band <strong>für</strong> die Klassen 5,6,<br />
und 7 vor. Daneben arbeitet der Verlag an einer Neuauflage seines<br />
vier Doppeljahrgangsbände (5/6, 7/8, 9/10, 11+) umfassenden,<br />
auf das Gymnasium zielenden Unterrichtswerkes Religion entdecken<br />
– verstehen – gestalten; hier liegen die ersten beiden Bände<br />
vor. 2 Das Unterrichtswerk geht nicht von einem geschlossenen<br />
religionspädagogischen Konzept aus, sondern von einem Zusammenspiel<br />
zwischen traditionserschließenden (hermeneutischen),<br />
problemorientierten und symboldidaktischen Strukturen, das der<br />
2006 verstorbene Göttinger Religionspädagoge Peter Biehl, der<br />
Spiritus Rector dieses Religionsbuches, in zahlreichen Veröffentlichungen<br />
entfaltet hat. Die Schülerbände sind ansprechend<br />
gestaltet, enthalten Karten in den Buchinnenseiten, auf die <strong>im</strong>mer<br />
wieder verwiesen wird, und zeichnen sich durch ganzseitige<br />
Abbildungen in hoher Qualität aus. Jeder Band umfasst zwölf Kapitel,<br />
die durch einen gemeinsamen Aufbau gekennzeichnet sind:<br />
Am Anfang lädt eine ganzseitige Abbildung zu einen Einstieg in<br />
die Thematik ein. Am Ende des Kapitels wird unter der Überschrift<br />
„…wie mache ich das?“ eine Methode vorgestellt. Dann<br />
folgen in einem Block zusammengestellt die Aufgaben, Impulse<br />
und Projektideen zu einzelnen Materialien. Hier zeigt sich m. E.<br />
die große Stärke des Unterrichtswerkes, das so den ästhetischen<br />
Eigenwert und die Bedeutungsvielfalt der Materialien schützt,<br />
den Schüler/innen Raum <strong>für</strong> eigene Zugänge zu den Materialien<br />
und den Lehrer/innen Aufgaben anbietet, aber sie nicht dadurch<br />
gängelt. Den Abschluss jedes Kapitels bildet eine Seite, auf der<br />
unter der Überschrift „Entdeckt, verstanden und gestaltet“ die<br />
Kompetenzen, auf die das Kapitel zielt, formuliert werden („ich<br />
kann/kenne/weiß…“), sodass die Schülerinnen und Schüler ihren<br />
Lernzuwachs selbst überprüfen können.<br />
Die Frage nach dem ethisch angemessenen Urteilen und Handeln<br />
scheint in einzelnen Kapiteln durch und wird in der Regel in Anknüpfung<br />
an biblische Texte in den Aufgaben aufgegriffen, z. B.<br />
<strong>im</strong> Exodus-Kapitel des Bandes 5/6 <strong>im</strong> Zusammenhang mit den<br />
10 Geboten. Explizit wird sie in dem Kapitel „Nächstenliebe“<br />
des Bandes 7/8 thematisiert. 3 Dieses Kapitel ist ein gelungenes<br />
Beispiel <strong>für</strong> die Verschränkung von traditionserschließenden,<br />
problemorientierten und symboldidaktischen Strukturen, ebenso<br />
die Kapitel „Sehnsucht nach Gerechtigkeit“, „Glaube und Naturwissenschaft“<br />
und „Schuld und Vergebung“ in dem (bisher nur in<br />
1. Auflage vorliegenden) Band 9/10, in denen deutliche Bezüge<br />
zu christlicher <strong>Ethik</strong> hergestellt werden. Es wäre wünschenswert,<br />
dass in der kompetenzorientierten Neuauflage dieses Bandes ein<br />
Schwerpunkt auf Förderung der Methodenkompetenz <strong>im</strong> Hinblick<br />
auf ethische Urteilsfindung liegen wird.<br />
Ulrike Häusler ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Religionspädagogik<br />
an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin.<br />
..............................<br />
1 Vgl. das an die Schülerinnen und Schüler adressierte Vorwort in allen drei<br />
Bänden des Kursbuch Religion Elementar.<br />
2 Die Werkbücher mit Materialien <strong>für</strong> Lehrerinnen und Lehrer sind noch nicht<br />
überarbeitet, sie beziehen sich auf die 1. Auflage. Sehr hilfreich <strong>für</strong> die Arbeit<br />
mit dem Lehrwerk sind die Bild-CD und die CD mit Arbeitsblättern zu allen<br />
Kapiteln der Schülerbände <strong>für</strong> die Sekundarstufe I.<br />
3 Dieses Kapitel wird <strong>im</strong> folgenden Beitrag von Salome Soldanski analysiert.<br />
Vgl. dazu auch das Arbeitsblatt „Dem Menschen am Rande eine St<strong>im</strong>me<br />
geben“ zu einem diesem Kapitel entnommenen Gedicht <strong>im</strong> Materialteil: In<br />
Abgrenzung zu der <strong>im</strong> Buch angegebenen Aufgabe entwickelte die Studentin<br />
Carolin Volkmar die Idee <strong>für</strong> eine neue, auf Perspektivenwechsel zielende<br />
Aufgabe.<br />
1•2010 ZEITSPRUNG I medien<br />
medien<br />
Salome Soldanski<br />
Unter die Lupe genommen: Das Kapitel „Nächstenliebe“ in Religion<br />
7/8 entdecken-verstehen-gestalten<br />
„Nächstenliebe“ ist das erste Kapitel des Lehrwerks Religion 7/8<br />
entdecken – verstehen – gestalten in der 2., überarbeiteten Auflage<br />
von 2008. Wie jedes Kapitel, so beginnt auch dieses mit einem<br />
Bild und der großen farbigen Kapitelüberschrift auf der ersten<br />
Seite. Das Bild zeigt vier ineinander verflochtene Hände und bietet<br />
einen einladenden Einstieg in die Thematik der Nächstenliebe.<br />
Die am Ende des Kapitels folgenden Aufgaben regen dazu an,<br />
die Hände „sprechen“ zu lassen und Handhaltungen und Gesten<br />
<strong>für</strong> helfendes und liebevolles Handeln sowie <strong>für</strong> zerstörerisches<br />
und gewaltsames Handeln auszuprobieren. Bei den nachfolgenden<br />
Seiten handelt es sich um Bilder verschiedener Künstler, Stile und<br />
Epochen und unterschiedliches Textmaterial: ein Gedicht , das<br />
durch ein Bild flankierte Gleichnis vom barmherzigen Samariter,<br />
die Geschichte „Mannis Sandalen“ von Ursula Wölfel über einen<br />
geistig behinderten Jungen, eine Kurzbiographie Friedrich von<br />
Bodelschwinghs, Fotos, die das Leben in Bethel heute abbilden,<br />
ein Zeitungsartikel über die Hamburger Tafel, ein Werbeplakat<br />
<strong>für</strong> Brot <strong>für</strong> die Welt, eine Geschichte von Josef Reding, die von<br />
Fahrerflucht handelt, eine Projektidee, die überschrieben ist mit<br />
der Kategorie „Lernen <strong>für</strong>s Leben“. Am Ende des Kapitels weist<br />
eine Doppelseite auf Aufgaben – Impulse – Projektideen zu den<br />
verschiedenen Materialien hin. Die letzte Seite stellt unter dem<br />
Titel „Entdeckt, verstanden, gestaltet“ einen Überprüfungsrahmen<br />
<strong>für</strong> den Schüler bezüglich seiner neu erworbenen Kompetenzen<br />
dar. Die aus Schülerperspektive formulierten Kompetenzen sind<br />
nachvollziehbar auf die Materialien bezogen.<br />
Insgesamt erscheint das Kapitel ausgewogen. Kritisch betrachtet<br />
fällt auf, dass Nächstenliebe überwiegend in institutionalisierter<br />
Form dargestellt wird (Bethel/Tafel/Brot <strong>für</strong> die Welt), die Nächstenliebe,<br />
die einfach zwischen zwei Menschen geschieht, kommt<br />
nur <strong>im</strong> Gleichnis zum Ausdruck. Wichtig <strong>für</strong> ein Schulbuch ist,<br />
dass es an die Erfahrungswelt der Schüler anknüpfen kann. In dieser<br />
Hinsicht weist das Buch Mängel auf, die umso mehr erstaunen,<br />
wenn man das Erscheinungsjahr des Buches berücksichtigt. Die<br />
Geschichte von Ursula Wölfel lässt sich in diesem Zusammenhang<br />
als ein gutes Beispiel heranziehen. „Mannis Sandalen“ hat Wölfel<br />
1970 geschrieben. Die Darstellung des geistig behinderten Jungen<br />
lässt sich als stereotyp umschreiben (groß, stark, sabbernd). Die<br />
Doppelseite „Aufgaben – Impulse – Projektideen“ bietet zu dieser<br />
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