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eNVenta-Magazin Nr.3 - Nissen & Velten Software GmbH

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Das Altinger Konzept<br />

Eine andere Schule 94 Prozent in Arbeit und Ausbildung<br />

Wenn das deutsche Bildungssystem gegenwärtig<br />

für Schlagzeilen sorgt, geht es meist<br />

um Mängel. Doch es gibt auch Leuchttürme<br />

in Deutschland. Schulen, in denen Lehrer mit<br />

großem Engagement für die Bildung, die Persönlichkeitsentwicklung<br />

und die Zukunft ihrer<br />

Schüler arbeiten. Eine von ihnen ist die Schule<br />

im baden-württembergischen Altingen, die im<br />

Jahr 2008 den Deutschen Schulpreis gewonnen<br />

hat.<br />

„Früher wurde die Lebenswirklichkeit in der Schule<br />

weitgehend ausgeblendet. Wir legen hingegen<br />

größten Wert darauf, die Lebenswirklichkeit in die<br />

Schule zu holen“, erklärt Ulrich Scheufele, Rektor<br />

der Grund- und Werkrealschule Ammerbuch.<br />

Dazu kooperiere die Schule mit einem großen Netzwerk<br />

von Experten und Unterstützern, welches<br />

unter anderem Industrieunternehmen, die IHK,<br />

Gewerkschaften, Kirchen, örtliche Handwerker,<br />

Schauspieler, Berufsberater und viele weitere<br />

Professionen umfasse. Viele von ihnen kommen<br />

im Projektunterricht, der ein wichtiger Bestandteil<br />

des Schullebens ist, zum Einsatz.<br />

Ein Beispiel für den starken Praxisbezug ist die<br />

Schulfirma „Altina“: So nennt sich das Unternehmensgründungsprojekt,<br />

das alle Schüler des<br />

achten Jahrgangs auf die Beine stellen und dann<br />

ein Jahr lang managen. Hier lernen die Schüler,<br />

unternehmerisch zu denken und zu handeln.<br />

Von der Existenzgründungsberatung - unter Beteiligung<br />

der IHK - über den Prototypenbau, die<br />

Marktanalyse und die Verhandlungen über die<br />

Kreditaufnahme - unter Beteiligung des örtlichen<br />

Bankfilialleiters - bis hin zu Produktion, Marketing<br />

und Vertrieb lernen die Schüler Teile der Arbeitswelt<br />

praxisnah kennen. Zum Schuljahresende<br />

wird die Schulfirma schließlich liquidiert und der<br />

Gewinn ausgeschüttet. Produziert wurden in der<br />

Vergangenheit zumeist Büromaterialien, aber<br />

zum Beispiel auch Fledermausnisthöhlen.<br />

Auch das Haus der Schülermitverantwortung<br />

(SMV), das seinen Platz in einem von den Schülern<br />

in Kooperation mit Handwerkern umgebauten<br />

Buswartehäuschen gefunden hat, ist ein<br />

selbstverwaltetes „Unternehmen“. Neben der<br />

Projektpraxis lernen die Schüler die „richtige“<br />

Arbeitswelt aber auch durch regelmäßige Praxistage<br />

und individuelle Praktika in den örtlichen<br />

Betrieben kennen. Mit diesen arbeitet die Schule<br />

kontinuierlich zusammen.<br />

24<br />

www.nissen-velten.de <strong>eNVenta</strong> - DAS MAGAZIN 1/2011<br />

Schlüsselqualifikationen, welche die Schüler<br />

erwerben, sind die Fähigkeit, sich selbst einzuschätzen,<br />

Prozesse zu analysieren und vernetzt<br />

zu denken. Darüber hinaus lernen sie Teamfähigkeit<br />

und die Lösung von Konflikten. Insofern<br />

überrascht es auch nicht, dass die Schüler der<br />

Altinger Schule von den regionalen Firmen gerne<br />

eingestellt werden. Die Schulleitung hat den<br />

Verbleib der Absolventen der Jahrgänge 1998<br />

bis 2005 untersucht. Das Ergebnis kann sich sehen<br />

lassen: 94 Prozent waren in Ausbildung oder<br />

Arbeit. Bei 3 Prozent war der Verbleib unklar und<br />

nur 3 Prozent befanden sich in berufsvorbereitenden<br />

Maßnahmen.<br />

Doch die Verzahnung mit der Arbeitswelt ist nur<br />

eine von vielen Facetten des Altinger Konzepts.<br />

Mindestens ebenso wichtig ist der Anspruch der<br />

Schule, eine „Gesellschaft im Kleinen“ zu sein.<br />

Ulrich Scheufele sagt dazu: „Wir vermitteln Prinzipien<br />

und Werte wie Demokratie, Toleranz, Gerechtigkeit,<br />

Fürsorglichkeit und Zivilcourage, indem<br />

wir sie täglich leben.“ Das heißt, die Schüler<br />

gestalten möglichst viele Prozesse innerhalb der<br />

Gemeinschaft Schule aktiv mit. Ihre Teilhabe soll<br />

die Identifikation mit der Schule erhöhen und die<br />

Bereitschaft fördern, Verantwortung für sich und<br />

andere zu übernehmen. Ganz praktisch äußert<br />

sich das zum Beispiel in der wöchentlichen Schülerversammlung.<br />

In diesem Parlament der Schüler<br />

hat der Klassenlehrer ebenso wie die Schüler nur<br />

eine Stimme, kann also auch einmal überstimmt<br />

werden. Ein Vetorecht hat er nur, wenn die Menschenwürde<br />

in Gefahr ist oder die Schulordnung<br />

verletzt wird, was in der Praxis sehr selten vorkommt.<br />

Gibt es schwelende Konflikte innerhalb<br />

einer Klasse kann die Schülerversammlung auch<br />

ad hoc einberufen werden. Konfliktbewältigung<br />

ist ein wichtiges Anliegen von Ulrich Scheufele.<br />

Wöchentliche Schüler-<br />

versammlung in der<br />

Klasse: Schüler und Lehrer<br />

haben eine Stimme.

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