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Magazin #16 - Der Club zu Bremen

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Georg Skalecki<br />

Nach dem Weltkulturerbe Rathaus ist das wichtigste profane<br />

Bauwerk in <strong>Bremen</strong> sicherlich der Schütting. Seine Bedeutung<br />

als repräsentativer Sitz der traditionsreichen Bremer Kaufmannschaft<br />

spiegelt sich in seiner architekturgeschichtlichen Stellung<br />

wider. 1536 bis 1538 ist der Schütting als Gildehaus der Bremer<br />

Kaufleute von Meister Johann dem Buschener errichtet worden,<br />

ein prächtiges Renaissance-Gebäude, das sich dem Rathaus, das<br />

seit 1405 die Nordseite des Marktplatzes einnahm, selbstbewusst<br />

gegenüberstellte. Nach dieser ersten Bauphase entschied<br />

man sich bereits 1565 da<strong>zu</strong>, Veränderungen durch<strong>zu</strong>führen,<br />

indem man den Ostgiebel mit reichem zeittypischem Renaissancedekor<br />

schmückte. Diese Maßnahme geht auf Karsten Husmann<br />

<strong>zu</strong>rück. Dass man sich sehr bewusst moderner Formen<br />

bediente, zeigt eine so<strong>zu</strong>sagen schon damals „globalisierte und<br />

weltoffene Ausrichtung“ der Bremer Kaufleute. Wir finden viele<br />

Motive, die der aktuellen italienischen Architektur entlehnt wurden,<br />

Architekturformen eines internationalen Renaissancestils.<br />

Weitere 30 Jahre später, 1594 bis 1596, wurde als neuerliche<br />

bereichernde Anpassung die Marktfront durch Lüder von Bentheim<br />

umgestaltet, indem diese eine Attikabalustrade und ein<br />

großes Zwerchhaus mit reichem Bildprogramm erhielt. Gleichzeitig<br />

wurde das Dach neu gedeckt, diesmal in Kupfer, <strong>zu</strong>vor besaß<br />

es eine Schebelplattendeckung. Damit brachte man das Bauwerk<br />

wieder auf den Stand der Kunstformen der aktuellen Zeit. <strong>Der</strong><br />

letzte Eingriff fand 1895 bis 1899 statt. <strong>Der</strong> Bremer Dombaumeister<br />

Max Salzmann plante eine <strong>zu</strong>rückhaltende Umgestaltung der<br />

Marktfront. Dabei entstand die heutige Freitreppe mit dem Portal<br />

und dem viel zitierten Wahlspruch: „BVTEN VN BINNEN,<br />

WAGEN VN WINNEN“.<br />

<strong>Der</strong> Bau des Schütting des 16. Jahrhunderts war architektonisch<br />

eine klare Reaktion auf den Rathausneubau von 1405. Die Kaufleute<br />

wollten den Ratsherren eine selbstbewusste Antwort mit<br />

ihrer Standesvertretung geben. Beim Umbau von 1594 setzten<br />

die Kaufleute mit ihrer neuen Fassadengestaltung außergewöhnliche<br />

Akzente. Die Attikabalustrade, das Zwerchhaus und der rei-<br />

29<br />

che Figurenschmuck waren moderne Motive und ohne Frage vorbildhaft<br />

für den dann einige Jahre später erfolgten Umbau des<br />

Rathauses. Somit gab es hier in <strong>Bremen</strong> eine künstlerisch konkurrierende<br />

und sich gegenseitig befruchtende Situation, die die<br />

besondere Bedeutung des Schütting neben unserem Weltkulturerbe<br />

Rathaus unterstreicht.<br />

In diesem baulichen Zustand traf den Schütting das schwere<br />

Schicksal, dass im Oktober 1944 Bombentreffer ihn erheblich<br />

beschädigten. Jetzt im Jahr 2009 können wir uns über die endgültige<br />

Beseitigung der Kriegsschäden freuen. Jetzt befindet<br />

sich der Schütting wieder in dem Zustand, den er vor dem Krieg<br />

zeigte.<br />

Ausgelöst wurde die aktuelle Sanierungsmaßnahme allerdings<br />

durch die Erkenntnis, dass die Fassade und besonders deren<br />

Sandsteinteile, einer grundlegenden Sanierung bedürfen. Risse,<br />

offene Fugen bedeuteten eine akute Gefährdung für den<br />

Bestand und deshalb war eine prophylaktische Behandlung notwendig.<br />

Alle Schäden in der Fassade – offene Fugen, Risse,<br />

abplatzende oder absandende Sandsteine – bedeuten eine<br />

Gefahr, da hier Wasser in das Mauerwerk eindringen könnte. Die<br />

Reparaturen wurden mit historischen Materialen, Mörtel nach<br />

alten Rezepturen und mit „Sandstein-Flicken“ – so genannten<br />

Vierungen – durchgeführt. Rein konservatorisch, pflegend vor<strong>zu</strong>gehen,<br />

ist der oberste denkmalpflegerische Grundsatz, er<br />

wurde hier vorbildlich eingehalten. Nach der Sanierung der<br />

Sandsteinteile wurden auch die stark angegriffenen Vergoldungen<br />

behutsam nach Befund aufgefrischt. Als dritte Hauptmaßnahme<br />

wurde das verlorene Kupferdach, das den Schütting seit<br />

Ende des 16. Jahrhunderts prägte, endlich wiederhergestellt.<br />

Dabei wurden die alten Gauben, die die Dachfläche gliederten,<br />

rekonstruiert. Nebenbei wurde auch eine wirkungsvolle Wärmedämmung<br />

eingebracht. Das Schebelplattendach, das nur als<br />

Nachkriegsprovisorium vorgesehen war, hatte starke Schäden<br />

gezeigt und war in Teilen abgängig.

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