Das Kreuz der katholischen Kirche mit Rotary La croix de l'Église ...

Interview mit Daniel Anrig, Kommandant Schweizergarde
Gewählt, den
Papstzuschützen
Wir treffen den obersten Schweizer-
gardisten Daniel Anrig in seinem
Büro im Kasernenbereich des Vati-
kans. Er hält sich nicht lange hier
auf, denn seine Kernaufgabe, den
persönlichen Schutz des Papstes
sicherzustellen, erfüllt er naturge-
mäss in unmittelbarer Nähe des
Heiligen Vaters. Anrig, der 2007
mit der Klassifikation «Öffentliche
Sicherheit» dem RC Glarus beitrat,
wurde am 19. August 2008 von
Papst Benedikt XVI. zum 34. Kom-
mandanten der Päpstlichen Schwei-
zergarde ernannt. Im Dezember des
gleichen Jahres trat er sein Amt an.
Seither wohnt er mit seiner Frau
Bernadette und seinen vier schul-
pflichtigen Kindern im Vatikan.
«rotary»: Wie hatte Ihre Familie auf Ihren
Entschluss zur beruflichen Veränderung
reagiert?
Daniel Anrig: Meine Frau (Bernadet-
te Anrig, Theologin) hat mein Vor-
haben unterstützt.
Ohne dass die ei-
gene Frau voll da-
hinter steht, wäre dieser Schritt
nicht möglich gewesen.
Hat ein Kommandant auch Freizeit? Wie
verbringen Sie diese mit Ihrer Familie?
Man verzichtet auf vieles. Als
Kommandant habe ich mich ver-
pflichtet, voll und ganz dem Heiligen
Vater zu dienen. Mein Zeitplan rich-
tet sich somit in erster Linie nach
seinem Terminkalender. Da bleibt
wenig Freizeit übrig. Ich muss zu-
dem stets für Sondereinsätze und
Spezialprogramme des Papstes ein-
satzbereit sein. Und solche gibt es
des öftern. In den Ferien aber schal-
te ich ab, da bin ich nur für meine
Familie da.
Was gab Ihnen den Ausschlag, Komman-
dant der Schweizer Garde zu werden?
Objektiv betrachtet, kam die Chance
eher zu früh, das hätte ich nicht
erwartet. Doch bei der Demission
meines Vorgängers spürte ich, dass
dies meine Berufung ist. Auch der
religiöse Hintergrund dieser Tätig-
keit hat für mich grosse Bedeutung
und somit den Entscheid beein-
flusst.
Sie hatten in Ihrer früheren Funktion mit
viel Dynamik geschafft, innert weniger
Monate seit Amtsantritts als Komman-
dant der Kantonspolizei Glarus, diese
komplett umzubauen und erfolgreich mo-
dernen Strukturen anzupassen. Ist nun
die beständige, über 500-jährige tradi-
tionelle Schweizergarde nicht etwas zu
konservativ für Sie?
meine Berufung
Die beiden Funktionen sind nicht
vergleichbar. Die Führung der
Schweizergarde ist eine ganz ande-
re Aufgabe, mit eher kulturellem
Hintergrund, fast
schon mit der
Funktion eines
Aussenministers vergleichbar. Denn
wir tragen wesentlich zur Aussen-
wahrnehmung bei und da spielt et-
wa die Zusammenarbeit der Or-ga-
nisationen eine wesentliche Rolle.
Hierbei traf ich auch auf eine beson-
dere Herausforderung. Immer wie-
der wurde in vergangenen Jahren
von Spannungen zwischen der
Schweizer Garde und der vatikani-
schen Gendarmerie geschrieben.
Hier konnte ich Ruhe einbringen.
Im Münchner Kirchenradio gaben Sie im
Interview Anfang Mai zur Antwort, die
Tötung von Osama Bin Laden habe keine
erhöhten Sicherheitsvorkehrungen ge-
bracht. Gilt das heute noch?
Über unsere Sicherheitseinrichtun-
gen sprechen wir grundsätzlich
nicht. Wir sind eine kirchliche Insti-
tution und stehen für das friedliche
Zusammenleben ein, das zeigen wir
auch und nicht unsere Waffen. Aber
wir sind wachsam.
Besuchen Sie auch italienische Rotary
Clubs? Stehen Sie noch in Kontakt mit
dem RC Glarus?
Zeitlich ist es mir leider nicht mög-
lich, die rotarischen Präsenzen zu er-
füllen. Im Vatikan besteht dazu auch
keine Gelegenheit. Ich habe aber
immer noch gute Kontakte zu eini-
gen Mitgliedern des RC Glarus.
Auch kommen immer wieder Rotary
Clubs an die Audienzen.
Ist Ihnen die 4-Fragen-Probe in Ihrem Be-
rufsalltag hilfreich oder steht sie gar im
Widerspruch zu gewissen Aufgaben?
Die vier Fragen sind für mich per-
sönlich sehr essenziel, sie sind eine
meiner wichtigsten Führungsgrund-
sätze bei so vielen Partikularinte-
ressen.
Finden Sie genügend Nachwuchs?
Die Rekrutierung ist immer eine
grosse Herausforderung, vor allem
seit den 1980er-Jahren. Dabei kann
ich allen jungen Männern den
Dienst als Gardist nur empfehlen.
Dies ist eine einmalige Lebensschu-
le für jeden persönlich und ein wert-
voller Dienst an die Gemeinschaft.
Gerade Söhne aus Rotary-Familien
und natürlich auch Rotaracter, die
durch das gelebte rotarische Gedan-
kengut eine überdurchschnittliche
Offenheit zeigen, wären als Gardis-
ten sehr willkommen. Der Dienst als
Gardist könnte auch eine prüfens-
werte Alternative zu einem Aus-
ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN SEPTEMBRE 2011
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