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Zur größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit ... - NachDenkSeiten

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oben gekommen ist. Dadurch werden schließlich Banken <strong>und</strong> <strong>Finanz</strong>investoren bei der Kreditvergabe<br />

immer risikobereiter <strong>und</strong> spekulativer. Es kommt realiter sogar zu Anlagebetrug,<br />

Bilanzfälschungen, Korruption der Analysten <strong>und</strong> Aufsichtsinstanzen.<br />

Der Kredit pervertiert am Ende zur Handelsware in Form von völlig intransparenten Verbriefungen.<br />

Ein massiver Verstoß gegen die Vertrauensregel im Bankensektor. Alles dies konnte<br />

beim Platzen der US-amerikanischen <strong>Finanz</strong>marktblase, der so genannten Subprime-Kredite,<br />

studiert werden (vgl. dazu ausführlich das Kap. 10). Und noch etwas war zu beobachten,<br />

schreibt der Soziologe Christoph Deutschmann: Die fi nanziellen Instinkte der gutsituierten<br />

Mittelstandsbürger <strong>und</strong> die heute gegebene Psychologie des Geldes.<br />

„Geld ist nicht bloß ‚Indikator’ der sozialen Position eines Individuums, sondern begründet<br />

diese Position selbst unmittelbar, indem es – in seiner Eigenschaft als ‚Vermögen’ – umfassende<br />

Zugriffsrechte auf den gesellschaftlichen Reichtum eröffnet. Wer Geldvermögen<br />

hat, übt sozialen Einfl uss nicht kraft seiner Reputation oder seines gesellschaftlichen<br />

Ranges aus, sondern verfügt über ein generalisiertes Machtpotenzial, das scheinbar<br />

gänzlich ohne soziale Vermittlungen auskommt. (…) So wird das Geld zum Vehikel einer<br />

narzisstischen Selbstüberhöhung nach dem Motto: Was mein Geld kann, das kann <strong>und</strong><br />

bin ich. Dem Vermögensbesitzer erscheint sein Geld als eine natürliche Erweiterung <strong>und</strong><br />

Verlängerung seines Egos. Deshalb kann er, wenn die Börse abstürzt oder das <strong>Finanz</strong>amt<br />

sich meldet, dies nur als Beschädigung des innersten Kerns seiner Persönlichkeit empfi nden.<br />

Solche Selbstinszenierungen scheinen besondere Resonanz bei sozialen Aufsteigern<br />

zu fi nden, die ihr Geld als ‚sauer durch eigene Arbeit verdient’ wahrnehmen.“ 31<br />

Neben der vermehrten Aufblähung der <strong>Finanz</strong>märkte durch die Umverteilung von unten<br />

nach oben war der Anteil am Volkseinkommen, der auf die Arbeitnehmerentgelte entfi el, in<br />

Relation zu den immer produktiver hergestellten Waren zu gering, um diese zu kaufen bzw.<br />

nachzufragen. „Die verfügbare private Nachfrage aus Lohneinkommen ist in den letzten<br />

Jahren auf nur noch gut ein Drittel der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage gesunken <strong>und</strong><br />

kann somit die Binnennachfrage nicht beleben.“ 32 Wenn dann in Summe das Wirtschaftswachstum<br />

nicht ausreicht, die Arbeitsplatzvernichtung durch steigende Produktivität zu<br />

kompensieren <strong>und</strong> die neu auf den Arbeitsmarkt kommenden Personen zu absorbieren, dann<br />

steigt die Arbeitslosigkeit. Diese drückt weiter das Wachstum, schwächt die Gewerkschaften<br />

31 Deutschmann, Christoph, Der kollektive „Buddenbrooks-Effekt“. Die <strong>Finanz</strong>märkte <strong>und</strong> die Mittelschichten,<br />

in: Working Paper 08/05 des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, Köln 2008, S. 11.<br />

32 Schäfer, Claus, Zukunftsgefährdung statt Krisenlehren, a.a.O., S. 636.<br />

F OLGEN DER NEOLIBERALEN UMVERTEILUNGEN 23

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