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Zur größten Finanz- und Wirtschaftskrise seit ... - NachDenkSeiten

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wieder herstellen. In Conclusio bedeutet dies, dass es zu einem Kapitalschnitt („hair cut“)<br />

bei den Gläubigern kommen muss. Bis heute ist dies so gut wie nicht erfolgt. Im Gegenteil:<br />

Vor der Krise wurden die Gewinne privatisiert <strong>und</strong> während der Krise die Verluste in Form<br />

von Staatsverschuldung sozialisiert. Die Gläubiger beim „Hair cut“ sind aber nicht nur gleichzusetzen<br />

mit den Institutionen Banken, Versicherungen oder Fonds, sondern Gläubiger sind<br />

in erster Linie die eigentumsrechtlichen Inhaber des vor der Krise akkumulierten Vermögens.<br />

Dieses belief sich beispielsweise in Deutschland, nur bezogen auf das Bruttogeldvermögen,<br />

Ende 2009 auf 4.671,7 Mrd. Euro <strong>und</strong> netto nach Abzug aller Verbindlichkeiten auf 3.139,7<br />

Mrd. Euro (Tabelle 5). Das gesamte Nettovermögen (inkl. Immobilien <strong>und</strong> Betriebsvermögen)<br />

der Deutschen betrug Ende 2007 sogar 6.600 Mrd. Euro, wovon die reichsten 20 Prozent der<br />

erwachsenen deutschen Bevölkerung (älter als 17 Jahre) r<strong>und</strong> 80 Prozent besaßen (vgl. Kap.<br />

7). Ein notwendiger Vermögensschnitt verschont damit die meisten Bürger <strong>und</strong> Bürgerinnen<br />

in Deutschland <strong>und</strong> sicher auch in den anderen Ländern.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> sollte zum Abbau der Staatsverschuldung in den einzelnen<br />

EU-Ländern, aber auch zur gerechten Entschuldung der notleidenden EWU-Staaten ein<br />

abgestuftes Verfahren eingeleitet werden: Zunächst müssten dazu in einem ersten Schritt die<br />

Vermögenden in den jeweiligen Ländern durch eine einmalige Vermögensabgabe belastet<br />

werden, weil sie in der Vergangenheit mit ihren kumulierten Vermögensbeständen am<br />

meisten von der neoliberalen Umverteilung profi tiert haben („länderimmanente Lösung“).<br />

Reicht diese Entschuldung nicht aus, so müssen in der EU in einem zweiten Schritt alle Vermögenden<br />

in den Exportüberschussländern den Defi zitländern durch einen Schuldenerlass<br />

zur Seite stehen. Auch hier waren die Überschussländer in der Vergangenheit die Profi teure<br />

der Auslandsverschuldung. Dies gilt insbesondere für Deutschland mit von 1991 bis 2009<br />

erzielten (kumulierten) Kapitalexporten in Höhe von fast 749 Mrd. Euro (Tabelle 8). Die<br />

einmalig erhobene Vermögensabgabe sollte dabei mit Freigrenzen für Vermögensbestände<br />

bis 300.000 Euro versehen werden. Als Vermögen gelten dabei alle privaten Geld-, Immobilien-<br />

<strong>und</strong> Betriebsvermögensbestände sowie wertvolle Sammlungen.<br />

Was muss nach dieser Entschuldung weiter passieren? Erstens eine auf europäischer<br />

Ebene abgestimmte Fiskal- <strong>und</strong> Geldpolitik. Dazu ist der „Europäische Stabilitäts- <strong>und</strong><br />

Wachstumspakt“, als ein „Behinderungspakt“, ebenso wie die deutsche „Schuldenbremse“<br />

abzuschaffen. Was wir in Europa <strong>und</strong> in Deutschland dringend brauchen, sind keine „Schuldenbremsen“,<br />

sondern „Steuersenkungsbremsen“ (Peter Bofi nger). Auch die jetzt in fast<br />

allen europäischen Ländern aufgelegten oder noch folgenden Austeritätsprogramme bzw.<br />

Kürzungsprogramme <strong>und</strong> weitere Privatisierungen sind gr<strong>und</strong>falsch. Sie werden die Krise<br />

prozyklisch verschärfen <strong>und</strong> noch mehr soziale Spaltungen <strong>und</strong> Armut in Europa herbeifüh-<br />

44 A LTERNATIVEN SIND ÜBERFÄLLIG

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