Ersthilfe – Therapie – Nachbehandlung - Ärztekammer Bremen
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UNFÄLLE IM KLEINKINDALTER<br />
Vorstellung < 1 Woche nach Ereignis<br />
Dringliche Tracheobronchoskopie<br />
Tracheobronschoskopie zur FKExtraktion in der Regel starr, evtl. flexibel,<br />
insbesondere wenn Verdachtsabklärungen/zum Ausschluss FKAspiration<br />
RöThorax n. Bedarf, nicht zwingend<br />
Abb. 5: Eigene Vorgehensweise bei Fremdkörperaspiration.<br />
den Fremdkörper, insbesondere, wenn<br />
schon eine Entzündungsreaktion oder ein<br />
Infekt besteht, Infiltrate bei Infektion. Eine<br />
normale Röntgen-Thorax-Aufnahme schließt<br />
eine Fremdkörperaspiration keinesfalls<br />
aus. Sie ist im Gegenteil häufig unauffällig<br />
und daher nur indiziert, wenn sie zur<br />
sicheren Beurteilung des pulmonalen Zu -<br />
standes des Kindes z. B. vor der für die<br />
Tracheobronchoskopie notwendigen Narkose<br />
erforderlich ist, oder wenn ein schattengebender<br />
Fremdkörper vermutet wird.<br />
Andere bildgebende Verfahren (CT, MRT)<br />
sind belastend und verzögern die Diagnose.<br />
Demgegenüber ist auch in Zweifelsfällen<br />
eine flexible Tracheobronchoskopie<br />
unter guten Bedingungen deutlich<br />
schonender und gewährleistet eine sichere<br />
Aussage. Ebenso tragen Laboruntersuchungen<br />
nicht zur Klärung der Fragestellung<br />
bei und sind daher nur bei Bedarf individuell<br />
anzuordnen.<br />
Sicherheit durch<br />
Tracheobronchoskopie<br />
Bei Vorstellung des Kindes zeitnah nach<br />
einem aspirationsverdächtigen Ereignis,<br />
muss eine zügige und eindeutige Abklärung<br />
und ggf. Extraktion des Fremdkörpers<br />
durch Tracheobronchoskopie in Narkose<br />
durchgeführt werden. Die Entfernung<br />
des Fremdkörpers in möglichst kurzem Ab -<br />
stand zum Aspirationsereignis vermindert<br />
nicht nur das Risiko von Atemwegskomplikationen,<br />
sondern ist auch technisch<br />
einfacher, wegen der noch gerin geren in -<br />
flammatorischen Reaktion und Veränderung<br />
eines organischen Fremdkörpers. In<br />
aller Regel ist eine starre Tracheobronchoskopie<br />
erforderlich, weil nur durch ein<br />
starres Gerät eine ausreichend dimensio-<br />
Verdacht auf FKAspiration<br />
Vorstellung > 1 Woche nach Ereignis<br />
Ca. 48 h antibiot. <strong>Therapie</strong> i.v., dann<br />
frühelektive Tracheobronschoskopie<br />
nierte (optische) Fasszange eingebracht<br />
werden kann. In Verdachtsfällen mit fehlender<br />
hinweisender Symptomatik oder<br />
nicht eindeutiger Anamnese kann sehr<br />
scho nend über eine Larynxmaske mit<br />
einem kleinen flexiblen digitalen (Video-)<br />
Bronchoskop untersucht werden. Bei Fremdkörpernachweis<br />
wird dann auf das starre<br />
Endoskop gewechselt und über dieses<br />
auch beatmet. Gelegentlich kann bei einem<br />
geeigneten Fremdkörper auch die Extraktion<br />
unter Sicht mit dem flexiblen Endoskop<br />
gelingen. Bei verspäteter Vorstellung<br />
(Ereignis über eine Woche her), ist eine<br />
circa 48-stündige, intravenöse antibiotische<br />
Vorbehandlung und erst dann die<br />
Extraktion zu empfehlen. Andernfalls kann<br />
es zu einer Exazerbation einer infektiösen<br />
Reaktion kommen. Wir sind zu diesem<br />
Vorgehen übergegangen, nachdem wir<br />
vor einigen Jahren einen tödlichen Verlauf<br />
nach Kürbiskernaspiration circa drei<br />
Monate vor einer relativ problemlosen<br />
Extraktion erleben mussten. Zum Zeitpunkt<br />
der Extraktion bestanden laborchemisch<br />
keine wesentlichen Entzündungszeichen<br />
und kein Fieber. Zustand nach rezidivierenden<br />
Lobärpneumonien, die jeweils passager<br />
antibiotisch therapiert worden waren.<br />
Distal des Fremdkörpers im linken Hauptbronchus<br />
fand sich nach Extraktion reichlich<br />
eitriges Sekret, es kam zu einer fulminanten<br />
septischen Reaktion mit töd lichem<br />
Verlauf. Am häufigsten findet sich der<br />
Fremdkörper aus anatomischen Gründen<br />
im rechten Bronchialsystem, im rechten<br />
Hauptbronchus oder in den Lappenbronchien<br />
des Unter- und (seltener) Mittellappens.<br />
Selten finden sich auch beidseitig<br />
im Bronchialtrakt Fremdkörper, so dass<br />
stets beide Seiten zu inspizieren sind.<br />
BREMER ÄRZTEJOURNAL 11| 12<br />
Tracheobronchoskopie braucht<br />
Erfahrung<br />
Die Fremdkörperextraktion mit starrem<br />
Tracheobronchoskop setzt ein hinreichend<br />
erfahrenes Team voraus. Die Anästhesie<br />
ist wegen der irritierten Luftwege, des<br />
Alters und der diffizilen Beatmung über das<br />
starre Endoskop anspruchsvoll. Die Tracheoskopie<br />
und Fremdkörperextraktion muss<br />
bei den kleinen und zarten Atemwegen<br />
sehr schonend geschehen. Dabei ist die<br />
notwendige Größe des Endoskoprohrs<br />
und der Fasszange gerade bei den häufig<br />
distal der Birfurkation in Haupt- oder Lappenbronchien<br />
impaktierten Fremdkörpern<br />
zu beachten. Perforieren de Verletzungen<br />
sind bei einem er fahren en Team sehr selten.<br />
Der Fremdkörper kann in der Regel<br />
mit der optischen Fasszange komplett,<br />
manchmal in mehreren Teilen, entfernt<br />
werden. Die vollständige Fremdkörperentfernung<br />
muss durch sorgfältige Kontroll-<br />
Endoskopie in beiden Bronchialsystemen<br />
verifiziert werden. Dabei muss da rauf ge -<br />
achtet werden, keine Fremdkörperreste in<br />
den gegenseitigen Hauptbronchus zu verschleppen.<br />
Ein weiteres Vorschieben des<br />
Fremdkörpers beim Versuch, diesen zu<br />
entfernen, muss ebenfalls vermieden<br />
werden. Sehr weit distal impaktierte<br />
Fremdkörper können eine echte Herausforderung<br />
darstellen und manchmal nur<br />
mit weiteren Hilfsmitteln wie Fogartykathetern<br />
geborgen werden. In der Klinik<br />
für Kinderchirurgie und -urologie wurden<br />
in den letzten drei Jahren jährlich acht,<br />
zehn bzw. sechs Fremdkörper aus dem<br />
Bronchialsystem endoskopisch entfernt,<br />
im laufenden Jahr bereits fünf. Komplikationen<br />
traten keine auf. Je nach Infektionsstatus<br />
und Erholung des pulmonalen<br />
Befundes können die Kinder nach ein bis<br />
drei Tagen wieder entlassen werden. Bei<br />
zeitnaher Extraktion des Fremdkörpers<br />
nach Aspiration ist keine antibiotische<br />
Behandlung erforderlich.<br />
Dr. Heidrun Gitter,<br />
Leitende Oberärztin der Klinik für<br />
Kinderchirurgie und Kinderurologie,<br />
Klinikum <strong>Bremen</strong>-Mitte, <strong>Bremen</strong>