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Gesellschaft zur Förderung von Kinderbetreuung e. V. Gesellschaft ...

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Bildungsprozessen: Gerade bei der Beobachtung und Dokumentation<br />

<strong>von</strong> Bildungsprozessen in Kindertagsstätten sehe<br />

ich große Defizite.<br />

Wir haben die Situation, dass Einrichtungen mit vergleichbaren<br />

strukturellen pädagogischen Merkmalen dennoch unterschiedliche<br />

Qualität erzeugen. Ein Grund dafür ist meiner<br />

Ansicht nach, dass Erzieherinnen und Erzieher häufig erfahrungsgeleitet<br />

und nicht fachlich begründet handeln. Deshalb<br />

benötigen wir methodische Ansätze, die die Erzieherin in die<br />

Lage setzt, ihr Handeln fachlich zu begründen.<br />

spiel/raum: Immerhin ist in die Erzieherinnenausbildung in<br />

den letzten Jahren Bewegung gekommen. Es werden inzwischen<br />

Studiengänge an Fachhochschulen und Universitäten<br />

angeboten. Ist Deutschland auf dem richtigen Weg?<br />

Fthenakis: Es ist erfreulich, dass einzelne Hochschulen Studiengänge<br />

eingeführt haben; so hat etwa die Universität Bremen<br />

einen innovativen Ansatz für eine gemeinsame Ausbildung<br />

<strong>von</strong> Erziehern und Lehrern entwickelt. Auch hat zum Beispiel<br />

die Robert-Bosch-Stiftung mit ihrem Programm „PIK – Profis<br />

in Kitas“ einen wesentlichen Anstoß gegeben. Die Stiftung<br />

fördert die Erarbeitung <strong>von</strong> frühpädagogischen Bildungsinhalten<br />

und Vermittlungsmethoden an drei Fachhochschulen<br />

und zwei Universitäten. Ziel ist es, neue Aus- und Weiterbildungsangebote<br />

zu entwickeln und dadurch einen Qualitätsschub<br />

für das gesamte System der frühkindlichen Betreuung,<br />

Bildung und Erziehung zwischen null und zehn Jahren zu<br />

erreichen. Derweil gibt es ja auch Überlegungen, so etwa der<br />

Vorsitzenden der Kultusministerkonferenz, Annegret Kramp-<br />

Karrenbauer, dass zumindest an der Spitze <strong>von</strong> Kindergärten<br />

und Ganztagesstätten zukünftig Akademiker stehen sollten<br />

– aber insgesamt ist das alles noch nicht genug.<br />

spiel/raum: Herr Professor Fthenakis, Sie gelten als „Vater“<br />

der frühkindlichen Bildungspläne, Sie haben schon den ersten<br />

Bildungsplan in Bayern im Jahr 2002 entwickelt. Die anderen<br />

Bundesländer sind dem bayerischen Beispiel gefolgt. Sind die<br />

Bildungspläne inzwischen in der Praxis angekommen?<br />

Fthenakis: Grundsätzlich begrüße ich es, dass alle Bundesländer<br />

einen Bildungsplan für den vorschulischen Bereich<br />

entwickelt haben, die den Bildungsauftrag im Kindergarten<br />

umreißen und den Fachkräften einen Orientierungsrahmen<br />

für frühkindliche Bildung bieten. Nicht zuletzt enthalten die<br />

Bildungspläne die politische Botschaft, die frühkindliche<br />

Bildung als Fundament des Bildungssystems zu betrachten<br />

– wobei moderne Bildung nicht Wissen vermittelt, sondern<br />

die kindliche Entwicklung und Kompetenzen stärkt.<br />

Es ist aber ein falsches Ausleben des Föderalismus, wenn in<br />

jedem Bundesland ein eigener Bildungsplan existiert. Die<br />

Länder sollten sich auf einen – und zwar den besten! – Plan<br />

einigen. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Aus den Bildungsplänen<br />

ergeben sich Herausforderungen wie die, eine<br />

hohe Bildungsqualität für alle Kinder in allen Einrichtungen<br />

bereitzustellen, denen die derzeitige Qualifizierung der Fachkräfte<br />

nicht gerecht wird.<br />

Und da sind wir wieder beim Niveau der Ausbildung: Die<br />

Fachkräfte sind nicht ausgebildet, die Bildungspläne in die<br />

konkrete Praxis zu überführen – und so werden die Pläne in<br />

der Praxis sehr unterschiedlich umgesetzt. So werden bereits<br />

im vorschulischen Alter die Weichen völlig unterschiedlich<br />

gestellt.<br />

spiel/raum:Ein wichtiger Aspekt geht bisweilen unter in der<br />

Diskussion: Müssen nicht auch die Eltern einbezogen werden,<br />

um die Entwicklung ihrer Kinder zu fördern?<br />

Fthenakis: Natürlich. Je früher das Kind in seiner Entwicklung,<br />

desto wichtiger ist der Beitrag der Eltern. Mütter und Väter<br />

sollen bei allen Entscheidungen, die den Kindergarten betreffen,<br />

mitreden und mitentscheiden können. Zum Beispiel<br />

besagt der Hessische Bildungsplan ausdrücklich, dass die<br />

Familie einbezogen werden. Und in Bayern habe ich die<br />

Gründung eines Kindergartensausschusses mit Drittelparität<br />

empfohlen: Er sollte sich zu je einem Drittel aus Vertretern<br />

der Fachkräfte, der Träger und Gemeinde sowie der Eltern<br />

zusammensetzen. Und natürlich spricht nichts dagegen,<br />

wenn Mütter im Kindergarten helfen. Oder Großeltern – und<br />

Väter. Die Kinder suchen oft den Kontakt mit Männern. Man<br />

sollte mit der Erzieherin besprechen, was möglich ist. Eine<br />

Mutter hilft, ein Computer-Projekt ein<strong>zur</strong>ichten, ein Vater<br />

organisiert ein Zeltlager ... vieles ist möglich. Fest steht: Kindergarten<br />

und Elternhaus können nicht als separate Welten<br />

betrachtet werden. Beide sind Co-Konstrukteure kindlicher<br />

Bildungsbiographien und demnach in eine Bildungspartnerschaft<br />

eingebunden, im Interesse des Kindes.<br />

spiel/raum: Herr Prof. Dr. Fthenakis, wir danken für das<br />

Gespräch.<br />

Interview: Gundula Zeitz<br />

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