3D Musketiere Nachrichten für Filmschaffende - tolle-rolle.info
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»Den Dokumentarfilm<br />
zu einer<br />
festen Größe<br />
machen«: Rund<br />
850 Mitglieder<br />
hat die AG Dok<br />
nach eigenen Angaben,<br />
was sie<br />
zum größten<br />
Urheberverband<br />
der Branche<br />
macht. Thomas<br />
Frickel vertritt als<br />
Vorsitzender<br />
deren Interessen<br />
auch öffentlich.<br />
Unser Autor ist<br />
als Dokumentarfilmer<br />
selbst Mitglied<br />
des<br />
Verbands.<br />
Eine feste Größe<br />
Foto: Nordmedia<br />
222 | 09. September 2010 Kolumne: Das wahre Leben<br />
Es gibt eine Welt jenseits der Leinwände. Bilden wir es<br />
ab! Unsere neue Kolumne »Das wahre Leben« ist dem<br />
DOKUMENTARFILM gewidmet. Christoph Brandl,<br />
selbst Filmemacher, stellt in jeder Ausgabe aktuelle Filme,<br />
Trends und Diskussionen vor.<br />
Die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG Dok),<br />
der Berufsverband der Dokfilmer, wird am 19. September<br />
30 Jahre alt. Fragen an den Vorsitzenden Thomas<br />
Frickel:<br />
Wie lange sind Sie schon Mitglied in der AG Dok?<br />
Ich bin quasi eine Viertelstunde nach Gründung der<br />
AG Dok dazu gekommen, noch 1980. Als ich dann<br />
Vorstandsmitglied wurde, habe ich mich gewundert,<br />
in welchen Verein ich da reingeraten bin. Das waren<br />
die Zeiten der politischen Fraktionierungskämpfe,<br />
und damit der regionale und politische Proporz gewahrt<br />
blieb, hatten wir damals 14 Vorstandsmitglieder,<br />
bei nur 80 Mitgliedern insgesamt. Thomas Mitscherlich<br />
vertrat eine Fraktion, Peter Krieg eine andere.<br />
Ein anderes Vorstandsmitglied war der Hamburger<br />
Karl-Heinz Walloch, der der DKP nahestand. Und da<br />
gab es heftigste Diskussionen.<br />
Das hört sich eher nach Partei als nach Berufsverband<br />
an.<br />
Viele von uns waren tatsächlich politische Filmemacher,<br />
die gesagt haben, wir müssen unsere Interessen<br />
selbst in die Hand nehmen. Weil in der Gründungszeit<br />
das dokumentarische Filmemachen eben oft politisch<br />
motiviert war, ist die AG Dok aus diesem Umfeld<br />
heraus entstanden.<br />
War die Arbeit politisch?<br />
Es gab in der Zeit der Gründung einen zentralen Konflikt:<br />
Ist dieser Verband gewerkschaftsähnlich und<br />
streitet somit auch <strong>für</strong> bessere Arbeitsbedingungen,<br />
oder bemüht er sich eher um das kulturelle Voranbringen<br />
des Dokumentarfilmes? Diese Frage ist damals<br />
zugunsten des zweiten Schwerpunkts entschie-<br />
den worden. Wir wollten allgemein bessere Bedingungen<br />
des Dokumentarfilmes im Fernsehen, aber<br />
alle arbeits- und tarifrechtlichen Fragen überließen<br />
wir der Gewerkschaft. Der große Schnitt kam in der<br />
zweiten Hälfte der 80er Jahre, als die AG Dok beschlossen<br />
hat, selbständig zu bleiben und nicht in die<br />
Mediengewerkschaft einzutreten. Wir haben dann<br />
sukzessive angefangen, Felder zu besetzen, die wir<br />
vorher anderen überlassen hatten. Und so um 1990<br />
herum waren wir sehr erfolgreich, weil wir es mit anderen<br />
zusammen geschafft haben, den Dokumentarfilm<br />
bei den Filmförderungen, oder als Verhandlungspartner<br />
gegenüber dem Fernsehen, und vor allem natürlich<br />
als Ansprechpartner gegenüber der Politik, zu<br />
einer festen Größe zu machen.<br />
Welche Vorteile hat die Mitgliedschaft in der AG Dok?<br />
Wir versuchen schon seit Gründung des Verbands,<br />
konkret berufsbezogen Hilfe anzubieten. Einer der<br />
größten Pluspunkte ist die Mailingliste, wo es möglich<br />
ist, auf die entlegensten Fragen innerhalb kürzester<br />
Zeit eine Antwort zu bekommen. Auf technische<br />
Verständnisfragen, aber genauso auf Fragen nach<br />
Kontakt zu einem Hindi-sprechenden Tonmenschen<br />
in Neu-Delhi. Meist bekommt man schnell Antworten,<br />
die verwertbar sind. Außerdem bieten wir<br />
Rechts- und Vertragsberatung, was ein kostenloser<br />
Service ist. Und wenn wir meinen, daß das im allgemeinen<br />
Interesse ist, führen wir auch Prozesse. Wir<br />
bieten die ganze Palette der German Documentaries,<br />
die Auslandsbewerbung der deutschen Dokumentarfilme<br />
an, wir organisieren Reisen von Filmen und Filmemachern<br />
zu internationalen Festivals, Messen und<br />
Märkten, Seminaren und Konferenzen. Damit der,<br />
der dabei ist, auch etwas davon hat. Und nicht zu vernachlässigen<br />
sind die Regionaltreffen mit Kollegen,<br />
um sich vor Ort über ähnliche Dinge auszutauschen.<br />
Wohin geht die Reise der AG Dok in den nächsten 30<br />
Jahren?<br />
Wir haben Schwierigkeiten mit dem öffentlich-rechtlichen<br />
Fernsehen, das den Dokfilm immer noch sehr<br />
stiefmütterlich behandelt. Sowohl von den Sendeplätzen,<br />
als auch von der finanziellen Ausstattung<br />
her. Aber wir gehen dagegen vor und sind in Gesprächen<br />
mit den Sendern, um die Rahmenbedingungen<br />
<strong>für</strong> Dokumentarfilmproduktionen neu zu definieren.<br />
Terms of Trade heißt das. Dann führen wir Diskussionen<br />
zum Thema Konvergenz, dem Zusammenwachsen<br />
von Fernsehen und Internet. Zudem suchen wir<br />
nach neuen Modellen, die das Überleben unabhängiger<br />
Produktionen sichern. Wir werden noch in diesem<br />
Jahr mit Vorschlägen kommen, die zukunftsweisend<br />
sind. Das Ganze geht einher mit einer Diskussion<br />
über den Zustand der deutschen Filmförderung.<br />
So werden wir in Leipzig eine Veranstaltung machen<br />
unter dem Motto: »Hat das Fernsehen die Filmförderung<br />
gekapert?« Wir wollen den Finger in die Wunde<br />
legen, weil wir denken, daß die gesamte Filmförderung<br />
zu fernsehlastig geworden ist und dem unabhängig<br />
produzierten Film viel zu wenig Raum gibt.<br />
Das ist ein großes, weites Feld, auf dem es noch viel<br />
zu beackern gibt.<br />
Interview: Christoph Brandl<br />
www.agdok.de<br />
19<br />
Christoph Brandl<br />
hat in New York<br />
Dokumentarfilm<br />
und Fernsehjournalismus<br />
studiert<br />
und lange dort<br />
<strong>für</strong>s Fernsehen<br />
gearbeitet. Zurück<br />
in Europa,<br />
drehte er Musikdokus<br />
und<br />
Musikerporträts.<br />
Zuletzt koproduzierte<br />
er den<br />
Dokumentarfilm<br />
Brothers and Sisters<br />
in Love« <strong>für</strong><br />
den britischen<br />
Privatsender ITV.<br />
Der Film, mittlerweile<br />
weltweit<br />
verkauft,<br />
beschäftigt sich<br />
mit dem kürzlich<br />
entdeckten<br />
Phänomen GSA,<br />
der genetisch<br />
bedingten<br />
Anziehung unter<br />
Verwandten.