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MünchnerUni.Magazin - Ludwig-Maximilians-Universität München

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<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />

ZEITSCHRIFT DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN 01 | 2004<br />

GEOPHYSIK AN DER LMU<br />

REISE INS<br />

INNERE DER ERDE<br />

ESSAY<br />

A PROFESSOR<br />

REFLECTS<br />

SPEZIAL<br />

LMU BEGEGNET<br />

FINANZKRISE<br />

MIT STRUKTUR-<br />

REFORMEN


IMPRESSUM<br />

Herausgeber<br />

Rektorat der<br />

<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> (LMU) <strong>München</strong><br />

Redaktion<br />

Kommunikation und Presse LMU<br />

Luise Dirscherl (dir)<br />

(Chefredaktion)<br />

Ortrun Huber (oh)<br />

(stellv. Chefredaktion)<br />

Julia Graven (gra)<br />

Thomas Pinter (thp)<br />

(Online-Redakteur)<br />

Susanne Wedlich (suwe)<br />

Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />

Eva Kittel (ki)<br />

Marcus Simon (ms)<br />

Bildredaktion<br />

Angelica Fuss<br />

Redaktionsadresse<br />

Geschwister-Scholl-Platz 1<br />

80539 <strong>München</strong><br />

Tel +49 (0) 89 2180-3423<br />

Fax +49 (0) 89 33 82 97<br />

mum@lmu.de<br />

www.lmu.de/presse/mum<br />

Designkonzept und Layout<br />

HAAK& NAKAT<br />

[www.haak-nakat.de]<br />

Druck<br />

Color-Offset GmbH<br />

Geretsrieder Straße 10<br />

81379 <strong>München</strong><br />

Distribution<br />

Kommunikation und Presse LMU<br />

Mathias Schiener<br />

Anzeigen<br />

Kommunikation und Presse LMU<br />

Angelica Fuss<br />

Geschwister-Scholl-Platz 1<br />

80539 <strong>München</strong><br />

Tel +49 (0) 89 2180 3556<br />

ISSN 0940-0141<br />

Titelfoto: Heiner Igel<br />

Umschlagfoto: Friedrich Schmidt<br />

Fotos im Heft: Heiner Igel, Gunnar Jahnke (S. 4-9); Douglas S.<br />

Bridges (S. 10); Stephan Rumpf (S.13); Aufbau-Verlag (S. 18);<br />

Richard Sigel (S. 25); Deutsche Mathematiker-Vereinigung, IMO<br />

(S. 27); BMW (S. 34)<br />

Alle weiteren Fotos: Friedrich Schmidt bzw. LMU


EDITORIAL<br />

SPITZENLEISTUNG IN<br />

SCHWIERIGEN ZEITEN<br />

Die LMU als eine der großen Forschungsuniversitäten ist hervorragend<br />

aufgestellt im nationalen und internationalen Wettbewerb.<br />

Sie führt das Meta-Ranking der Freien <strong>Universität</strong><br />

Berlin, in dem sechs der wichtigsten Uni-Ranglisten mit unterschiedlichen<br />

Schwerpunkten ausgewertet wurden, und wird<br />

beispielsweise im DFG-Ranking 2003 auf Platz 2 gelistet.<br />

Gleichzeitig ist die LMU als eine von zwei deutschen <strong>Universität</strong>en<br />

Mitglied des Zusammenschlusses LERU (League of European<br />

Research Universities) und gilt in den Medien als viel versprechender<br />

Kandidat in dem von Bundesbildungsministerin<br />

Edelgard Bulmahn ausgelobten Wettbewerb um Deutschlands<br />

beste <strong>Universität</strong>en. In der ersten Runde des „Elitenetzwerks<br />

Bayern“ konnte sich die LMU mit zwei Elitestudiengängen und<br />

drei internationalen Doktorandenkollegs durchsetzen – eine<br />

Erfolgsbilanz, die sich sehen lassen kann und die wir auch in<br />

Zukunft weiterführen wollen.<br />

Die dramatisch verschlechterten finanziellen Rahmenbedingungen,<br />

die die Bayerische Staatsregierung den Hochschulen<br />

vorgibt, machen dieses Ziel jedoch zu einer besonderen<br />

Herausforderung. Es geht darum, trotz des Sparzwangs eine<br />

positive Zukunftsperspektive für die LMU zu entwerfen. Um eine<br />

Spitzenposition in der Wissenschaft bei immer knapper werdenden<br />

Kassen zu halten oder gar auszubauen, muss ein Reformprozess<br />

eingeleitet werden. Es gilt Stärken auszuloten, sich<br />

auf Schwerpunkte zu konzentrieren, sich im Gegenzug aber auch<br />

aus einzelnen Fächern zurückzuziehen, um dadurch Ressourcen<br />

freizusetzen, mit denen die besonders leistungsfähigen Disziplinen<br />

gestärkt werden sollen.<br />

An unserer <strong>Universität</strong> hat eine Reformkommission mit Vertretern<br />

der Fakultäten und aller universitären Gruppen die Strukturplanungen<br />

an der LMU vorbereitet und begleitet. Herausgekommen<br />

ist ein Zukunftskonzept für die LMU, das das<br />

<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong> in dieser Ausgabe vorstellt. Mit der Verständigung<br />

über die Eckpunkte zur zukünftigen Gestaltung der<br />

LMU hat die Reformkommission einen wichtigen Schritt zur<br />

nachhaltigen Zukunftsplanung unserer <strong>Universität</strong> getan.<br />

Ein weiteres hochschulpolitisches Reizthema unserer Zeit ist das<br />

Problem der Studiengebühren. Während hierzulande über Sinn<br />

und Unsinn dieser Abgabe noch heftig diskutiert wird, müssen<br />

Studierende in anderen Ländern bereits seit Jahren für ihren<br />

<strong>Universität</strong>sbesuch in die Tasche greifen. Der DAAD-Gastprofessor<br />

an der LMU, Douglas S. Bridges vom Department of<br />

Mathematics and Statistics der University of Canterbury in<br />

Christchurch, beschreibt in einem Gastbeitrag dieser MUM-Ausgabe,<br />

wie sich die Einführung von Studiengebühren in seiner<br />

Heimat Neuseeland ausgewirkt hat. Außerdem bietet das <strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />

auch den unmittelbar Betroffenen ein Forum:<br />

Unter dem Titel „Pro & Contra“ diskutieren Bernadette Landwehr<br />

und Markus Michalek, zwei Studierende an der LMU, das<br />

Für und Wider der Studiengebühren.<br />

Während die internationalen Doktorandenkollegs des „Elitenetzwerks<br />

Bayern” erst zum Wintersemester 2004/2005 an den<br />

Start gehen, existieren internationale Promotionsstudiengänge<br />

an der LMU bereits seit Oktober 2001. Mit ihrer interdisziplinären<br />

und internationalen Ausrichtung, intensiver Betreuung<br />

und klaren Strukturvorgaben entsprechen die Programme „Linguistik<br />

– Internationales Promotions-Programm LIPP“ und „Promotionsstudiengang<br />

Literaturwissenschaft“ sowie die „Munich<br />

Graduate School of Economics“ dem Ideal wissenschaftlicher<br />

Nachwuchsförderung. MUM stellt diese an der LMU eingerichteten<br />

und speziell auf die Bedürfnisse von Doktoranden ausgelegten<br />

Studiengänge ausführlich vor.<br />

So turbulent und schwierig die Zeiten für die deutschen Hochschulen<br />

gegenwärtig auch sind – wir wollen durch Profilbildung<br />

die Leistungsfähigkeit unserer Hochschule sichern und stärken.<br />

Und auf dem eingeschlagenen Weg werden wir dieses Ziel<br />

erreichen. ■<br />

Professor Dr. Bernd Huber<br />

Rektor der LMU<br />

MUM 01 | 2004 EDITORIAL<br />

1


MUM 01 | 2004 NEWS<br />

2<br />

■ STRATEGISCHE ALLIANZ<br />

MIT FU BERLIN<br />

NEWS<br />

Zwei Spitzenuniversitäten haben<br />

sich zusammengeschlossen: Die<br />

<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />

(LMU) <strong>München</strong> und die Freie<br />

<strong>Universität</strong> (FU) Berlin haben<br />

eine strategische Partnerschaft<br />

vereinbart und eine intensive<br />

Zusammenarbeit in zahlreichen<br />

Bereichen der <strong>Universität</strong>ssteuerung<br />

und der akademischen Arbeit in Forschung und Lehre<br />

begründet. Die Allianz zwischen den beiden <strong>Universität</strong>en ist eine<br />

in Deutschland einzigartige Verbindung, die die Voraussetzung für<br />

eine Rückkehr Deutschlands in die Weltliga der Wissenschaft schaffen<br />

soll. Künftig werden die Hochschulen eine gemeinsame Eva-<br />

LMU<br />

luation des Lehrangebots, eine<br />

gegenseitige Beratung in<br />

Berufungskommissionen<br />

sowie eine Kooperation bei<br />

der Beschaffung neuer Materialien<br />

durchführen. LMU und<br />

FU planen zudem ein gemeinsames Verbindungsbüro in Brüssel,<br />

um im Wettbewerb um Gelder der EU-Forschungsförderung besser<br />

mithalten zu können. ■ oh<br />

■ ELITESTUDIENGÄNGE AN DER LMU<br />

Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> ist an neun von insgesamt 15<br />

ausgewählten Projekten für das Elitenetzwerk Bayern beteiligt. Bei<br />

zwei Elitestudiengängen (ESG) und drei internationalen Doktorandenkollegs<br />

(IDK) geht sie als Sprecherhochschule aus dem Wettbewerb<br />

um die besten Vorschläge für Eliteangebote hervor. Die<br />

ausgewählten Studiengänge und internationalen Doktorandenkollegs<br />

werden zum Wintersemester 2004/05 starten. „Unser erfolgreiches<br />

Abschneiden beweist, wie erstklassig Forschung und<br />

Lehre an der LMU betrieben werden“, betont Rektor Professor<br />

Bernd Huber. Die Titel der neuen Elitestudienangebote an der LMU<br />

lauten „Osteuropa-Studien“ (ESG), „Neuro-cognitive Psychology“<br />

(ESG), „Textualität in der Vormoderne“ (IDK), „Thesis - Complex<br />

Processes in the Earth: Theory, Experiment, Simulations“ (IDK),<br />

„Nano-Bio-Technology“ (IDK). Darüber hinaus ist die LMU durch<br />

interuniversitäre Kooperationen an vier weiteren Elitestudiengängen<br />

im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern beteiligt. ■ oh<br />

■ KOOPERATION MIT IFO-INSTITUT VERTIEFT<br />

Die LMU und das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in <strong>München</strong><br />

erweitern ihre langjährige Kooperation. Durch die enge Bindung von<br />

empirischer Forschung am ifo-Institut und der theoretischen Kompetenz<br />

der LMU-Volkswirtschaftler, die in vielen Rankings hervorragend<br />

abgeschnitten haben, versprechen sich beide Partner exzellente<br />

Bedingungen für die Forschung. Diplomanden und Doktoranden<br />

der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> können in Zukunft verstärkt<br />

die Infrastruktur des ifo-Instituts nutzen. Durch die Umwandlung und<br />

Aufwertung von bestehenden Stellen entstehen vier C4-Professuren.<br />

Deren Inhaber sollen als leitende Wissenschaftler am ifo-Institut und<br />

gleichzeitig als Professoren an der Volkswirtschaftlichen Fakultät der<br />

<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> tätig sein. ■ gra<br />

■ JUTTA LIMBACH<br />

HÄLT WEISSE ROSE<br />

GEDÄCHTNISVORLESUNG<br />

Seit mittlerweile 24 Jahren lädt<br />

die LMU eine bedeutende Persönlichkeit<br />

ein, im Gedenken an<br />

die Mitglieder der Widerstandsgruppe<br />

„Weiße Rose” die<br />

Weiße Rose Gedächtnisvorlesung<br />

zu halten. Ende Januar<br />

2004 beschäftigte sich die Präsidentin<br />

des Goethe-Instituts und ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts<br />

Professor Jutta Limbach im Auditorium<br />

Maximum mit der Frage „Was ist Widerstand?“ - nur einige Meter<br />

von dem Ort entfernt, an dem die Geschwister Scholl ihre Flugblätter<br />

verteilten. In ihrem rechtsphilosophischen Vortrag setzte<br />

sie sich mit dem „vielschichtigen Verhältnis von Widerstand und<br />

Gewalt“ auseinander. Sie erinnerte dabei am Beispiel des Hitler-<br />

Attentäters Georg Elser ausdrücklich auch an den Widerstand der<br />

so genannten kleinen Leute, die „zuweilen mit besonderer<br />

Feinnervigkeit das heraufkommende Unheil vorausgesehen<br />

haben“. ■ gra<br />

■ LMU IM RANKINGSPIEGEL DER FU BERLIN<br />

DEUTSCHLANDWEIT AUF DEM ERSTEN PLATZ<br />

Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> belegt den ersten Platz in<br />

einem deutschlandweiten „Meta-Ranking“ der Freien <strong>Universität</strong><br />

(FU) Berlin. Es folgen die <strong>Universität</strong> Heidelberg und die FU Berlin.<br />

In dem Rankingspiegel wurden als Einzelstudien das DFG-Ranking<br />

2003, der Alexander-von-Humboldt-Jahresbericht 2002, die DAAD-<br />

Statistik 2002, der Jahresbericht der Deutschen Forschungsgemeinschaft,<br />

die Unternehmensgründerstudie der <strong>Universität</strong><br />

Regensburg 2003 und das Ranking der World-Universities der <strong>Universität</strong><br />

Shanghai mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgewertet<br />

und zusammengefasst. Untersucht wurde das Abschneiden deutscher<br />

<strong>Universität</strong>en in insgesamt elf Kategorien. Demnach befindet<br />

sich die LMU in allen elf untersuchten Bereichen unter den besten<br />

zehn <strong>Universität</strong>en, sechsmal sogar unter den ersten drei. Auch der<br />

Blick von außen bestätigt diese Position: So kommt die Jiao Tong<br />

<strong>Universität</strong> in Schanghai in ihrem Ranking der World-Universities<br />

2003 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Münchner <strong>Universität</strong> in<br />

Deutschland an der Spitze liegt. ■ gra<br />

■ EDELGARD BULMAHN ZU<br />

GAST AN DER LMU<br />

Hoher Besuch im Lichthof der<br />

LMU: Bundesbildungsministerin<br />

Edelgard Bulmahn (SPD) hat<br />

sich auf Einladung der evangelischen<br />

Studentengemeinden von<br />

LMU und Technischer <strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong> Mitte Februar der<br />

Diskussion mit Studenten und<br />

<strong>Universität</strong>smitarbeitern über<br />

die Zukunft der Hochschulen gestellt. Neben einem Bekenntnis zum<br />

gebührenfreien Erststudium verteidigte Bulmahn vor allem den<br />

Elite-Vorstoß der Bundesregierung. Breiten- und Spitzenausbildung<br />

seien „kein Gegensatz“. ■ gra


4<br />

KONTINENTE IN BEWEGUNG<br />

SEISMOLOGEN ERFORSCHEN<br />

DAS INNERE DER ERDE<br />

14<br />

PROFILE<br />

UNTER DACH UND FACH<br />

26<br />

PROFILE<br />

PROMOVIEREN FÜR<br />

PROFIS<br />

20<br />

SERIE<br />

ALMA MATER LMU (TEIL 2):<br />

ZÄHLBARE LEIDENSCHAFT<br />

■ NEWS<br />

2 MELDUNGEN<br />

■ TITEL<br />

4 KONTINENTE IN BEWEGUNG<br />

SEISMOLOGEN ERFORSCHEN DAS INNERE DER ERDE<br />

MUM 01 | 2004<br />

8 „ES GEHT DARUM, NEUES ZU ENTDECKEN“<br />

EIN GESPRÄCH MIT DEM GEOPHYSIKER W. JASON MORGAN<br />

■ ESSAY<br />

10 A GASTPROFESSOR REFLECTS<br />

PROF. DOUGLAS S. BRIDGES D.PHIL. D.SC.,<br />

DEPARTMENT OF MATHEMATICS AND STATISTICS,<br />

UNIVERSITY OF CANTERBURY, CHRISTCHURCH, NEUSEELAND<br />

■ SPEZIAL<br />

12 ZUKUNFT MIT PROFIL<br />

LMU BEGEGNET FINANZKRISE MIT STRUKTURREFORMEN<br />

13 „DIE RICHTIGE STRATEGIE”<br />

EIN GESPRÄCH MIT LMU-KANZLER THOMAS MAY<br />

■ PROFILE<br />

14 PROMOVIEREN FÜR PROFIS<br />

ZUM DOKTORHUT MIT<br />

INTERNATIONALEN PROMOTIONSSTUDIENGÄNGEN<br />

18 VERBEUGUNG VOR DER ZIVILCOURAGE<br />

GESCHWISTER-SCHOLL-PREIS FÜR DEN<br />

BRITISCHEN HISTORIKER MARK ROSEMAN<br />

20 UNTER DACH UND FACH<br />

NEUE GEBÄUDE FÜR DIE LMU<br />

22 DAS SCHIEDSGERICHT TAGT<br />

JURASTUDENTEN ÜBEN DEN<br />

SCHLAGABTAUSCH<br />

24 „SCHAF“ BEGINNT MIT „SCH“<br />

DIE LMU MACHT DAS LESENLERNEN LEICHTER<br />

26 SERIE: ALMA MATER LMU (TEIL 2)<br />

ZÄHLBARE LEIDENSCHAFT<br />

■ KUNSTSCHÄTZE<br />

28 SZEPTER -<br />

ZEICHEN DER WÜRDE UND DER MACHT<br />

■ FORUM<br />

31 PRO & CONTRA:<br />

BRAUCHEN WIR STUDIENGEBÜHREN?<br />

■ KÖPFE<br />

32 NEUBERUFEN<br />

34 PREISE & EHRUNGEN<br />

■ SERVICE<br />

36 TIPPS & TERMINE / LESERBRIEFE<br />

37 LMU IN DEN MEDIEN<br />

■ IMPRESSUM UMSCHLAG<br />

MUM 01 | 2004 INHALT<br />

3


TITEL<br />

4<br />

MUM 01 | 2004<br />

KONTINENTE IN BEWEGUNG<br />

SEISMOLOGEN ERFORSCHEN<br />

DAS INNERE DER ERDE<br />

Am 26. Dezember 2003 bebte in Bam die Erde. Die Stadt im Süden des Iran wurde fast völlig<br />

zerstört, zehntausende Menschen starben in den Trümmern. Kurz nach der Katastrophe waren<br />

das Interesse und die Hilfsbereitschaft groß, die ganze Welt nahm Anteil am Schicksal der<br />

Bewohner von Bam. Doch wie kann verhindert werden, dass derartige Naturkatastrophen solche<br />

verheerenden Auswirkungen haben? „Eine zuverlässige Vorhersage von Erdbeben liegt<br />

leider noch in weiter Ferne“, sagt Professor Heiner Igel. Der Seismologe von der Sektion Geophysik<br />

der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> wagt trotzdem den Blick in die Zukunft. Mit Hilfe<br />

aufwändiger Computerprogramme versucht er mit seinen Forscherkollegen die Regungen des<br />

scheinbar unberechenbaren Globus zu kalkulieren.


Blaue und rote Bögen wabern über den Erdball,<br />

ausgelöst durch einen kleinen gelben Punkt im Inneren<br />

des Globus. Was sich auf dem Laptop von<br />

Professor Igel wie ein dreidimensionales Kaleidoskop<br />

abspielt, simuliert den Schwingungszustand<br />

der Erde etwa 25 Minuten nach einem Erdbeben.<br />

Die farbigen Wellen kennzeichnen die Verschiebung<br />

des Erdinneren aus der Ruhelage – auch<br />

wenn Ruhelage für Heiner Igel nur ein relativer<br />

Begriff ist. „Die Erde schwingt ständig wie eine<br />

Glocke“, erklärt der Wissenschaftler. Das so genannte<br />

global hum, ein sehr tieffrequentes Grundsummen<br />

der Erdkugel, wird permanent von seismischen<br />

Messpunkten rund um den Globus registriert.<br />

Seit den 60er Jahren zeichnet dieses Netzwerk<br />

alle Regungen des Planeten auf. Eingerichtet<br />

wurde es jedoch nicht als Frühwarnsystem für<br />

Erdbebenopfer, sondern um den damals zwischen<br />

Großbritannien, der UdSSR und den USA abgeschlossenen<br />

Atomwaffensperrvertrag kontrollieren<br />

zu können – Seismologie als Kind des Kalten<br />

Krieges.<br />

Heute werden jedes Jahr mehrere tausend größere<br />

Erdbeben im globalen Netzwerk registriert. Nationale<br />

und internationale Rechenzentren speichern<br />

diese Daten ohne Verzögerung, so dass bei<br />

Beben, die größere Schäden nach sich ziehen, sofort<br />

das Epizentrum, die Tiefe und die Stärke ermittelt<br />

werden können. Gleichzeitig werden die<br />

Laufzeiten verschiedener seismischer Wellentypen<br />

katalogisiert. Was früher Wochen in Anspruch<br />

nahm, passiert jetzt automatisch und steht in der<br />

Regel Minuten nach schweren Beben im Internet.<br />

Seit Mitte der 80er Jahre ist es Wissenschaftlern<br />

möglich, mit Hilfe der Strahlentheorie Daten wie<br />

1 Ein außergewöhnlicher metallischer<br />

Glanz kennzeichnet den erkalteten<br />

Lavastrom aus dünnflüssiger Pahoehoe-Lava<br />

auf Hawaii.<br />

3 Professor Heiner Igel von der Sektion<br />

Geophysik der LMU zeichnet mit Hilfe<br />

dreidimensionaler Computersimulationen<br />

(gr. Bild li.) die Schwingungszustände<br />

der Erde nach.<br />

die beobachteten Ankunftszeiten von Erdbebenwellen<br />

in einem globalen Erdmodell einzuordnen.<br />

Diese so genannte seismische Tomographie hat<br />

das Bild des Erdinneren, im Besonderen des Erdmantels<br />

und der damit verknüpften so genannten<br />

Mantelkonvektion, geprägt. Zum ersten Mal konnten<br />

abtauchende Platten der obersten Erdschicht<br />

sichtbar gemacht und warme Bereiche unter<br />

vulkanisch aktiven Regionen nachgewiesen<br />

werden.<br />

DER COMPUTER ALS LABOR<br />

„Trotz des globalen seismischen Netzes wissen<br />

wir aber nach wie vor leider nur sehr wenig darüber,<br />

was direkt an der Erdbebenquelle im Inneren<br />

der Erde passiert“, bedauert Professor Igel. Die<br />

Diskrepanz zwischen der großen Menge an<br />

gesammelten Daten und seismischen Beobachtungen<br />

und die noch unzureichende Entwicklung<br />

von Theorien und Simulationen davon, was<br />

tatsächlich nahe des Mittelpunktes der Erde geschieht,<br />

treibt den Forscher in seiner Arbeit an.<br />

„Die bei Erdbeben ausgestrahlte seismische<br />

Wellenenergie liefert wichtige Informationen über<br />

das Erdinnere und die dahinter stehende Physik<br />

lässt sich heute gut in dreidimensionalen Modellen<br />

simulieren.“ Damit haben die Computer heute<br />

zum Teil die Rolle von physikalischen Labors übernommen.<br />

Für eine realistische Berechnung der<br />

Modelle werden jedoch Hochleistungs-Computer<br />

und so genannte parallele Programme benötigt.<br />

Ein solcher Supercomputer steht den<br />

Geophysikern der LMU am Leibniz-Rechenzentrum<br />

zur Verfügung. Er kann Algorithmen<br />

nicht seriell hintereinander, sondern gleichzeitig<br />

MUM 01 | 2004 TITEL<br />

5


MUM 01 | 2004 TITEL<br />

6<br />

auf verschiedenen, bis zu mehreren Hundert Prozessoren<br />

abarbeiten. Am Institut für Geophysik<br />

werden dafür zahlreiche Algorithmen für die verschiedensten<br />

Forschungsbereiche, wie etwa die<br />

Seismologie, entwickelt. Doch zusätzliche Ressourcen<br />

und Programme sind notwendig.<br />

Professor Igel warb deshalb bei der Europäischen<br />

Union um Unterstützung – mit Erfolg: Das Projekt<br />

SPICE (Seismic wave Propagation and Imaging in<br />

Complex media: a European network) wird nun<br />

von der Europäischen Union mit rund 5,5 Millionen<br />

Euro gefördert. Damit gehört SPICE zu den<br />

bisher größten Marie Curie Research Training Networks.<br />

Die Federführung des Projekts, das offiziell<br />

seit Januar 2004 läuft, liegt bei der Sektion<br />

Geophysik des Departments für Geo- und Umweltwissenschaften<br />

der LMU. Beteiligt sind insgesamt<br />

14 europäische <strong>Universität</strong>en, unter anderem<br />

die Oxford University, das Institut de<br />

Physique du Globe, Paris, die ETH Zürich, das<br />

Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia,<br />

Rom, die Universitetet I Oslo, die University of Utrecht<br />

und die Charles University in Prag.<br />

Kernpunkte der Marie Curie Research Training<br />

Netzwerke und damit auch von SPICE sind die<br />

Mobilität der daran beteiligten Nachwuchs-Forscher<br />

und deren Ausbildung durch mehrere<br />

Workshops, die im Laufe des Projekts von den<br />

Partnern organisiert werden. Insgesamt sieht<br />

SPICE 14 Postdoktorandenstellen und 14 Promotionsstellen<br />

vor, die auf die beteiligten Partner<br />

verteilt werden.<br />

Bessere, komplexere Computersimulationen von<br />

Erdbebenszenarien zu erstellen – das ist das Ziel<br />

aller SPICE-Teilnehmer. „Mit diesen Programmen<br />

kann die Bodenbewegung nach möglichen großen<br />

Erdbeben der Zukunft berechnet werden.“ Eine<br />

Herausforderung nicht nur für die Geophysik, sondern<br />

auch eine Fragestellung für Mathematiker<br />

und Informatiker. Durch den Abgleich der dreidimensionalen<br />

Modelle mit realen Messwerten können<br />

tatsächliche Beobachtungen und Simulationen<br />

einander angenähert werden. Die Intention<br />

ist, ein schärferes Bild vom Erdinneren zu erhalten,<br />

um dadurch Regionen auf der Erde zu identifizieren,<br />

die – etwa wegen spezieller Eigenschaften<br />

des Untergrunds – stärker als andere durch<br />

Erdbeben gefährdet sind.<br />

BEBEN IM KÖLNER BECKEN<br />

Eine der am meisten gefährdeten Regionen in<br />

Zentraleuropa und deshalb mit im Fokus der<br />

SPICE-Forscher ist das Kölner Becken. Im Jahr<br />

1992 fand dort ein Beben der Stärke 5,9 auf der<br />

Richterskala statt, das zu Schäden von damals<br />

mehreren Hundert Millionen Mark führte. Für<br />

eine Simulation dieses Bebens definieren die<br />

Wissenschaftler um Heiner Igel ein genaues<br />

dreidimensionales Modell der Erdkruste auf<br />

einem Gitter mit bis zu 100 Millionen Punkten,<br />

um darauf die seismische Wellenausbreitung zu<br />

berechnen. Diese Szenarien erlauben, den<br />

Verlauf der Schwingungen in der gesamten Region<br />

darzustellen. Andere gefährdete Regionen<br />

im Visier der SPICE-Forscher sind das Peking-<br />

Becken und Kalifornien. Fernziel ist es auch hier,<br />

Zonen mit einer erhöhten Gefährdung zu identifizieren,<br />

um in der Folge mit Erdbebenfachleuten<br />

vor Ort geeignete Schutzmaßnahmen<br />

festzulegen.<br />

7 Selten ist eine horizontale Verschiebung<br />

der Erdkruste (Bildmitte)<br />

so gut zu beobachten wie auf diesem<br />

US-Highway bei Landers in Kalifornien.<br />

1992 war die Straße nach einem<br />

Beben der Stärke 7,4 um rund fünf<br />

Meter zur Seite gewandert.


3 Kalifornien gilt als besonders erdbebengefährdetes<br />

Gebiet. Mit Hilfe<br />

eines laserbasierten Deformationsmessgeräts<br />

im Pinon Flat Oberservatorium,<br />

150 Kilometer nordöstlich<br />

von San Diego, können Seismologen<br />

leichteste Erdregungen registrieren.<br />

Die im Rahmen von SPICE entwickelten Rechenprogramme<br />

sollen aber nicht nur in einzelnen<br />

Erdbebenregionen für mehr Sicherheit sorgen.<br />

Gleichzeitig wird nach und nach eine digitale<br />

Datenbasis mit verifizierten Rechenprogrammen<br />

erstellt, die dann in den Standardbetrieb seismologischer<br />

Auswertungen aufgenommen werden<br />

kann. Die auf globale seismologische Fragen spezialisierten<br />

Forscher erhoffen sich dadurch vor<br />

allem Fortschritte in der Auflösung der tomographischen<br />

3D-Bilder des Erdinneren, die es ermöglichen,<br />

dynamische Prozesse unterhalb der Erdoberfläche<br />

zu verstehen, etwa die Entstehung von<br />

Vulkanen oder plattentektonische Phänomene.<br />

Nochmals gute Nachrichten erhielten die Wissenschaftler<br />

der Sektion Geophysik der LMU Mitte<br />

März, diesmal von der Bayerischen Staatsregierung.<br />

Nach dem Zuschlag für SPICE gelang es den<br />

Geophysikern auch ihr Konzept für ein internationales<br />

Doktorandenkolleg im Rahmen des<br />

Elitenetzwerks Bayern durchzusetzen. Der Promotionsstudiengang<br />

„Thesis – Complex Processes<br />

in the Earth: Theory, Experiment, Simulations”<br />

wird im Wintersemester 2004/05 an den Start<br />

gehen. Das Kolleg zielt vor allem auf geowissenschaftliche<br />

Themengebiete ab, die bisher durch<br />

strukturelle Grenzen vernachlässigt wurden. Ein<br />

großer Teil der Studien wird sich mit der Gefährdung<br />

durch Naturereignisse wie Erdbeben oder<br />

Vulkanausbrüche auseinandersetzen. Und auch<br />

eine Stippvisite bei SPICE wird für die Elite-Doktoranden<br />

wohl auf dem Programm stehen. ■ oh<br />

Feldforschung im Dienst der Wissenschaft: Um die seismische Wellenausbreitung nach Erdbeben<br />

präzise in einem dreidimensionalen Modell am Computer simulieren zu können, benötigen<br />

die Geophysiker der LMU genaues Datenmaterial. Im Rahmen einer seismischen Messkampagne<br />

im Bayerischen Wald zeichneten die Wissenschaftler im Winter 2003 beispielsweise die Bodenrotationen<br />

nach großen Erdbeben auf (li.). Parallel registrieren seismische Messpunkte rund um<br />

den Globus permanent die Regungen des Erdballs. Jedes Jahr werden mehrere tausend größere<br />

Erdbeben im globalen Netzwerk aufgezeichnet. Nationale und internationale Rechenzentren<br />

speichern diese Daten ohne Verzögerung, so dass bei Beben, die größere Schäden verursachen,<br />

sofort das Epizentrum, die Tiefe und die Stärke ermittelt werden können.<br />

MUM 01 | 2004 TITEL<br />

7


MUM 01 | 2004 TITEL<br />

8<br />

„ES GEHT DARUM,<br />

NEUES ZU ENTDECKEN”<br />

EIN GESPRÄCH MIT DEM<br />

GEOPHYSIKER W. JASON MORGAN<br />

MUM: Professor Morgan, warum ist es immer noch<br />

so schwierig, Erdbeben und Vulkanausbrüche vorauszusagen?<br />

Morgan: Da muss man differenzieren: Vulkanausbrüche<br />

sind mittlerweile sehr gut einzuschätzen.<br />

Erdbeben können allerdings in der Tat nur auf einer<br />

sehr allgemeinen, statistischen Basis vorhergesagt<br />

werden. Man weiß zwar, wo ein Erdbeben wahrscheinlich<br />

stattfinden wird, man kann aber nicht prophezeien,<br />

wann genau. Beispielsweise ist Italien bekanntermaßen<br />

eher von Erdbeben bedroht als<br />

Schweden. Eine präzise Vorhersage wie bei Vulkanausbrüchen<br />

ist aber unmöglich. Bei der Frühwarnung<br />

vor Eruptionen hingegen hat es in den letzten<br />

fünf Jahren gewaltige Fortschritte gegeben. Mittlerweile<br />

ist es möglich, Menschen erst zwei, drei Tage<br />

vor einem Ausbruch zu evakuieren, so genau sind<br />

die Prognosen. Zugleich ist die Angst vor einem<br />

„falschen Alarm“ unter den Wissenschaftlern groß,<br />

denn was hilft das beste Frühwarnsystem, wenn ihm<br />

niemand mehr Beachtung schenkt.<br />

MUM: Wird es denn eines Tages möglich sein, Erdbeben<br />

ebenso präzise vorherzusagen, wie das<br />

heute mit Vulkanausbrüchen schon möglich ist?<br />

Morgan: Natürlich glaube ich, dass es eines Tages<br />

möglich sein wird – ich bin schließlich Wissenschaftler<br />

(lacht). Wenn man sieht, welche Bandbreite<br />

es heute gibt, Vulkanausbrüche, Flutkatastrophen,<br />

Dürren oder Wirbelstürme vorherzusagen, so hätte<br />

man das vor 20 oder 30 Jahren – bei den Vulkanen<br />

sogar vor zehn Jahren – nicht für möglich gehalten.<br />

Die Erdbeben sind jedoch leider sehr knifflig – aber<br />

ich denke, eines Tages werden wir auch hier soweit<br />

sein.<br />

MUM: Im vergangenen November hat US-Präsident<br />

George W. Bush Ihnen die „National Medal of Science“<br />

überreicht – dies ist der höchste Preis, den die<br />

Vereinigten Staaten von Amerika an einen Forscher<br />

für sein Lebenswerk vergeben. Was bedeutet diese<br />

Auszeichnung für Sie?<br />

Morgan: Das war eine große Überraschung für<br />

mich, denn ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet.<br />

In der Woche, in der ich davon erfuhr, feierten<br />

wir gerade meine Emeritierung. Für mich war das<br />

eine tolle Nachricht, denn ich empfinde diese Auszeichnung<br />

als eine sehr große Ehre. Meinem Dok-


torvater, Bob Dicke, wurde die „National Medal of Science“ ebenfalls<br />

verliehen – ich habe diese Anerkennung also quasi in der „zweiten<br />

Generation“ bekommen.<br />

MUM: Mit dem Preis werden Ihre Forschungen zur Plattentektonik<br />

der Erde gewürdigt. Warum war Ihre erste Studie, die sie 1968 über<br />

die Bewegungen und Formen der Platten verfassten, so wichtig für<br />

spätere Forscher?<br />

Morgan: Grundlage meiner Arbeit war das Konzept der Kontinentalbewegung,<br />

also die Idee, dass sich die Erdoberfläche aus mehreren<br />

großen Platten zusammensetzt, die sich laufend gegeneinander verschieben.<br />

In dieser Studie habe ich versucht, die Bewegungen und die<br />

Lage der Platten auf dem Globus mit einer elementaren mathematischen<br />

Formel zu erklären. Dadurch wurden rechnerische Vorhersagen<br />

auch für jene Orte auf dem Globus möglich, an denen bislang noch<br />

keine Messungen der Bewegungen der Erdkruste vorgenommen worden<br />

waren. Zusätzlich bekam die Arbeit eine große Bedeutung, weil<br />

sie sich ausführlich mit den Rändern, also den Kollisionszonen der<br />

Erdplatten, auseinandersetzte, an denen 95 Prozent aller Erdbewegungen<br />

ausgelöst werden. Diese Studie stellte also die Dinge, die damals<br />

in der Seismologie bekannt waren, in einen großen Zusammenhang.<br />

MUM: Der deutsche Naturwissenschaftler Alfred Wegener stellte 1912<br />

als erster die „Kontinentalverschiebungstheorie“ auf, konnte sie aber<br />

nicht beweisen. Auf welcher Basis haben Sie Ihr Modell der Plattentektonik<br />

entwickelt?<br />

Morgan: Wegener kam zum Teil zu ähnlichen Schlüssen wie ich. Allerdings<br />

standen ihm keine verifizierbaren Daten zur Verfügung, um<br />

seine Theorie zu beweisen. Ich hatte in den 60er Jahren Zugriff auf<br />

Datenmaterial aus der Meeresforschung. Einer der wichtigsten Grundzüge<br />

der Naturwissenschaften besteht nun einmal darin, dass man<br />

über empirisches Material verfügt, das eine Theorie stützt. Damit kann<br />

man dann anderen Wissenschaftlern beweisen, dass die Annahmen,<br />

über die man schreibt, korrekt sind. Solange man anderen Leuten nicht<br />

beweisen kann, dass eine Idee stimmt, ist die Theorie allein völlig nebensächlich.<br />

Das unterscheidet die Naturwissenschaften von anderen<br />

Bereichen, in denen über Ideen ergebnisoffen diskutiert wird. Und genau<br />

das war Wegeners Problem.<br />

MUM: Ein anderer Forschungsschwerpunkt, für den Sie ausgezeichnet<br />

wurden, ist Ihre Arbeit über so genannte Hot Spots.<br />

Worum geht es dabei?<br />

Morgan: Bei dieser Studie ging es darum zu erklären, wie jene Vulkane<br />

entstehen, die nicht an Plattenrändern liegen, beispielsweise auf<br />

Hawaii. Für die Entstehung dieser Vulkane macht man Hot Spots verantwortlich.<br />

Ein Hot Spot ist eine geschmolzene Gesteinsschicht unter<br />

der Erdkruste. Da die Kontinentalplatte sich über sie hinwegbewegt,<br />

entsteht an dieser Stelle eine Inselkette, zum Beispiel die Hawaii-Inseln.<br />

Auf dieser Erkenntnis aufbauend habe ich 1971 die Theorie aufgestellt,<br />

dass die Hot Spots auf so genannten Mantle Plumes basieren<br />

müssen. Gemeint ist damit eine besonders heiße, aber generell feste<br />

Gesteinsschicht aus dem Erdmantel, die instabil wird und pilzförmig<br />

nach oben quillt. Infolge des sinkenden Drucks nahe der Oberfläche<br />

des Erdmantels, beginnt dieser Mantle Plume in etwa 100 Kilometern<br />

Tiefe zu schmelzen. Die Schmelze, Magma genannt, steigt durch Risse<br />

oder selbst gebahnte Kanäle in fünf bis zehn Kilometer Tiefe auf, na-<br />

he der Basis des Vulkans. Hier beginnt das Magma zu kristallisieren<br />

und sich zu dem Material zu vermischen, das schließlich als Lava an<br />

die Erdoberfläche geschleudert wird. Diese Plumes können auch zum<br />

Auseinanderbrechen von Platten führen und eine zentrale Antriebskraft<br />

für Plattenbewegungen sein.<br />

MUM: Diese Theorie wurde in den 70er Jahren sehr kontrovers diskutiert.<br />

Warum?<br />

Morgan: Das lag wiederum an den Daten, die meiner Studie zugrunde<br />

lagen. Manche Kollegen fanden die Datenlage im Detail nicht absolut<br />

überzeugend. Allerdings zweifelte niemand grundsätzlich meine<br />

Erklärungen an.<br />

MUM: Sie bleiben als Forschungs-Preisträger der Alexander von<br />

Humboldt-Stiftung für sechs Monate an der LMU. Welche Pläne<br />

haben Sie für diese Zeit?<br />

Morgan: Ich möchte vor allem einiges über die Methoden der computergestützten<br />

Geosimulation und Geodynamik erfahren, und hier am<br />

Institut für Geophysik der LMU kann ich sehr viel darüber lernen.<br />

MUM: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit den Studierenden<br />

hier in <strong>München</strong> gemacht?<br />

Morgan: Ich komme gerade aus einer Lehrveranstaltung, die sehr interessant<br />

war. Wir sprachen über verschiedene Phänomene auf dem<br />

Mars, Themen, die ich gerade erst in Princeton mit Studenten diskutiert<br />

habe. Und ich fand, dass hier wie dort ganz ähnliche Gespräche<br />

stattfinden. Die Studierenden hier scheinen sehr aufgeschlossen zu<br />

sein. Viele junge Menschen begehen zu Beginn ihres Studiums den<br />

Fehler zu glauben, dass Wissenschaft gleichbedeutend sei mit dem<br />

Sammeln von Fakten und Daten darüber, wie die Welt beschaffen ist.<br />

Tatsächlich ist das aber noch lange nicht Wissenschaft. Wissenschaft<br />

bedeutet, darüber nachzudenken, welche Fakten und Daten zu dem<br />

Bild, das bereits von der Welt existiert, beitragen und es erweitern. Es<br />

geht nicht darum, einfach nur zu wiederholen, was bereits bekannt ist,<br />

sondern darum, Neues zu entdecken. ■ Interview: Ortrun Huber<br />

■ ZUR PERSON<br />

Professor W. Jason Morgan ist einer der bedeutendsten lebenden<br />

Geowissenschaftler der Welt. Seit Februar 2004 ist der US-Amerikaner<br />

für sechs Monate als Forschungspreisträger der Alexander<br />

von Humboldt-Stiftung am Institut für Geophysik der LMU zu Gast.<br />

Professor emeritus Morgan, der bis Februar in Princeton lehrte, leistete<br />

in den späten 60er Jahren wegbereitende Arbeit für die Entwicklung<br />

der Theorie der Plattentektonik. Für seine Forschung hat<br />

der Wissenschaftler, der gewähltes Mitglied der Amerikanischen<br />

Akademie der Wissenschaften ist, nahezu alle wichtigen Ehrungen<br />

und Preise erhalten, die die internationale Fachwelt und Politik zu<br />

vergeben hat. Dazu gehören unter anderem der Vetlesen Preis der<br />

Columbia <strong>Universität</strong>, der nur alle vier Jahre als „Quasi“-Nobelpreis<br />

der Geowissenschaften verliehen wird, sowie die Amerikanische<br />

Wissenschaftsmedaille „National Medal of Science“, der höchste<br />

Preis, den die USA an einen Forscher für sein Lebenswerk vergeben.<br />

MUM 01 | 2004 TITEL<br />

9


ESSAY<br />

10<br />

MUM 01 | 2004<br />

PROF. DOUGLAS<br />

S. BRIDGES,<br />

D.PHIL., D.SC.<br />

Department of Mathematics<br />

and Statistics, University of<br />

Canterbury, Christchurch,<br />

Neuseeland<br />

ESSAY<br />

A GASTPROFESSOR REFLECTS<br />

When I first visited Munich, as a seventeen-yearold<br />

on holiday with my parents, I would have never<br />

dreamed that 35 years later I would become a<br />

regular visitor to the Mathematisches Institut der<br />

<strong>Universität</strong> <strong>München</strong>, let alone that I would spend<br />

a year in this wonderful city as a DAAD Gastprofessor.<br />

And what a marvellous year it has been! It<br />

has given me the opportunity (denied me in my<br />

homeland of New Zealand, for reasons I shall ex-<br />

plain later) to present a two-semester graduate<br />

course on my research speciality, constructive analysis<br />

and topology. It has provided an excellent, stimulating<br />

environment for me and various other visitors<br />

to collaborate with the Munich academics.<br />

And it has enabled me to travel to various parts of<br />

Europe and the USA on conference business, as<br />

well as with my family to Athens on a holiday.<br />

So what brought me to Munich in the first place? It<br />

was a research collaboration, since 1997, with<br />

Privatdozent Dr. Peter Schuster of the Mathematisches<br />

Institut, together with the interest shown<br />

in our research by Professor Helmut Schwichtenberg<br />

and his logic group in the Institut. Dr. Schuster and<br />

Professor Otto Forster kindly put together the<br />

successful application to the DAAD that resulted in a<br />

grant to enable me to come here with them as my<br />

academic hosts.<br />

A MODICUM OF PROPER MATHEMATICS<br />

When I was invited to write this article reflecting on<br />

my year in Munich, it was suggested that I might also<br />

compare the German and the New Zealand university<br />

systems. Let me begin, however, with a<br />

word about the school systems. In<br />

New Zealand one doesn't<br />

start with secondary<br />

school until the<br />

age of thirteen, having spent the preceding two years<br />

at an intermediate school. This, to my mind, has<br />

serious disadvantages for the pupils. The teachers in<br />

intermediate schools are not subject-specialists, and<br />

are, essentially, primary school teachers operating at<br />

a slightly higher level; so at that stage the pupils are<br />

not exposed to laboratory science, systematic foreign<br />

language instruction, or more than a modicum of<br />

proper mathematics. Moreover, many of the teachers<br />

are poorly equipped to teach even the low-key<br />

mathematics they deal with, and pass on to their<br />

pupils their fear or dislike of the subject.<br />

MUCH LOWER LEVEL THAN IN GERMANY<br />

Once the students get to high school, they at least<br />

have specialist teachers for the various subjects. In<br />

high school mathematics the pace is very slow for the<br />

first three years. It increases over the next two – rather<br />

too dramatically for a lot of students – but still leaves<br />

the student entering university at a much lower level<br />

than his counterpart in Germany or, I believe, in<br />

virtually any European country. It is even worse with<br />

languages: most New Zealand students will do at most<br />

three years of serious foreign language learning in<br />

school, thereby leaving them severely disadvantaged<br />

when they need to use their languages abroad. For<br />

example, my daughter had three years of German and<br />

had done quite well therein; but when she first arrived<br />

in Munich, she was simply overwhelmed by the<br />

barrage of German from all sides.<br />

An inevitable consequence of the weaker mathematical<br />

background of beginning undergraduates in<br />

New Zealand is that their exit standard at the end of<br />

a degree programme is lower than in Germany. The<br />

majority of New Zealand students leave university<br />

after completing a three-year pass degree, which in<br />

mathematics is barely at the level of the Vordiplom.<br />

Those who stay on for either one further year to


complete a bachelor's degree with honours, or else two further years<br />

for a master's degree with honours, reach a level somewhere between<br />

the Vordiplom and Diplom. Three years ago we had a student from<br />

Munich spend one year at Canterbury, doing our fourth-year honours<br />

programme. Although he still had a year or two to go with his Diplom<br />

studies – he already had the Vordiplom in Munich – he had already gone<br />

beyond many of our honours courses. It is probably only at the doctoral<br />

level that New Zealand and German degrees truly match.<br />

A SEVERE WARNING ABOUT FEES<br />

Now that Germany is about to introduce fees for university study, let me<br />

sound a severe warning based on what has happened in New Zealand.<br />

Around 1990 the then government started annual cutbacks in its funding<br />

of universities, with the intention and inevitable consequence of having<br />

the universities charge fees of their students. The initial promise that in<br />

future the level of government funding for universities would not be<br />

allowed to fall below a stated percentage of the required funding –<br />

I cannot recall the exact percentage, but I believe it may have been 70<br />

percent – has long been broken. So universities in New Zealand now<br />

charge fees that are, relative to income in that country, pretty big. For<br />

example, my younger son, about to enter his third undergraduate year<br />

in philosophy at Canterbury, is charged an annual fee that is just under<br />

five percent of my pre-tax professorial salary; in the UK, he would be<br />

paying fees of the order of two to three percent.<br />

One result of the large student fees is that there is a huge accumulation<br />

of student debt on the loans made to them by banks. For students in<br />

medicine, dentistry and veterinary science the best thing to do on<br />

completing the degree is to leave New Zealand in order either to default<br />

on the debts or to earn enough to pay them back within a reasonable<br />

period of time. A sad side-effect of the debt is that couples who, following<br />

the long-standing tradition, decide to get married after graduation, often<br />

have such heavy debts between them that nobody will provide them<br />

with a mortgage to buy their first home.<br />

BARRIER TO APPLICANTS FROM ABROAD<br />

Things get even worse at the graduate-student level. In the rush to make<br />

money off overseas students, the universities are forced to charge fees<br />

that act as an immediate barrier to most applicants from abroad. Very<br />

few New Zealand mathematics graduates go on to do a PhD; those that<br />

do and are good enough are commonly, and should be, encouraged to<br />

go abroad for the PhD, to give them a broader perspective than can be<br />

achieved within a small, isolated country at the end of the world. As a<br />

result, good PhD students are mostly obtained from outside New<br />

Zealand. Since Australian students naturally look to the USA or Britain<br />

for their overseas study, this means that if a department like mine wants<br />

to have a thriving PhD programme, it has to get most of its research<br />

students from far afield. There being hardly any full-fee-paying<br />

scholarships available to such students, it is only those with external<br />

support that can afford to come to us. In particular, most of the excellent<br />

Eastern European students who would love to do research abroad are<br />

automatically excluded from New Zealand by the completely unattainable<br />

fee levels.<br />

Be warned, then: once a government introduces university fees, it seems<br />

that those fees go up, as the government's level of financial support goes<br />

down, each year, and that you risk great damage to your graduate<br />

programmes by making overseas student fees so large that they are<br />

unaffordable to most people. The ideal in such circumstances would be<br />

to have (as does Harvard, for example) an endowment sufficiently large<br />

that no good student need be excluded on the grounds of inability to<br />

pay fees; but such endowments take decades (in Harvard's case, nearly<br />

400 years) to grow to usable levels.<br />

There is one possibly bright light on the horizon for New Zealand:<br />

the government has decided that university funding will no longer be<br />

based<br />

entirely on<br />

student numbers<br />

in the various<br />

disciplines. It has introduced<br />

a research evaluation<br />

similar to that in the UK. This may<br />

not be a perfect system, but at least it shows<br />

explicit recognition of the importance of research, and may<br />

encourage universities to act against those academics who, by their<br />

inactivity outside the undergraduate classroom, damage the standing<br />

of their universities in the community.<br />

LEAVE THE UNIVERSITIES AS THEY ARE<br />

A vexed question in the German education system that has not arisen<br />

in New Zealand is that of elite universities. Since there are only seven<br />

regular universities in New Zealand, plus one other university<br />

specialising in agricultural and biological sciences, it would seem rather<br />

odd to single out one or two as elite ones. It might make a lot more sense<br />

in Germany, with its large number of universities. However, many of the<br />

German institutions have considerable international prestige, and my<br />

feeling is that it would be dangerous to single out a privileged handful<br />

as elite universities for which extra funding and better conditions were<br />

made available. How would you determine which universities were to<br />

be singled out as elite? In doing this, you would almost certainly relegate<br />

some excellent institutions, judged as just failing to make the elite grade,<br />

to a decline in prestige, nationally and ultimately internationally.<br />

My inclination is to leave the universities as they are, and let them<br />

flourish or decline according to the evolutionary strategies that they<br />

adopt individually. It would be tragic to see all but a small group of<br />

German universities decline to the standard of many of their<br />

counterparts abroad.<br />

Overall, my impression of the German education system is that at school<br />

and university it has significantly higher standards than those in New<br />

Zealand. This, I suspect, reflects both the long-standing prestige<br />

accorded to culture and scholarship in the former country, and the recent<br />

emergence of the latter from its founding period, in which these<br />

attributes of a civilised society were perceived as largely irrelevant in<br />

the face of the day-to-day problems of taming the undeveloped land. It<br />

is a little unfair to make this comparison, but I can't resist pointing out<br />

that in June 2003 there were twenty different operas professionally<br />

performed in Munich; in my home town of Christchurch, New Zealand's<br />

second largest city, there are two separate weeks in the year in each of<br />

which one opera is performed by a professional group. Munich names<br />

streets after many of the famous scientists and mathematicians who<br />

have had some contact with the city. (I was surprised to find even an<br />

Emmy-Noether-Straße here; I wonder how many people are aware that<br />

she was a famous algebraist?)<br />

DRESDNER FRAUENKIRCHE AND COVENTRY CATHEDRAL<br />

Munich itself is an amazing city. It never fails to impress me that when<br />

this country was rebuilt after WWII, the people chose to restore many<br />

of the great medieval buildings rather than tear the ruins down and replace<br />

them with modern structures. It is hard to believe that the elegance<br />

that characterises much of central Munich was a heap of rubble<br />

sixty years ago. (In Britain, by contrast, a lot of war-damaged buildings<br />

were replaced by modern counterparts: compare the Dresdner Frauenkirche<br />

and Coventry Cathedral.)<br />

We have basked in the beauty and culture of this city, than which few,<br />

if any, cities in the world can be more amenable. We are immensely<br />

grateful to our academic hosts and to our wonderful landlord and his<br />

family for making our stay here so pleasant. We will find it very hard to<br />

leave at the end of this month.<br />

MUM 01 | 2004 ESSAY<br />

11


MUM 01 | 2004 SPEZIAL<br />

12<br />

ZUKUNFT MIT PROFIL<br />

LMU BEGEGNET FINANZKRISE<br />

MIT STRUKTURREFORMEN<br />

„Edmund Stoiber – Bildungsräuber“: Mit starken Sprüchen<br />

protestierten im November Tausende Studierende und Lehrende<br />

aller Münchner Hochschulen gegen die massiven Kürzungen<br />

der Bayerischen Staatsregierung im Bildungsbereich.<br />

Mittlerweile sind die Akademiker wieder in die Hörsäle und<br />

Labore zurückgekehrt, doch an der schwierigen Haushaltslage<br />

hat sich nichts geändert. Damit das vom Wissenschaftsministerium<br />

vorgegebene Einsparvolumen von fünf Prozent im<br />

Jahr 2004 erbracht werden und damit sich die <strong>Universität</strong> für<br />

die drohenden Einschnitte in den kommenden Jahren wappnen<br />

kann, sind weitreichende Strukturplanungen erforderlich.<br />

Die Hochschulleitung der LMU hat deshalb mit den Fakultäten<br />

und allen universitären Gruppen einen Reformprozess angestoßen,<br />

der Ende März mit der Veröffentlichung eines Zukunftskonzepts<br />

erste Ergebnisse brachte.<br />

„Wir müssen davon ausgehen, dass das Geld für die Hochschulen<br />

künftig noch knapper wird.“ Wenn Bernd Huber über die Finanzsituation<br />

seiner <strong>Universität</strong> spricht, malt er die Zukunft in düsteren<br />

Farben. Besonders die unklaren Vorgaben seitens der Politik erschweren<br />

dem LMU-Rektor die langfristige Strukturplanung.<br />

Der von der Bayerischen Staatsregierung verordnete Sparkurs verschlechtert<br />

die Finanzsituation der LMU dramatisch und wird weitreichende<br />

Einschnitte in die Struktur der <strong>Universität</strong> nach sich ziehen.<br />

Zwar sollen die kurzfristigen Einsparungen nicht in erster Linie<br />

durch Stellenstreichungen, sondern vorrangig durch eine drastische<br />

Kürzung im Investitions- und Sachmittelbereich erbracht werden,<br />

so die Versicherung des Wissenschaftsministeriums. Über Umfang<br />

und Zeitraum der Kürzungen in den Jahren 2004 bis 2008 haben<br />

die <strong>Universität</strong>en jedoch keine Planungssicherheit. Sicher ist<br />

nur, dass die in diesem Jahr zu erbringenden fünf Prozent nicht das<br />

Ende der Kürzungen sein werden. „Im Jahr 2004 werden wir 100<br />

Stellen im Gegenwert von fünf Millionen Euro einziehen“, erklärt<br />

LMU-Kanzler Thomas May. Für die Zeit bis 2008 stehe das staatliche<br />

Einsparziel im Haushalt bei 15 Prozent. „Das bedeutet für die<br />

LMU, dass wir mindestens 200 Stellen zusätzlich mobilisieren müs-<br />

sen. Unser eigentliches Ziel ist es aber, diese Stellen in der <strong>Universität</strong><br />

neu zu vergeben“, so Thomas May. (vgl. Interview, S. 13)<br />

Auf der Seite des Sachhaushaltes geht die LMU ebenfalls schwierigen<br />

Zeiten entgegen. Die Mittelkürzungen führen bei den so genannten<br />

Großen Baumaßnahmen faktisch zu einem weitreichenden<br />

Baustopp. Einzig die Biologie II soll – obgleich noch nicht begonnen<br />

– errichtet werden, weil sie nicht über den herkömmlichen Haushalt,<br />

sondern aus einer Sonderfinanzierung bestritten wird. „Beim<br />

Bauunterhalt wird es auf eine Verschärfung der ohnehin schon dramatischen<br />

Lage hinauslaufen“, sagt LMU-Kanzler Thomas May. Dieser<br />

seit Jahren defizitäre Bereich wird im Nachtragshaushalt des<br />

Freistaats für 2004 noch einmal um zehn Prozent gekürzt. Für den<br />

Kanzler ein „Skandal“, denn „es kann nicht sein, dass wir auf Dauer<br />

dringend notwendige Reparaturen aus Mitteln für Forschung und<br />

Lehre finanzieren müssen.“<br />

TRANSPARENTES VERFAHREN<br />

Unter Vorsitz von LMU-Rektor Bernd Huber hat die Hochschulleitung<br />

die Kommission „Abbau und Profilierung“ eingerichtet. Damit<br />

will die LMU den Herausforderungen einer nachhaltigen Zukunftsplanung<br />

für Forschung und Lehre begegnen. Die Kommission setzt<br />

sich zusammen aus Vertretern aller Fakultäten und universitärer<br />

Gruppen. „Wir können eine langfristige Strukturplanung für die LMU<br />

nur im gemeinsamen Gespräch und in Kontakt mit den Fakultäten<br />

auf die Beine stellen“, so May. Ziel der Kommission und ihrer drei<br />

Arbeitsgruppen für die Bereiche Medizin und Naturwissenschaften,<br />

Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Geistes- und<br />

Kulturwissenschaften ist es, ein Zukunftskonzept zu erarbeiten, das<br />

der LMU ihre Position als Spitzenuniversität auch künftig sichern<br />

soll. Dabei ist es der Hochschulleitung besonders wichtig, dass das<br />

Verfahren transparent verläuft und die Evaluierung nach wissenschaftlichen<br />

Qualitätskriterien erfolgt. Zudem soll es Planungssicherheit<br />

für die Fakultäten ermöglichen.<br />

Anfang März hatten alle Fakultäten Gelegenheit, das Profilbildungspotential<br />

ihres Fachbereichs vorzustellen sowie anhand einer<br />

Aufstellung der vakanten und bis 2010 frei werdenden Profes-


suren mögliche Einsparpotentiale zu benennen. Die Ergebnisse dieser<br />

Diskussion wurden von der Hochschulleitung ausgewertet und<br />

zu einem Zukunftskonzept für die LMU, das Reformen in den Bereichen<br />

Forschung und Lehre vorsieht, zusammengefasst. Leitgedanke<br />

des Konzepts ist es, die Fächer und Fachgruppen zu bündeln<br />

und zu vernetzen. Durch die Verknüpfung vorhandener Ressourcen<br />

sollen die Bedingungen für Forschung und Lehre gesichert und<br />

verbessert werden. Gleichzeitig sollen durch interdisziplinäre Kooperationen<br />

neue zukunftsweisende Forschungsfelder erschlossen<br />

werden. Das Konzept benennt jedoch auch Studiengänge, aus denen<br />

sich die LMU mittelfristig zurückziehen wird, um neue Forschungsschwerpunkte<br />

zu setzen.<br />

„DIE RICHTIGE STRATEGIE”<br />

EIN GESPRÄCH MIT<br />

LMU-KANZLER THOMAS MAY<br />

MUM: Wie sehen die konkreten Planungen für den Haushalt 2004<br />

und die langfristige Strukturplanung für die LMU von 2005 bis 2008<br />

aus?<br />

May: Wir werden im Jahr 2004 insgesamt 100 Stellen im Gegenwert<br />

von fünf Millionen Euro einziehen müssen. Für die mittelfristige Planungen<br />

haben wir zwei Zielgrößen: Das eine ist die Vorgabe der<br />

Bayerischen Staatsregierung, 15 Prozent des Staatshaushalts bis<br />

2008 zu kürzen. Die Kurzfristigkeit der Einsparungen für 2004 muss<br />

dabei abgelöst werden durch eine Planung, die im Rahmen des Möglichen<br />

Raum für strukturbezogene Überlegungen lässt. Darum bemühen<br />

wir uns gegenwärtig gemeinsam mit den Fakultäten und Departments.<br />

Der zweite Punkt ist die Absicht des Wissenschaftsministeriums, einen<br />

Innovationsfonds zu gründen, der mit 800 Stellen aus den<br />

bayerischen <strong>Universität</strong>en bestückt werden soll. Die LMU wäre vermutlich<br />

mit einem Anteil von etwa 200 Stellen an diesem Fonds beteiligt.<br />

Dies bedeutet, dass die LMU zwischen 2004 und 2008 insgesamt<br />

mindestens 300 Stellen aus den wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

abziehen muss, die zwar zu einem erheblichen Teil wieder<br />

zurückgegeben werden sollen, aber immerhin „umgewälzt“ werden<br />

müssen.<br />

MUM: Wie passt die Idee vom Innovationsfonds mit dem Vorhaben<br />

von Finanzminister Faltlhauser zusammen, der freiwerdende Stellen<br />

komplett einziehen will?<br />

May: Derzeit gibt es eine Diskussion zwischen Finanzseite und Wissenschaftsseite,<br />

in der es um die Frage geht, ob wir weiterhin dauerhaft<br />

Stellen abgeben oder den zu erwartenden Aufgabenzuwachs,<br />

der etwa durch steigende Studienanfängerzahlen, durch Studienreformen<br />

und gesteigerte Forschungsleistungen entsteht, mit dem<br />

bestehenden Personal bewältigen müssen. In letzterem Fall würden<br />

wir im Sinne einer Effizienzsteigerung ja auch eine Einsparungsleistung<br />

erbringen, die gegenüber der Finanzseite als kapitalisierbarer<br />

Einsparungsbeitrag gerechnet werden könnte. Das größte Problem<br />

sehe ich gegenwärtig in einer Verbindung aus fehlender Pla-<br />

Im Bereich Studium und Nachwuchsförderung zielen die Reformen<br />

auf Qualitätssteigerung und Internationalisierung. Kernpunkt ist hier<br />

die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Zusätzlich<br />

sollen strukturierte Promotionsstudiengänge die Ausbildung<br />

des wissenschaftlichen Nachwuchses verbessern. Ergänzt werden<br />

die Reformen in Forschung und Lehre durch die Einführung neuer<br />

Leitungsstrukturen. „Es ist unser originäres Interesse, den Reformprozess<br />

aktiv zu gestalten. Die Hochschulen müssen sich auf starke<br />

Schwerpunkte konzentrieren, sich im Gegenzug aber auch aus<br />

einzelnen Fächern zurückziehen. So können wir Ressourcen freisetzen,<br />

mit denen die besonders leistungsfähigen Disziplinen gestärkt<br />

werden“, erklärt Rektor Huber. ■ dir/oh<br />

nungssicherheit und zahllosen ungelösten Zielkonflikten zwischen<br />

hochschulpolitischen Wünschen und tatsächlich verfügbaren Ressourcen.<br />

MUM: Betreffen die Einsparungen allein Forschung und Lehre oder<br />

muss auch die Verwaltung mit Einschnitten rechnen?<br />

May: Wir werden an der LMU 2004 eine Sparsumme von insgesamt<br />

fünf Millionen Euro realisieren müssen. Die Verwaltung wird sich<br />

hieran mit einem Betrag von etwa 500.000 Euro beteiligen. Sie trägt<br />

also mit zehn Prozent zum Gesamteinsparvolumen im Vergleich zur<br />

Wissenschaft überproportional bei. Da unsere Verwaltung aber eine<br />

der vergleichsweise effizientesten <strong>Universität</strong>sverwaltungen bundesweit<br />

sein dürfte und gleichzeitig sehr knapp ausgestattet ist, halte<br />

ich es für nahezu ausgeschlossen, hier noch weiter substantiell<br />

einzusparen.<br />

MUM: Wie beurteilen Sie die Kooperationsbereitschaft der <strong>Universität</strong>smitarbeiter<br />

in Fakultäten und Verwaltung bei den Strukturreformen?<br />

May: Ich bin außerordentlich beeindruckt von der Leistung, die die<br />

Verwaltung und die dezentralen wissenschaftlichen Einrichtungen<br />

in den letzten Monaten erbracht haben, um diesen Prozess zu steuern,<br />

und ich bin dankbar für das auf allen Seiten entgegengebrachte<br />

Verständnis für die Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung.<br />

Man muss in diesem Zusammenhang auch noch einmal betonen,<br />

wie richtig unsere Strategie war, uns von einem bestimmten Punkt<br />

an aktiv auf zunächst unsichere Rahmenbedingungen einzulassen<br />

und nicht abzuwarten, bis alles Brief und Siegel hat.<br />

Den Vorwurf des vorauseilenden Gehorsams, der der Hochschulleitung<br />

vereinzelt gemacht worden ist, halte ich unverändert für abwegig.<br />

Wir waren gut beraten, diesen Profilierungsprozess schon<br />

sehr früh anzustoßen und die damit eingenommene Pilotfunktion<br />

im Hinblick auf einen strategisch angelegten Umbau der <strong>Universität</strong><br />

aktiv und entschieden wahrzunehmen. Diese Linie werden wir auch<br />

in den gegenwärtig laufenden Beratungen mit den Fakultäten beibehalten.<br />

■ Interview: Luise Dirscherl, Ortrun Huber<br />

MUM 01 | 2004 SPEZIAL<br />

13


MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

14<br />

PROMOVIEREN FÜR PROFIS<br />

ZUM DOKTORHUT MIT INTERNATIONALEN<br />

PROMOTIONSSTUDIENGÄNGEN<br />

Intensive Betreuung, klare Strukturvorgaben sowie eine interdisziplinäre und internationale Ausrichtung zeichnen drei Promo- Promotionsstudiengänge<br />

an der LMU aus. Gefördert werden sie vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) und der<br />

Deutschen Forschungsgemeinschaft Forschungsgemeinschaft (DFG). Speziell auf die Bedürfnisse von Doktoranden ausgelegte ausgelegte Seminare und Veranstal- Veranstal-<br />

tungen locken Promovierwillige. Diese müssen aber auch selbst etwas mitbringen: Gute Noten und Engagement werden bei den<br />

Bewerbern vorausgesetzt.<br />

LINGUISTIK – INTERNATIONALES PROMOTIONS-<br />

PROGRAMM LIPP „SPRACHTHEORIE UND ANGEWANDTE<br />

SPRACHWISSENSCHAFT“<br />

Promovieren in Deutschland – das bedeutete für Geisteswissenschaftler<br />

über Jahre hinweg isoliert zu arbeiten, als Einzelkämpfer<br />

Frust und Lust der Wissenschaft auszukosten und mangels Vergleichsmöglichkeiten<br />

und intensiver Betreuung bis zuletzt im Ungewissen<br />

zu bleiben, was die Arbeit wirklich taugt. „Die klassischen<br />

Promotionen dauern in der Regel zu lange, die Promovenden sind<br />

auf sich selbst gestellt und bekommen kaum Feedback“, bilanziert<br />

Dr. Melanie Moll. Mit dieser Tradition will das Linguistische Internationale<br />

Promotionsprogramm LIPP brechen.<br />

Melanie Moll, Wissenschaftliche Koordinatorin des LIPP, nennt als<br />

Vorteile des Promotionsstudienganges gegenüber der klassischen<br />

Promotion ein klar strukturiertes Curriculum, erstklassige Betreuung,<br />

fi nanzielle Unterstützung bei Forschungsaufenthalten im Ausland<br />

und eine kooperative Atmosphäre, in der sich die Doktoranden<br />

untereinander austauschen können. LIPP startete im Oktober 2002<br />

unter der Leitung von Professor Konrad Ehlich. Das Graduierten-<br />

Studium wird von 17 Professorinnen und Professoren aus zwölf lin-<br />

Informationen und Kontakt:<br />

Dr. Melanie Moll<br />

<strong>Ludwig</strong>straße 27/II<br />

Tel.: 089/2180-3846<br />

www.lipp.lmu.de<br />

Bewerbungsfrist für WS 2004/05:<br />

> 15. Juni 2004<br />

E-Mail: moll@lipp.lmu.de<br />

guistischen Disziplinen an der LMU gemeinsam getragen. Dadurch<br />

bietet sich die im deutschen Sprachraum einmalige Möglichkeit,<br />

ein Promotionsstudium in Sprachtheorie und Angewandter Sprachwissenschaft<br />

zu absolvieren. Schwerpunkte sind Phänomenologie<br />

und Typologie von Sprachen, linguistische Empirie und deren Methodologie,<br />

Sprache und Gesellschaft sowie Theoriebildung für und<br />

Modellbildung von Sprache. Den Studierenden steht ein persönlicher<br />

Mentor zur individuellen Studienberatung zur Seite. Die Leistungsnachweise<br />

sind speziell auf die Bedürfnisse der Doktoranden<br />

zugeschnitten. An die Stelle des bisherigen Rigorosums tritt die<br />

hochschulöffentliche Disputation, bei der die Promovierenden ihre<br />

Befähigung zur interdisziplinären wissenschaftlichen Kommunikation<br />

unter Beweis stellen können.<br />

„Fast die Hälfte unserer Doktoranden sind ausländische Studierende“,<br />

hebt Melanie Moll hervor. Aber nicht nur viele Teilnehm er kommen<br />

aus dem Ausland, auch die Gastreferenten werden regelmäßig<br />

aus aller Welt geladen. Mehrsprachigkeit ist wichtig, das heißt, dass<br />

nicht ausschließlich Englisch dominiert, sondern eine Pluralität der<br />

Wissenschaftssprachen praktiziert und gefördert wird. In der Natur<br />

des LIPP liegt es, polyglott zu sein. Und so tummeln sich Studierende<br />

aus Brasilien und Kuba neben solchen aus Taiwan, Italien<br />

und Deutschland.<br />

LIPP pfl egt die Gemeinsamkeit in der Vielfalt. „Es hat sich hier relativ<br />

rasch ein sehr dynamisches und engagiertes Team gebildet mit<br />

unterschiedlicher internationaler Ausrichtung und verschieden en<br />

Themenschwerpunkten“, sagt Melanie Moll. Die Doktoranden unterstützen<br />

sich gegenseitig bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten<br />

und kommen zu Aktivitäten auch außerhalb der Seminare und Veranstaltungen<br />

zusammen.<br />

„Was die Doktoranden sehr schätzen, sind die großen, international<br />

angelegten Symposien, die wir hier bieten“, so Melanie Moll.<br />

Dort müssen die Doktoranden auch moderieren und vortragen<br />

und kommen somit hautnah mit der wissenschaftlichen Praxis in<br />

Berührung. Auch der Aufbau eines eigenen wissenschaftlichen<br />

Netzwerks wird dadurch erleichtert. Daneben fi nden immer wieder


Gastvorträge von international renommierten Wissenschaftlern statt.<br />

Im Dezember sprach beispielsweise Adam Pease von der University<br />

of Palo Alto zum Thema „The Suggested Upper Merged Ontology<br />

(SUMO) and its use in linguistics“.<br />

Im strengen Auswahlverfahren ist neben exzellenten Noten insbesondere<br />

das Exposé von Bedeutung. Ein großes Manko sieht<br />

Melanie Moll darin, dass DAAD und DFG lediglich Strukturkosten<br />

übernehmen, für Stipendien jedoch kein Geld zur Verfügung stellen.<br />

Jeder, der die Bewerbung für einen der etwa zwölf pro Jahr zu<br />

vergebenden Studienplätze erfolgreich durchlaufen hat, muss bei<br />

den üblichen Stiftungen und Verbänden ein Stipendium beantragen,<br />

wenn er gefördert werden will. Kleiner Trost: Die Mitarbeiter des<br />

Promotionsstudiengangs unterstützen die Doktoranden beim Zusammenstellen<br />

der jeweils einzureichenden Unterlagen.<br />

Informationen und Kontakt:<br />

Dr. Roger Lüdeke<br />

Schellingstraße 7<br />

Tel.: 089/2180-6292<br />

www.promotion-lit.uni-muenchen.de<br />

Bewerbungsfrist für WS 2004/05:<br />

> 1. Mai 2004<br />

E-Mail: buero@promotion-lit.uni-muenchen.de<br />

PROMOTIONSSTUDIENGANG LITERATURWISSENSCHAFT<br />

Im Oktober 2001 ging der fächerübergreifende Promotionsstudiengang<br />

Literaturwissenschaft als erster der drei Promotionsstudiengänge<br />

der LMU an den Start. War es reine Innovationsfreude, welche<br />

die Literaturwissenschaftler in diese Vorreiterrolle brachte? „Die<br />

Einführung des Promotionsstudiengangs war auch eine Reaktion<br />

auf den politischen Legitimationsdruck, dem gerade geisteswissenschaftliche<br />

Fächer ausgesetzt sind“, erklärt der Wissenschaftliche<br />

Koordinator Dr. Roger Lüdeke. Im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen<br />

Fächern, deren Erkenntnisse sich oftmals relativ rasch in<br />

wirtschaftlichen Profi t ummünzen lassen, haben die Geisteswissenschaften<br />

einen schweren Stand. Deshalb haben sich die 24 beteiligten<br />

Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer aus elf verschiedenen<br />

Disziplinen zusammengetan unter dem Motto: Gemeinsam sind wir<br />

stark. Der Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft unter der<br />

Leitung des Komparatisten Professor Hendrik Birus wird von allen<br />

literaturwissenschaftlichen Fächern der LMU getragen und vertritt<br />

ein breites und vielfältig vernetztes Spektrum theoretischer Positionen<br />

und methodologischer Ansätze. Internationalität und Interdisziplinarität<br />

werden dabei groß geschrieben.<br />

Der erste Promotionsstudiengang dieser Art in Deutschland bietet<br />

ein forschungsorientiertes und systematisch strukturiertes Lehrprogramm<br />

an, das in organisatorischer und fachlicher Hinsicht Neuland<br />

betreten hat. Ziel ist es, die Qualität literaturwissenschaftlicher<br />

Promotionen zu verbessern und gleichzeitig die Promotionszeit zu<br />

verkürzen. Der interdisziplinäre Zuschnitt will die Literaturwissenschaft<br />

als eine kultur- und medienwissenschaftliche Basisdisziplin<br />

profi lieren. Zugleich soll die fächer übergreifende Zusammenarbeit<br />

das Gespräch nicht nur zwischen den verschiedenen Einzelphilologien,<br />

sondern auch zwischen verschiedenen Theoriekulturen befördern.<br />

Jedem aufgenommenen Bewerber wird ein persönlicher<br />

Mentor aus dem Kreis der beteiligten Hochschullehrerinnen und<br />

-lehrer zugeordnet, der für die Betreuung der Dissertation zuständig<br />

ist und dem Doktoranden als individueller Studienberater zur<br />

Seite steht.<br />

MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

15


MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

16<br />

In diesem Mentorsystem sieht Roger Lüdeke klare Vorteile gegenüber<br />

der herkömmlichen Promotionspraxis: „Eine Doktormutter<br />

oder ein Doktorvater schafft immer eine Abhängigkeit. Wenn<br />

die nicht mehr wollen oder aus anderen Gründen ausfallen, steht<br />

die ganze Promotion auf der Kippe“, erläutert er. Ein Mentor hingegen<br />

sieht sich immer in Konkurrenz zu gleichberechtigten Vertretern<br />

innerhalb des Promotionsstudienganges. Das Netz der 24<br />

Hochschullehrer und -lehrerinnen ist eng geknüpft. Fällt – aus welchen<br />

Gründen auch immer – einer aus, springt ein anderer ein.<br />

Insbesondere in der gemeinsamen Arbeit an unterschiedlichen<br />

Themen sieht Roger Lüdeke einen enormen Vorteil für die Teilnehmer<br />

am Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft: „Die<br />

Doktoranden kommen untereinander auch privat ins Gespräch, sie<br />

müssen ihre eigenen Problemstellungen in der Diskussion immer<br />

wieder neu formulieren.“ Gefördert wird der Austausch der Doktoranden<br />

untereinander auch in Intensivworkshops, ohne dass<br />

daraus sogleich eine Prüfungssituation entsteht. Letztlich werden<br />

die Dissertationen so schneller geschrieben und auch qualitativ<br />

wertvoller.<br />

Pro Jahr werden etwa zehn neue Doktoranden aufgenommen. Bei<br />

der Auswahl kommt es neben den Noten vor allem auf die „philologische<br />

Güte des Projekts“ und damit auf das Exposé an, betont<br />

Roger Lüdeke. Kommunikative Kompetenz und die Fähigkeit, allgemeine<br />

theoretische Fragestellungen zu bewältigen, sind ebenfalls<br />

wichtige Kriterien.<br />

„Von Anfang an war der Studiengang nicht auf Perfektion angelegt,<br />

sondern setzte auf einen kontinuierlichen Prozess, der in seiner<br />

Offenheit Selbstkorrekturen zulässt“, erläutert Roger Lüdeke. So ist<br />

beispielsweise die Einführung eines thematischen Schwerpunktes<br />

pro Semester, fl ankiert von einem Basisseminar, das Ergebnis kritischen<br />

Feedbacks gewesen. Im Wintersemester lag der Schwerpunkt<br />

auf dem Thema Medien. Das Basisseminar „Die Unheimlichkeit der<br />

Medien“ dazu wurde gemeinsam von Professor Bernd Scheffer<br />

und dem Humboldt-Forschungspreisträger Professor Samuel Weber<br />

angeboten.<br />

Wie auch seine Kollegin Melanie Moll von LIPP beklagt Lüdeke die<br />

fehlende automatische Förderung durch ein Stipendium. DAAD und<br />

DFG sind dazu nicht bereit. „Umso wichtiger ist eine universitäre<br />

Unterstützung, die das Erreichte verstetigt und als Beitrag zu der<br />

langfristigen Reformbemühung dient, die der Promotionsstudiengang<br />

angeschoben hat und in Zukunft auch weiter vorantreiben<br />

will“, sagt der Wissenschaftliche Koordinator.<br />

MUNICH GRADUATE SCHOOL OF ECONOMICS<br />

Englisch als alleinige Unterrichtssprache, dafür kein Exposé zu<br />

Beginn aller Mühen um den Doktortitel – die Munich Graduate<br />

School of Economics (MGSE) an der Volkswirtschaftlichen Fakultät<br />

unterscheidet sich deutlich von den beiden anderen Promotionsstudiengängen<br />

an der LMU. „Die Betreuer stehen nicht von Anfang<br />

an fest“, erläutert Ingeborg Buchmayr, Koordinatorin der MGSE,<br />

weitere Unterschiede. „Wir bieten zunächst einen strukturierten,<br />

breiten Einstieg“. Innerhalb des ersten Jahres müssen die Doktoranden<br />

– rund 35 Prozent davon sind Ausländer – ein anspruchsvolles,<br />

dichtes Vorlesungsprogramm absolvieren, vergleichbar dem<br />

Informationen und Kontakt:<br />

Ingeborg Buchmayr<br />

Kaulbachstraße 45<br />

Tel.: 089/2180-5629<br />

www.vwl.uni-muenchen.de/mgse<br />

Bewerbungsfrist für WS 2004/05:<br />

> 30. April 2004<br />

E-Mail: ingeborg.buchmayr@lrz.uni-muenchen.de


PhD-Programm an einer amerikanischen Topuniversität. Aber schon<br />

früh werden die Doktoranden auch an die eigene Forschung herangeführt.<br />

Bereits im zweiten Semester müssen sie im Research<br />

Strategy Seminar, das von drei Professoren betreut wird, ihre erste<br />

eigene Forschungsarbeit präsentieren. Dadurch werden die Promovenden<br />

intensiv bei der Suche nach einer geeigneten PhD-Thesis<br />

unterstützt und begleitet.<br />

Binnen drei Jahren soll die Promotion mit hoher wissenschaftlicher<br />

Qualität und Originalität auf internationalem Niveau abgeschlossen<br />

werden. Die Messlatte für potentielle Bewerber ist hoch: Wer einen<br />

Platz an der Munich Graduate School of Economics ergattern will,<br />

muss ausgesprochen gute Abschlüsse vorweisen können und sich<br />

mit theoretisch anspruchsvollen Gebieten der Ökonomie beschäftigt<br />

haben. Die Konkurrenz ist groß: Von den 235 Interessenten für das<br />

Wintersemester 2003/04 erhielten nur 13 Glückliche nach dem standardisierten<br />

Auswahlverfahren eine Zusage.<br />

Der Promotionsstudiengang startete im Oktober 2002 unter der Federführung<br />

der Professoren Gerhard Illing, Sven Rady und Klaus<br />

Schmidt und wird von allen Professoren der Volkswirtschaftlichen<br />

Fakultät getragen – auch das renommierte Center for Economic<br />

Stud ies (CES) ist in den Lehrplan eingebunden. Der Forschungsschwerpunkt<br />

der Graduate School besteht darin, die Konsequenzen<br />

zunehmender weltweiter Integration von Güter-, Faktor- und Finanzmärkten<br />

zu analysieren, die durch die rasante technologische<br />

Entwicklung in der Informationsverarbeitung und durch die poli-<br />

DISSERTATIONEN ONLINE VERÖFFENTLICHEN<br />

Seit kurzem können unter anderem auch in den drei Promotionsstudiengängen<br />

der LMU die Dissertationen online über die <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />

veröffentlicht werden. Für diese kostengünstige<br />

Variante müssen nur noch sechs gedruckte Exemplare abgegeben<br />

tische Integration Europas und die Globalisierung der Wirtschaft<br />

vorangetrieben wird.<br />

Mit dem Doktorandenprogramm sollen erstklassige Bewerber aus<br />

anderen EU-Staaten, aber auch gezielt aus Osteuropa und Asien<br />

nach <strong>München</strong> geholt werden. Dass dies gelingt, zeigt ein Blick auf<br />

die Statistik: Im Wintersemester 2003/04 kamen 68 Bewerber aus<br />

Asien. Deutschland stellte mit 58 Bewerbern die zweitgrößte Gruppe,<br />

27 bewarben sich aus dem restlichen Westeuropa und 49 aus<br />

Osteuropa. Das Promotionsangebot richtet sich auch an Mathematiker,<br />

Naturwissenschaftler oder Politologen.<br />

Für das kommende Wintersemester werden weniger Bewerber<br />

erwartet. Der Grund: In den vergangenen beiden Jahren konnten<br />

die Doktoranden durch DFG-Stipendien gefördert werden. In<br />

diesem Jahr stehen hierfür keine Mittel zur Verfügung. Das hohe<br />

Niveau des Promotionsstudienganges leidet darunter nicht – wie<br />

die bisher vorliegenden Bewerbungen zeigen, ist die MGSE trotz<br />

dieses Mankos für herausragende Studierende aus der ganzen<br />

Welt weiterhin sehr attraktiv.<br />

Die Betreuung durch die Mitarbeiter des Graduate Offi ce bietet<br />

jedem Doktoranden optimale Bedingungen für die Promotion.<br />

Die Vermittlung von Deutsch-Kursen für Ausländer und der Eröffnungsempfang<br />

zum gegenseitigen Kennenlernen sind nur ein Teil<br />

der Angebote. Die Mitarbeiter helfen auch ganz konkret, die Tücken<br />

deutscher Bürokratie etwa bei Aufenthaltsgenehmigung, Wohnungssuche<br />

und Immatrikulation locker zu meistern. ■ ms<br />

werden, die elektronische Dissertation im PDF-Format wird vom<br />

Doktoranden selbst auf den Dokumentenserver der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />

hochgeladen. Weitere Informationen im Internet unter<br />

http://edoc.ub.uni-muenchen.de/help<br />

MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

17


MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

18<br />

VERBEUGUNG VOR DER ZIVILCOURAGE<br />

GESCHWISTER-SCHOLL-PREIS FÜR DEN<br />

BRITISCHEN HISTORIKER MARK ROSEMAN<br />

Für sein Buch „In einem unbewachten Augenblick“ hat der britische<br />

Geschichtsprofessor Mark Roseman den Geschwister-<br />

Scholl-Preis 2003 erhalten. Das Werk mache „in exemplarischer<br />

Weise deutlich, dass es auch im nationalsozialistischen Terrorsystem<br />

möglich war, großen persönlichen Mut zu beweisen“, urteilte<br />

die Jury. Der Preis wird vom Börsenverein des Deutschen<br />

Buchhandels – Landesverband Bayern und der Landeshauptstadt<br />

<strong>München</strong> im Andenken an die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“<br />

vergeben. Die mit 10.000 Euro dotiert Auszeichnung nahm<br />

Roseman Ende 2003 in der Großen Aula der LMU entgegen.<br />

Mark Rosemans Buch „In einem unbewachten Augenblick“ ist eine<br />

Geschichte von persönlichem Mut, von Moral und kleinen Glücksmomenten<br />

in unglückseligen Zeiten und von nie versiegender Hoffnung.<br />

Roseman erzählt von der deutschen Jüdin Marianne Ellenbogen,<br />

geborene Strauß, die 1943 unmittelbar vor der Deportation<br />

ihrer Eltern und ihres Bruders untertaucht. Im Untergrund überlebt<br />

sie den Nationalsozialismus – auch dank der Unterstützung einer<br />

bislang nicht näher erforschten Widerstandsgruppe. Rosemans<br />

Buch stellt die von Artur Jacobs gegründete Organisation „Bund.<br />

Gemeinschaft für sozialistisches Leben“ erstmals einer breiten<br />

Öffentlichkeit vor.<br />

Marianne Strauß überlebte, doch ihre Familie, ihr Verlobter und<br />

dessen Familie wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Nach<br />

dem Krieg sah Marianne Strauß keine Möglichkeit, in Deutschland<br />

ein neues Leben zu beginnen: Sie zog nach Großbritannien und<br />

heiratete dort einen britischen Offizier. Aus ihren Tagebüchern,<br />

Briefen, Dokumenten sowie den Ergebnissen eigener akribischer<br />

Recherche webt Mark Roseman einen eindringlichen Erzählteppich,<br />

der Geschichte anschaulich lebendig macht. Ihm gelingt<br />

die bewegende Schilderung eines Leidensweges, die zeigt, dass<br />

Menschlichkeit auch im Naziterror Nischen schaffte, in denen die<br />

Hoffnung überleben konnte. „In einem unbewachten Augenblick“<br />

ist eine Verbeugung vor der Zivilcourage der Marianne Strauß sowie<br />

ihrer Helfer.<br />

„Gerade die leidenschaftliche Subjektivität<br />

des Geschichtsprofessors<br />

Roseman objektiviert beispielhaft<br />

seine Lebensgeschichte einer couragierten<br />

Frau“, hob Dr. Rosemarie<br />

von dem Knesebeck hervor, die Vorsitzende<br />

des Landesverbandes Bayern<br />

im Börsenverein des Deutschen<br />

Buchhandels. Durch die Konfrontation<br />

mündlicher Aussagen und Dokumente<br />

werde Roseman zum Interpreten<br />

von Geschichte.<br />

Das Buch erinnere an das Vermächtnis der Geschwister Scholl, deren<br />

Geschichte „in unsere Gegenwart bedrückend hineinreicht“, so<br />

<strong>München</strong>s Oberbürgermeister Christian Ude in seiner Laudatio. Mut<br />

und Moral zu zeigen sei ein aktuelles Gebot, so Ude weiter.<br />

In seiner sehr persönlichen Laudatio erzählte der in Ahlen geborene<br />

jüdische Regisseur Imo Moszkowicz von seinen Kontakten<br />

zum Umfeld von Marianne Strauß. Moszkowicz, der Auschwitz<br />

überlebte, brach den Mutigen eine Lanze, die sich oftmals unter<br />

großen Gefahren für die Verfolgten eingesetzt haben: „Wir, die<br />

Opfer, dürfen niemals aufhören, das hohe Lied derjenigen zu singen,<br />

die in unserem Lande die Kühnheit hatten, ihre Mitmenschlichkeit<br />

zu bewahren.“ ■ ms


BBDO Berlin/für Harald&Erhard Fotografie<br />

du kannst.<br />

Franka Potente, Schauspielerin, engagiert sich für ai. Sie können es auch. www.amnesty.de<br />

Spendenkonto 80 90 100, Bank für Sozialwirtschaft Köln, Bankleitzahl 370 205 00


MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

20<br />

UNTER DACH UND FACH<br />

NEUE GEBÄUDE FÜR DIE LMU<br />

Vier Bauprojekte an der LMU sind jetzt fertig geworden: das Zentrum für Neuropathologie und<br />

Prionforschung in Großhadern, die Klauentierklinik sowie das Zentrum für Lebensmittelhygiene<br />

und Tierernährung in Oberschleißheim und der „Bücherturm” im Hauptgebäude der LMU.<br />

MUM stellt die vier dringend benötigten Gebäude für die wachsende Alma Mater vor.<br />

DAS ZENTRUM FÜR NEUROPATHOLOGIE<br />

UND PRIONFORSCHUNG<br />

Weltweit beschäftigen sich Prionforscher und Neuropathologen mit<br />

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, BSE und anderen Formen von Hirnerkrankungen<br />

bei Mensch und Tier. Mit der offiziellen Eröffnung des<br />

neuen Zentrums für Neuropathologie und Prionforschung (ZNP) am<br />

10. März 2004 haben sich die Bedingungen für diese Forschung an<br />

der LMU jetzt deutlich verbessert.<br />

Der in zwei Jahren für 19,5 Millionen Euro errichtete Neubau an der<br />

Feodor-Lynen-Straße (Bild A) beherbergt auf 2.583 Quadratmetern<br />

neben Büros und Laborarbeitsplätzen spezielle Sicherheitslabors der<br />

Kategorien S2 und S3 sowie eine geeignete Ausstattung, um Tiere zu<br />

wissenschaftlichen Zwecken, insbesondere Mäuse, fachgerecht halten<br />

zu können. Damit verfügt die LMU nun über die Infrastruktur, um<br />

im ausreichenden Maße Infektionsversuche für die Erforschung von<br />

Hirnerkrankungen durchzuführen.<br />

Mit dem Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft zu den naturwissenschaftlich-medizinischen<br />

Einrichtungen des HighTechCampus LMU<br />

in Großhadern ist ein multifunktionales Forschungsgebäude für die<br />

Hirnforschung entstanden: Das ZNP beherbergt das Institut für Neuropathologie<br />

der LMU unter der Leitung von Professor Hans Kretzschmar<br />

sowie eine Arbeitsgruppe des Laboratoriums für funktionale Genomanalyse<br />

des Genzentrums der LMU unter der Leitung von Professor<br />

Eckhard Wolf. Zudem steht es allen <strong>Universität</strong>en und wissen-<br />

B<br />

schaftlichen Einrichtungen für Projekte des Bayerischen Forschungsverbunds<br />

Prionen FORPRION offen.<br />

Nach Ansicht des Leiters des ZNP und Vorstands von FORPRION, Professor<br />

Hans Kretzschmar, ermöglicht der zentrale Standort eine ideale<br />

Vernetzung von Forschungsressourcen: „Eines der wichtigsten Zentren<br />

der Prionforschung und ein wesentlicher Teil der Forschungsorganisation<br />

wird hier lokalisiert sein“.<br />

DIE KLAUENTIERKLINIK<br />

Bereits im Januar 2004 hat die LMU auf dem tiermedizinischen Campus<br />

in Oberschleißheim zwei neue Bauten offiziell eröffnet: die Klauentierklinik<br />

für Wiederkäuer und Schweine (Bild B) sowie das Zentrum<br />

für Lebensmittelhygiene und Tierernährung. Für die einzige<br />

tierärztliche Fakultät im süddeutschen Raum ist der Umzug von fünf<br />

weiteren Lehrstühlen nach Oberschleißheim ein Meilenstein bei der<br />

Neustrukturierung der Tiermedizin auf einem eigenen Campus.<br />

Die Klauentierklinik konnte nach zwei Jahren Bauzeit pünktlich zum<br />

Beginn des Wintersemesters 2003/04 vom Lehrstuhl für Innere Medizin<br />

und Chirurgie der Wiederkäuer (Professor Wolfgang Klee) und vom<br />

Lehrstuhl für Krankheiten des Schweins (Professor Karl Heinritzi) bezogen<br />

werden. Für den Neubau der Klauentierklinik wurden 15,1 Millionen<br />

Euro ausgegeben. Mit 2.713 Quadratmetern Hauptnutzfläche<br />

steht den beiden Lehrstühlen jetzt mehr als doppelt so viel Platz zur<br />

Verfügung, die Zeit der Provisorien ist beendet.<br />

In der Klinik an der Sonnenstraße in Oberschleißheim konnten über<br />

die Stadt verstreute und organisatorisch getrennte Bereiche zusammengeführt<br />

werden. Die bisherige Trennung zwischen der Chirurgie<br />

für Rinder und kleine Wiederkäuer, die am Oberwiesenfeld ihre Räume<br />

hatte, und der Inneren Medizin, die im alten Schloss Oberschleißheim<br />

und am Englischen Garten beheimatet war, ist aufgehoben.<br />

Auch die Schweineklinik hat ihren bisherigen Standort am Englischen<br />

Garten geräumt und Platz gemacht für andere tierärztliche Institute,<br />

die zum Teil noch auf dem Oberwiesenfeld untergebracht sind,<br />

und eine vergrößerte Zentralbibliothek.


A<br />

DAS ZENTRUM FÜR LEBENSMITTELHYGIENE<br />

UND TIERERNÄHRUNG<br />

Das Zentrum für Lebensmittelhygiene und Tierernährung<br />

(ZLT) ist in ein umgebautes ehemaliges<br />

Bürogebäude der Firma Schleicher in Oberschleißheim<br />

eingezogen. Auf drei Geschossflächen<br />

mit insgesamt 3.459 Quadratmetern Hauptnutzfläche<br />

arbeiten der Lehrstuhl für Tierernährung und<br />

Diätetik (Professor Ellen Kienzle) sowie das Institut<br />

für Hygiene und Technologie der Lebensmittel tierischen<br />

Ursprungs mit dem gleichnamigen Lehrstuhl<br />

von Professor Andreas Stolle und dem Lehrstuhl<br />

für Hygiene und Technologie der Milch (Professor<br />

Erwin Märtlbauer).<br />

Das ZLT ist ein innovativer Forschungsverbund innerhalb<br />

der LMU mit den Schwerpunkten Verbraucherschutz,<br />

Lebensmittelkunde und Tierernährung.<br />

Die Forscher befassen sich unter anderem mit<br />

Fleischhygiene und Lebensmittelmikrobiologie. Unter<br />

dem Motto „Gesundes Tier – Gesunder Mensch“<br />

soll in Zukunft verstärkt mit außeruniversitären<br />

Dienstleistern und Einrichtungen im Verbraucherschutz<br />

kooperiert werden.<br />

DER „BÜCHERTURM”<br />

Auch der so genannte Bücherturm (Bild C) steht<br />

kurz vor der Vollendung. Schon seit Januar werden<br />

kistenweise Bücher in die neue theologisch-philosophische<br />

Zentralbibliothek im nördlichen Seitenflügel<br />

des Hauptgebäudes geschafft. Doch wird<br />

noch einige Zeit vergehen bis die gut 300.000 Bände<br />

ordentlich katalogisiert und aufgestellt sind.<br />

Offiziell eröffnet wird der Bücherturm im Laufe des<br />

Sommersemesters.<br />

Der Eingang zum Bücherturm ist von der Thomas-<br />

Mann-Halle im 1. Stock des Hauptgebäudes zu erreichen.<br />

Über den Räumen, in denen früher unter<br />

anderem die Studentenkanzlei zu finden war, ist jetzt<br />

auf 2.500 Quadratmetern die modernste Bibliothek<br />

der LMU zu Hause. Insgesamt wurden dort 30 Teilbibliotheken<br />

der beiden Theologischen Fakultäten<br />

und des Departments Philosophie zusammengeführt.<br />

So können Kosten gesenkt und der Service<br />

deutlich verbessert werden. Die alten Zettelkästen<br />

sind aussortiert, der Gesamtbestand ist jetzt elektronisch<br />

erfasst und weltweit abrufbar. Eine gemeinsame<br />

Lehrbuchsammlung, 140 Leseplätze und<br />

lange Öffnungszeiten kommen Studierenden und<br />

Wissenschaftlern vor Ort entgegen. ■ gra<br />

C<br />

MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

21


MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

22<br />

DAS SCHIEDSGERICHT TAGT<br />

JURASTUDENTEN ÜBEN<br />

DEN SCHLAGABTAUSCH<br />

Ein verregneter Sonntagvormittag in den Semesterferien, das<br />

Univiertel schläft noch. Zwei junge Damen im Business Outfit eilen<br />

mit Rollkoffer und einem Pappbecher Kaffee in der Hand in<br />

die Veterinärstraße. Dort treffen sich Jurastudenten aus Genf und<br />

<strong>München</strong>, um das Verhandeln für den „Willem C. Vis International<br />

Commercial Arbitration Moot“ zu üben, den weltweit größten<br />

Studentenwettbewerb zum internationalen Wirtschaftsrecht.<br />

In fiktiven Gerichtsverhandlungen übernehmen die Studenten die<br />

Rollen von Kläger und Beklagtem. Verhandelt wird bei diesem Wettbewerb<br />

wie vor einem privaten Schiedsgericht. Schiedsgerichte entscheiden<br />

verbindlich und abschließend, aber nur wenn beide Parteien<br />

sich auf ein Schiedsverfahren und bestimmte Regeln geeinigt<br />

haben. Im Vergleich zu ordentlichen staatlichen Gerichten sind die<br />

Schiedsgerichte flexibler, schneller, günstiger und vertraulich.<br />

Beim diesjährigen Moot Court geht es um zwei Firmen, die sich über<br />

gelieferte Verpackungsmaschinen streiten. Die Maschinen sind laut<br />

Käufer durch das Verpacken von Salz unbrauchbar geworden. Man<br />

habe ihn nicht darüber informiert, dass die Maschinen für Salz ungeeignet<br />

sind, behauptet er und verlangt die Erstattung des Kaufpreises<br />

sowie Schadensersatz. Entscheiden soll das fiktive Schiedsgericht. Allerdings<br />

sind die Schiedsrichter beim Moot Court-Wettbewerb keine<br />

Studenten, sondern gestandene Juristen. Und sie urteilen auch nicht<br />

über den Fall, sondern über das Auftreten der Studententeams.<br />

Die Idee des Moot Court stammt aus Amerika. Dort gehören simulierte<br />

Gerichtsverfahren seit langem zum Jurastudium dazu, denn<br />

Praxisnähe, Verhandlungssicherheit und Rhetorik werden an den<br />

US-Hochschulen groß geschrieben. Der Wettstreit startete 1993 mit<br />

elf Teams aus neun Ländern. Beim mittlerweile 11. Moot traten im<br />

April 137 Teams aus 41 Ländern gegeneinander an. Die meisten von<br />

ihnen kamen aus den Vereinigten Staaten, aber es reisten auch<br />

Teams aus Nigeria, Litauen oder Guatemala an. Deutschland war<br />

diesmal mit 15 Teams dabei, die Studentinnen und Studenten kamen<br />

zum Beispiel von der Hamburger Bucerius Law School, von der<br />

<strong>Universität</strong> Köln – und von der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> aus<br />

<strong>München</strong>.<br />

SELBSTSICHERES AUFTRETEN LERNEN<br />

Alexandra Walgenbach, Miseong Yoon, Susan Tatum, Benjamin<br />

Hamberger und Max Peiffer bilden das LMU-Team. Unterstützt werden<br />

die „Mooties“ von Professor Dagmar Coester-Waltjen vom Institut<br />

für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung.<br />

Professor Coester-Waltjen ist überzeugt, dass die viele<br />

Vorbereitungsarbeit sich für ihre Schützlinge lohnt. „Die Studenten<br />

können hier Fähigkeiten trainieren, für die im Studium wenig<br />

Zeit bleibt. Sie lernen selbstsicheres Auftreten und Rhetorik, die<br />

man später als Anwalt haben muss. Und sie lernen, sich gut und<br />

schnell zu organisieren.“


Die Team-Mitglieder müssen sich ausführlich bewerben,<br />

mit mehrseitigen Motivationsschreiben<br />

und Lebenslauf, natürlich auf Englisch. Zeit für<br />

Hausarbeiten oder Praktika ist ihnen in den letzten<br />

Monaten nicht geblieben. Trotzdem ist Benjamin<br />

Hamberger vom Projekt begeistert. „Alleine das internationale<br />

Flair und die vielen Kontakte sind es<br />

wert.“ Er ist sich fast sicher, dass er später im Bereich<br />

der Schiedsgerichtsbarkeit arbeiten will.<br />

Zwei Betreuer sind bei allen Treffen dabei, dazu<br />

kommen noch weitere Coaches und Rhetoriktrainer.<br />

Die Reisekosten, Teilnahmegebühren und<br />

Druckkosten sind hoch. Viele renommierte Kanzleien<br />

unterstützen das LMU-Team daher finanziell<br />

und sehen sich auch gleich nach talentiertem<br />

Nachwuchs um. „Die kennen die englische Fachterminologie,<br />

haben anwaltliches Auftreten gelernt,<br />

sind engagiert und haben sich im Team bewiesen“,<br />

erklärt Coach Katharina Hilbig das Interesse<br />

der Wirtschaftskanzleien an den „Mooties“.<br />

Schon im Dezember 2003 mussten die Teilnehmer<br />

die Klageschrift zu dem für dieses Jahr vorgegebenen<br />

Fall abgeben. Im Februar wurde dann eine<br />

entsprechende Verteidigungsschrift verfasst. So<br />

lernen die angehenden Juristen, für beide Verhandlungspositionen<br />

das jeweils beste Ergebnis<br />

herauszuholen – ungewohnt für einen deutschen<br />

Jurastudenten, der darauf geeicht ist, ausgewogen<br />

zu formulieren. Auch das Juristenenglisch stellte<br />

anfangs so manchen vor Probleme. „Inzwischen“,<br />

erklärt Max Peiffer „verwende ich so komische<br />

Floskeln wie ,refrain from divulging’ (auf deutsch:<br />

geheim halten, Anm. d. Red.) ohne darüber nachzudenken.<br />

Doch als ich mit meinem Gast aus Genf<br />

heute Morgen im Bad stand, ist mir nicht eingefallen,<br />

was Handtuch auf Englisch heißt.“ Immerhin<br />

kennt Max Peiffer die Fachbegriffe für die<br />

mündliche Verhandlung in Wien mittlerweile perfekt.<br />

Wer da noch im Wörterbuch nachschlägt, hat<br />

schon so gut wie verloren.<br />

BESSER NICHT GÄHNEN VOR GERICHT<br />

Wochenlang stehen Testläufe auf dem Programm.<br />

Die Münchner haben sich mit Teams aus Mainz,<br />

Freiburg, Basel und sogar aus dem neuseeländischen<br />

Wellington und dem australischen Sydney<br />

zum „Probemooten“ getroffen. Sie haben gelernt,<br />

dass man vor dem Schiedsgericht besser nicht<br />

gähnt, sich am Kopf kratzt oder zu fest an seinem<br />

schriftlich ausgearbeiteten Redevortrag kleben<br />

bleibt. Sie kennen den diesjährigen Fall in- und<br />

auswendig. Und sie haben ihre Argumente parat.<br />

Sie sind bereit für Wien.<br />

Dort musste sich Anfang April jedes Team dem aus<br />

Fachjuristen zusammengesetzten Schiedsgericht<br />

stellen. Die Erstplatzierten trafen sich zum finalen<br />

juristischen Duell. Die Preise waren allerdings – einer<br />

fiktiven Verhandlung angemessen – reine Ehrenpreise.<br />

Im vergangenen Jahr erreichte das<br />

Münchner Team unter 128 <strong>Universität</strong>en das Viertelfinale;<br />

die Münchner Sprecherin Sophie Neumann<br />

wurde als eine der besten Sprecherinnen<br />

prämiert. In diesem Jahr verpasste das LMU-Team<br />

jedoch die Finalrunden in Wien. Dafür gab es in der<br />

Vorbereitungszeit schon einen großen Erfolg: Auf<br />

dem 1. Willem C. Vis (East) International Commercial<br />

Arbitration Moot, der dieses Jahr zum ersten<br />

Mal stattfand und dem derselbe Fall zugrunde liegt,<br />

gewann das LMU-Team Ende März in Hongkong<br />

den 1. Preis für den Klägerschriftsatz und eine<br />

honourable mention für den Beklagtenschriftsatz.<br />

Außerdem erhalten die Münchner Teilnehmer am<br />

Moot Court einen Seminarschein und eine „Bescheinigung<br />

über eine Zusatzausbildung“. Angesichts<br />

der monatelangen Plackerei eine karge Belohnung.<br />

Doch das Engagement macht sich gut im<br />

Lebenslauf, und angesichts der Juristenschwemme<br />

sind Zusatzqualifikationen heute unverzichtbar.<br />

Natürlich hoffen alle auch auf Kontakte zu den<br />

renommierten Sozietäten, die in Wien vertreten<br />

sind. Doch auf der anderen Seite hat ein Dritt- oder<br />

auch Fünftsemester noch einige Zeit an der <strong>Universität</strong><br />

vor sich. Darum sieht Coach Katharina Hilbig<br />

die Sache als „langfristiges Engagement“. Sinn<br />

der Veranstaltung ist es schließlich auch, andere<br />

Jurastudenten kennen zu lernen und Spaß zu<br />

haben. Katharina Hilbig hat ihre „Mooties“ ermuntert,<br />

am sozialen Leben teilzunehmen,<br />

„schließlich können sich auch von diesen Kontakten<br />

unglaublich profitieren.“ ■ gra<br />

PROFILE<br />

23<br />

MUM 01 | 2004


MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

24<br />

„SCHAF“ BEGINNT MIT „SCH“<br />

DIE LMU MACHT DAS<br />

LESENLERNEN LEICHTER<br />

Einschulung mit vier Jahren, Englisch schon im Kindergarten –<br />

die Vorschläge für ein besseres Bildungssystem sind zahlreich.<br />

Einig sind sich die Kritiker, dass das Lesen als Schlüsselkompetenz<br />

besonders gefördert werden muss. Am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik<br />

und -didaktik von Professor Joachim Kahlert läuft<br />

dazu seit diesem Schuljahr das Projekt Lesekompetenz ProLeKo<br />

– und Hunderte von Grundschülern machen begeistert mit.<br />

Morgens um halb neun in der Münchner Grundschule Rennertstraße.<br />

„Gu-ten Mor-gen, Frau Kal-ten-ecker“. 20 Erstklässler grüßen im Chor.<br />

Typisch Grundschule eben. Weniger typisch verläuft der Rest der Stunde.<br />

Frau Kaltenecker hat ihre Klasse 3b mitgebracht und die übernimmt<br />

die Unterweisung der ABC-Schützen. Jeder Drittklässler schnappt sich<br />

einen der Kleinen und schon beginnt der Leseunterricht, face to face.<br />

Je zwei kleine Köpfe kauern über den Fibeln – Silbe für Silbe wird dem<br />

Text abgetrotzt. Tutor Nicolas (8) ist mit seinem Schützling Lukas (6)<br />

ganz zufrieden. „Er passt gut auf“, findet Nicolas. Doch bei Fehlern ist<br />

er gnadenlos. „Nein, Lukas! Lies noch mal. Da steht Eis, nicht Ei!“<br />

Studien wie PISA und die Grundschul-Leseuntersuchung IGLU haben<br />

gezeigt, dass deutsche Schüler beim Lesen nicht zur Spitze gehören.<br />

Laut IGLU hat mehr als ein Drittel aller Grundschulkinder nicht die<br />

notwendige Unterstützung zur Entwicklung seiner Lesekompetenzen<br />

erhalten. Diese Kinder werden, so die Studie, ohne weitere Förderung<br />

in Zukunft wohl Schwierigkeiten bei der Erarbeitung von Lerngegenständen<br />

haben – und zwar in allen Fächern. „Für uns ist das Lesen die<br />

Schlüsselkompetenz“, sagt auch Michaela Bormann. Die Konrektorin<br />

der Grundschule an der Rennertstraße erläutert: „Wer nicht lesen kann,<br />

wird auch eine Textaufgabe in Mathe nicht verstehen.“<br />

Das so genannte Tutorenlesen ist nur eines von vielen Projekten an der<br />

Neuperlacher Schule. Eltern üben während der Unterrichtszeit mit einzelnen<br />

Kindern lesen, es gibt einen Internet-Wettbewerb rund ums<br />

Bücherlesen, echte Leseratten dürfen im Buchclub „Lesedetektive“<br />

mitmachen und ganz schwache Leser erhalten täglich Förderunterricht.<br />

Wegen ihrer ausgezeichneten pädagogischen Arbeit – nicht nur<br />

beim Thema Lesen – hat die Schule gerade den Innovationspreis für<br />

innere Schulentwicklung der Stiftung Bildungspakt Bayern erhalten.<br />

Gelobt wurde dabei auch insbesondere die Zusammenarbeit mit der<br />

LMU. Die Schule ist Mitglied im Lernnetzwerk Lesekompetenz, das<br />

von Dr. Richard Sigel am Institut für Schulpädagogik betreut wird.<br />

Schulleiterin Isolde Kulzer-Seewald ist überzeugt, dass die Zusammenarbeit<br />

mit der <strong>Universität</strong> ihrer Schule eine Menge Vorteile bringt.<br />

„Schon alleine durch die hoch qualifizierten Fortbildungen, die wir uns<br />

sonst nie leisten könnten!“, schwärmt sie. Auch die Zusammenarbeit<br />

mit den anderen Netzwerk-Schulen bringt für sie viele neue Impulse.<br />

Das LMU-Projekt Lesekompetenz will im Projektzeitraum von zweieinhalb<br />

Jahren eine wissenschaftlich evaluierte Förderung der Leseleistung<br />

in den beteiligten Grundschulen erreichen. Zu Beginn des<br />

Schuljahres wurde die Lesekompetenz aller Grundschüler getestet. So<br />

können Risikokinder und auch besonders begabte Leser herausgefiltert<br />

und gezielt gefördert werden. Im Jahresrhythmus werden die Tests<br />

wiederholt, um Lernfortschritte messen zu können. Richard Sigel hält<br />

Kontinuität für unverzichtbar. „Ich bin der Meinung, dass punktuelle<br />

Fortbildungen fast keine Wirkung haben. Wir wollen mit unseren Projekten<br />

längerfristig wirken und Prozesse in Gang setzen, die dauerhaft<br />

im Alltag der Schule haften bleiben“, sagt der LMU-Dozent.<br />

Von dem Lernnetzwerk profitieren auch die Studierenden der Grundschulpädagogik,<br />

die in den Partnerschulen Projekte durchführen. Sie<br />

testen etwa die Lesekompetenz einzelner Schüler und erstellen Kurzgutachten,<br />

in denen sie für die Leseprobleme der ABC-Schützen individuelle<br />

Förderempfehlungen erarbeiten. „Für mich ist das toll“, sagt<br />

Förderlehrerin Beate Schrödinger. „Ich kriege genaue Vorschläge, mit<br />

welchen Materialien ich einzelnen Schülern gezielt helfen kann.“<br />

Ohne diesen Förderunterricht würden hier wohl viele Kinder auf der<br />

Strecke bleiben. Zum Beispiel diejenigen, die nicht im deutschen Kindergarten<br />

waren und kaum ein Wort Deutsch sprechen. Sie lernen in<br />

kleinen Gruppen Vokabeln und wie man ganze Sätze bildet. Hier haben<br />

sie Zeit – es darf schon mal ein paar Minuten dauern, bis ein Satz<br />

entziffert ist. Die Kleinen sind mit Begeisterung dabei. Im Förderunterricht<br />

halten sie nicht die anderen auf – und es gibt immer ein Lob.<br />

„Wir wollen aber nicht nur die Schwachen fördern. Auch gute Leser


A<br />

C brauchen<br />

Anreize“, sagt Schulleiterin Isolde Kulzer-Seewald. Sie erhalten<br />

daher Extra-Unterricht, in dem sie sich „austoben“ dürfen.<br />

Anfang März haben sich die Lehrer aus den acht ProLeKo-Schulen an<br />

der LMU getroffen, jede Schule hat ihre Leseprojekte vorgestellt. So<br />

können alle von Ideen und auch von gescheiterten Projekten der anderen<br />

profitieren. Klar. Aber wofür brauchen die Lehrer, die oft schon<br />

viele Jahre vor ihren Klassen stehen, die <strong>Universität</strong>? „Man muss einen<br />

Rahmen vorgeben und durch empirische Studien belegte<br />

Erfolgskonzepte vorschlagen, um Veränderungen zu bewirken“, erklärt<br />

Richard Sigel. Der gelernte Grund- und Hauptschulpädagoge sieht die<br />

<strong>Universität</strong> in diesem Weiterbildungsfeld als „lernende Organisation“<br />

und versteht sich nicht als Oberlehrer, der alles besser weiß.<br />

Lesekompetenz entsteht jedoch nicht erst in der Grundschule. Sigel<br />

versucht deshalb auch Eltern und Kindergärten in seine Arbeit einzubeziehen.<br />

Er bietet spezielle Schulungen für Erzieherinnen und<br />

Elternbeiräte an. „Doch auch da können wir immer nur die erreichen,<br />

die sich engagieren wollen.“ Schwierig bleibt es, die zu überzeugen,<br />

die skeptisch sind. Doch Richard Sigel sieht die Zeit für sich arbeiten.<br />

„Ich kann nur mit den Willigen arbeiten und hoffen, dass die anderen<br />

irgendwann nachziehen müssen.“ ■ gra<br />

BLMU-Dozent Richard Sigel (li.) betreut am Lehrstuhl für Grundschuldidaktik von Professor Joachim Kah-<br />

lert inzwischen mehrere Lernnetzwerke. Eines davon beschäftigt sich mit Schülerfirmen, bei denen Hauptschüler<br />

das Arbeitsleben „üben“ können. Ein anderes Netzwerk widmet sich der Unterrichtsentwicklung<br />

durch Schülerfeedback. Die beteiligten Lehrer entwickeln etwa Fragebögen, mit denen Schüler ihre Lehrer<br />

beurteilen können. Das Zauberwort „Evaluation“ greift auch schon in der Schule. Die intensivste Forschungsund<br />

Entwicklungsarbeit wird derzeit im „Lernnetzwerk Lesekompetenz“ geleistet. Acht Schulen nehmen an<br />

dem Projekt teil, fünf davon in <strong>München</strong>, die weiteren in Freising, Brunnthal und Raubling bei Rosenheim.<br />

MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

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MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

26<br />

SERIE: ALMA MATER LMU (TEIL 2)<br />

ZÄHLBARE LEIDENSCHAFT<br />

Seit 2500 Jahren beschäftigt sich die Menschheit mit Mathematik. Zeit genug, könnte man meinen, um alle Fragen rund<br />

um Geometrie, Algebra und Logik beantwortet zu haben. Doch weit gefehlt. „Ein mathematisches Problem ist wie eine<br />

Krankheit: Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr Aspekte bekommt die Sache, so dass das Ganze nie ein Ende<br />

findet“, sagt Christian Reiher. Seit Oktober 2003 studiert der 19-Jährige Mathematik – offiziell. Denn eigentlich beschäftigt<br />

sich Christian mit Zahlen und Beweisen, seit er denken kann. „Man kann sich mit mathematischen Strukturen be-<br />

schäftigen, auch ohne Lesen und Schreiben zu können“, sagt der gebürtige Starnberger. Ungewöhnlich findet er das nicht<br />

– ebenso wenig wie sein Freund und Kommilitone Mykhaylo Tyomkyn. Zusammen mit vier anderen Mathe-Cracks haben<br />

die beiden LMU-Studenten Deutschland im vergangenen Sommer bei der Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO)<br />

in Tokio vertreten. Mit vier Goldmedaillen gilt Christian Reiher als erfolgreichster Mathe-Olympionik aller Zeiten.<br />

Christian und Mykhaylo studieren an der LMU.<br />

„Hier wird eher theoretische Mathematik betrieben,<br />

das ist für uns spannender“, sagen sie. Die Beschäftigung<br />

mit den Grundlagen interessiert die<br />

beiden Studenten mehr als angewandte Mathematik.<br />

Richtig gefordert wurden die Zweitsemester im<br />

Studium aber bislang noch nicht. „Das meiste, was<br />

in der Schule im Mathe-Leistungskurs und im ersten<br />

und zweiten Semester an der <strong>Universität</strong> passiert,<br />

finde ich nicht so spannend. Interessante<br />

Strukturen und Themen werden erst später im Stu-<br />

dium behandelt“, erklärt Christian, der in Pfaffenhofen<br />

sein Abitur abgelegt hat. Er beschäftigt sich<br />

im Moment vor allem mit Logik-Problemen. Ein Thema,<br />

mit dem sich viele Mathe-Studenten erst im<br />

Hauptstudium auseinandersetzen.<br />

Mathe-Fans wie Christian und Mykhaylo haben es<br />

nicht immer leicht. Anders als junge Musiker oder<br />

Sport-Asse werden Mathematik-Talente in Deutschland<br />

kaum gefördert. In der Ukraine ist das anders:<br />

Mykhaylo, der in Charkow, der zweitgrößten ukrainischen<br />

Stadt, aufgewachsen und 1998 mit seinen


Rund 48.000 Nachwuchsakademiker<br />

studieren an der LMU –<br />

Mediziner, Theologen, Mathestudenten.<br />

In einer Porträtserie geht<br />

das <strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong> dem<br />

Alltag, den Plänen, Wünschen<br />

und Ideen einiger Studierender<br />

an einer der größten und ältesten<br />

<strong>Universität</strong>en Deutschlands nach.<br />

Eltern nach Deutschland ausgewandert ist, entdeckte<br />

seine Leidenschaft für Mathematik als Achtjähriger.<br />

Damals besuchte er – außerhalb des Schulunterrichts<br />

– ein „Mathetraining“ für Kinder. Diese<br />

Sonderprogramme werden in der ehemaligen Sowjetrepublik<br />

angeboten, um schon bei den Kleinen<br />

logisches Denken zu fördern. „In der Ukraine ist<br />

Mathe viel positiver besetzt als in Deutschland“, erzählt<br />

Mykhaylo, der bei seinen Eltern in Augsburg<br />

lebt. „Mathematik wird dort als Hobby für Kinder<br />

betrachtet. In Deutschland hat das Fach dagegen einen<br />

total schlechten Ruf.“ Die Nachwuchs-Mathematiker<br />

kümmert ihr seltsames Image jedoch wenig.<br />

Wie andere Hochschüler feiern auch Christian<br />

und Mykhaylo Partys mit ihren Kommilitonen oder<br />

verbringen gemeinsame Urlaubstage. Ganz normale<br />

Studenten eben.<br />

Wie spannend wettkampfmäßiges Rechnen und<br />

Knobeln ist, das zeigen hierzulande jedes Jahr zwei<br />

Mathe-Wettkämpfe: der Bundeswettbewerb Mathematik<br />

und die deutsche Mathematik-Olympiade.<br />

Aus dem Bundeswettbewerb sind Christian und<br />

Mykhaylo schon mehrmals als Sieger hervorgegangen.<br />

Der Erfolg bei einem der nationalen Wettbewerbe<br />

ist Bedingung für die schwierige Qualifikation<br />

zur IMO, der Internationalen Mathematik-Olympiade:<br />

Wer auf nationaler Ebene einen Preis gewinnt,<br />

darf an zwei deutschlandweiten IMO-Auswahlklausuren<br />

teilnehmen. Die 16 Erfolgreichsten<br />

können dann zu IMO-Vorbereitungsseminaren reisen.<br />

Hier werden die entscheidenden Auswahlklausuren<br />

geschrieben. Nur die sechs besten Mathematik-Talente<br />

vertreten Deutschland bei der Internationalen<br />

Mathe-Olympiade. Ein Qualifikations-<br />

Marathon, der sich auszahlt, findet Christian.<br />

Schließlich wäre er sonst nicht in so rascher Folge<br />

nach Tokio, Glasgow oder Washington gereist, wo<br />

die letzten Olympiaden ausgetragen wurden.<br />

Neben der Mathematik steht bei der IMO vor allem<br />

die Völkerverständigung im Vordergrund. 457 Schüler<br />

aus 82 Ländern nahmen an der letzen Mathematik-Olympiade<br />

in Tokio teil. „Das ist immer auch<br />

ein bisschen wie Urlaub“, erzählt Mykhaylo, der<br />

auch wettkampfmäßig Schach spielt. „Die Klausuren<br />

werden nur an zwei Vormittagen geschrieben.<br />

Ansonsten gibt es immer ein kulturelles Rahmenprogramm,<br />

in dem man viel über das Gastland erfahren<br />

kann, Konzerte zum Beispiel oder Museumsbesuche.“<br />

Wie alle Wettkämpfer betreiben die Nachwuchsmathematiker<br />

ihre Disziplin mit viel Sportsgeist.<br />

„Natürlich will man als Mannschaft gut abschneiden“,<br />

sagt Mykhaylo. Das deutsche Team pendelte<br />

in den letzten Jahren stets zwischen den Plätzen 10<br />

und 20, in Tokio wurde Platz 17 erreicht. Und das,<br />

obwohl Christian Reiher in Tokio eine Goldmedaille<br />

erringen konnte. Der 19-Jährige LMU-Student gilt<br />

mit insgesamt vier Goldmedaillen und einer Bronzemedaille,<br />

die er zwischen 1999 und 2003 gewann,<br />

als der erfolgreichste der mehr als 10.000 Teilnehmer<br />

in der 44-jährigen IMO-Geschichte. Mykhaylo<br />

Tyomkyn holte in Tokio bei seiner dritten Mathe-<br />

Olympiade die dritte Silbermedaille.<br />

Über ihre berufliche Zukunft haben sich Christian<br />

und Mykhaylo, die im April ins zweite Semester gestartet<br />

sind, noch nicht allzu viele Gedanken gemacht.<br />

Beide werden beim Hauptfach Mathematik<br />

bleiben, Christian will später vielleicht noch Physik<br />

studieren. Auch ein Auslandsaufenthalt schwebt den<br />

beiden vor. Aber da ist noch vieles offen. Sicher ist<br />

für Christian und Mykhaylo nur eines: An Mathe-<br />

Wettbewerben wollen die beiden nicht mehr teilnehmen.<br />

Zwar gibt es auch einen internationalen<br />

Mathematik-Wettkampf für Studenten, aber da winken<br />

die beiden ab: „Irgendwann muss ja auch mal<br />

Schluss sein.“ ■ oh<br />

MUM 01 | 2004 PROFILE<br />

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MUM 01 | 2004 KUNSTSCHÄTZE<br />

28


1 Sowohl das Szepter der Artistenfakultät (li.) als auch das Szepter der<br />

oberen drei Fakultäten zeigen die Madonna mit dem Kinde und das aufgeschlagene<br />

Buch aus der Ikonographie des <strong>Universität</strong>swappens.<br />

7 Dekan Professor Hans-Bernd Brosius (li.) und Pedell Helmut Stepper auf<br />

dem Weg zur Promotionsfeier der Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Der<br />

Pedell trägt hier das Szepter der Artistenfakultät als Zeichen der Würde des<br />

Dekans voran. Die wertvollen Schmuckstücke werden allerdings nur noch<br />

bei seltenen Anlässen gezeigt.<br />

KUNSTSCHÄTZE<br />

AN DER LMU<br />

Grafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Stein<br />

gehauene Botschaften – die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> ist<br />

auch eine Galerie für Kunstwerke. MUM präsentiert diese<br />

Schätze und zeigt, wo sie zu finden sind.<br />

Kaiser und Könige hielten sie in den Händen. Szepter gelten seit<br />

Jahrhunderten als Zeichen der Würde und der Macht. Bereits<br />

im Mittelalter waren die Amtsstäbe nicht nur in europäischen<br />

Herrscherhäusern, sondern auch an allen deutschen <strong>Universität</strong>en<br />

üblich. Für die Hochschulen ein Symbol ihrer einstigen<br />

korporativen Selbstständigkeit und eigenen Gerichtsbarkeit.<br />

Auch an der 1472 in Ingolstadt gegründeten <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />

gehören Szepter zu den Insignien der Hochschule.<br />

Bereits in den ältesten Statuten der <strong>Universität</strong> spricht<br />

Herzog <strong>Ludwig</strong> der Reiche dem Rektor seiner Hohen Schule den<br />

Gebrauch eines Amtsstabes zu. Über dieses alte Szepter ist allerdings<br />

nichts mehr bekannt. Die beiden noch heute im <strong>Universität</strong>sarchiv<br />

der LMU aufbewahrten Fakultätsszepter stammen<br />

aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.<br />

Das Szepter der Artistenfakultät ist aus zum Teil vergoldetem<br />

Silber gefertigt. Es ist das Abzeichen jener Fakultät, die im Mittelalter<br />

alle Studenten besuchen mussten, ehe sie ein Studium<br />

in den oberen Fakultäten der Theologie, der Medizin oder der<br />

Jurisprudenz beginnen konnten. Der rund 120 Zentimeter lange<br />

Stab trägt die Marke des aus Prag stammenden Ingolstädter<br />

Goldschmieds Michael Freytag, die Datierung 1642, sowie die<br />

Ingolstädter Beschaumarke. Die Beschaumarke garantiert die<br />

handwerkliche Qualität des Stückes und den Reinheitsgehalt des<br />

verwendeten Edelmetalls. Der Kopf des Szepters besteht aus<br />

einem von vier spiralförmigen Säulen getragenen Baldachin.<br />

Unter diesem knien vor der Madonna mit dem Kinde die heilige<br />

Katharina von Siena, Patronin der Artistenfakultät, und ein<br />

Gelehrter, möglicherweise Wilhelm <strong>Ludwig</strong> Benz, der damals<br />

Rektor der <strong>Universität</strong> war.<br />

Das Szepter der oberen drei Fakultäten stammt vom selben<br />

Künstler und ist aus dem gleichen Material, trägt aber keine<br />

Datierung. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es etwa zeitgleich<br />

mit dem Artistenszepter entstand. Unter dem sechssäuligen Baldachin<br />

befinden sich die Patrone der Fakultäten: die Evangelisten<br />

Lukas (Theologie) und Johannes (Medizin), sowie der heilige<br />

Ivo von Hélory (Jurisprudenz).<br />

An den meisten Hochschulen war es üblich, dem Rektor das Szepter<br />

zum Zeichen seiner Würde durch Amtsboten, so genannte<br />

Pedelle, voran tragen zu lassen. So wurden auch die beiden Szepter<br />

der LMU regelmäßig gezeigt. Im 20. Jahrhundert konnte man<br />

sie beispielsweise bei Rektoratswechseln sehen oder bei öffentlichen<br />

Festumzügen, etwa 1926 zur 100-Jahr-Feier der <strong>Universität</strong><br />

in <strong>München</strong>. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten<br />

Weltkrieg wurden die Szepter vom Münchner Goldschmied Luitpold<br />

Pirzl restauriert. Heute präsentiert der Pedell die Schmuckstücke<br />

nur noch bei wenigen Anlässen, etwa bei der Doktorandenfeier<br />

der Sozialwissenschaftlichen Fakultät. ■ oh<br />

MUM 01 | 2004 KUNSTSCHÄTZE<br />

29


NEUES WISSEN<br />

BRAUCHT<br />

DAS LAND!<br />

»Wie kann man denken ohne Bücher?« fragte schon der Schriftsteller George<br />

Bernard Shaw. Dasselbe fragen sich heute unsere Studierenden, die unter dem<br />

Sparzwang der Hochschulbibliotheken leiden. Wegen überproportionaler<br />

Kostensteigerungen können immer weniger neue Bücher gekauft werden,<br />

immer mehr wissenschaftliche Zeitschriften müssen abbestellt werden. Die<br />

Lage ist besorgniserregend: Bundesweit fehlen jährlich rund 50 Millionen Euro.<br />

Diese Bibliothekskrise gefährdet die Ausbildung des gesamten akademischen<br />

Nachwuchses. Hier setzt »Ex Libris – Wissen schaffen« als erstes Spendenprojekt<br />

zugunsten aller deutschen Hochschulen an. Denn private Unterstützung<br />

tut jetzt not.<br />

Wir wenden uns daher mit der Bitte an Sie, diese Aktion zu unterstützen. Sie<br />

haben die Chance, mit einer Spende gezielt die Fakultät Ihrer Alma mater<br />

unkompliziert zu unterstützen – und vielleicht wieder Kontakt zu Ihren<br />

ehemaligen Professoren und Kommilitonen zu knüpfen. Ihre Hochschule,<br />

aber vor allem die jungen Menschen, die hier studieren, werden es Ihnen danken.<br />

Und mit Ihrer Hilfe ebenso wie Sie von einem soliden Studium profitieren.<br />

»Der Studienabschluss ist der Anfang einer neuen<br />

Beziehung, die nicht aufhört und von der beide,<br />

die <strong>Universität</strong> und ihre Absolventen, Gewinn<br />

haben können.«<br />

Lord Ralf Dahrendorf<br />

»In der neuen globalen Wissensgesellschaft wird<br />

es immer stärker darauf ankommen, schnell über<br />

bestimmte Informationen<br />

verfügen zu können.«<br />

Lothar Späth<br />

»Wohl dem, der seiner Leser gern gedenkt.<br />

(frei nach Goethe)«<br />

Marcel Reich-Ranicki<br />

Schirmherr: Bundespräsident Dr. Johannes Rau<br />

Kuratorium: Lord Ralf Dahrendorf, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,<br />

Dr. Gerd-Winand Imeyer, Gerd Köhler, Dr. Wilhelm Krull, Prof. Dr. Klaus<br />

Landfried, Prof. Dr. Wolf Lepenies, Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Maier, Dr.<br />

med. Frank Ulrich Montgomery, Prof. Dr. Marcel Reich-Ranicki, Dr. Georg<br />

Ruppelt, Dr. h. c. Lothar Späth, Prof. em. Dr. H. G. Zachau<br />

Wissen für morgen schaffen<br />

Unterstützen Sie bitte Ihre Hochschule und Ihren<br />

Fachbereich. Zum Dank wird jedes Buch, das durch<br />

Ihre Hilfe neu erworben werden konnte, mit einem<br />

Ex-Libris versehen, das Ihren Namen trägt.<br />

Natürlich können Sie auch anonym spenden. Über<br />

Standort und Titel Ihrer neuen Buchtitel<br />

informieren wir Sie.<br />

Den Juristennachwuchs<br />

fördern<br />

Ihre Spende ist steuerlich voll absetzbar und wird<br />

gemäß Ihren Wünschen verwandt. Bitte geben Sie<br />

bei Ihrer Überweisung die Hochschule und den<br />

Fachbereich an, den Sie fördern wollen.<br />

Spenden Sie an: Wissen schaffen e.V.<br />

Kontonummer: 42 208 208<br />

Postbank Hamburg BLZ: 200 100 20<br />

Hotline Tel: 040- 227 15 545<br />

Hotline Fax: 040- 227 15 508<br />

www.wissenschaffen.de<br />

info@wissenschaffen.de<br />

Antwortcoupon<br />

An: Wissen schaffen e.V., Postfach 131010, 20110 Hamburg<br />

Name<br />

Straße<br />

W i s s e n s c h a f f e n<br />

PLZ/Ort<br />

Ich spende für folgende Hochschule:<br />

Fachbereich:<br />

Ich möchte mehr Informationen, bitte rufen Sie<br />

mich an:


Die Antwort auf dieses Problem gibt die Frage selbst. Denn<br />

Studiengebühren ermöglichen ein besseres Bildungsangebot.<br />

Bürdet man den Studenten einen gewissen Semesterbeitrag<br />

auf, der direkt an die <strong>Universität</strong>en fließt und nicht in den Säckeln<br />

der Länder bzw. des Bundes versickert, dann stünden unseren zugegebenermaßen<br />

überlasteten Hochschulen viele verschlossene<br />

Wege offen.<br />

Beispielsweise könnten neue Lehrmittel für die Bibliotheken angeschafft<br />

werden, die auf Grund extrem hoher Kosten für die ebenfalls<br />

wichtigen Zeitschriftenanschaffungen im Buchbestand sehr ausgedünnt<br />

sind. Viele Kommilitonen<br />

klagen über verschollene Bücher,<br />

auf Nachfragen lautet die Antwort<br />

fast immer: „Wir haben nicht<br />

genug Geld“. Des Weiteren könnte<br />

die Uni mehr Dozenten und Professoren<br />

einstellen, anstatt das<br />

Verhältnis Student – Lehrkörper<br />

immer mehr zuzuspitzen. Die Folge<br />

wären weniger überfüllte Hörsäle<br />

und kleinere Seminargruppen,<br />

in denen ein besseres Klima<br />

für wissenschaftliches Arbeiten<br />

und Lernen ermöglicht würde.<br />

Das gewichtigste Gegenargument,<br />

nämlich dass Studiengebühren<br />

das Studium zu einem Privileg<br />

der besser Betuchten<br />

machen würden, ließe sich sicher<br />

entkräften. Ein Versuch in diese<br />

Richtung ist das Modell der TU<br />

<strong>München</strong>, die sich für die Einrichtung<br />

eines „Bildungsfonds“ eingesetzt<br />

und mit Hilfe eines Finanzdienstleisters<br />

jetzt einen ersten<br />

Vorstoß mit 50 Fonds-Plätzen verwirklicht<br />

hat. Dank der Experi-<br />

mentierklausel im Bayerischen Hochschulgesetz ist dies in Bayern<br />

möglich. Aus diesem Fonds soll weniger vermögenden Studenten ein<br />

„Ex-Post-Kredit“ zur Verfügung gestellt werden, der nach Beendigung<br />

des Studiums vom Gehalt zurückgezahlt werden muss. Dadurch soll<br />

auch die Studiendauer sinken, da ein schnell durchgezogenes Studium<br />

später weniger kostet. Das Argument der Schuldenangst lässt sich<br />

ebenso entkräften. Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 1. März<br />

2003: „…bei einem jährlichen Gebührensatz von 2500 Euro würden<br />

sich Darlehenszinsen und das Ausfallsrisiko bei der Rückzahlung bundesweit<br />

auf 900 Millionen Euro belaufen. Das könnte jede Sparkasse<br />

übernehmen, auch der Staat könnte mitfinanzieren…“ Grundvoraussetzung<br />

für dieses Modell wäre aber die Änderung des Hochschulrahmengesetzes,<br />

das derzeit noch Studiengebühren verbietet. Zukünftig<br />

müssten Bund und Länder den<br />

Hochschulen eine vollständige finanzielle<br />

Eigenverwaltung zugestehen,<br />

jedoch ohne dass staatliche Zuschüsse<br />

ausblieben. Ein Problem, an dem<br />

die Hochschulreform scheitern<br />

könnte, denn alle Gedankengänge<br />

nützen nichts, wenn sie am Widerstand<br />

der Politik scheitern. ■<br />

1 Markus Michalek, 23 Jahre,<br />

studiert im vierten Semester NdL,<br />

Politische Wissenschaft und<br />

Sinologie an der LMU<br />

In der Presse kann man bereits seit einigen Jahren die<br />

ständige Diskussion um die Einführung von Studiengebühren<br />

verfolgen. Doch nie war die Debatte so aktuell. Durch die<br />

radikalen Einsparungen in der Bildungspolitik hat man die Betroffenen<br />

für Veränderungen an den deutschen Hochschulen sensibilisiert.<br />

Man nutzt nun die „Gunst der Stunde” und bietet das<br />

Konzept des gebührenpflichtigen Studiums als Allheilmittel gegen<br />

die Finanznöte der Hochschulen an. Fraglich ist jedoch, ob die aus<br />

Studentenbörsen kommenden Beträge wirklich für die Hochschulen<br />

eingesetzt werden oder ob sonstige Finanzlöcher damit<br />

gestopft werden sollen.<br />

Dank des (noch) bestehenden<br />

Hochschulrahmengesetzes, das<br />

PRO + CONTRA<br />

„BRAUCHEN WIR<br />

STUDIENGEBÜHREN?“<br />

Vor allem Bundes- und Landespolitiker liefern sich derzeit dogmatische<br />

Gefechte über Sinn und Unsinn von Studiengebühren.<br />

Aber was halten eigentlich die Betroffenen selbst<br />

davon? Eine forsa-Umfrage zeigte Ende 2003 eine erstaunliche<br />

Tendenz: 59 Prozent der befragten Studierenden votierten für<br />

die Einführung von Studiengebühren von etwa 500 Euro pro<br />

Semester, wenn diese der jeweiligen Hochschule zugute kommen<br />

und durch Darlehen finanziert werden können. 41 Prozent<br />

lehnten jegliche Gebühren ab. Auch an der LMU gehen<br />

die Meinungen über Studiengebühren unter den Studierenden<br />

auseinander.<br />

Gebühren für ein Erststudium<br />

untersagt, ist jedem unabhängig<br />

von der finanziellen Situation der<br />

Zugang zur Hochschule möglich.<br />

Vor gut zwei Jahren wurde der<br />

Gedanke des für alle zugänglichen<br />

Hochschulstudiums durch<br />

die BAföG-Reform unterstützt.<br />

Dadurch kommen mehr Studenten<br />

als zuvor in den Genuss einer<br />

staatlichen Studienbeihilfe. Ein<br />

Studium für Studenten aus sozial<br />

schwächeren Familien wurde<br />

attraktiver und leichter realisierbar<br />

gemacht.<br />

Mit der Einführung von Studiengebühren<br />

wäre eben diese Gruppe<br />

wieder benachteiligt. Allein die<br />

zusätzlichen Kosten wirken auf<br />

viele abschreckend. Eine Selektion<br />

wird somit nicht durch Befähigung<br />

und Interesse an einem<br />

Fach wirksam, sondern es entscheiden<br />

vor allem die finanziellen<br />

Möglichkeiten des Elternhauses.<br />

Auch die bisher vorgeschlagenen Rückzahlungsmodelle der<br />

Gebühren für Finanzschwache überzeugen nicht. Für sozial schwache<br />

Studenten, die am Ende ihres Studiums bereits ihre BAföG-Schulden<br />

zu tilgen haben, wächst der Schuldenberg weiter an. Der Start<br />

in das Berufsleben mit aus dem Studium resultierenden finanziellen<br />

Verpflichtungen und einem relativ geringen Einkommen – nach<br />

Abzug von Steuern, Abgaben, Tilgungsraten für Studiengebühren<br />

und BAföG-Schulden – erschwert den Aufbau einer eigenen Existenz.<br />

Folglich müssen Studenten neben dem Studium noch mehr arbeiten,<br />

um die Mehrkosten überschaubar zu halten. Für viele Studenten ist<br />

dies jedoch bereits Realität, damit die Kosten für Lebensunterhalt<br />

und Studienmaterialien gedeckt werden können. Letztlich bleibt die<br />

Frage, wann eigentlich noch Zeit für<br />

das Wesentliche bleibt, nämlich das<br />

Studium. Das soll schließlich innerhalb<br />

der Regelstudienzeit absolviert<br />

werden. Ob dem eigentlichen Ziel<br />

von Gebühren – nämlich der Qualitätssteigerung<br />

der Ausbildung –<br />

auf diese Weise gedient wird, ist<br />

zweifelhaft. ■<br />

1 Bernadette Landwehr, 25 Jahre,<br />

studiert im vierten Semester<br />

Amerikanische Kulturgeschichte,<br />

BWL und Psychologie an der LMU<br />

MUM 01 | 2004 FORUM<br />

31


MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />

32<br />

NEUBERUFEN<br />

1 Prof. Dr. Thomas Carell<br />

1 Prof. Dr. Reiner Leidl<br />

■ PROF. DR. THOMAS CARELL<br />

Fakultät für Chemie und Pharmazie<br />

Seit Januar 2004 ist Thomas Carell, Jahrgang 1966,<br />

Lehrstuhlinhaber für Organische Chemie an der<br />

LMU. Er ist der jüngste Träger des Leibniz-Forschungspreises<br />

im Jahr 2004 (vgl. Preise & Ehrungen,<br />

S. 34). Carell studierte in Münster und Heidelberg,<br />

war im Postdoktorat am MIT (USA) und<br />

arbeitete dann als Nachwuchsgruppenleiter an der<br />

ETH Zürich. Er war Kekulé-, Liebig- und Dozentenstipendiat<br />

des Fonds der Chemischen Industrie.<br />

2002 gab Carell am Technion in Haifa die David<br />

Ginsburg Memorial Lecture und wird dort in diesem<br />

Jahr auch Lady Davis Gastprofessor sein. Thomas<br />

Carell beschäftigt sich in seiner Forschung mit<br />

Nukleinsäuren, DNA und Zuckermolekülen. Dabei<br />

interessieren ihn vor allem DNA-Reparaturprozesse,<br />

die für den Erhalt der genetischen Information<br />

in allen Zellen von zentraler Bedeutung sind.<br />

■ PROF. DR. REINER LEIDL<br />

Fakultät für Betriebswirtschaft<br />

Im September 2003 hat Reiner Leidl den neu<br />

gegründeten Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie<br />

und Management im Gesundheitswesen übernommen.<br />

In Personalunion leitet er das gleichnamige<br />

Institut am GSF-Forschungszentrum für Umwelt<br />

und Gesundheit in Neuherberg. Leidl wurde 1956<br />

in <strong>München</strong> geboren. Nach dem Studium der Volkswirtschaft<br />

und Promotion an der LMU forschte er<br />

zehn Jahre am GSF-Institut für Medizinische Informatik<br />

und Systemforschung, zuletzt als Leiter der<br />

Arbeitsgruppe Gesundheitssystemanalyse. 1992<br />

wurde er auf den Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie<br />

der <strong>Universität</strong> Maastricht, Niederlande, berufen.<br />

1996 folgte er dem Ruf auf einen Lehrstuhl mit<br />

gleichem Fachgebiet der <strong>Universität</strong> Ulm. Leidl<br />

interessiert sich besonders für die Beurteilung der<br />

Wirtschaftlichkeit von medizinischen Leistungen,<br />

für die empirische Analyse von Gesundheitssystemen<br />

sowie für Managementfragen in der Krankenversicherung<br />

und der Gesundheitsversorgung.<br />

■ PROF. DR. CHRISTIAN K. LACKNER<br />

Medizinische Fakultät<br />

Seit September 2003 ist Christian K. Lackner Professor<br />

für Notfallmedizin und Medizinmanagement<br />

am Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement<br />

(INM) des Klinikums der <strong>Universität</strong><br />

<strong>München</strong>. Lackner wurde 1961 in <strong>München</strong> geboren.<br />

Nach einer Marketing-Ausbildung folgte 1984<br />

das Studium der Humanmedizin in Budapest, an<br />

der LMU sowie in Los Angeles, San Francisco und<br />

Portland, Oregon. Hieran schloss sich ab 1990 die<br />

Weiterbildung zum Chirurgen und die Habilitation<br />

an der LMU an. Lackners Arbeitsschwerpunkte liegen<br />

im prä- und akutklinischen Trauma-Management,<br />

dem Qualitäts- und Riskmanagement in der<br />

(Akut)Medizin sowie dem Qualitätsmanagement in<br />

der Lehre (insbesondere Neue Medien). Er ist Geschäftsführer<br />

im Vorstand des Instituts für Notfallmedizin<br />

und Medizinmanagement des Klinikums<br />

der LMU.<br />

■ PROF. DR. BENEDIKT GROTHE<br />

Fakultät für Biologie<br />

Seit Oktober 2003 ist Benedikt Grothe Inhaber des<br />

Lehrstuhls für Neurobiologie am Department Biologie<br />

II. Er studierte Biologie an der LMU und promovierte<br />

hier 1990. Anschließend war er für ein<br />

Jahr wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum<br />

Mensch und Natur. Danach arbeitete er als Postdoktorand<br />

an der University of Texas und an der<br />

New York University. Von 1994 bis 1998 war er<br />

Wissenschaftlicher Assistent am Zoologischen<br />

Institut der LMU, wo er auch habilitierte. Von 1999<br />

bis 2003 war er Leiter einer Arbeitsgruppe am<br />

Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried.<br />

Grothe befasst sich vor allem mit der Analyse<br />

der Zeitstruktur von Schallen bzw. der Erforschung<br />

der neuronalen Verarbeitung dieser Zeitanalyse<br />

von Schallen auf der ersten Ebene der Hörverarbeitung<br />

im Gehirn von Säugetieren.<br />

■ PROF. DR. ARNDT BORKHARDT<br />

Medizinische Fakultät<br />

Arndt Borkhardt ist seit November 2003 Professor<br />

für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie sowie<br />

Leiter der gleichnamigen Abteilung im Dr. von<br />

Haunerschen Kinderspital. Er wurde 1963 geboren.<br />

Nach dem Studium der Medizin in Magdeburg<br />

absolvierte er seine Ausbildung zum Facharzt für<br />

Kinderheilkunde in der Kinderklinik der <strong>Universität</strong><br />

Gießen. Anschließend war Borkhardt dort zunächst<br />

Oberarzt für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin,<br />

bevor er 1999 als Oberarzt in die Pädiatrische<br />

Hämatologie und Onkologie wechselte und<br />

habilitierte. Ein aktuelles Forschungsprojekt befasst<br />

sich mit der Anwendung der RNA Interferenz<br />

als gentherapeutischer Methode.<br />

■ PROF. DR. SABINE HELLEVI DÄBRITZ<br />

Medizinische Fakultät<br />

Seit November 2003 ist Sabine Hellevi Däbritz, die<br />

1960 in Finnland geboren wurde, Professorin für<br />

Herzchirurgie im Klinikum Großhadern. Mit 23<br />

Jahren schloss sie ihr Medizinstudium an der <strong>Universität</strong><br />

Köln als jüngste Ärztin Deutschlands ab.<br />

1984 bis 1989 war sie in der Chirurgischen und<br />

Gefäßchirurgischen Klinik in Remscheid tätig, unterbrochen<br />

von einem halben Jahr im Städtischen<br />

Zentralkrankenhaus in Hämeenlinna in Finnland.<br />

1989 bis 1998 arbeitete sie im Klinikum Aachen,<br />

seit 1990 als Oberärztin in der Herzchirurgie. Dort-


arbeitete sie mit an der Entwicklung neuer Herzklappen.<br />

1998 nahm Däbritz das Angebot einer<br />

Oberarztstelle der Harvard Medical School in<br />

Boston an. 1999 wechselte sie an die LMU, wo sie<br />

2001 habilitierte. Däbritz ist zurzeit die einzige Professorin<br />

für Herzchirurgie in Deutschland.<br />

■ PROF. DR. UWE WAGSCHAL<br />

Sozialwissenschaftliche Fakultät<br />

Uwe Wagschal, Jahrgang 1966, ist seit Oktober<br />

2003 Professor für Empirische Politikforschung<br />

und Policy Analysis am Geschwister-Scholl-Institut<br />

für Politische Wissenschaft. Er studierte Politikwissenschaft<br />

und VWL an der <strong>Universität</strong> Heidelberg,<br />

wo er 1996 auch promovierte. Danach war<br />

er als Wissenschaftlicher Assistent an den <strong>Universität</strong>en<br />

Heidelberg und Bremen tätig. Er nahm Forschungsaufenthalte<br />

wahr, die ihn nach London,<br />

Amsterdam, Hull und Colchester führten. Von 2001<br />

bis zu seinem Wechsel an die LMU war er Senior<br />

Political Scientist und Senior Economist bei dem<br />

Schweizer Think Tank Avenir Suisse in Zürich.<br />

Wagschals Forschungsschwerpunkte sind unter<br />

anderem die Steuerreformaktivitäten westlicher<br />

Industrieländer und die Wahl- und Parteiensysteme<br />

in OECD-Ländern.<br />

■ PROF. DR. CHRISTIAN BÖHM<br />

Fakultät für Mathematik, Informatik und<br />

Statistik<br />

Christian Böhm ist seit Oktober 2003 Professor für<br />

Praktische Informatik am Institut für Informatik.<br />

Geboren 1968 studierte er Informatik an der TU<br />

<strong>München</strong>. Die Promotion (1998) und Habilitation<br />

(2001) erfolgten an der LMU. Von 2001 bis zu seiner<br />

Berufung nach <strong>München</strong> hatte er eine Professur<br />

an der Privaten <strong>Universität</strong> für Medizinische<br />

Informatik und Technik Tirol inne. In Forschung<br />

und Lehre vertritt Böhm das Fach Datenbanksysteme<br />

mit den Schwerpunkten Ähnlichkeitssuche<br />

(Content based Similarity Search) und Data Mining.<br />

Mit den von ihm entwickelten Optimierungstechniken<br />

werden Anwendungsgebiete wie Bild-, CADund<br />

Videodatenbanken, Biometriedatenbanken,<br />

aber auch medizinische Anwendungsgebiete wie<br />

die Röntgen- und Kernspintomographie unterstützt.<br />

■ PROF. DR. ANDREAS WOLLBOLD<br />

Katholisch-Theologische Fakultät<br />

Zum Oktober 2003 hat Andreas Wollbold, geboren<br />

1960, seine Professur für Pastoraltheologie angetreten.<br />

Er studierte katholische Theologie unter<br />

anderem an der Theologischen Fakultät Trier. 1982<br />

erfolgte die Diakonen- und 1984 die Priesterweihe<br />

für das Bistum Trier. 1993 promovierte er in Pastoraltheologie<br />

an der Theologischen Fakultät Trier<br />

und war 1994 Visiting Scholar an der University of<br />

Notre Dame. 1997 habilitierte er an der <strong>Universität</strong><br />

Freiburg. Danach war er Professor für Pastoraltheologie<br />

und Religionspädagogik am Philosophisch-Theologischen<br />

Studium Erfurt, von 1999 bis<br />

2001 war er dort Rektor. Wollbolds Lehrgebiet<br />

erstreckt sich auf die gesamte Pastoraltheologie,<br />

Homiletik und Religionspädagogik. Derzeitige Forschungsprojekte<br />

beziehen sich auf Gottebenbildlichkeit<br />

als Leitbild seelsorglichen Handelns, auf die<br />

Pastoral der Sakramente der Initiation und auf weltpriesterliche<br />

Spiritualität und Lebensstile.<br />

■ PROF. DR. RAYMOND VOLTZ<br />

Medizinische Fakultät<br />

Raymond Voltz hat im Juli 2003 seine Professur für<br />

Onkologische Neuroimmunologie angetreten. Geboren<br />

1963, studierte er Medizin in <strong>München</strong>, Birmingham,<br />

London und New York und promovierte<br />

1991 auf dem Gebiet der Tumorimmunologie. Im<br />

Anschluss absolvierte er bis 2000 die Facharztausbildung<br />

in Neurologie in <strong>München</strong>. Parallel dazu<br />

erhielt er Forschungsstipendien für Aufenthalte am<br />

Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried<br />

und am Memorial Sloan Kettering Cancer Center,<br />

New York. Er habilitierte im Jahr 2000 auf dem<br />

Gebiet paraneoplastischer neurologischer Erkrankungen.<br />

Die Diagnostik, Therapie und Erforschung<br />

der Pathogenese dieser Erkrankungen ist auch<br />

Schwerpunkt seiner Arbeitsgruppe.<br />

■ PROF. DR. SUSANNE CREWELL<br />

Fakultät für Physik<br />

Susanne Crewell, Jahrgang 1964, hat zum Februar<br />

2004 ihre Professur für Experimentelle Meteorologie<br />

angetreten. Sie studierte am Institut für Meereskunde<br />

in Kiel und promovierte 1993 am Institut<br />

für Umweltphysik in Bremen, wo sie bis 1994 als<br />

Postdoc tätig war. Die Forschung zu den Abbaumechanismen<br />

des stratosphärischen Ozons führte<br />

sie 1994 bis 1996 an die State University of New<br />

York. Anschließend arbeitete sie am Meteorologischen<br />

Institut in Bonn, wo sie 2002 habilitierte.<br />

Crewell leitet die Arbeitsgruppe für Strahlung und<br />

Fernerkundung des Meteorologischen Instituts.<br />

Ihre Forschungsaktivitäten sind auf ein verbessertes<br />

Verständnis von Wolken- und Niederschlagsprozessen<br />

ausgerichtet, um so die Sicherheit von<br />

Klimaprognosen zu erhöhen und die aktuelle Wettervorhersage<br />

– insbesondere von Niederschlag –<br />

zu verbessern.<br />

■ PROF. DR. MARTIN REINCKE<br />

Medizinische Fakultät<br />

Seit Februar 2004 hat Martin Reincke den Lehrstuhl<br />

Innere Medizin inne und ist Direktor der Medizinischen<br />

Klinik in der Ziemssenstraße. Reincke, Jahrgang<br />

1959, studierte von 1978 bis 1985 Humanmedizin<br />

in Heidelberg und Köln. Nach klinischer<br />

Ausbildung und zweijähriger Forschungstätigkeit<br />

in den USA arbeitete er seit 1992 an der <strong>Universität</strong><br />

Würzburg, wo er 1994 seinen Facharzt machte und<br />

sich 1995 habilitierte. Bevor Reincke den Ruf nach<br />

<strong>München</strong> erhielt, war er sechs Jahre lang Leiter der<br />

Endokrinologie/Diabetologie an der Medizinischen<br />

Klinik der <strong>Universität</strong> Freiburg. Seine wissenschaftlichen<br />

Schwerpunkte liegen in den Bereichen<br />

Nebennierenerkrankungen, Hypophysenerkrankungen,<br />

Diabetes, Osteoporoseforschung sowie<br />

Hormonersatztherapie.<br />

1 Prof. Dr. Susanne Crewell<br />

1 Prof. Dr. Martin Reincke<br />

MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />

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MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />

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PREISE & EHRUNGEN<br />

1 Milada Vysoka, M.A.<br />

1 Dr. Bürger, PD Dr. Hampel (li.)<br />

■ LMU-STUDENTIN ERHÄLT<br />

BMW GROUP FORSCHUNGSPREIS<br />

Für ihre Magisterarbeit über die „Zusammenhänge<br />

zwischen somatoformen Symptomen und<br />

Sprachbeherrschung bei ausländischen Patienten<br />

mit geringen Sprachkenntnissen“ im Fach Deutsch<br />

als Fremdsprache hat die Studentin Milada Vysoka<br />

den „BMW Group Award für Interkulturelles<br />

Lernen“ erhalten. Der Preis ist mit 5.000 Euro<br />

dotiert. Die 29-jährige Slowakin ging in ihrer Studie<br />

der Frage nach, inwiefern Sprachunterricht<br />

den Genesungsprozess von Patienten mit Migrationshintergrund<br />

verbessern kann. Dabei wurde<br />

sie von Professor Jörg Roche (Deutsch als Fremdsprache)<br />

fachlich betreut und in medizinischen<br />

Fragen von Professor Manfred Grohnfeldt und Dr.<br />

K. J. Zander beraten. Zudem wurde die Studentin<br />

von einer Reihe ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen<br />

unterstützt. Die BMW-Jury lobte besonders „Originalität,<br />

Innovationspotenzial und Reichweite der<br />

Erkenntnisse“. Die Ergebnisse, so die Juroren, seien<br />

„ausgesprochen eindrucksvoll und richtungweisend<br />

für die Zukunft“.<br />

■ HIRNLIGA-FORSCHUNGSPREIS FÜR<br />

ALZHEIMER-FRÜHERKENNUNG<br />

Dr. Katharina Bürger und PD Dr. Harald Hampel<br />

von der Forschergruppe Demenzen und neurochemische<br />

Marker des Alzheimer Gedächtniszentrums<br />

der Psychiatrischen Klinik haben für ihre<br />

Arbeiten über die Substanz Phosphotau den mit<br />

12.500 Euro dotierten Forschungspreis der Hirnliga<br />

e.V. erhalten. Phosphotau, ein möglicher Biomarker<br />

der Alzheimer-Demenz, erlaubt mit sehr<br />

hoher Treffsicherheit die Diagnose der Alzheimererkrankung<br />

in Abgrenzung zu anderen Demenzerkrankungen.<br />

Die Hirnliga ist die Vereinigung der<br />

deutschen Alzheimerforscher.<br />

■ PROFESSOREN CARELL UND SOLL<br />

ERHALTEN LEIBNIZ-PREIS 2004<br />

Prof. Dr. Thomas Carell, seit Januar 2004 Lehrstuhlinhaber<br />

für Organische Chemie, und Prof. Dr.<br />

Jürgen Soll, Lehrstuhlinhaber für Molekulare Zellbiologie<br />

der Pflanzen, haben den Förderpreis des<br />

Gottfried Wilhelm Leibniz-Programms der Deutschen<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) 2004 erhalten.<br />

Der renommierteste deutsche Förderpreis für<br />

die Forschung, der mit 1,55 Millionen Euro dotiert<br />

ist, wurde Ende Februar 2004 in Berlin an insgesamt<br />

elf Wissenschaftler verliehen. Der 1966 in<br />

Herford geborene Thomas Carell ist der jüngste<br />

Träger des Leibniz-Preises 2004. „Carell verkörpert<br />

den Idealfall eines modernen präparativen<br />

Chemikers“, erläutert die DFG ihre Entscheidung.<br />

„Seine Arbeitsweise ist hochgradig interdisziplinär<br />

und spannt den Bogen von der Synthese zur<br />

Biologie bis hin zur Medizin.“<br />

Prof. Soll teilt sich den Leibniz-Preis mit dem Freiburger<br />

Forscher Prof. Nikolaus Pfanner. In der<br />

Würdigung von Jürgen Soll heißt es: „Herr Soll ist<br />

mit seiner Arbeitsgruppe auf dem Gebiet des Proteinimports<br />

in Chloroplasten national wie international<br />

führend.“ Prof. Soll und Prof. Pfanner<br />

„ergänzen sich mit ihren Arbeiten in hervorragender<br />

Weise und führen ein hochkompetitives<br />

und zukunftsweisendes Gebiet der molekularen<br />

Zellbiologie an“.<br />

■ PROFESSOR HUISGEN ERHÄLT PREIS DER<br />

SCIENTIFIC PARTNERSHIP FOUNDATION<br />

Prof. em. Rolf Huisgen von der Fakultät für Chemie<br />

und Pharmazie der LMU hat bei der „Second<br />

International Conference on Chemistry and Biological<br />

Activity of Oxygen- and Sulfur-Containing<br />

Heterocycles” im Oktober 2003 in Moskau eine<br />

Goldmedaille von der „Scientific Partnership<br />

Foundation” erhalten. Ausgezeichnet wurde er für<br />

seine hervorragenden Forschungs- und Kooperationsleistungen<br />

(„for Contribution to World Science<br />

and International Scientific Collaboration“).<br />

■ FORSCHEREHEPAAR ERHÄLT DEN<br />

DEUTSCHEN PSYCHOLOGIE-PREIS 2003<br />

Das <strong>München</strong>er Psychologenpaar Prof. Dr. Norbert<br />

Bischof und Privatdozentin Dr. Doris Bischof-<br />

Köhler haben den Deutschen Psychologie-Preis<br />

2003 erhalten. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie<br />

verlieh den mit 5.000 Euro dotierten Preis<br />

gemeinsam mit der Christoph-Dornier-Stiftung<br />

und dem Bund Deutscher Psychologinnen und<br />

Psychologen erstmals an ein Forscherehepaar.<br />

Prof. Bischof ist Honorarprofessor im Department<br />

Psychologie an der LMU, seine Frau arbeitet als<br />

Privatdozentin im selben Department. Die<br />

Preisträger gehören laut Jury zu den bedeutendsten<br />

deutschsprachigen Psychologen.<br />

■ VERDIENSTKREUZ AM BANDE<br />

FÜR PROFESSOR MILLER<br />

Prof. Dr. Hubert Miller, Sektion Geologie, Fakultät<br />

für Geowissenschaften, hat in Anerkennung<br />

besonderer Verdienste um Volk und Staat das Verdienstkreuz<br />

am Bande, den Verdienstorden der<br />

Bundesrepublik Deutschland, erhalten.<br />

■ PROFESSOR HUBER ALS<br />

SACHVERSTÄNDIGER BERUFEN<br />

Prof. Dr. Peter M. Huber, Lehrstuhl für Öffentliches<br />

Recht und Staatsphilosophie, Juristische<br />

Fakultät, ist von Bundestag und Bundesrat als<br />

Sachverständiger in die Kommission von Bundestag<br />

und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen<br />

Ordnung berufen worden.


■ PROFESSOR RIETHMÜLLER ERHÄLT<br />

AUSZEICHNUNG FÜR KREBSFORSCHUNG<br />

Die Jacqueline Seroussi Foundation for Cancer<br />

Research hat Prof. em. Gert Riethmüller vom Institut<br />

für Immunologie mit einem Preis für seine<br />

Krebsforschung ausgezeichnet. Der mit 150.000<br />

US-Dollar dotierte Preis würdigt Prof. Riethmüllers<br />

jahrelange Arbeit zur frühen Metastasierung<br />

des Krebses, insbesondere für die Entwicklung<br />

von Methoden zur Entdeckung und Therapie von<br />

so genannten Samenzellen.<br />

■ PROFESSOR MAYR ERHÄLT POLNISCHEN<br />

HUMBOLDT-PREIS<br />

Prof. Dr. Herbert Mayr ist von der Foundation for<br />

Polish Science die „Alexander von Humboldt<br />

Honorary Research Fellowship“ verliehen worden.<br />

Der Professor für Organische Chemie erhielt die<br />

Auszeichnung für seine Arbeiten zur Quantifizierung<br />

Organischer Reaktivität. Der Preis ist als polnisches<br />

Äquivalent zum Forschungspreis der deutschen<br />

Alexander von Humboldt-Stiftung konzipiert<br />

und soll die Kooperation des Preisträgers mit<br />

polnischen Wissenschaftlern intensivieren.<br />

■ 16. EHRENDOKTORTITEL FÜR<br />

PROFESSOR HELLBRÜGGE<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge, Prof.<br />

em. für Sozialpädiatrie der LMU, ist von der Ukrainischen<br />

Freien <strong>Universität</strong> die Würde eines Doctor<br />

philosophiae honoris causa verliehen worden.<br />

Da dieser 16. Ehrendoktortitel ein philosophischer<br />

Ehrendoktor ist, stellt er für den Kinderarzt Hellbrügge<br />

eine Besonderheit dar und bedeutet eine<br />

Ehrung seiner wissenschaftlichen Programme, die<br />

inzwischen auf der ganzen Welt in der frühen Diagnostik<br />

von Entwicklungsrückständen verbreitet<br />

sind.<br />

■ PROFESSOR JOB WIRD MITGLIED DER<br />

AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG<br />

Hubert Job, Professor für Wirtschaftsgeographie<br />

und Tourismusforschung an der Fakultät für<br />

Betriebswirtschaft, ist zum Ordentlichen Mitglied<br />

der Akademie für Raumforschung und Landesplanung<br />

(ARL) berufen worden. Die ARL ist eine<br />

raumwissenschaftliche Einrichtung für die<br />

grundlagen- und anwendungsbezogene Forschung<br />

mit Sitz in Hannover und gehört der Leibniz-Gemeinschaft<br />

an.<br />

■ GEORG HEBERER AWARD FÜR ERFOLG<br />

IM KAMPF GEGEN DEN KREBS<br />

Dr. med. Markus Guba hat den Georg Heberer<br />

Award für die Entdeckung der Rolle eines Medikaments<br />

zur Immunsuppression bei Organtransplantationen<br />

als Mittel im Kampf gegen den Krebs<br />

erhalten. Die LMU verlieh den von der US-amerikanischen<br />

Chiles Foundation ausgelobten Preis im<br />

Rahmen des 531. Stiftungsfestes der <strong>Universität</strong>.<br />

Der mit 25.000 US-Dollar dotierte Preis ist die derzeit<br />

höchstdotierte Auszeichnung für Chirurgische<br />

Forschung in Deutschland.<br />

■ AUSZEICHNUNGEN FÜR<br />

PROFESSOR GERBES<br />

Prof. Dr. A. L. Gerbes, Stellvertretender Direktor<br />

der Medizinischen Klinik und Poliklinik II – Klinikum<br />

Großhadern, ist zum Co-Editor-in-Chief des<br />

World Journal of Gastroenterology ernannt worden.<br />

Außerdem wurde Prof. Gerbes zum Mitglied<br />

der Assembly der United European Gastroenterology<br />

Foundation (UEGF) bestellt. Er ist bereits Mitglied<br />

des Scientific Committee der UEGF.<br />

■ AUSZEICHNUNGEN FÜR<br />

PROFESSOR MOULINES<br />

Prof. Dr. C. Ulises Moulines, Seminar für Philosophie,<br />

Logik und Wissenschaftstheorie, ist im Januar<br />

2004 vom französischen Minister für Bildung<br />

und Forschung zum stimmberechtigten Mitglied<br />

des Hochschulrats der Pariser Ecole Normale<br />

Supérieure (ENS) ernannt worden. Aufgabe dieses<br />

Rats ist es, über die wichtigsten wissenschaftspolitischen<br />

und haushaltsmäßigen Vorschläge<br />

des Direktoriums dieser Institution zu<br />

befinden und zu entscheiden. Nach der Satzung<br />

der ENS sollten stets zwei ausländische Professoren<br />

aus international anerkannten <strong>Universität</strong>en<br />

in den Hochschulrat gewählt werden, um die internationale<br />

Bindung der Institution zu sichern. Weiterhin<br />

hat die Bayerische Akademie der Wissenschaften<br />

Prof. Moulines zum ordentlichen Mitglied<br />

der Philosophisch-Historischen Klasse der Akademie<br />

gewählt.<br />

■ PROFESSOR WEIDENFELD IN BOARD DER<br />

AL-AKHAWAYN UNIVERSITY BERUFEN<br />

Prof. Dr. Werner Weidenfeld vom Centrum für<br />

Angewandte Politikforschung (CAP) ist von<br />

Mohammed VI., König von Marokko, in das Board<br />

of Trustees der Al-Akhawayn University in Ifrane<br />

berufen worden. Die <strong>Universität</strong> liegt zwischen Fez<br />

und Marrakesch und ist die international am<br />

besten vernetzte Hochschule Marokkos. Professor<br />

Weidenfelds Berufung würdigt auch das Engagement<br />

der Bertelsmann Stiftung in ihrem Projekt<br />

„Europa und der Nahe Osten“, das die Stiftung in<br />

langjähriger Kooperation mit dem CAP an der<br />

LMU durchführt.<br />

■ PREISTRÄGER DES BUSINESS PLAN<br />

WETTBEWERBS PRÄMIERT<br />

Die erste Stufe des <strong>München</strong>er Business Plan<br />

Wettbewerbs 2004, die so genannte „Ideas Creation“,<br />

ist im Februar an der LMU mit einer feierlichen<br />

Prämierung abgeschlossen worden. Von den<br />

insgesamt 21 teilnehmenden Teams wurden zwei<br />

als Preisträger bei einer Feierstunde im Senatssaal<br />

der LMU ausgezeichnet. Der mit 500 Euro<br />

dotierte erste Preis ging in der Kategorie „Idee von<br />

Wissenschaftlern“ an das Team „SpheroTec“ aus<br />

der Chirurgischen Klinik (Großhadern), in der<br />

Kategorie „Idee von Studierenden“ wurde das<br />

Team „MTG - Media Terminal Gesellschaft“ aus<br />

der BWL-Fakultät der LMU mit ebenfalls 500 Euro<br />

ausgezeichnet.<br />

1 Dr. med. Markus Guba<br />

1 Prof. Dr. Werner Weidenfeld<br />

MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />

35


MUM 01 | 2004 SERVICE<br />

36<br />

TIPPS &<br />

TERMINE<br />

LESERBRIEFE<br />

ZUM EDITORIAL „EINE FRAGE DER MOTIVATION“<br />

VON PROF. FRIEDERIKE KLIPPEL IN MUM 04/2003<br />

■ FÖRDERUNG FÜR STUDIERENDE<br />

UND DOKTORANDEN<br />

Willkommene Finanzspritze für Studierende und<br />

Promovenden: Das Bayerische Staatsministerium<br />

für Wissenschaft, Forschung und Kunst stellt der<br />

LMU auch in diesem Jahr Mittel zur Verfügung,<br />

die an Studierende für Bücherkauf und den Druck<br />

ihrer Dissertation ausgezahlt werden können. Das<br />

Geld stammt aus dem Nachlass des Konsuls<br />

Oskar-Karl Forster. Das nach ihm benannte Stipendium<br />

kann bei der LMU beantragt werden.<br />

Gewährt werden Beträge von 100 bis 400 Euro als<br />

einmalige Hilfe zum Kauf von Büchern oder anderen<br />

Lernmitteln. Promovenden erhalten einen<br />

Druckkostenzuschuss für die Dissertation. Antragsteller<br />

müssen Studierende der LMU sein, die sich<br />

mindestens im zweiten Semester befinden und<br />

sowohl begabt als auch bedürftig sind - exakte Einkommensgrenzen<br />

und Notendurchschnitte sind<br />

vorgegeben.<br />

Die genauen Bedingungen für das Stipendium<br />

sind auf einem Antragsformular zusammengefasst,<br />

das im Stipendien-Referat der LMU erhältlich<br />

ist. Die Antragsunterlagen müssen bis Freitag,<br />

16. Juli 2004, abgegeben werden.<br />

LMU-Promovenden steht zudem Unterstützung<br />

nach dem bayerischen Gesetz zur Förderung des<br />

wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses<br />

zu. Neu- und Weiterförderungsanträge<br />

für Stipendien sowie Anträge auf zusätzliche Fördermittel<br />

für Sach- und Reisekosten können bis<br />

17. September 2004 im Stipendien-Referat abgegeben<br />

werden. Wenn die wissenschaftliche Arbeit<br />

einen Auslandsaufenthalt von mehr als 30 Tagen<br />

erfordert, ist außerdem eine zusätzliche Förde-<br />

Ich möchte Ihnen gleich nach der Lektüre Ihres Editorials zur Motivation von<br />

universitärer Forschung und Lehre meine uneingeschränkte Zustimmung aussprechen.<br />

Ihre Diagnose sowohl der üblicherweise vorherrschenden Motivationen<br />

einer Entscheidung für Forschung und Lehre wie auch der seit geraumer<br />

Zeit bereits wirksamen Beeinträchtigungen trifft zumindest bei den Lehrenden<br />

der Geisteswissenschaften voll zu. Sie haben mit Ihren Ausführungen die Meinung<br />

der überwiegenden Mehrheit in meinem Bekanntenkreis quer durch alle<br />

Qualifikationsstufen formuliert. Bitte vertreten Sie diese Meinung weiterhin<br />

offensiv, wo es nur möglich ist.<br />

3Prof. Dr. Claudia Märtl, Historisches Seminar,<br />

Abt. für Mittelalterliche Geschichte, LMU<br />

ZU MUM 04/2003<br />

rung durch den Deutschen Akademischen Auslandsdienst<br />

(DAAD) möglich.<br />

Weitere Informationen: Stipendien-Referat der<br />

LMU, <strong>Universität</strong>s-Hauptgebäude, Zi. 235, Geschwister-Scholl-Platz<br />

1, 80539 <strong>München</strong>. Tel.:<br />

089/2180-5693, Mo, Mi, Fr 8.30 – 11.30 Uhr.<br />

■ KINDERGARTENPLÄTZE ZU VERGEBEN<br />

In der <strong>Universität</strong>skindertagesstätte im Leopoldpark<br />

bei der Mensa stehen im kommenden Kindergartenjahr<br />

2004/05 wieder Kindergartenplätze<br />

vorrangig für Kinder von Studierenden bzw.<br />

Mitarbeitern der LMU zur Verfügung. Die <strong>Universität</strong>skindertagesstätte<br />

e.V. können Sie über die<br />

Webseite www.uni-kindergarten.de oder telefonisch<br />

unter 089/342580 kontaktieren. Weitere<br />

Informationen zu Fragen der Kinderbetreuung<br />

gibt es auch auf der von Irene Mosel (E-Mail:<br />

irene.mosel@lmu.de) im Rahmen der Zentralen<br />

Studienberatung gepflegten Webseite www.studierenmitkind.uni-muenchen.de.<br />

■ LMU-PATENTKURS<br />

Im Mai 2004 startet der berufsbegleitende Patentkurs<br />

„Intellectual Property Management (IPM)“ an<br />

der LMU. IPM besteht aus zwei Modulen mit je<br />

sechs Abendveranstaltungen. Im ersten Modul<br />

liegt der Schwerpunkt auf der „Patentierung in<br />

den Life Sciences im internationalen Vergleich“.<br />

Das zweite Modul befasst sich mit „Patentverwertung<br />

und Patent-Portfoliomanagement“. Informationen<br />

zu Programm und Anmeldung: Grit Würmseer,<br />

Kontaktstelle für Forschungs- und Technologietransfer,<br />

Tel.: 089/2180-6350, E-Mail:<br />

pate@lmu.de, www.lmu.de/kft.<br />

Es ist mir ein Anliegen, mich auf diesem Weg einmal sehr herzlich für das sehr<br />

interessante und informative Uni-<strong>Magazin</strong> zu bedanken. Ich warte immer sehr<br />

gespannt auf die jeweils neue Ausgabe, weil ich weiß, dass ich über interessante<br />

und wichtige Themen umfassend informiert werde. Seit dem Relaunch ist das<br />

<strong>Magazin</strong> auch optisch eine Freude. Ich kann nur sagen, weiter so. Wann wird<br />

denn das neue Heft erscheinen? Viele herzliche Grüße und das denkbar Beste.<br />

3 Wolfgang Wenzl, <strong>München</strong><br />

■ AKTUELLE STELLENANGEBOTE DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT UNTER WWW.LMU.DE/PRESSE/STELLENMARKT


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DA STIMMT DIE CHEMIE<br />

„Beim Wettkampf um Deutschlands Elite-<strong>Universität</strong>en hat<br />

sich die erste Startgemeinschaft gebildet. Die Freie<br />

<strong>Universität</strong> Berlin (FU) und die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />

<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> (LMU) stellten gestern Pläne für eine<br />

so genannte ,Strategische Allianz’ der beiden Hochschulen<br />

vor. ,Das ist ein Versuch, die beiden zentralen Wissenschafts-Standorte<br />

in Deutschland zu verknüpfen’, sagte<br />

LMU-Rektor Bernd Huber in Berlin.“<br />

3 Berliner Tagesspiegel, 20.02.2004<br />

WER IST DIE SCHÖNSTE UNI IM LAND?<br />

„Stärken: (…) Erste Uni im CHE-Forschungsranking,<br />

bester deutscher Platz im weltweiten Ranking des CEST<br />

(Platz 51). Stellt die meisten DFG-Gutachter, zählt die<br />

meisten Humboldtstipendiaten. An der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />

haben 13 Nobelpreisträger geforscht,<br />

außerdem studierten hier 35 Bundestagsabgeordnete und<br />

11 Zeit-Redakteure. (…) Urteil: Elite-Kandidat mit Verbesserungspotential.“<br />

3 Die Zeit, 15.01.2004<br />

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GUT, DASS WIR VERGLICHEN HABEN<br />

„Bayern und Berlin lieferten sich ein hartes Rennen, als die<br />

Freie <strong>Universität</strong> Berlin elf Ranglisten zu einem ,Meta-<br />

Ranking’ zusammenfasste. Wichtigste Erkenntnis: Die<br />

Spitzengruppe deutscher Hochschulen ist seit Jahren<br />

,erstaunlich stabil’. (…) Als beste <strong>Universität</strong> Deutschlands<br />

ging diesmal die LMU <strong>München</strong> aus dem ,Elfkampf’<br />

hervor. (…) Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />

sammelte erstklassige Platzierungen in allen Feldern ein.“<br />

3 Spiegel Online, 16.01.2004<br />

EIN LABOROFEN ENTTARNT VULKANE<br />

„Hitze schlägt Philippe Courtial entgegen. 1200 Grad heiß<br />

ist das flüssige Gestein, das er aus dem kleinen Ofen in<br />

seinem Labor mit einer Zange herausnimmt. Anschließend<br />

misst der wissenschaftliche Mitarbeiter vom Department für<br />

Geo- und Umweltwissenschaft der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />

<strong>Universität</strong> (LMU) <strong>München</strong>, bei welcher Temperatur die<br />

Probe erkaltet. (…) ,Bei der Lava des Nyiragongo können<br />

wir im Experiment genau bestimmen, bei welcher<br />

Temperatur sie vom flüssigen in den festen Zustand<br />

wechselt und damit aufhört zu fließen’, erklärt (Professor)<br />

Dingwell.“ 3 Münchner Merkur, 28.02.2004<br />

Tel. 0 89 -74 55 200<br />

MUM 01 | 2004 SERVICE<br />

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