MünchnerUni.Magazin - Ludwig-Maximilians-Universität München
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<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />
ZEITSCHRIFT DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT MÜNCHEN 01 | 2004<br />
GEOPHYSIK AN DER LMU<br />
REISE INS<br />
INNERE DER ERDE<br />
ESSAY<br />
A PROFESSOR<br />
REFLECTS<br />
SPEZIAL<br />
LMU BEGEGNET<br />
FINANZKRISE<br />
MIT STRUKTUR-<br />
REFORMEN
IMPRESSUM<br />
Herausgeber<br />
Rektorat der<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> (LMU) <strong>München</strong><br />
Redaktion<br />
Kommunikation und Presse LMU<br />
Luise Dirscherl (dir)<br />
(Chefredaktion)<br />
Ortrun Huber (oh)<br />
(stellv. Chefredaktion)<br />
Julia Graven (gra)<br />
Thomas Pinter (thp)<br />
(Online-Redakteur)<br />
Susanne Wedlich (suwe)<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe<br />
Eva Kittel (ki)<br />
Marcus Simon (ms)<br />
Bildredaktion<br />
Angelica Fuss<br />
Redaktionsadresse<br />
Geschwister-Scholl-Platz 1<br />
80539 <strong>München</strong><br />
Tel +49 (0) 89 2180-3423<br />
Fax +49 (0) 89 33 82 97<br />
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Kommunikation und Presse LMU<br />
Mathias Schiener<br />
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Kommunikation und Presse LMU<br />
Angelica Fuss<br />
Geschwister-Scholl-Platz 1<br />
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ISSN 0940-0141<br />
Titelfoto: Heiner Igel<br />
Umschlagfoto: Friedrich Schmidt<br />
Fotos im Heft: Heiner Igel, Gunnar Jahnke (S. 4-9); Douglas S.<br />
Bridges (S. 10); Stephan Rumpf (S.13); Aufbau-Verlag (S. 18);<br />
Richard Sigel (S. 25); Deutsche Mathematiker-Vereinigung, IMO<br />
(S. 27); BMW (S. 34)<br />
Alle weiteren Fotos: Friedrich Schmidt bzw. LMU
EDITORIAL<br />
SPITZENLEISTUNG IN<br />
SCHWIERIGEN ZEITEN<br />
Die LMU als eine der großen Forschungsuniversitäten ist hervorragend<br />
aufgestellt im nationalen und internationalen Wettbewerb.<br />
Sie führt das Meta-Ranking der Freien <strong>Universität</strong><br />
Berlin, in dem sechs der wichtigsten Uni-Ranglisten mit unterschiedlichen<br />
Schwerpunkten ausgewertet wurden, und wird<br />
beispielsweise im DFG-Ranking 2003 auf Platz 2 gelistet.<br />
Gleichzeitig ist die LMU als eine von zwei deutschen <strong>Universität</strong>en<br />
Mitglied des Zusammenschlusses LERU (League of European<br />
Research Universities) und gilt in den Medien als viel versprechender<br />
Kandidat in dem von Bundesbildungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn ausgelobten Wettbewerb um Deutschlands<br />
beste <strong>Universität</strong>en. In der ersten Runde des „Elitenetzwerks<br />
Bayern“ konnte sich die LMU mit zwei Elitestudiengängen und<br />
drei internationalen Doktorandenkollegs durchsetzen – eine<br />
Erfolgsbilanz, die sich sehen lassen kann und die wir auch in<br />
Zukunft weiterführen wollen.<br />
Die dramatisch verschlechterten finanziellen Rahmenbedingungen,<br />
die die Bayerische Staatsregierung den Hochschulen<br />
vorgibt, machen dieses Ziel jedoch zu einer besonderen<br />
Herausforderung. Es geht darum, trotz des Sparzwangs eine<br />
positive Zukunftsperspektive für die LMU zu entwerfen. Um eine<br />
Spitzenposition in der Wissenschaft bei immer knapper werdenden<br />
Kassen zu halten oder gar auszubauen, muss ein Reformprozess<br />
eingeleitet werden. Es gilt Stärken auszuloten, sich<br />
auf Schwerpunkte zu konzentrieren, sich im Gegenzug aber auch<br />
aus einzelnen Fächern zurückzuziehen, um dadurch Ressourcen<br />
freizusetzen, mit denen die besonders leistungsfähigen Disziplinen<br />
gestärkt werden sollen.<br />
An unserer <strong>Universität</strong> hat eine Reformkommission mit Vertretern<br />
der Fakultäten und aller universitären Gruppen die Strukturplanungen<br />
an der LMU vorbereitet und begleitet. Herausgekommen<br />
ist ein Zukunftskonzept für die LMU, das das<br />
<strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong> in dieser Ausgabe vorstellt. Mit der Verständigung<br />
über die Eckpunkte zur zukünftigen Gestaltung der<br />
LMU hat die Reformkommission einen wichtigen Schritt zur<br />
nachhaltigen Zukunftsplanung unserer <strong>Universität</strong> getan.<br />
Ein weiteres hochschulpolitisches Reizthema unserer Zeit ist das<br />
Problem der Studiengebühren. Während hierzulande über Sinn<br />
und Unsinn dieser Abgabe noch heftig diskutiert wird, müssen<br />
Studierende in anderen Ländern bereits seit Jahren für ihren<br />
<strong>Universität</strong>sbesuch in die Tasche greifen. Der DAAD-Gastprofessor<br />
an der LMU, Douglas S. Bridges vom Department of<br />
Mathematics and Statistics der University of Canterbury in<br />
Christchurch, beschreibt in einem Gastbeitrag dieser MUM-Ausgabe,<br />
wie sich die Einführung von Studiengebühren in seiner<br />
Heimat Neuseeland ausgewirkt hat. Außerdem bietet das <strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong><br />
auch den unmittelbar Betroffenen ein Forum:<br />
Unter dem Titel „Pro & Contra“ diskutieren Bernadette Landwehr<br />
und Markus Michalek, zwei Studierende an der LMU, das<br />
Für und Wider der Studiengebühren.<br />
Während die internationalen Doktorandenkollegs des „Elitenetzwerks<br />
Bayern” erst zum Wintersemester 2004/2005 an den<br />
Start gehen, existieren internationale Promotionsstudiengänge<br />
an der LMU bereits seit Oktober 2001. Mit ihrer interdisziplinären<br />
und internationalen Ausrichtung, intensiver Betreuung<br />
und klaren Strukturvorgaben entsprechen die Programme „Linguistik<br />
– Internationales Promotions-Programm LIPP“ und „Promotionsstudiengang<br />
Literaturwissenschaft“ sowie die „Munich<br />
Graduate School of Economics“ dem Ideal wissenschaftlicher<br />
Nachwuchsförderung. MUM stellt diese an der LMU eingerichteten<br />
und speziell auf die Bedürfnisse von Doktoranden ausgelegten<br />
Studiengänge ausführlich vor.<br />
So turbulent und schwierig die Zeiten für die deutschen Hochschulen<br />
gegenwärtig auch sind – wir wollen durch Profilbildung<br />
die Leistungsfähigkeit unserer Hochschule sichern und stärken.<br />
Und auf dem eingeschlagenen Weg werden wir dieses Ziel<br />
erreichen. ■<br />
Professor Dr. Bernd Huber<br />
Rektor der LMU<br />
MUM 01 | 2004 EDITORIAL<br />
1
MUM 01 | 2004 NEWS<br />
2<br />
■ STRATEGISCHE ALLIANZ<br />
MIT FU BERLIN<br />
NEWS<br />
Zwei Spitzenuniversitäten haben<br />
sich zusammengeschlossen: Die<br />
<strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
(LMU) <strong>München</strong> und die Freie<br />
<strong>Universität</strong> (FU) Berlin haben<br />
eine strategische Partnerschaft<br />
vereinbart und eine intensive<br />
Zusammenarbeit in zahlreichen<br />
Bereichen der <strong>Universität</strong>ssteuerung<br />
und der akademischen Arbeit in Forschung und Lehre<br />
begründet. Die Allianz zwischen den beiden <strong>Universität</strong>en ist eine<br />
in Deutschland einzigartige Verbindung, die die Voraussetzung für<br />
eine Rückkehr Deutschlands in die Weltliga der Wissenschaft schaffen<br />
soll. Künftig werden die Hochschulen eine gemeinsame Eva-<br />
LMU<br />
luation des Lehrangebots, eine<br />
gegenseitige Beratung in<br />
Berufungskommissionen<br />
sowie eine Kooperation bei<br />
der Beschaffung neuer Materialien<br />
durchführen. LMU und<br />
FU planen zudem ein gemeinsames Verbindungsbüro in Brüssel,<br />
um im Wettbewerb um Gelder der EU-Forschungsförderung besser<br />
mithalten zu können. ■ oh<br />
■ ELITESTUDIENGÄNGE AN DER LMU<br />
Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> ist an neun von insgesamt 15<br />
ausgewählten Projekten für das Elitenetzwerk Bayern beteiligt. Bei<br />
zwei Elitestudiengängen (ESG) und drei internationalen Doktorandenkollegs<br />
(IDK) geht sie als Sprecherhochschule aus dem Wettbewerb<br />
um die besten Vorschläge für Eliteangebote hervor. Die<br />
ausgewählten Studiengänge und internationalen Doktorandenkollegs<br />
werden zum Wintersemester 2004/05 starten. „Unser erfolgreiches<br />
Abschneiden beweist, wie erstklassig Forschung und<br />
Lehre an der LMU betrieben werden“, betont Rektor Professor<br />
Bernd Huber. Die Titel der neuen Elitestudienangebote an der LMU<br />
lauten „Osteuropa-Studien“ (ESG), „Neuro-cognitive Psychology“<br />
(ESG), „Textualität in der Vormoderne“ (IDK), „Thesis - Complex<br />
Processes in the Earth: Theory, Experiment, Simulations“ (IDK),<br />
„Nano-Bio-Technology“ (IDK). Darüber hinaus ist die LMU durch<br />
interuniversitäre Kooperationen an vier weiteren Elitestudiengängen<br />
im Rahmen des Elitenetzwerks Bayern beteiligt. ■ oh<br />
■ KOOPERATION MIT IFO-INSTITUT VERTIEFT<br />
Die LMU und das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in <strong>München</strong><br />
erweitern ihre langjährige Kooperation. Durch die enge Bindung von<br />
empirischer Forschung am ifo-Institut und der theoretischen Kompetenz<br />
der LMU-Volkswirtschaftler, die in vielen Rankings hervorragend<br />
abgeschnitten haben, versprechen sich beide Partner exzellente<br />
Bedingungen für die Forschung. Diplomanden und Doktoranden<br />
der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> können in Zukunft verstärkt<br />
die Infrastruktur des ifo-Instituts nutzen. Durch die Umwandlung und<br />
Aufwertung von bestehenden Stellen entstehen vier C4-Professuren.<br />
Deren Inhaber sollen als leitende Wissenschaftler am ifo-Institut und<br />
gleichzeitig als Professoren an der Volkswirtschaftlichen Fakultät der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> tätig sein. ■ gra<br />
■ JUTTA LIMBACH<br />
HÄLT WEISSE ROSE<br />
GEDÄCHTNISVORLESUNG<br />
Seit mittlerweile 24 Jahren lädt<br />
die LMU eine bedeutende Persönlichkeit<br />
ein, im Gedenken an<br />
die Mitglieder der Widerstandsgruppe<br />
„Weiße Rose” die<br />
Weiße Rose Gedächtnisvorlesung<br />
zu halten. Ende Januar<br />
2004 beschäftigte sich die Präsidentin<br />
des Goethe-Instituts und ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts<br />
Professor Jutta Limbach im Auditorium<br />
Maximum mit der Frage „Was ist Widerstand?“ - nur einige Meter<br />
von dem Ort entfernt, an dem die Geschwister Scholl ihre Flugblätter<br />
verteilten. In ihrem rechtsphilosophischen Vortrag setzte<br />
sie sich mit dem „vielschichtigen Verhältnis von Widerstand und<br />
Gewalt“ auseinander. Sie erinnerte dabei am Beispiel des Hitler-<br />
Attentäters Georg Elser ausdrücklich auch an den Widerstand der<br />
so genannten kleinen Leute, die „zuweilen mit besonderer<br />
Feinnervigkeit das heraufkommende Unheil vorausgesehen<br />
haben“. ■ gra<br />
■ LMU IM RANKINGSPIEGEL DER FU BERLIN<br />
DEUTSCHLANDWEIT AUF DEM ERSTEN PLATZ<br />
Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> belegt den ersten Platz in<br />
einem deutschlandweiten „Meta-Ranking“ der Freien <strong>Universität</strong><br />
(FU) Berlin. Es folgen die <strong>Universität</strong> Heidelberg und die FU Berlin.<br />
In dem Rankingspiegel wurden als Einzelstudien das DFG-Ranking<br />
2003, der Alexander-von-Humboldt-Jahresbericht 2002, die DAAD-<br />
Statistik 2002, der Jahresbericht der Deutschen Forschungsgemeinschaft,<br />
die Unternehmensgründerstudie der <strong>Universität</strong><br />
Regensburg 2003 und das Ranking der World-Universities der <strong>Universität</strong><br />
Shanghai mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausgewertet<br />
und zusammengefasst. Untersucht wurde das Abschneiden deutscher<br />
<strong>Universität</strong>en in insgesamt elf Kategorien. Demnach befindet<br />
sich die LMU in allen elf untersuchten Bereichen unter den besten<br />
zehn <strong>Universität</strong>en, sechsmal sogar unter den ersten drei. Auch der<br />
Blick von außen bestätigt diese Position: So kommt die Jiao Tong<br />
<strong>Universität</strong> in Schanghai in ihrem Ranking der World-Universities<br />
2003 ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Münchner <strong>Universität</strong> in<br />
Deutschland an der Spitze liegt. ■ gra<br />
■ EDELGARD BULMAHN ZU<br />
GAST AN DER LMU<br />
Hoher Besuch im Lichthof der<br />
LMU: Bundesbildungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn (SPD) hat<br />
sich auf Einladung der evangelischen<br />
Studentengemeinden von<br />
LMU und Technischer <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong> Mitte Februar der<br />
Diskussion mit Studenten und<br />
<strong>Universität</strong>smitarbeitern über<br />
die Zukunft der Hochschulen gestellt. Neben einem Bekenntnis zum<br />
gebührenfreien Erststudium verteidigte Bulmahn vor allem den<br />
Elite-Vorstoß der Bundesregierung. Breiten- und Spitzenausbildung<br />
seien „kein Gegensatz“. ■ gra
4<br />
KONTINENTE IN BEWEGUNG<br />
SEISMOLOGEN ERFORSCHEN<br />
DAS INNERE DER ERDE<br />
14<br />
PROFILE<br />
UNTER DACH UND FACH<br />
26<br />
PROFILE<br />
PROMOVIEREN FÜR<br />
PROFIS<br />
20<br />
SERIE<br />
ALMA MATER LMU (TEIL 2):<br />
ZÄHLBARE LEIDENSCHAFT<br />
■ NEWS<br />
2 MELDUNGEN<br />
■ TITEL<br />
4 KONTINENTE IN BEWEGUNG<br />
SEISMOLOGEN ERFORSCHEN DAS INNERE DER ERDE<br />
MUM 01 | 2004<br />
8 „ES GEHT DARUM, NEUES ZU ENTDECKEN“<br />
EIN GESPRÄCH MIT DEM GEOPHYSIKER W. JASON MORGAN<br />
■ ESSAY<br />
10 A GASTPROFESSOR REFLECTS<br />
PROF. DOUGLAS S. BRIDGES D.PHIL. D.SC.,<br />
DEPARTMENT OF MATHEMATICS AND STATISTICS,<br />
UNIVERSITY OF CANTERBURY, CHRISTCHURCH, NEUSEELAND<br />
■ SPEZIAL<br />
12 ZUKUNFT MIT PROFIL<br />
LMU BEGEGNET FINANZKRISE MIT STRUKTURREFORMEN<br />
13 „DIE RICHTIGE STRATEGIE”<br />
EIN GESPRÄCH MIT LMU-KANZLER THOMAS MAY<br />
■ PROFILE<br />
14 PROMOVIEREN FÜR PROFIS<br />
ZUM DOKTORHUT MIT<br />
INTERNATIONALEN PROMOTIONSSTUDIENGÄNGEN<br />
18 VERBEUGUNG VOR DER ZIVILCOURAGE<br />
GESCHWISTER-SCHOLL-PREIS FÜR DEN<br />
BRITISCHEN HISTORIKER MARK ROSEMAN<br />
20 UNTER DACH UND FACH<br />
NEUE GEBÄUDE FÜR DIE LMU<br />
22 DAS SCHIEDSGERICHT TAGT<br />
JURASTUDENTEN ÜBEN DEN<br />
SCHLAGABTAUSCH<br />
24 „SCHAF“ BEGINNT MIT „SCH“<br />
DIE LMU MACHT DAS LESENLERNEN LEICHTER<br />
26 SERIE: ALMA MATER LMU (TEIL 2)<br />
ZÄHLBARE LEIDENSCHAFT<br />
■ KUNSTSCHÄTZE<br />
28 SZEPTER -<br />
ZEICHEN DER WÜRDE UND DER MACHT<br />
■ FORUM<br />
31 PRO & CONTRA:<br />
BRAUCHEN WIR STUDIENGEBÜHREN?<br />
■ KÖPFE<br />
32 NEUBERUFEN<br />
34 PREISE & EHRUNGEN<br />
■ SERVICE<br />
36 TIPPS & TERMINE / LESERBRIEFE<br />
37 LMU IN DEN MEDIEN<br />
■ IMPRESSUM UMSCHLAG<br />
MUM 01 | 2004 INHALT<br />
3
TITEL<br />
4<br />
MUM 01 | 2004<br />
KONTINENTE IN BEWEGUNG<br />
SEISMOLOGEN ERFORSCHEN<br />
DAS INNERE DER ERDE<br />
Am 26. Dezember 2003 bebte in Bam die Erde. Die Stadt im Süden des Iran wurde fast völlig<br />
zerstört, zehntausende Menschen starben in den Trümmern. Kurz nach der Katastrophe waren<br />
das Interesse und die Hilfsbereitschaft groß, die ganze Welt nahm Anteil am Schicksal der<br />
Bewohner von Bam. Doch wie kann verhindert werden, dass derartige Naturkatastrophen solche<br />
verheerenden Auswirkungen haben? „Eine zuverlässige Vorhersage von Erdbeben liegt<br />
leider noch in weiter Ferne“, sagt Professor Heiner Igel. Der Seismologe von der Sektion Geophysik<br />
der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> wagt trotzdem den Blick in die Zukunft. Mit Hilfe<br />
aufwändiger Computerprogramme versucht er mit seinen Forscherkollegen die Regungen des<br />
scheinbar unberechenbaren Globus zu kalkulieren.
Blaue und rote Bögen wabern über den Erdball,<br />
ausgelöst durch einen kleinen gelben Punkt im Inneren<br />
des Globus. Was sich auf dem Laptop von<br />
Professor Igel wie ein dreidimensionales Kaleidoskop<br />
abspielt, simuliert den Schwingungszustand<br />
der Erde etwa 25 Minuten nach einem Erdbeben.<br />
Die farbigen Wellen kennzeichnen die Verschiebung<br />
des Erdinneren aus der Ruhelage – auch<br />
wenn Ruhelage für Heiner Igel nur ein relativer<br />
Begriff ist. „Die Erde schwingt ständig wie eine<br />
Glocke“, erklärt der Wissenschaftler. Das so genannte<br />
global hum, ein sehr tieffrequentes Grundsummen<br />
der Erdkugel, wird permanent von seismischen<br />
Messpunkten rund um den Globus registriert.<br />
Seit den 60er Jahren zeichnet dieses Netzwerk<br />
alle Regungen des Planeten auf. Eingerichtet<br />
wurde es jedoch nicht als Frühwarnsystem für<br />
Erdbebenopfer, sondern um den damals zwischen<br />
Großbritannien, der UdSSR und den USA abgeschlossenen<br />
Atomwaffensperrvertrag kontrollieren<br />
zu können – Seismologie als Kind des Kalten<br />
Krieges.<br />
Heute werden jedes Jahr mehrere tausend größere<br />
Erdbeben im globalen Netzwerk registriert. Nationale<br />
und internationale Rechenzentren speichern<br />
diese Daten ohne Verzögerung, so dass bei<br />
Beben, die größere Schäden nach sich ziehen, sofort<br />
das Epizentrum, die Tiefe und die Stärke ermittelt<br />
werden können. Gleichzeitig werden die<br />
Laufzeiten verschiedener seismischer Wellentypen<br />
katalogisiert. Was früher Wochen in Anspruch<br />
nahm, passiert jetzt automatisch und steht in der<br />
Regel Minuten nach schweren Beben im Internet.<br />
Seit Mitte der 80er Jahre ist es Wissenschaftlern<br />
möglich, mit Hilfe der Strahlentheorie Daten wie<br />
1 Ein außergewöhnlicher metallischer<br />
Glanz kennzeichnet den erkalteten<br />
Lavastrom aus dünnflüssiger Pahoehoe-Lava<br />
auf Hawaii.<br />
3 Professor Heiner Igel von der Sektion<br />
Geophysik der LMU zeichnet mit Hilfe<br />
dreidimensionaler Computersimulationen<br />
(gr. Bild li.) die Schwingungszustände<br />
der Erde nach.<br />
die beobachteten Ankunftszeiten von Erdbebenwellen<br />
in einem globalen Erdmodell einzuordnen.<br />
Diese so genannte seismische Tomographie hat<br />
das Bild des Erdinneren, im Besonderen des Erdmantels<br />
und der damit verknüpften so genannten<br />
Mantelkonvektion, geprägt. Zum ersten Mal konnten<br />
abtauchende Platten der obersten Erdschicht<br />
sichtbar gemacht und warme Bereiche unter<br />
vulkanisch aktiven Regionen nachgewiesen<br />
werden.<br />
DER COMPUTER ALS LABOR<br />
„Trotz des globalen seismischen Netzes wissen<br />
wir aber nach wie vor leider nur sehr wenig darüber,<br />
was direkt an der Erdbebenquelle im Inneren<br />
der Erde passiert“, bedauert Professor Igel. Die<br />
Diskrepanz zwischen der großen Menge an<br />
gesammelten Daten und seismischen Beobachtungen<br />
und die noch unzureichende Entwicklung<br />
von Theorien und Simulationen davon, was<br />
tatsächlich nahe des Mittelpunktes der Erde geschieht,<br />
treibt den Forscher in seiner Arbeit an.<br />
„Die bei Erdbeben ausgestrahlte seismische<br />
Wellenenergie liefert wichtige Informationen über<br />
das Erdinnere und die dahinter stehende Physik<br />
lässt sich heute gut in dreidimensionalen Modellen<br />
simulieren.“ Damit haben die Computer heute<br />
zum Teil die Rolle von physikalischen Labors übernommen.<br />
Für eine realistische Berechnung der<br />
Modelle werden jedoch Hochleistungs-Computer<br />
und so genannte parallele Programme benötigt.<br />
Ein solcher Supercomputer steht den<br />
Geophysikern der LMU am Leibniz-Rechenzentrum<br />
zur Verfügung. Er kann Algorithmen<br />
nicht seriell hintereinander, sondern gleichzeitig<br />
MUM 01 | 2004 TITEL<br />
5
MUM 01 | 2004 TITEL<br />
6<br />
auf verschiedenen, bis zu mehreren Hundert Prozessoren<br />
abarbeiten. Am Institut für Geophysik<br />
werden dafür zahlreiche Algorithmen für die verschiedensten<br />
Forschungsbereiche, wie etwa die<br />
Seismologie, entwickelt. Doch zusätzliche Ressourcen<br />
und Programme sind notwendig.<br />
Professor Igel warb deshalb bei der Europäischen<br />
Union um Unterstützung – mit Erfolg: Das Projekt<br />
SPICE (Seismic wave Propagation and Imaging in<br />
Complex media: a European network) wird nun<br />
von der Europäischen Union mit rund 5,5 Millionen<br />
Euro gefördert. Damit gehört SPICE zu den<br />
bisher größten Marie Curie Research Training Networks.<br />
Die Federführung des Projekts, das offiziell<br />
seit Januar 2004 läuft, liegt bei der Sektion<br />
Geophysik des Departments für Geo- und Umweltwissenschaften<br />
der LMU. Beteiligt sind insgesamt<br />
14 europäische <strong>Universität</strong>en, unter anderem<br />
die Oxford University, das Institut de<br />
Physique du Globe, Paris, die ETH Zürich, das<br />
Istituto Nazionale di Geofisica e Vulcanologia,<br />
Rom, die Universitetet I Oslo, die University of Utrecht<br />
und die Charles University in Prag.<br />
Kernpunkte der Marie Curie Research Training<br />
Netzwerke und damit auch von SPICE sind die<br />
Mobilität der daran beteiligten Nachwuchs-Forscher<br />
und deren Ausbildung durch mehrere<br />
Workshops, die im Laufe des Projekts von den<br />
Partnern organisiert werden. Insgesamt sieht<br />
SPICE 14 Postdoktorandenstellen und 14 Promotionsstellen<br />
vor, die auf die beteiligten Partner<br />
verteilt werden.<br />
Bessere, komplexere Computersimulationen von<br />
Erdbebenszenarien zu erstellen – das ist das Ziel<br />
aller SPICE-Teilnehmer. „Mit diesen Programmen<br />
kann die Bodenbewegung nach möglichen großen<br />
Erdbeben der Zukunft berechnet werden.“ Eine<br />
Herausforderung nicht nur für die Geophysik, sondern<br />
auch eine Fragestellung für Mathematiker<br />
und Informatiker. Durch den Abgleich der dreidimensionalen<br />
Modelle mit realen Messwerten können<br />
tatsächliche Beobachtungen und Simulationen<br />
einander angenähert werden. Die Intention<br />
ist, ein schärferes Bild vom Erdinneren zu erhalten,<br />
um dadurch Regionen auf der Erde zu identifizieren,<br />
die – etwa wegen spezieller Eigenschaften<br />
des Untergrunds – stärker als andere durch<br />
Erdbeben gefährdet sind.<br />
BEBEN IM KÖLNER BECKEN<br />
Eine der am meisten gefährdeten Regionen in<br />
Zentraleuropa und deshalb mit im Fokus der<br />
SPICE-Forscher ist das Kölner Becken. Im Jahr<br />
1992 fand dort ein Beben der Stärke 5,9 auf der<br />
Richterskala statt, das zu Schäden von damals<br />
mehreren Hundert Millionen Mark führte. Für<br />
eine Simulation dieses Bebens definieren die<br />
Wissenschaftler um Heiner Igel ein genaues<br />
dreidimensionales Modell der Erdkruste auf<br />
einem Gitter mit bis zu 100 Millionen Punkten,<br />
um darauf die seismische Wellenausbreitung zu<br />
berechnen. Diese Szenarien erlauben, den<br />
Verlauf der Schwingungen in der gesamten Region<br />
darzustellen. Andere gefährdete Regionen<br />
im Visier der SPICE-Forscher sind das Peking-<br />
Becken und Kalifornien. Fernziel ist es auch hier,<br />
Zonen mit einer erhöhten Gefährdung zu identifizieren,<br />
um in der Folge mit Erdbebenfachleuten<br />
vor Ort geeignete Schutzmaßnahmen<br />
festzulegen.<br />
7 Selten ist eine horizontale Verschiebung<br />
der Erdkruste (Bildmitte)<br />
so gut zu beobachten wie auf diesem<br />
US-Highway bei Landers in Kalifornien.<br />
1992 war die Straße nach einem<br />
Beben der Stärke 7,4 um rund fünf<br />
Meter zur Seite gewandert.
3 Kalifornien gilt als besonders erdbebengefährdetes<br />
Gebiet. Mit Hilfe<br />
eines laserbasierten Deformationsmessgeräts<br />
im Pinon Flat Oberservatorium,<br />
150 Kilometer nordöstlich<br />
von San Diego, können Seismologen<br />
leichteste Erdregungen registrieren.<br />
Die im Rahmen von SPICE entwickelten Rechenprogramme<br />
sollen aber nicht nur in einzelnen<br />
Erdbebenregionen für mehr Sicherheit sorgen.<br />
Gleichzeitig wird nach und nach eine digitale<br />
Datenbasis mit verifizierten Rechenprogrammen<br />
erstellt, die dann in den Standardbetrieb seismologischer<br />
Auswertungen aufgenommen werden<br />
kann. Die auf globale seismologische Fragen spezialisierten<br />
Forscher erhoffen sich dadurch vor<br />
allem Fortschritte in der Auflösung der tomographischen<br />
3D-Bilder des Erdinneren, die es ermöglichen,<br />
dynamische Prozesse unterhalb der Erdoberfläche<br />
zu verstehen, etwa die Entstehung von<br />
Vulkanen oder plattentektonische Phänomene.<br />
Nochmals gute Nachrichten erhielten die Wissenschaftler<br />
der Sektion Geophysik der LMU Mitte<br />
März, diesmal von der Bayerischen Staatsregierung.<br />
Nach dem Zuschlag für SPICE gelang es den<br />
Geophysikern auch ihr Konzept für ein internationales<br />
Doktorandenkolleg im Rahmen des<br />
Elitenetzwerks Bayern durchzusetzen. Der Promotionsstudiengang<br />
„Thesis – Complex Processes<br />
in the Earth: Theory, Experiment, Simulations”<br />
wird im Wintersemester 2004/05 an den Start<br />
gehen. Das Kolleg zielt vor allem auf geowissenschaftliche<br />
Themengebiete ab, die bisher durch<br />
strukturelle Grenzen vernachlässigt wurden. Ein<br />
großer Teil der Studien wird sich mit der Gefährdung<br />
durch Naturereignisse wie Erdbeben oder<br />
Vulkanausbrüche auseinandersetzen. Und auch<br />
eine Stippvisite bei SPICE wird für die Elite-Doktoranden<br />
wohl auf dem Programm stehen. ■ oh<br />
Feldforschung im Dienst der Wissenschaft: Um die seismische Wellenausbreitung nach Erdbeben<br />
präzise in einem dreidimensionalen Modell am Computer simulieren zu können, benötigen<br />
die Geophysiker der LMU genaues Datenmaterial. Im Rahmen einer seismischen Messkampagne<br />
im Bayerischen Wald zeichneten die Wissenschaftler im Winter 2003 beispielsweise die Bodenrotationen<br />
nach großen Erdbeben auf (li.). Parallel registrieren seismische Messpunkte rund um<br />
den Globus permanent die Regungen des Erdballs. Jedes Jahr werden mehrere tausend größere<br />
Erdbeben im globalen Netzwerk aufgezeichnet. Nationale und internationale Rechenzentren<br />
speichern diese Daten ohne Verzögerung, so dass bei Beben, die größere Schäden verursachen,<br />
sofort das Epizentrum, die Tiefe und die Stärke ermittelt werden können.<br />
MUM 01 | 2004 TITEL<br />
7
MUM 01 | 2004 TITEL<br />
8<br />
„ES GEHT DARUM,<br />
NEUES ZU ENTDECKEN”<br />
EIN GESPRÄCH MIT DEM<br />
GEOPHYSIKER W. JASON MORGAN<br />
MUM: Professor Morgan, warum ist es immer noch<br />
so schwierig, Erdbeben und Vulkanausbrüche vorauszusagen?<br />
Morgan: Da muss man differenzieren: Vulkanausbrüche<br />
sind mittlerweile sehr gut einzuschätzen.<br />
Erdbeben können allerdings in der Tat nur auf einer<br />
sehr allgemeinen, statistischen Basis vorhergesagt<br />
werden. Man weiß zwar, wo ein Erdbeben wahrscheinlich<br />
stattfinden wird, man kann aber nicht prophezeien,<br />
wann genau. Beispielsweise ist Italien bekanntermaßen<br />
eher von Erdbeben bedroht als<br />
Schweden. Eine präzise Vorhersage wie bei Vulkanausbrüchen<br />
ist aber unmöglich. Bei der Frühwarnung<br />
vor Eruptionen hingegen hat es in den letzten<br />
fünf Jahren gewaltige Fortschritte gegeben. Mittlerweile<br />
ist es möglich, Menschen erst zwei, drei Tage<br />
vor einem Ausbruch zu evakuieren, so genau sind<br />
die Prognosen. Zugleich ist die Angst vor einem<br />
„falschen Alarm“ unter den Wissenschaftlern groß,<br />
denn was hilft das beste Frühwarnsystem, wenn ihm<br />
niemand mehr Beachtung schenkt.<br />
MUM: Wird es denn eines Tages möglich sein, Erdbeben<br />
ebenso präzise vorherzusagen, wie das<br />
heute mit Vulkanausbrüchen schon möglich ist?<br />
Morgan: Natürlich glaube ich, dass es eines Tages<br />
möglich sein wird – ich bin schließlich Wissenschaftler<br />
(lacht). Wenn man sieht, welche Bandbreite<br />
es heute gibt, Vulkanausbrüche, Flutkatastrophen,<br />
Dürren oder Wirbelstürme vorherzusagen, so hätte<br />
man das vor 20 oder 30 Jahren – bei den Vulkanen<br />
sogar vor zehn Jahren – nicht für möglich gehalten.<br />
Die Erdbeben sind jedoch leider sehr knifflig – aber<br />
ich denke, eines Tages werden wir auch hier soweit<br />
sein.<br />
MUM: Im vergangenen November hat US-Präsident<br />
George W. Bush Ihnen die „National Medal of Science“<br />
überreicht – dies ist der höchste Preis, den die<br />
Vereinigten Staaten von Amerika an einen Forscher<br />
für sein Lebenswerk vergeben. Was bedeutet diese<br />
Auszeichnung für Sie?<br />
Morgan: Das war eine große Überraschung für<br />
mich, denn ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet.<br />
In der Woche, in der ich davon erfuhr, feierten<br />
wir gerade meine Emeritierung. Für mich war das<br />
eine tolle Nachricht, denn ich empfinde diese Auszeichnung<br />
als eine sehr große Ehre. Meinem Dok-
torvater, Bob Dicke, wurde die „National Medal of Science“ ebenfalls<br />
verliehen – ich habe diese Anerkennung also quasi in der „zweiten<br />
Generation“ bekommen.<br />
MUM: Mit dem Preis werden Ihre Forschungen zur Plattentektonik<br />
der Erde gewürdigt. Warum war Ihre erste Studie, die sie 1968 über<br />
die Bewegungen und Formen der Platten verfassten, so wichtig für<br />
spätere Forscher?<br />
Morgan: Grundlage meiner Arbeit war das Konzept der Kontinentalbewegung,<br />
also die Idee, dass sich die Erdoberfläche aus mehreren<br />
großen Platten zusammensetzt, die sich laufend gegeneinander verschieben.<br />
In dieser Studie habe ich versucht, die Bewegungen und die<br />
Lage der Platten auf dem Globus mit einer elementaren mathematischen<br />
Formel zu erklären. Dadurch wurden rechnerische Vorhersagen<br />
auch für jene Orte auf dem Globus möglich, an denen bislang noch<br />
keine Messungen der Bewegungen der Erdkruste vorgenommen worden<br />
waren. Zusätzlich bekam die Arbeit eine große Bedeutung, weil<br />
sie sich ausführlich mit den Rändern, also den Kollisionszonen der<br />
Erdplatten, auseinandersetzte, an denen 95 Prozent aller Erdbewegungen<br />
ausgelöst werden. Diese Studie stellte also die Dinge, die damals<br />
in der Seismologie bekannt waren, in einen großen Zusammenhang.<br />
MUM: Der deutsche Naturwissenschaftler Alfred Wegener stellte 1912<br />
als erster die „Kontinentalverschiebungstheorie“ auf, konnte sie aber<br />
nicht beweisen. Auf welcher Basis haben Sie Ihr Modell der Plattentektonik<br />
entwickelt?<br />
Morgan: Wegener kam zum Teil zu ähnlichen Schlüssen wie ich. Allerdings<br />
standen ihm keine verifizierbaren Daten zur Verfügung, um<br />
seine Theorie zu beweisen. Ich hatte in den 60er Jahren Zugriff auf<br />
Datenmaterial aus der Meeresforschung. Einer der wichtigsten Grundzüge<br />
der Naturwissenschaften besteht nun einmal darin, dass man<br />
über empirisches Material verfügt, das eine Theorie stützt. Damit kann<br />
man dann anderen Wissenschaftlern beweisen, dass die Annahmen,<br />
über die man schreibt, korrekt sind. Solange man anderen Leuten nicht<br />
beweisen kann, dass eine Idee stimmt, ist die Theorie allein völlig nebensächlich.<br />
Das unterscheidet die Naturwissenschaften von anderen<br />
Bereichen, in denen über Ideen ergebnisoffen diskutiert wird. Und genau<br />
das war Wegeners Problem.<br />
MUM: Ein anderer Forschungsschwerpunkt, für den Sie ausgezeichnet<br />
wurden, ist Ihre Arbeit über so genannte Hot Spots.<br />
Worum geht es dabei?<br />
Morgan: Bei dieser Studie ging es darum zu erklären, wie jene Vulkane<br />
entstehen, die nicht an Plattenrändern liegen, beispielsweise auf<br />
Hawaii. Für die Entstehung dieser Vulkane macht man Hot Spots verantwortlich.<br />
Ein Hot Spot ist eine geschmolzene Gesteinsschicht unter<br />
der Erdkruste. Da die Kontinentalplatte sich über sie hinwegbewegt,<br />
entsteht an dieser Stelle eine Inselkette, zum Beispiel die Hawaii-Inseln.<br />
Auf dieser Erkenntnis aufbauend habe ich 1971 die Theorie aufgestellt,<br />
dass die Hot Spots auf so genannten Mantle Plumes basieren<br />
müssen. Gemeint ist damit eine besonders heiße, aber generell feste<br />
Gesteinsschicht aus dem Erdmantel, die instabil wird und pilzförmig<br />
nach oben quillt. Infolge des sinkenden Drucks nahe der Oberfläche<br />
des Erdmantels, beginnt dieser Mantle Plume in etwa 100 Kilometern<br />
Tiefe zu schmelzen. Die Schmelze, Magma genannt, steigt durch Risse<br />
oder selbst gebahnte Kanäle in fünf bis zehn Kilometer Tiefe auf, na-<br />
he der Basis des Vulkans. Hier beginnt das Magma zu kristallisieren<br />
und sich zu dem Material zu vermischen, das schließlich als Lava an<br />
die Erdoberfläche geschleudert wird. Diese Plumes können auch zum<br />
Auseinanderbrechen von Platten führen und eine zentrale Antriebskraft<br />
für Plattenbewegungen sein.<br />
MUM: Diese Theorie wurde in den 70er Jahren sehr kontrovers diskutiert.<br />
Warum?<br />
Morgan: Das lag wiederum an den Daten, die meiner Studie zugrunde<br />
lagen. Manche Kollegen fanden die Datenlage im Detail nicht absolut<br />
überzeugend. Allerdings zweifelte niemand grundsätzlich meine<br />
Erklärungen an.<br />
MUM: Sie bleiben als Forschungs-Preisträger der Alexander von<br />
Humboldt-Stiftung für sechs Monate an der LMU. Welche Pläne<br />
haben Sie für diese Zeit?<br />
Morgan: Ich möchte vor allem einiges über die Methoden der computergestützten<br />
Geosimulation und Geodynamik erfahren, und hier am<br />
Institut für Geophysik der LMU kann ich sehr viel darüber lernen.<br />
MUM: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit den Studierenden<br />
hier in <strong>München</strong> gemacht?<br />
Morgan: Ich komme gerade aus einer Lehrveranstaltung, die sehr interessant<br />
war. Wir sprachen über verschiedene Phänomene auf dem<br />
Mars, Themen, die ich gerade erst in Princeton mit Studenten diskutiert<br />
habe. Und ich fand, dass hier wie dort ganz ähnliche Gespräche<br />
stattfinden. Die Studierenden hier scheinen sehr aufgeschlossen zu<br />
sein. Viele junge Menschen begehen zu Beginn ihres Studiums den<br />
Fehler zu glauben, dass Wissenschaft gleichbedeutend sei mit dem<br />
Sammeln von Fakten und Daten darüber, wie die Welt beschaffen ist.<br />
Tatsächlich ist das aber noch lange nicht Wissenschaft. Wissenschaft<br />
bedeutet, darüber nachzudenken, welche Fakten und Daten zu dem<br />
Bild, das bereits von der Welt existiert, beitragen und es erweitern. Es<br />
geht nicht darum, einfach nur zu wiederholen, was bereits bekannt ist,<br />
sondern darum, Neues zu entdecken. ■ Interview: Ortrun Huber<br />
■ ZUR PERSON<br />
Professor W. Jason Morgan ist einer der bedeutendsten lebenden<br />
Geowissenschaftler der Welt. Seit Februar 2004 ist der US-Amerikaner<br />
für sechs Monate als Forschungspreisträger der Alexander<br />
von Humboldt-Stiftung am Institut für Geophysik der LMU zu Gast.<br />
Professor emeritus Morgan, der bis Februar in Princeton lehrte, leistete<br />
in den späten 60er Jahren wegbereitende Arbeit für die Entwicklung<br />
der Theorie der Plattentektonik. Für seine Forschung hat<br />
der Wissenschaftler, der gewähltes Mitglied der Amerikanischen<br />
Akademie der Wissenschaften ist, nahezu alle wichtigen Ehrungen<br />
und Preise erhalten, die die internationale Fachwelt und Politik zu<br />
vergeben hat. Dazu gehören unter anderem der Vetlesen Preis der<br />
Columbia <strong>Universität</strong>, der nur alle vier Jahre als „Quasi“-Nobelpreis<br />
der Geowissenschaften verliehen wird, sowie die Amerikanische<br />
Wissenschaftsmedaille „National Medal of Science“, der höchste<br />
Preis, den die USA an einen Forscher für sein Lebenswerk vergeben.<br />
MUM 01 | 2004 TITEL<br />
9
ESSAY<br />
10<br />
MUM 01 | 2004<br />
PROF. DOUGLAS<br />
S. BRIDGES,<br />
D.PHIL., D.SC.<br />
Department of Mathematics<br />
and Statistics, University of<br />
Canterbury, Christchurch,<br />
Neuseeland<br />
ESSAY<br />
A GASTPROFESSOR REFLECTS<br />
When I first visited Munich, as a seventeen-yearold<br />
on holiday with my parents, I would have never<br />
dreamed that 35 years later I would become a<br />
regular visitor to the Mathematisches Institut der<br />
<strong>Universität</strong> <strong>München</strong>, let alone that I would spend<br />
a year in this wonderful city as a DAAD Gastprofessor.<br />
And what a marvellous year it has been! It<br />
has given me the opportunity (denied me in my<br />
homeland of New Zealand, for reasons I shall ex-<br />
plain later) to present a two-semester graduate<br />
course on my research speciality, constructive analysis<br />
and topology. It has provided an excellent, stimulating<br />
environment for me and various other visitors<br />
to collaborate with the Munich academics.<br />
And it has enabled me to travel to various parts of<br />
Europe and the USA on conference business, as<br />
well as with my family to Athens on a holiday.<br />
So what brought me to Munich in the first place? It<br />
was a research collaboration, since 1997, with<br />
Privatdozent Dr. Peter Schuster of the Mathematisches<br />
Institut, together with the interest shown<br />
in our research by Professor Helmut Schwichtenberg<br />
and his logic group in the Institut. Dr. Schuster and<br />
Professor Otto Forster kindly put together the<br />
successful application to the DAAD that resulted in a<br />
grant to enable me to come here with them as my<br />
academic hosts.<br />
A MODICUM OF PROPER MATHEMATICS<br />
When I was invited to write this article reflecting on<br />
my year in Munich, it was suggested that I might also<br />
compare the German and the New Zealand university<br />
systems. Let me begin, however, with a<br />
word about the school systems. In<br />
New Zealand one doesn't<br />
start with secondary<br />
school until the<br />
age of thirteen, having spent the preceding two years<br />
at an intermediate school. This, to my mind, has<br />
serious disadvantages for the pupils. The teachers in<br />
intermediate schools are not subject-specialists, and<br />
are, essentially, primary school teachers operating at<br />
a slightly higher level; so at that stage the pupils are<br />
not exposed to laboratory science, systematic foreign<br />
language instruction, or more than a modicum of<br />
proper mathematics. Moreover, many of the teachers<br />
are poorly equipped to teach even the low-key<br />
mathematics they deal with, and pass on to their<br />
pupils their fear or dislike of the subject.<br />
MUCH LOWER LEVEL THAN IN GERMANY<br />
Once the students get to high school, they at least<br />
have specialist teachers for the various subjects. In<br />
high school mathematics the pace is very slow for the<br />
first three years. It increases over the next two – rather<br />
too dramatically for a lot of students – but still leaves<br />
the student entering university at a much lower level<br />
than his counterpart in Germany or, I believe, in<br />
virtually any European country. It is even worse with<br />
languages: most New Zealand students will do at most<br />
three years of serious foreign language learning in<br />
school, thereby leaving them severely disadvantaged<br />
when they need to use their languages abroad. For<br />
example, my daughter had three years of German and<br />
had done quite well therein; but when she first arrived<br />
in Munich, she was simply overwhelmed by the<br />
barrage of German from all sides.<br />
An inevitable consequence of the weaker mathematical<br />
background of beginning undergraduates in<br />
New Zealand is that their exit standard at the end of<br />
a degree programme is lower than in Germany. The<br />
majority of New Zealand students leave university<br />
after completing a three-year pass degree, which in<br />
mathematics is barely at the level of the Vordiplom.<br />
Those who stay on for either one further year to
complete a bachelor's degree with honours, or else two further years<br />
for a master's degree with honours, reach a level somewhere between<br />
the Vordiplom and Diplom. Three years ago we had a student from<br />
Munich spend one year at Canterbury, doing our fourth-year honours<br />
programme. Although he still had a year or two to go with his Diplom<br />
studies – he already had the Vordiplom in Munich – he had already gone<br />
beyond many of our honours courses. It is probably only at the doctoral<br />
level that New Zealand and German degrees truly match.<br />
A SEVERE WARNING ABOUT FEES<br />
Now that Germany is about to introduce fees for university study, let me<br />
sound a severe warning based on what has happened in New Zealand.<br />
Around 1990 the then government started annual cutbacks in its funding<br />
of universities, with the intention and inevitable consequence of having<br />
the universities charge fees of their students. The initial promise that in<br />
future the level of government funding for universities would not be<br />
allowed to fall below a stated percentage of the required funding –<br />
I cannot recall the exact percentage, but I believe it may have been 70<br />
percent – has long been broken. So universities in New Zealand now<br />
charge fees that are, relative to income in that country, pretty big. For<br />
example, my younger son, about to enter his third undergraduate year<br />
in philosophy at Canterbury, is charged an annual fee that is just under<br />
five percent of my pre-tax professorial salary; in the UK, he would be<br />
paying fees of the order of two to three percent.<br />
One result of the large student fees is that there is a huge accumulation<br />
of student debt on the loans made to them by banks. For students in<br />
medicine, dentistry and veterinary science the best thing to do on<br />
completing the degree is to leave New Zealand in order either to default<br />
on the debts or to earn enough to pay them back within a reasonable<br />
period of time. A sad side-effect of the debt is that couples who, following<br />
the long-standing tradition, decide to get married after graduation, often<br />
have such heavy debts between them that nobody will provide them<br />
with a mortgage to buy their first home.<br />
BARRIER TO APPLICANTS FROM ABROAD<br />
Things get even worse at the graduate-student level. In the rush to make<br />
money off overseas students, the universities are forced to charge fees<br />
that act as an immediate barrier to most applicants from abroad. Very<br />
few New Zealand mathematics graduates go on to do a PhD; those that<br />
do and are good enough are commonly, and should be, encouraged to<br />
go abroad for the PhD, to give them a broader perspective than can be<br />
achieved within a small, isolated country at the end of the world. As a<br />
result, good PhD students are mostly obtained from outside New<br />
Zealand. Since Australian students naturally look to the USA or Britain<br />
for their overseas study, this means that if a department like mine wants<br />
to have a thriving PhD programme, it has to get most of its research<br />
students from far afield. There being hardly any full-fee-paying<br />
scholarships available to such students, it is only those with external<br />
support that can afford to come to us. In particular, most of the excellent<br />
Eastern European students who would love to do research abroad are<br />
automatically excluded from New Zealand by the completely unattainable<br />
fee levels.<br />
Be warned, then: once a government introduces university fees, it seems<br />
that those fees go up, as the government's level of financial support goes<br />
down, each year, and that you risk great damage to your graduate<br />
programmes by making overseas student fees so large that they are<br />
unaffordable to most people. The ideal in such circumstances would be<br />
to have (as does Harvard, for example) an endowment sufficiently large<br />
that no good student need be excluded on the grounds of inability to<br />
pay fees; but such endowments take decades (in Harvard's case, nearly<br />
400 years) to grow to usable levels.<br />
There is one possibly bright light on the horizon for New Zealand:<br />
the government has decided that university funding will no longer be<br />
based<br />
entirely on<br />
student numbers<br />
in the various<br />
disciplines. It has introduced<br />
a research evaluation<br />
similar to that in the UK. This may<br />
not be a perfect system, but at least it shows<br />
explicit recognition of the importance of research, and may<br />
encourage universities to act against those academics who, by their<br />
inactivity outside the undergraduate classroom, damage the standing<br />
of their universities in the community.<br />
LEAVE THE UNIVERSITIES AS THEY ARE<br />
A vexed question in the German education system that has not arisen<br />
in New Zealand is that of elite universities. Since there are only seven<br />
regular universities in New Zealand, plus one other university<br />
specialising in agricultural and biological sciences, it would seem rather<br />
odd to single out one or two as elite ones. It might make a lot more sense<br />
in Germany, with its large number of universities. However, many of the<br />
German institutions have considerable international prestige, and my<br />
feeling is that it would be dangerous to single out a privileged handful<br />
as elite universities for which extra funding and better conditions were<br />
made available. How would you determine which universities were to<br />
be singled out as elite? In doing this, you would almost certainly relegate<br />
some excellent institutions, judged as just failing to make the elite grade,<br />
to a decline in prestige, nationally and ultimately internationally.<br />
My inclination is to leave the universities as they are, and let them<br />
flourish or decline according to the evolutionary strategies that they<br />
adopt individually. It would be tragic to see all but a small group of<br />
German universities decline to the standard of many of their<br />
counterparts abroad.<br />
Overall, my impression of the German education system is that at school<br />
and university it has significantly higher standards than those in New<br />
Zealand. This, I suspect, reflects both the long-standing prestige<br />
accorded to culture and scholarship in the former country, and the recent<br />
emergence of the latter from its founding period, in which these<br />
attributes of a civilised society were perceived as largely irrelevant in<br />
the face of the day-to-day problems of taming the undeveloped land. It<br />
is a little unfair to make this comparison, but I can't resist pointing out<br />
that in June 2003 there were twenty different operas professionally<br />
performed in Munich; in my home town of Christchurch, New Zealand's<br />
second largest city, there are two separate weeks in the year in each of<br />
which one opera is performed by a professional group. Munich names<br />
streets after many of the famous scientists and mathematicians who<br />
have had some contact with the city. (I was surprised to find even an<br />
Emmy-Noether-Straße here; I wonder how many people are aware that<br />
she was a famous algebraist?)<br />
DRESDNER FRAUENKIRCHE AND COVENTRY CATHEDRAL<br />
Munich itself is an amazing city. It never fails to impress me that when<br />
this country was rebuilt after WWII, the people chose to restore many<br />
of the great medieval buildings rather than tear the ruins down and replace<br />
them with modern structures. It is hard to believe that the elegance<br />
that characterises much of central Munich was a heap of rubble<br />
sixty years ago. (In Britain, by contrast, a lot of war-damaged buildings<br />
were replaced by modern counterparts: compare the Dresdner Frauenkirche<br />
and Coventry Cathedral.)<br />
We have basked in the beauty and culture of this city, than which few,<br />
if any, cities in the world can be more amenable. We are immensely<br />
grateful to our academic hosts and to our wonderful landlord and his<br />
family for making our stay here so pleasant. We will find it very hard to<br />
leave at the end of this month.<br />
MUM 01 | 2004 ESSAY<br />
11
MUM 01 | 2004 SPEZIAL<br />
12<br />
ZUKUNFT MIT PROFIL<br />
LMU BEGEGNET FINANZKRISE<br />
MIT STRUKTURREFORMEN<br />
„Edmund Stoiber – Bildungsräuber“: Mit starken Sprüchen<br />
protestierten im November Tausende Studierende und Lehrende<br />
aller Münchner Hochschulen gegen die massiven Kürzungen<br />
der Bayerischen Staatsregierung im Bildungsbereich.<br />
Mittlerweile sind die Akademiker wieder in die Hörsäle und<br />
Labore zurückgekehrt, doch an der schwierigen Haushaltslage<br />
hat sich nichts geändert. Damit das vom Wissenschaftsministerium<br />
vorgegebene Einsparvolumen von fünf Prozent im<br />
Jahr 2004 erbracht werden und damit sich die <strong>Universität</strong> für<br />
die drohenden Einschnitte in den kommenden Jahren wappnen<br />
kann, sind weitreichende Strukturplanungen erforderlich.<br />
Die Hochschulleitung der LMU hat deshalb mit den Fakultäten<br />
und allen universitären Gruppen einen Reformprozess angestoßen,<br />
der Ende März mit der Veröffentlichung eines Zukunftskonzepts<br />
erste Ergebnisse brachte.<br />
„Wir müssen davon ausgehen, dass das Geld für die Hochschulen<br />
künftig noch knapper wird.“ Wenn Bernd Huber über die Finanzsituation<br />
seiner <strong>Universität</strong> spricht, malt er die Zukunft in düsteren<br />
Farben. Besonders die unklaren Vorgaben seitens der Politik erschweren<br />
dem LMU-Rektor die langfristige Strukturplanung.<br />
Der von der Bayerischen Staatsregierung verordnete Sparkurs verschlechtert<br />
die Finanzsituation der LMU dramatisch und wird weitreichende<br />
Einschnitte in die Struktur der <strong>Universität</strong> nach sich ziehen.<br />
Zwar sollen die kurzfristigen Einsparungen nicht in erster Linie<br />
durch Stellenstreichungen, sondern vorrangig durch eine drastische<br />
Kürzung im Investitions- und Sachmittelbereich erbracht werden,<br />
so die Versicherung des Wissenschaftsministeriums. Über Umfang<br />
und Zeitraum der Kürzungen in den Jahren 2004 bis 2008 haben<br />
die <strong>Universität</strong>en jedoch keine Planungssicherheit. Sicher ist<br />
nur, dass die in diesem Jahr zu erbringenden fünf Prozent nicht das<br />
Ende der Kürzungen sein werden. „Im Jahr 2004 werden wir 100<br />
Stellen im Gegenwert von fünf Millionen Euro einziehen“, erklärt<br />
LMU-Kanzler Thomas May. Für die Zeit bis 2008 stehe das staatliche<br />
Einsparziel im Haushalt bei 15 Prozent. „Das bedeutet für die<br />
LMU, dass wir mindestens 200 Stellen zusätzlich mobilisieren müs-<br />
sen. Unser eigentliches Ziel ist es aber, diese Stellen in der <strong>Universität</strong><br />
neu zu vergeben“, so Thomas May. (vgl. Interview, S. 13)<br />
Auf der Seite des Sachhaushaltes geht die LMU ebenfalls schwierigen<br />
Zeiten entgegen. Die Mittelkürzungen führen bei den so genannten<br />
Großen Baumaßnahmen faktisch zu einem weitreichenden<br />
Baustopp. Einzig die Biologie II soll – obgleich noch nicht begonnen<br />
– errichtet werden, weil sie nicht über den herkömmlichen Haushalt,<br />
sondern aus einer Sonderfinanzierung bestritten wird. „Beim<br />
Bauunterhalt wird es auf eine Verschärfung der ohnehin schon dramatischen<br />
Lage hinauslaufen“, sagt LMU-Kanzler Thomas May. Dieser<br />
seit Jahren defizitäre Bereich wird im Nachtragshaushalt des<br />
Freistaats für 2004 noch einmal um zehn Prozent gekürzt. Für den<br />
Kanzler ein „Skandal“, denn „es kann nicht sein, dass wir auf Dauer<br />
dringend notwendige Reparaturen aus Mitteln für Forschung und<br />
Lehre finanzieren müssen.“<br />
TRANSPARENTES VERFAHREN<br />
Unter Vorsitz von LMU-Rektor Bernd Huber hat die Hochschulleitung<br />
die Kommission „Abbau und Profilierung“ eingerichtet. Damit<br />
will die LMU den Herausforderungen einer nachhaltigen Zukunftsplanung<br />
für Forschung und Lehre begegnen. Die Kommission setzt<br />
sich zusammen aus Vertretern aller Fakultäten und universitärer<br />
Gruppen. „Wir können eine langfristige Strukturplanung für die LMU<br />
nur im gemeinsamen Gespräch und in Kontakt mit den Fakultäten<br />
auf die Beine stellen“, so May. Ziel der Kommission und ihrer drei<br />
Arbeitsgruppen für die Bereiche Medizin und Naturwissenschaften,<br />
Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie Geistes- und<br />
Kulturwissenschaften ist es, ein Zukunftskonzept zu erarbeiten, das<br />
der LMU ihre Position als Spitzenuniversität auch künftig sichern<br />
soll. Dabei ist es der Hochschulleitung besonders wichtig, dass das<br />
Verfahren transparent verläuft und die Evaluierung nach wissenschaftlichen<br />
Qualitätskriterien erfolgt. Zudem soll es Planungssicherheit<br />
für die Fakultäten ermöglichen.<br />
Anfang März hatten alle Fakultäten Gelegenheit, das Profilbildungspotential<br />
ihres Fachbereichs vorzustellen sowie anhand einer<br />
Aufstellung der vakanten und bis 2010 frei werdenden Profes-
suren mögliche Einsparpotentiale zu benennen. Die Ergebnisse dieser<br />
Diskussion wurden von der Hochschulleitung ausgewertet und<br />
zu einem Zukunftskonzept für die LMU, das Reformen in den Bereichen<br />
Forschung und Lehre vorsieht, zusammengefasst. Leitgedanke<br />
des Konzepts ist es, die Fächer und Fachgruppen zu bündeln<br />
und zu vernetzen. Durch die Verknüpfung vorhandener Ressourcen<br />
sollen die Bedingungen für Forschung und Lehre gesichert und<br />
verbessert werden. Gleichzeitig sollen durch interdisziplinäre Kooperationen<br />
neue zukunftsweisende Forschungsfelder erschlossen<br />
werden. Das Konzept benennt jedoch auch Studiengänge, aus denen<br />
sich die LMU mittelfristig zurückziehen wird, um neue Forschungsschwerpunkte<br />
zu setzen.<br />
„DIE RICHTIGE STRATEGIE”<br />
EIN GESPRÄCH MIT<br />
LMU-KANZLER THOMAS MAY<br />
MUM: Wie sehen die konkreten Planungen für den Haushalt 2004<br />
und die langfristige Strukturplanung für die LMU von 2005 bis 2008<br />
aus?<br />
May: Wir werden im Jahr 2004 insgesamt 100 Stellen im Gegenwert<br />
von fünf Millionen Euro einziehen müssen. Für die mittelfristige Planungen<br />
haben wir zwei Zielgrößen: Das eine ist die Vorgabe der<br />
Bayerischen Staatsregierung, 15 Prozent des Staatshaushalts bis<br />
2008 zu kürzen. Die Kurzfristigkeit der Einsparungen für 2004 muss<br />
dabei abgelöst werden durch eine Planung, die im Rahmen des Möglichen<br />
Raum für strukturbezogene Überlegungen lässt. Darum bemühen<br />
wir uns gegenwärtig gemeinsam mit den Fakultäten und Departments.<br />
Der zweite Punkt ist die Absicht des Wissenschaftsministeriums, einen<br />
Innovationsfonds zu gründen, der mit 800 Stellen aus den<br />
bayerischen <strong>Universität</strong>en bestückt werden soll. Die LMU wäre vermutlich<br />
mit einem Anteil von etwa 200 Stellen an diesem Fonds beteiligt.<br />
Dies bedeutet, dass die LMU zwischen 2004 und 2008 insgesamt<br />
mindestens 300 Stellen aus den wissenschaftlichen Einrichtungen<br />
abziehen muss, die zwar zu einem erheblichen Teil wieder<br />
zurückgegeben werden sollen, aber immerhin „umgewälzt“ werden<br />
müssen.<br />
MUM: Wie passt die Idee vom Innovationsfonds mit dem Vorhaben<br />
von Finanzminister Faltlhauser zusammen, der freiwerdende Stellen<br />
komplett einziehen will?<br />
May: Derzeit gibt es eine Diskussion zwischen Finanzseite und Wissenschaftsseite,<br />
in der es um die Frage geht, ob wir weiterhin dauerhaft<br />
Stellen abgeben oder den zu erwartenden Aufgabenzuwachs,<br />
der etwa durch steigende Studienanfängerzahlen, durch Studienreformen<br />
und gesteigerte Forschungsleistungen entsteht, mit dem<br />
bestehenden Personal bewältigen müssen. In letzterem Fall würden<br />
wir im Sinne einer Effizienzsteigerung ja auch eine Einsparungsleistung<br />
erbringen, die gegenüber der Finanzseite als kapitalisierbarer<br />
Einsparungsbeitrag gerechnet werden könnte. Das größte Problem<br />
sehe ich gegenwärtig in einer Verbindung aus fehlender Pla-<br />
Im Bereich Studium und Nachwuchsförderung zielen die Reformen<br />
auf Qualitätssteigerung und Internationalisierung. Kernpunkt ist hier<br />
die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Zusätzlich<br />
sollen strukturierte Promotionsstudiengänge die Ausbildung<br />
des wissenschaftlichen Nachwuchses verbessern. Ergänzt werden<br />
die Reformen in Forschung und Lehre durch die Einführung neuer<br />
Leitungsstrukturen. „Es ist unser originäres Interesse, den Reformprozess<br />
aktiv zu gestalten. Die Hochschulen müssen sich auf starke<br />
Schwerpunkte konzentrieren, sich im Gegenzug aber auch aus<br />
einzelnen Fächern zurückziehen. So können wir Ressourcen freisetzen,<br />
mit denen die besonders leistungsfähigen Disziplinen gestärkt<br />
werden“, erklärt Rektor Huber. ■ dir/oh<br />
nungssicherheit und zahllosen ungelösten Zielkonflikten zwischen<br />
hochschulpolitischen Wünschen und tatsächlich verfügbaren Ressourcen.<br />
MUM: Betreffen die Einsparungen allein Forschung und Lehre oder<br />
muss auch die Verwaltung mit Einschnitten rechnen?<br />
May: Wir werden an der LMU 2004 eine Sparsumme von insgesamt<br />
fünf Millionen Euro realisieren müssen. Die Verwaltung wird sich<br />
hieran mit einem Betrag von etwa 500.000 Euro beteiligen. Sie trägt<br />
also mit zehn Prozent zum Gesamteinsparvolumen im Vergleich zur<br />
Wissenschaft überproportional bei. Da unsere Verwaltung aber eine<br />
der vergleichsweise effizientesten <strong>Universität</strong>sverwaltungen bundesweit<br />
sein dürfte und gleichzeitig sehr knapp ausgestattet ist, halte<br />
ich es für nahezu ausgeschlossen, hier noch weiter substantiell<br />
einzusparen.<br />
MUM: Wie beurteilen Sie die Kooperationsbereitschaft der <strong>Universität</strong>smitarbeiter<br />
in Fakultäten und Verwaltung bei den Strukturreformen?<br />
May: Ich bin außerordentlich beeindruckt von der Leistung, die die<br />
Verwaltung und die dezentralen wissenschaftlichen Einrichtungen<br />
in den letzten Monaten erbracht haben, um diesen Prozess zu steuern,<br />
und ich bin dankbar für das auf allen Seiten entgegengebrachte<br />
Verständnis für die Schwierigkeiten der Entscheidungsfindung.<br />
Man muss in diesem Zusammenhang auch noch einmal betonen,<br />
wie richtig unsere Strategie war, uns von einem bestimmten Punkt<br />
an aktiv auf zunächst unsichere Rahmenbedingungen einzulassen<br />
und nicht abzuwarten, bis alles Brief und Siegel hat.<br />
Den Vorwurf des vorauseilenden Gehorsams, der der Hochschulleitung<br />
vereinzelt gemacht worden ist, halte ich unverändert für abwegig.<br />
Wir waren gut beraten, diesen Profilierungsprozess schon<br />
sehr früh anzustoßen und die damit eingenommene Pilotfunktion<br />
im Hinblick auf einen strategisch angelegten Umbau der <strong>Universität</strong><br />
aktiv und entschieden wahrzunehmen. Diese Linie werden wir auch<br />
in den gegenwärtig laufenden Beratungen mit den Fakultäten beibehalten.<br />
■ Interview: Luise Dirscherl, Ortrun Huber<br />
MUM 01 | 2004 SPEZIAL<br />
13
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
14<br />
PROMOVIEREN FÜR PROFIS<br />
ZUM DOKTORHUT MIT INTERNATIONALEN<br />
PROMOTIONSSTUDIENGÄNGEN<br />
Intensive Betreuung, klare Strukturvorgaben sowie eine interdisziplinäre und internationale Ausrichtung zeichnen drei Promo- Promotionsstudiengänge<br />
an der LMU aus. Gefördert werden sie vom Deutschen Akademischen Austausch Dienst (DAAD) und der<br />
Deutschen Forschungsgemeinschaft Forschungsgemeinschaft (DFG). Speziell auf die Bedürfnisse von Doktoranden ausgelegte ausgelegte Seminare und Veranstal- Veranstal-<br />
tungen locken Promovierwillige. Diese müssen aber auch selbst etwas mitbringen: Gute Noten und Engagement werden bei den<br />
Bewerbern vorausgesetzt.<br />
LINGUISTIK – INTERNATIONALES PROMOTIONS-<br />
PROGRAMM LIPP „SPRACHTHEORIE UND ANGEWANDTE<br />
SPRACHWISSENSCHAFT“<br />
Promovieren in Deutschland – das bedeutete für Geisteswissenschaftler<br />
über Jahre hinweg isoliert zu arbeiten, als Einzelkämpfer<br />
Frust und Lust der Wissenschaft auszukosten und mangels Vergleichsmöglichkeiten<br />
und intensiver Betreuung bis zuletzt im Ungewissen<br />
zu bleiben, was die Arbeit wirklich taugt. „Die klassischen<br />
Promotionen dauern in der Regel zu lange, die Promovenden sind<br />
auf sich selbst gestellt und bekommen kaum Feedback“, bilanziert<br />
Dr. Melanie Moll. Mit dieser Tradition will das Linguistische Internationale<br />
Promotionsprogramm LIPP brechen.<br />
Melanie Moll, Wissenschaftliche Koordinatorin des LIPP, nennt als<br />
Vorteile des Promotionsstudienganges gegenüber der klassischen<br />
Promotion ein klar strukturiertes Curriculum, erstklassige Betreuung,<br />
fi nanzielle Unterstützung bei Forschungsaufenthalten im Ausland<br />
und eine kooperative Atmosphäre, in der sich die Doktoranden<br />
untereinander austauschen können. LIPP startete im Oktober 2002<br />
unter der Leitung von Professor Konrad Ehlich. Das Graduierten-<br />
Studium wird von 17 Professorinnen und Professoren aus zwölf lin-<br />
Informationen und Kontakt:<br />
Dr. Melanie Moll<br />
<strong>Ludwig</strong>straße 27/II<br />
Tel.: 089/2180-3846<br />
www.lipp.lmu.de<br />
Bewerbungsfrist für WS 2004/05:<br />
> 15. Juni 2004<br />
E-Mail: moll@lipp.lmu.de<br />
guistischen Disziplinen an der LMU gemeinsam getragen. Dadurch<br />
bietet sich die im deutschen Sprachraum einmalige Möglichkeit,<br />
ein Promotionsstudium in Sprachtheorie und Angewandter Sprachwissenschaft<br />
zu absolvieren. Schwerpunkte sind Phänomenologie<br />
und Typologie von Sprachen, linguistische Empirie und deren Methodologie,<br />
Sprache und Gesellschaft sowie Theoriebildung für und<br />
Modellbildung von Sprache. Den Studierenden steht ein persönlicher<br />
Mentor zur individuellen Studienberatung zur Seite. Die Leistungsnachweise<br />
sind speziell auf die Bedürfnisse der Doktoranden<br />
zugeschnitten. An die Stelle des bisherigen Rigorosums tritt die<br />
hochschulöffentliche Disputation, bei der die Promovierenden ihre<br />
Befähigung zur interdisziplinären wissenschaftlichen Kommunikation<br />
unter Beweis stellen können.<br />
„Fast die Hälfte unserer Doktoranden sind ausländische Studierende“,<br />
hebt Melanie Moll hervor. Aber nicht nur viele Teilnehm er kommen<br />
aus dem Ausland, auch die Gastreferenten werden regelmäßig<br />
aus aller Welt geladen. Mehrsprachigkeit ist wichtig, das heißt, dass<br />
nicht ausschließlich Englisch dominiert, sondern eine Pluralität der<br />
Wissenschaftssprachen praktiziert und gefördert wird. In der Natur<br />
des LIPP liegt es, polyglott zu sein. Und so tummeln sich Studierende<br />
aus Brasilien und Kuba neben solchen aus Taiwan, Italien<br />
und Deutschland.<br />
LIPP pfl egt die Gemeinsamkeit in der Vielfalt. „Es hat sich hier relativ<br />
rasch ein sehr dynamisches und engagiertes Team gebildet mit<br />
unterschiedlicher internationaler Ausrichtung und verschieden en<br />
Themenschwerpunkten“, sagt Melanie Moll. Die Doktoranden unterstützen<br />
sich gegenseitig bei ihren wissenschaftlichen Arbeiten<br />
und kommen zu Aktivitäten auch außerhalb der Seminare und Veranstaltungen<br />
zusammen.<br />
„Was die Doktoranden sehr schätzen, sind die großen, international<br />
angelegten Symposien, die wir hier bieten“, so Melanie Moll.<br />
Dort müssen die Doktoranden auch moderieren und vortragen<br />
und kommen somit hautnah mit der wissenschaftlichen Praxis in<br />
Berührung. Auch der Aufbau eines eigenen wissenschaftlichen<br />
Netzwerks wird dadurch erleichtert. Daneben fi nden immer wieder
Gastvorträge von international renommierten Wissenschaftlern statt.<br />
Im Dezember sprach beispielsweise Adam Pease von der University<br />
of Palo Alto zum Thema „The Suggested Upper Merged Ontology<br />
(SUMO) and its use in linguistics“.<br />
Im strengen Auswahlverfahren ist neben exzellenten Noten insbesondere<br />
das Exposé von Bedeutung. Ein großes Manko sieht<br />
Melanie Moll darin, dass DAAD und DFG lediglich Strukturkosten<br />
übernehmen, für Stipendien jedoch kein Geld zur Verfügung stellen.<br />
Jeder, der die Bewerbung für einen der etwa zwölf pro Jahr zu<br />
vergebenden Studienplätze erfolgreich durchlaufen hat, muss bei<br />
den üblichen Stiftungen und Verbänden ein Stipendium beantragen,<br />
wenn er gefördert werden will. Kleiner Trost: Die Mitarbeiter des<br />
Promotionsstudiengangs unterstützen die Doktoranden beim Zusammenstellen<br />
der jeweils einzureichenden Unterlagen.<br />
Informationen und Kontakt:<br />
Dr. Roger Lüdeke<br />
Schellingstraße 7<br />
Tel.: 089/2180-6292<br />
www.promotion-lit.uni-muenchen.de<br />
Bewerbungsfrist für WS 2004/05:<br />
> 1. Mai 2004<br />
E-Mail: buero@promotion-lit.uni-muenchen.de<br />
PROMOTIONSSTUDIENGANG LITERATURWISSENSCHAFT<br />
Im Oktober 2001 ging der fächerübergreifende Promotionsstudiengang<br />
Literaturwissenschaft als erster der drei Promotionsstudiengänge<br />
der LMU an den Start. War es reine Innovationsfreude, welche<br />
die Literaturwissenschaftler in diese Vorreiterrolle brachte? „Die<br />
Einführung des Promotionsstudiengangs war auch eine Reaktion<br />
auf den politischen Legitimationsdruck, dem gerade geisteswissenschaftliche<br />
Fächer ausgesetzt sind“, erklärt der Wissenschaftliche<br />
Koordinator Dr. Roger Lüdeke. Im Gegensatz zu naturwissenschaftlichen<br />
Fächern, deren Erkenntnisse sich oftmals relativ rasch in<br />
wirtschaftlichen Profi t ummünzen lassen, haben die Geisteswissenschaften<br />
einen schweren Stand. Deshalb haben sich die 24 beteiligten<br />
Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer aus elf verschiedenen<br />
Disziplinen zusammengetan unter dem Motto: Gemeinsam sind wir<br />
stark. Der Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft unter der<br />
Leitung des Komparatisten Professor Hendrik Birus wird von allen<br />
literaturwissenschaftlichen Fächern der LMU getragen und vertritt<br />
ein breites und vielfältig vernetztes Spektrum theoretischer Positionen<br />
und methodologischer Ansätze. Internationalität und Interdisziplinarität<br />
werden dabei groß geschrieben.<br />
Der erste Promotionsstudiengang dieser Art in Deutschland bietet<br />
ein forschungsorientiertes und systematisch strukturiertes Lehrprogramm<br />
an, das in organisatorischer und fachlicher Hinsicht Neuland<br />
betreten hat. Ziel ist es, die Qualität literaturwissenschaftlicher<br />
Promotionen zu verbessern und gleichzeitig die Promotionszeit zu<br />
verkürzen. Der interdisziplinäre Zuschnitt will die Literaturwissenschaft<br />
als eine kultur- und medienwissenschaftliche Basisdisziplin<br />
profi lieren. Zugleich soll die fächer übergreifende Zusammenarbeit<br />
das Gespräch nicht nur zwischen den verschiedenen Einzelphilologien,<br />
sondern auch zwischen verschiedenen Theoriekulturen befördern.<br />
Jedem aufgenommenen Bewerber wird ein persönlicher<br />
Mentor aus dem Kreis der beteiligten Hochschullehrerinnen und<br />
-lehrer zugeordnet, der für die Betreuung der Dissertation zuständig<br />
ist und dem Doktoranden als individueller Studienberater zur<br />
Seite steht.<br />
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
15
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
16<br />
In diesem Mentorsystem sieht Roger Lüdeke klare Vorteile gegenüber<br />
der herkömmlichen Promotionspraxis: „Eine Doktormutter<br />
oder ein Doktorvater schafft immer eine Abhängigkeit. Wenn<br />
die nicht mehr wollen oder aus anderen Gründen ausfallen, steht<br />
die ganze Promotion auf der Kippe“, erläutert er. Ein Mentor hingegen<br />
sieht sich immer in Konkurrenz zu gleichberechtigten Vertretern<br />
innerhalb des Promotionsstudienganges. Das Netz der 24<br />
Hochschullehrer und -lehrerinnen ist eng geknüpft. Fällt – aus welchen<br />
Gründen auch immer – einer aus, springt ein anderer ein.<br />
Insbesondere in der gemeinsamen Arbeit an unterschiedlichen<br />
Themen sieht Roger Lüdeke einen enormen Vorteil für die Teilnehmer<br />
am Promotionsstudiengang Literaturwissenschaft: „Die<br />
Doktoranden kommen untereinander auch privat ins Gespräch, sie<br />
müssen ihre eigenen Problemstellungen in der Diskussion immer<br />
wieder neu formulieren.“ Gefördert wird der Austausch der Doktoranden<br />
untereinander auch in Intensivworkshops, ohne dass<br />
daraus sogleich eine Prüfungssituation entsteht. Letztlich werden<br />
die Dissertationen so schneller geschrieben und auch qualitativ<br />
wertvoller.<br />
Pro Jahr werden etwa zehn neue Doktoranden aufgenommen. Bei<br />
der Auswahl kommt es neben den Noten vor allem auf die „philologische<br />
Güte des Projekts“ und damit auf das Exposé an, betont<br />
Roger Lüdeke. Kommunikative Kompetenz und die Fähigkeit, allgemeine<br />
theoretische Fragestellungen zu bewältigen, sind ebenfalls<br />
wichtige Kriterien.<br />
„Von Anfang an war der Studiengang nicht auf Perfektion angelegt,<br />
sondern setzte auf einen kontinuierlichen Prozess, der in seiner<br />
Offenheit Selbstkorrekturen zulässt“, erläutert Roger Lüdeke. So ist<br />
beispielsweise die Einführung eines thematischen Schwerpunktes<br />
pro Semester, fl ankiert von einem Basisseminar, das Ergebnis kritischen<br />
Feedbacks gewesen. Im Wintersemester lag der Schwerpunkt<br />
auf dem Thema Medien. Das Basisseminar „Die Unheimlichkeit der<br />
Medien“ dazu wurde gemeinsam von Professor Bernd Scheffer<br />
und dem Humboldt-Forschungspreisträger Professor Samuel Weber<br />
angeboten.<br />
Wie auch seine Kollegin Melanie Moll von LIPP beklagt Lüdeke die<br />
fehlende automatische Förderung durch ein Stipendium. DAAD und<br />
DFG sind dazu nicht bereit. „Umso wichtiger ist eine universitäre<br />
Unterstützung, die das Erreichte verstetigt und als Beitrag zu der<br />
langfristigen Reformbemühung dient, die der Promotionsstudiengang<br />
angeschoben hat und in Zukunft auch weiter vorantreiben<br />
will“, sagt der Wissenschaftliche Koordinator.<br />
MUNICH GRADUATE SCHOOL OF ECONOMICS<br />
Englisch als alleinige Unterrichtssprache, dafür kein Exposé zu<br />
Beginn aller Mühen um den Doktortitel – die Munich Graduate<br />
School of Economics (MGSE) an der Volkswirtschaftlichen Fakultät<br />
unterscheidet sich deutlich von den beiden anderen Promotionsstudiengängen<br />
an der LMU. „Die Betreuer stehen nicht von Anfang<br />
an fest“, erläutert Ingeborg Buchmayr, Koordinatorin der MGSE,<br />
weitere Unterschiede. „Wir bieten zunächst einen strukturierten,<br />
breiten Einstieg“. Innerhalb des ersten Jahres müssen die Doktoranden<br />
– rund 35 Prozent davon sind Ausländer – ein anspruchsvolles,<br />
dichtes Vorlesungsprogramm absolvieren, vergleichbar dem<br />
Informationen und Kontakt:<br />
Ingeborg Buchmayr<br />
Kaulbachstraße 45<br />
Tel.: 089/2180-5629<br />
www.vwl.uni-muenchen.de/mgse<br />
Bewerbungsfrist für WS 2004/05:<br />
> 30. April 2004<br />
E-Mail: ingeborg.buchmayr@lrz.uni-muenchen.de
PhD-Programm an einer amerikanischen Topuniversität. Aber schon<br />
früh werden die Doktoranden auch an die eigene Forschung herangeführt.<br />
Bereits im zweiten Semester müssen sie im Research<br />
Strategy Seminar, das von drei Professoren betreut wird, ihre erste<br />
eigene Forschungsarbeit präsentieren. Dadurch werden die Promovenden<br />
intensiv bei der Suche nach einer geeigneten PhD-Thesis<br />
unterstützt und begleitet.<br />
Binnen drei Jahren soll die Promotion mit hoher wissenschaftlicher<br />
Qualität und Originalität auf internationalem Niveau abgeschlossen<br />
werden. Die Messlatte für potentielle Bewerber ist hoch: Wer einen<br />
Platz an der Munich Graduate School of Economics ergattern will,<br />
muss ausgesprochen gute Abschlüsse vorweisen können und sich<br />
mit theoretisch anspruchsvollen Gebieten der Ökonomie beschäftigt<br />
haben. Die Konkurrenz ist groß: Von den 235 Interessenten für das<br />
Wintersemester 2003/04 erhielten nur 13 Glückliche nach dem standardisierten<br />
Auswahlverfahren eine Zusage.<br />
Der Promotionsstudiengang startete im Oktober 2002 unter der Federführung<br />
der Professoren Gerhard Illing, Sven Rady und Klaus<br />
Schmidt und wird von allen Professoren der Volkswirtschaftlichen<br />
Fakultät getragen – auch das renommierte Center for Economic<br />
Stud ies (CES) ist in den Lehrplan eingebunden. Der Forschungsschwerpunkt<br />
der Graduate School besteht darin, die Konsequenzen<br />
zunehmender weltweiter Integration von Güter-, Faktor- und Finanzmärkten<br />
zu analysieren, die durch die rasante technologische<br />
Entwicklung in der Informationsverarbeitung und durch die poli-<br />
DISSERTATIONEN ONLINE VERÖFFENTLICHEN<br />
Seit kurzem können unter anderem auch in den drei Promotionsstudiengängen<br />
der LMU die Dissertationen online über die <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
veröffentlicht werden. Für diese kostengünstige<br />
Variante müssen nur noch sechs gedruckte Exemplare abgegeben<br />
tische Integration Europas und die Globalisierung der Wirtschaft<br />
vorangetrieben wird.<br />
Mit dem Doktorandenprogramm sollen erstklassige Bewerber aus<br />
anderen EU-Staaten, aber auch gezielt aus Osteuropa und Asien<br />
nach <strong>München</strong> geholt werden. Dass dies gelingt, zeigt ein Blick auf<br />
die Statistik: Im Wintersemester 2003/04 kamen 68 Bewerber aus<br />
Asien. Deutschland stellte mit 58 Bewerbern die zweitgrößte Gruppe,<br />
27 bewarben sich aus dem restlichen Westeuropa und 49 aus<br />
Osteuropa. Das Promotionsangebot richtet sich auch an Mathematiker,<br />
Naturwissenschaftler oder Politologen.<br />
Für das kommende Wintersemester werden weniger Bewerber<br />
erwartet. Der Grund: In den vergangenen beiden Jahren konnten<br />
die Doktoranden durch DFG-Stipendien gefördert werden. In<br />
diesem Jahr stehen hierfür keine Mittel zur Verfügung. Das hohe<br />
Niveau des Promotionsstudienganges leidet darunter nicht – wie<br />
die bisher vorliegenden Bewerbungen zeigen, ist die MGSE trotz<br />
dieses Mankos für herausragende Studierende aus der ganzen<br />
Welt weiterhin sehr attraktiv.<br />
Die Betreuung durch die Mitarbeiter des Graduate Offi ce bietet<br />
jedem Doktoranden optimale Bedingungen für die Promotion.<br />
Die Vermittlung von Deutsch-Kursen für Ausländer und der Eröffnungsempfang<br />
zum gegenseitigen Kennenlernen sind nur ein Teil<br />
der Angebote. Die Mitarbeiter helfen auch ganz konkret, die Tücken<br />
deutscher Bürokratie etwa bei Aufenthaltsgenehmigung, Wohnungssuche<br />
und Immatrikulation locker zu meistern. ■ ms<br />
werden, die elektronische Dissertation im PDF-Format wird vom<br />
Doktoranden selbst auf den Dokumentenserver der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
hochgeladen. Weitere Informationen im Internet unter<br />
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/help<br />
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
17
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
18<br />
VERBEUGUNG VOR DER ZIVILCOURAGE<br />
GESCHWISTER-SCHOLL-PREIS FÜR DEN<br />
BRITISCHEN HISTORIKER MARK ROSEMAN<br />
Für sein Buch „In einem unbewachten Augenblick“ hat der britische<br />
Geschichtsprofessor Mark Roseman den Geschwister-<br />
Scholl-Preis 2003 erhalten. Das Werk mache „in exemplarischer<br />
Weise deutlich, dass es auch im nationalsozialistischen Terrorsystem<br />
möglich war, großen persönlichen Mut zu beweisen“, urteilte<br />
die Jury. Der Preis wird vom Börsenverein des Deutschen<br />
Buchhandels – Landesverband Bayern und der Landeshauptstadt<br />
<strong>München</strong> im Andenken an die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“<br />
vergeben. Die mit 10.000 Euro dotiert Auszeichnung nahm<br />
Roseman Ende 2003 in der Großen Aula der LMU entgegen.<br />
Mark Rosemans Buch „In einem unbewachten Augenblick“ ist eine<br />
Geschichte von persönlichem Mut, von Moral und kleinen Glücksmomenten<br />
in unglückseligen Zeiten und von nie versiegender Hoffnung.<br />
Roseman erzählt von der deutschen Jüdin Marianne Ellenbogen,<br />
geborene Strauß, die 1943 unmittelbar vor der Deportation<br />
ihrer Eltern und ihres Bruders untertaucht. Im Untergrund überlebt<br />
sie den Nationalsozialismus – auch dank der Unterstützung einer<br />
bislang nicht näher erforschten Widerstandsgruppe. Rosemans<br />
Buch stellt die von Artur Jacobs gegründete Organisation „Bund.<br />
Gemeinschaft für sozialistisches Leben“ erstmals einer breiten<br />
Öffentlichkeit vor.<br />
Marianne Strauß überlebte, doch ihre Familie, ihr Verlobter und<br />
dessen Familie wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Nach<br />
dem Krieg sah Marianne Strauß keine Möglichkeit, in Deutschland<br />
ein neues Leben zu beginnen: Sie zog nach Großbritannien und<br />
heiratete dort einen britischen Offizier. Aus ihren Tagebüchern,<br />
Briefen, Dokumenten sowie den Ergebnissen eigener akribischer<br />
Recherche webt Mark Roseman einen eindringlichen Erzählteppich,<br />
der Geschichte anschaulich lebendig macht. Ihm gelingt<br />
die bewegende Schilderung eines Leidensweges, die zeigt, dass<br />
Menschlichkeit auch im Naziterror Nischen schaffte, in denen die<br />
Hoffnung überleben konnte. „In einem unbewachten Augenblick“<br />
ist eine Verbeugung vor der Zivilcourage der Marianne Strauß sowie<br />
ihrer Helfer.<br />
„Gerade die leidenschaftliche Subjektivität<br />
des Geschichtsprofessors<br />
Roseman objektiviert beispielhaft<br />
seine Lebensgeschichte einer couragierten<br />
Frau“, hob Dr. Rosemarie<br />
von dem Knesebeck hervor, die Vorsitzende<br />
des Landesverbandes Bayern<br />
im Börsenverein des Deutschen<br />
Buchhandels. Durch die Konfrontation<br />
mündlicher Aussagen und Dokumente<br />
werde Roseman zum Interpreten<br />
von Geschichte.<br />
Das Buch erinnere an das Vermächtnis der Geschwister Scholl, deren<br />
Geschichte „in unsere Gegenwart bedrückend hineinreicht“, so<br />
<strong>München</strong>s Oberbürgermeister Christian Ude in seiner Laudatio. Mut<br />
und Moral zu zeigen sei ein aktuelles Gebot, so Ude weiter.<br />
In seiner sehr persönlichen Laudatio erzählte der in Ahlen geborene<br />
jüdische Regisseur Imo Moszkowicz von seinen Kontakten<br />
zum Umfeld von Marianne Strauß. Moszkowicz, der Auschwitz<br />
überlebte, brach den Mutigen eine Lanze, die sich oftmals unter<br />
großen Gefahren für die Verfolgten eingesetzt haben: „Wir, die<br />
Opfer, dürfen niemals aufhören, das hohe Lied derjenigen zu singen,<br />
die in unserem Lande die Kühnheit hatten, ihre Mitmenschlichkeit<br />
zu bewahren.“ ■ ms
BBDO Berlin/für Harald&Erhard Fotografie<br />
du kannst.<br />
Franka Potente, Schauspielerin, engagiert sich für ai. Sie können es auch. www.amnesty.de<br />
Spendenkonto 80 90 100, Bank für Sozialwirtschaft Köln, Bankleitzahl 370 205 00
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
20<br />
UNTER DACH UND FACH<br />
NEUE GEBÄUDE FÜR DIE LMU<br />
Vier Bauprojekte an der LMU sind jetzt fertig geworden: das Zentrum für Neuropathologie und<br />
Prionforschung in Großhadern, die Klauentierklinik sowie das Zentrum für Lebensmittelhygiene<br />
und Tierernährung in Oberschleißheim und der „Bücherturm” im Hauptgebäude der LMU.<br />
MUM stellt die vier dringend benötigten Gebäude für die wachsende Alma Mater vor.<br />
DAS ZENTRUM FÜR NEUROPATHOLOGIE<br />
UND PRIONFORSCHUNG<br />
Weltweit beschäftigen sich Prionforscher und Neuropathologen mit<br />
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, BSE und anderen Formen von Hirnerkrankungen<br />
bei Mensch und Tier. Mit der offiziellen Eröffnung des<br />
neuen Zentrums für Neuropathologie und Prionforschung (ZNP) am<br />
10. März 2004 haben sich die Bedingungen für diese Forschung an<br />
der LMU jetzt deutlich verbessert.<br />
Der in zwei Jahren für 19,5 Millionen Euro errichtete Neubau an der<br />
Feodor-Lynen-Straße (Bild A) beherbergt auf 2.583 Quadratmetern<br />
neben Büros und Laborarbeitsplätzen spezielle Sicherheitslabors der<br />
Kategorien S2 und S3 sowie eine geeignete Ausstattung, um Tiere zu<br />
wissenschaftlichen Zwecken, insbesondere Mäuse, fachgerecht halten<br />
zu können. Damit verfügt die LMU nun über die Infrastruktur, um<br />
im ausreichenden Maße Infektionsversuche für die Erforschung von<br />
Hirnerkrankungen durchzuführen.<br />
Mit dem Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft zu den naturwissenschaftlich-medizinischen<br />
Einrichtungen des HighTechCampus LMU<br />
in Großhadern ist ein multifunktionales Forschungsgebäude für die<br />
Hirnforschung entstanden: Das ZNP beherbergt das Institut für Neuropathologie<br />
der LMU unter der Leitung von Professor Hans Kretzschmar<br />
sowie eine Arbeitsgruppe des Laboratoriums für funktionale Genomanalyse<br />
des Genzentrums der LMU unter der Leitung von Professor<br />
Eckhard Wolf. Zudem steht es allen <strong>Universität</strong>en und wissen-<br />
B<br />
schaftlichen Einrichtungen für Projekte des Bayerischen Forschungsverbunds<br />
Prionen FORPRION offen.<br />
Nach Ansicht des Leiters des ZNP und Vorstands von FORPRION, Professor<br />
Hans Kretzschmar, ermöglicht der zentrale Standort eine ideale<br />
Vernetzung von Forschungsressourcen: „Eines der wichtigsten Zentren<br />
der Prionforschung und ein wesentlicher Teil der Forschungsorganisation<br />
wird hier lokalisiert sein“.<br />
DIE KLAUENTIERKLINIK<br />
Bereits im Januar 2004 hat die LMU auf dem tiermedizinischen Campus<br />
in Oberschleißheim zwei neue Bauten offiziell eröffnet: die Klauentierklinik<br />
für Wiederkäuer und Schweine (Bild B) sowie das Zentrum<br />
für Lebensmittelhygiene und Tierernährung. Für die einzige<br />
tierärztliche Fakultät im süddeutschen Raum ist der Umzug von fünf<br />
weiteren Lehrstühlen nach Oberschleißheim ein Meilenstein bei der<br />
Neustrukturierung der Tiermedizin auf einem eigenen Campus.<br />
Die Klauentierklinik konnte nach zwei Jahren Bauzeit pünktlich zum<br />
Beginn des Wintersemesters 2003/04 vom Lehrstuhl für Innere Medizin<br />
und Chirurgie der Wiederkäuer (Professor Wolfgang Klee) und vom<br />
Lehrstuhl für Krankheiten des Schweins (Professor Karl Heinritzi) bezogen<br />
werden. Für den Neubau der Klauentierklinik wurden 15,1 Millionen<br />
Euro ausgegeben. Mit 2.713 Quadratmetern Hauptnutzfläche<br />
steht den beiden Lehrstühlen jetzt mehr als doppelt so viel Platz zur<br />
Verfügung, die Zeit der Provisorien ist beendet.<br />
In der Klinik an der Sonnenstraße in Oberschleißheim konnten über<br />
die Stadt verstreute und organisatorisch getrennte Bereiche zusammengeführt<br />
werden. Die bisherige Trennung zwischen der Chirurgie<br />
für Rinder und kleine Wiederkäuer, die am Oberwiesenfeld ihre Räume<br />
hatte, und der Inneren Medizin, die im alten Schloss Oberschleißheim<br />
und am Englischen Garten beheimatet war, ist aufgehoben.<br />
Auch die Schweineklinik hat ihren bisherigen Standort am Englischen<br />
Garten geräumt und Platz gemacht für andere tierärztliche Institute,<br />
die zum Teil noch auf dem Oberwiesenfeld untergebracht sind,<br />
und eine vergrößerte Zentralbibliothek.
A<br />
DAS ZENTRUM FÜR LEBENSMITTELHYGIENE<br />
UND TIERERNÄHRUNG<br />
Das Zentrum für Lebensmittelhygiene und Tierernährung<br />
(ZLT) ist in ein umgebautes ehemaliges<br />
Bürogebäude der Firma Schleicher in Oberschleißheim<br />
eingezogen. Auf drei Geschossflächen<br />
mit insgesamt 3.459 Quadratmetern Hauptnutzfläche<br />
arbeiten der Lehrstuhl für Tierernährung und<br />
Diätetik (Professor Ellen Kienzle) sowie das Institut<br />
für Hygiene und Technologie der Lebensmittel tierischen<br />
Ursprungs mit dem gleichnamigen Lehrstuhl<br />
von Professor Andreas Stolle und dem Lehrstuhl<br />
für Hygiene und Technologie der Milch (Professor<br />
Erwin Märtlbauer).<br />
Das ZLT ist ein innovativer Forschungsverbund innerhalb<br />
der LMU mit den Schwerpunkten Verbraucherschutz,<br />
Lebensmittelkunde und Tierernährung.<br />
Die Forscher befassen sich unter anderem mit<br />
Fleischhygiene und Lebensmittelmikrobiologie. Unter<br />
dem Motto „Gesundes Tier – Gesunder Mensch“<br />
soll in Zukunft verstärkt mit außeruniversitären<br />
Dienstleistern und Einrichtungen im Verbraucherschutz<br />
kooperiert werden.<br />
DER „BÜCHERTURM”<br />
Auch der so genannte Bücherturm (Bild C) steht<br />
kurz vor der Vollendung. Schon seit Januar werden<br />
kistenweise Bücher in die neue theologisch-philosophische<br />
Zentralbibliothek im nördlichen Seitenflügel<br />
des Hauptgebäudes geschafft. Doch wird<br />
noch einige Zeit vergehen bis die gut 300.000 Bände<br />
ordentlich katalogisiert und aufgestellt sind.<br />
Offiziell eröffnet wird der Bücherturm im Laufe des<br />
Sommersemesters.<br />
Der Eingang zum Bücherturm ist von der Thomas-<br />
Mann-Halle im 1. Stock des Hauptgebäudes zu erreichen.<br />
Über den Räumen, in denen früher unter<br />
anderem die Studentenkanzlei zu finden war, ist jetzt<br />
auf 2.500 Quadratmetern die modernste Bibliothek<br />
der LMU zu Hause. Insgesamt wurden dort 30 Teilbibliotheken<br />
der beiden Theologischen Fakultäten<br />
und des Departments Philosophie zusammengeführt.<br />
So können Kosten gesenkt und der Service<br />
deutlich verbessert werden. Die alten Zettelkästen<br />
sind aussortiert, der Gesamtbestand ist jetzt elektronisch<br />
erfasst und weltweit abrufbar. Eine gemeinsame<br />
Lehrbuchsammlung, 140 Leseplätze und<br />
lange Öffnungszeiten kommen Studierenden und<br />
Wissenschaftlern vor Ort entgegen. ■ gra<br />
C<br />
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
21
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
22<br />
DAS SCHIEDSGERICHT TAGT<br />
JURASTUDENTEN ÜBEN<br />
DEN SCHLAGABTAUSCH<br />
Ein verregneter Sonntagvormittag in den Semesterferien, das<br />
Univiertel schläft noch. Zwei junge Damen im Business Outfit eilen<br />
mit Rollkoffer und einem Pappbecher Kaffee in der Hand in<br />
die Veterinärstraße. Dort treffen sich Jurastudenten aus Genf und<br />
<strong>München</strong>, um das Verhandeln für den „Willem C. Vis International<br />
Commercial Arbitration Moot“ zu üben, den weltweit größten<br />
Studentenwettbewerb zum internationalen Wirtschaftsrecht.<br />
In fiktiven Gerichtsverhandlungen übernehmen die Studenten die<br />
Rollen von Kläger und Beklagtem. Verhandelt wird bei diesem Wettbewerb<br />
wie vor einem privaten Schiedsgericht. Schiedsgerichte entscheiden<br />
verbindlich und abschließend, aber nur wenn beide Parteien<br />
sich auf ein Schiedsverfahren und bestimmte Regeln geeinigt<br />
haben. Im Vergleich zu ordentlichen staatlichen Gerichten sind die<br />
Schiedsgerichte flexibler, schneller, günstiger und vertraulich.<br />
Beim diesjährigen Moot Court geht es um zwei Firmen, die sich über<br />
gelieferte Verpackungsmaschinen streiten. Die Maschinen sind laut<br />
Käufer durch das Verpacken von Salz unbrauchbar geworden. Man<br />
habe ihn nicht darüber informiert, dass die Maschinen für Salz ungeeignet<br />
sind, behauptet er und verlangt die Erstattung des Kaufpreises<br />
sowie Schadensersatz. Entscheiden soll das fiktive Schiedsgericht. Allerdings<br />
sind die Schiedsrichter beim Moot Court-Wettbewerb keine<br />
Studenten, sondern gestandene Juristen. Und sie urteilen auch nicht<br />
über den Fall, sondern über das Auftreten der Studententeams.<br />
Die Idee des Moot Court stammt aus Amerika. Dort gehören simulierte<br />
Gerichtsverfahren seit langem zum Jurastudium dazu, denn<br />
Praxisnähe, Verhandlungssicherheit und Rhetorik werden an den<br />
US-Hochschulen groß geschrieben. Der Wettstreit startete 1993 mit<br />
elf Teams aus neun Ländern. Beim mittlerweile 11. Moot traten im<br />
April 137 Teams aus 41 Ländern gegeneinander an. Die meisten von<br />
ihnen kamen aus den Vereinigten Staaten, aber es reisten auch<br />
Teams aus Nigeria, Litauen oder Guatemala an. Deutschland war<br />
diesmal mit 15 Teams dabei, die Studentinnen und Studenten kamen<br />
zum Beispiel von der Hamburger Bucerius Law School, von der<br />
<strong>Universität</strong> Köln – und von der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> aus<br />
<strong>München</strong>.<br />
SELBSTSICHERES AUFTRETEN LERNEN<br />
Alexandra Walgenbach, Miseong Yoon, Susan Tatum, Benjamin<br />
Hamberger und Max Peiffer bilden das LMU-Team. Unterstützt werden<br />
die „Mooties“ von Professor Dagmar Coester-Waltjen vom Institut<br />
für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung.<br />
Professor Coester-Waltjen ist überzeugt, dass die viele<br />
Vorbereitungsarbeit sich für ihre Schützlinge lohnt. „Die Studenten<br />
können hier Fähigkeiten trainieren, für die im Studium wenig<br />
Zeit bleibt. Sie lernen selbstsicheres Auftreten und Rhetorik, die<br />
man später als Anwalt haben muss. Und sie lernen, sich gut und<br />
schnell zu organisieren.“
Die Team-Mitglieder müssen sich ausführlich bewerben,<br />
mit mehrseitigen Motivationsschreiben<br />
und Lebenslauf, natürlich auf Englisch. Zeit für<br />
Hausarbeiten oder Praktika ist ihnen in den letzten<br />
Monaten nicht geblieben. Trotzdem ist Benjamin<br />
Hamberger vom Projekt begeistert. „Alleine das internationale<br />
Flair und die vielen Kontakte sind es<br />
wert.“ Er ist sich fast sicher, dass er später im Bereich<br />
der Schiedsgerichtsbarkeit arbeiten will.<br />
Zwei Betreuer sind bei allen Treffen dabei, dazu<br />
kommen noch weitere Coaches und Rhetoriktrainer.<br />
Die Reisekosten, Teilnahmegebühren und<br />
Druckkosten sind hoch. Viele renommierte Kanzleien<br />
unterstützen das LMU-Team daher finanziell<br />
und sehen sich auch gleich nach talentiertem<br />
Nachwuchs um. „Die kennen die englische Fachterminologie,<br />
haben anwaltliches Auftreten gelernt,<br />
sind engagiert und haben sich im Team bewiesen“,<br />
erklärt Coach Katharina Hilbig das Interesse<br />
der Wirtschaftskanzleien an den „Mooties“.<br />
Schon im Dezember 2003 mussten die Teilnehmer<br />
die Klageschrift zu dem für dieses Jahr vorgegebenen<br />
Fall abgeben. Im Februar wurde dann eine<br />
entsprechende Verteidigungsschrift verfasst. So<br />
lernen die angehenden Juristen, für beide Verhandlungspositionen<br />
das jeweils beste Ergebnis<br />
herauszuholen – ungewohnt für einen deutschen<br />
Jurastudenten, der darauf geeicht ist, ausgewogen<br />
zu formulieren. Auch das Juristenenglisch stellte<br />
anfangs so manchen vor Probleme. „Inzwischen“,<br />
erklärt Max Peiffer „verwende ich so komische<br />
Floskeln wie ,refrain from divulging’ (auf deutsch:<br />
geheim halten, Anm. d. Red.) ohne darüber nachzudenken.<br />
Doch als ich mit meinem Gast aus Genf<br />
heute Morgen im Bad stand, ist mir nicht eingefallen,<br />
was Handtuch auf Englisch heißt.“ Immerhin<br />
kennt Max Peiffer die Fachbegriffe für die<br />
mündliche Verhandlung in Wien mittlerweile perfekt.<br />
Wer da noch im Wörterbuch nachschlägt, hat<br />
schon so gut wie verloren.<br />
BESSER NICHT GÄHNEN VOR GERICHT<br />
Wochenlang stehen Testläufe auf dem Programm.<br />
Die Münchner haben sich mit Teams aus Mainz,<br />
Freiburg, Basel und sogar aus dem neuseeländischen<br />
Wellington und dem australischen Sydney<br />
zum „Probemooten“ getroffen. Sie haben gelernt,<br />
dass man vor dem Schiedsgericht besser nicht<br />
gähnt, sich am Kopf kratzt oder zu fest an seinem<br />
schriftlich ausgearbeiteten Redevortrag kleben<br />
bleibt. Sie kennen den diesjährigen Fall in- und<br />
auswendig. Und sie haben ihre Argumente parat.<br />
Sie sind bereit für Wien.<br />
Dort musste sich Anfang April jedes Team dem aus<br />
Fachjuristen zusammengesetzten Schiedsgericht<br />
stellen. Die Erstplatzierten trafen sich zum finalen<br />
juristischen Duell. Die Preise waren allerdings – einer<br />
fiktiven Verhandlung angemessen – reine Ehrenpreise.<br />
Im vergangenen Jahr erreichte das<br />
Münchner Team unter 128 <strong>Universität</strong>en das Viertelfinale;<br />
die Münchner Sprecherin Sophie Neumann<br />
wurde als eine der besten Sprecherinnen<br />
prämiert. In diesem Jahr verpasste das LMU-Team<br />
jedoch die Finalrunden in Wien. Dafür gab es in der<br />
Vorbereitungszeit schon einen großen Erfolg: Auf<br />
dem 1. Willem C. Vis (East) International Commercial<br />
Arbitration Moot, der dieses Jahr zum ersten<br />
Mal stattfand und dem derselbe Fall zugrunde liegt,<br />
gewann das LMU-Team Ende März in Hongkong<br />
den 1. Preis für den Klägerschriftsatz und eine<br />
honourable mention für den Beklagtenschriftsatz.<br />
Außerdem erhalten die Münchner Teilnehmer am<br />
Moot Court einen Seminarschein und eine „Bescheinigung<br />
über eine Zusatzausbildung“. Angesichts<br />
der monatelangen Plackerei eine karge Belohnung.<br />
Doch das Engagement macht sich gut im<br />
Lebenslauf, und angesichts der Juristenschwemme<br />
sind Zusatzqualifikationen heute unverzichtbar.<br />
Natürlich hoffen alle auch auf Kontakte zu den<br />
renommierten Sozietäten, die in Wien vertreten<br />
sind. Doch auf der anderen Seite hat ein Dritt- oder<br />
auch Fünftsemester noch einige Zeit an der <strong>Universität</strong><br />
vor sich. Darum sieht Coach Katharina Hilbig<br />
die Sache als „langfristiges Engagement“. Sinn<br />
der Veranstaltung ist es schließlich auch, andere<br />
Jurastudenten kennen zu lernen und Spaß zu<br />
haben. Katharina Hilbig hat ihre „Mooties“ ermuntert,<br />
am sozialen Leben teilzunehmen,<br />
„schließlich können sich auch von diesen Kontakten<br />
unglaublich profitieren.“ ■ gra<br />
PROFILE<br />
23<br />
MUM 01 | 2004
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
24<br />
„SCHAF“ BEGINNT MIT „SCH“<br />
DIE LMU MACHT DAS<br />
LESENLERNEN LEICHTER<br />
Einschulung mit vier Jahren, Englisch schon im Kindergarten –<br />
die Vorschläge für ein besseres Bildungssystem sind zahlreich.<br />
Einig sind sich die Kritiker, dass das Lesen als Schlüsselkompetenz<br />
besonders gefördert werden muss. Am Lehrstuhl für Grundschulpädagogik<br />
und -didaktik von Professor Joachim Kahlert läuft<br />
dazu seit diesem Schuljahr das Projekt Lesekompetenz ProLeKo<br />
– und Hunderte von Grundschülern machen begeistert mit.<br />
Morgens um halb neun in der Münchner Grundschule Rennertstraße.<br />
„Gu-ten Mor-gen, Frau Kal-ten-ecker“. 20 Erstklässler grüßen im Chor.<br />
Typisch Grundschule eben. Weniger typisch verläuft der Rest der Stunde.<br />
Frau Kaltenecker hat ihre Klasse 3b mitgebracht und die übernimmt<br />
die Unterweisung der ABC-Schützen. Jeder Drittklässler schnappt sich<br />
einen der Kleinen und schon beginnt der Leseunterricht, face to face.<br />
Je zwei kleine Köpfe kauern über den Fibeln – Silbe für Silbe wird dem<br />
Text abgetrotzt. Tutor Nicolas (8) ist mit seinem Schützling Lukas (6)<br />
ganz zufrieden. „Er passt gut auf“, findet Nicolas. Doch bei Fehlern ist<br />
er gnadenlos. „Nein, Lukas! Lies noch mal. Da steht Eis, nicht Ei!“<br />
Studien wie PISA und die Grundschul-Leseuntersuchung IGLU haben<br />
gezeigt, dass deutsche Schüler beim Lesen nicht zur Spitze gehören.<br />
Laut IGLU hat mehr als ein Drittel aller Grundschulkinder nicht die<br />
notwendige Unterstützung zur Entwicklung seiner Lesekompetenzen<br />
erhalten. Diese Kinder werden, so die Studie, ohne weitere Förderung<br />
in Zukunft wohl Schwierigkeiten bei der Erarbeitung von Lerngegenständen<br />
haben – und zwar in allen Fächern. „Für uns ist das Lesen die<br />
Schlüsselkompetenz“, sagt auch Michaela Bormann. Die Konrektorin<br />
der Grundschule an der Rennertstraße erläutert: „Wer nicht lesen kann,<br />
wird auch eine Textaufgabe in Mathe nicht verstehen.“<br />
Das so genannte Tutorenlesen ist nur eines von vielen Projekten an der<br />
Neuperlacher Schule. Eltern üben während der Unterrichtszeit mit einzelnen<br />
Kindern lesen, es gibt einen Internet-Wettbewerb rund ums<br />
Bücherlesen, echte Leseratten dürfen im Buchclub „Lesedetektive“<br />
mitmachen und ganz schwache Leser erhalten täglich Förderunterricht.<br />
Wegen ihrer ausgezeichneten pädagogischen Arbeit – nicht nur<br />
beim Thema Lesen – hat die Schule gerade den Innovationspreis für<br />
innere Schulentwicklung der Stiftung Bildungspakt Bayern erhalten.<br />
Gelobt wurde dabei auch insbesondere die Zusammenarbeit mit der<br />
LMU. Die Schule ist Mitglied im Lernnetzwerk Lesekompetenz, das<br />
von Dr. Richard Sigel am Institut für Schulpädagogik betreut wird.<br />
Schulleiterin Isolde Kulzer-Seewald ist überzeugt, dass die Zusammenarbeit<br />
mit der <strong>Universität</strong> ihrer Schule eine Menge Vorteile bringt.<br />
„Schon alleine durch die hoch qualifizierten Fortbildungen, die wir uns<br />
sonst nie leisten könnten!“, schwärmt sie. Auch die Zusammenarbeit<br />
mit den anderen Netzwerk-Schulen bringt für sie viele neue Impulse.<br />
Das LMU-Projekt Lesekompetenz will im Projektzeitraum von zweieinhalb<br />
Jahren eine wissenschaftlich evaluierte Förderung der Leseleistung<br />
in den beteiligten Grundschulen erreichen. Zu Beginn des<br />
Schuljahres wurde die Lesekompetenz aller Grundschüler getestet. So<br />
können Risikokinder und auch besonders begabte Leser herausgefiltert<br />
und gezielt gefördert werden. Im Jahresrhythmus werden die Tests<br />
wiederholt, um Lernfortschritte messen zu können. Richard Sigel hält<br />
Kontinuität für unverzichtbar. „Ich bin der Meinung, dass punktuelle<br />
Fortbildungen fast keine Wirkung haben. Wir wollen mit unseren Projekten<br />
längerfristig wirken und Prozesse in Gang setzen, die dauerhaft<br />
im Alltag der Schule haften bleiben“, sagt der LMU-Dozent.<br />
Von dem Lernnetzwerk profitieren auch die Studierenden der Grundschulpädagogik,<br />
die in den Partnerschulen Projekte durchführen. Sie<br />
testen etwa die Lesekompetenz einzelner Schüler und erstellen Kurzgutachten,<br />
in denen sie für die Leseprobleme der ABC-Schützen individuelle<br />
Förderempfehlungen erarbeiten. „Für mich ist das toll“, sagt<br />
Förderlehrerin Beate Schrödinger. „Ich kriege genaue Vorschläge, mit<br />
welchen Materialien ich einzelnen Schülern gezielt helfen kann.“<br />
Ohne diesen Förderunterricht würden hier wohl viele Kinder auf der<br />
Strecke bleiben. Zum Beispiel diejenigen, die nicht im deutschen Kindergarten<br />
waren und kaum ein Wort Deutsch sprechen. Sie lernen in<br />
kleinen Gruppen Vokabeln und wie man ganze Sätze bildet. Hier haben<br />
sie Zeit – es darf schon mal ein paar Minuten dauern, bis ein Satz<br />
entziffert ist. Die Kleinen sind mit Begeisterung dabei. Im Förderunterricht<br />
halten sie nicht die anderen auf – und es gibt immer ein Lob.<br />
„Wir wollen aber nicht nur die Schwachen fördern. Auch gute Leser
A<br />
C brauchen<br />
Anreize“, sagt Schulleiterin Isolde Kulzer-Seewald. Sie erhalten<br />
daher Extra-Unterricht, in dem sie sich „austoben“ dürfen.<br />
Anfang März haben sich die Lehrer aus den acht ProLeKo-Schulen an<br />
der LMU getroffen, jede Schule hat ihre Leseprojekte vorgestellt. So<br />
können alle von Ideen und auch von gescheiterten Projekten der anderen<br />
profitieren. Klar. Aber wofür brauchen die Lehrer, die oft schon<br />
viele Jahre vor ihren Klassen stehen, die <strong>Universität</strong>? „Man muss einen<br />
Rahmen vorgeben und durch empirische Studien belegte<br />
Erfolgskonzepte vorschlagen, um Veränderungen zu bewirken“, erklärt<br />
Richard Sigel. Der gelernte Grund- und Hauptschulpädagoge sieht die<br />
<strong>Universität</strong> in diesem Weiterbildungsfeld als „lernende Organisation“<br />
und versteht sich nicht als Oberlehrer, der alles besser weiß.<br />
Lesekompetenz entsteht jedoch nicht erst in der Grundschule. Sigel<br />
versucht deshalb auch Eltern und Kindergärten in seine Arbeit einzubeziehen.<br />
Er bietet spezielle Schulungen für Erzieherinnen und<br />
Elternbeiräte an. „Doch auch da können wir immer nur die erreichen,<br />
die sich engagieren wollen.“ Schwierig bleibt es, die zu überzeugen,<br />
die skeptisch sind. Doch Richard Sigel sieht die Zeit für sich arbeiten.<br />
„Ich kann nur mit den Willigen arbeiten und hoffen, dass die anderen<br />
irgendwann nachziehen müssen.“ ■ gra<br />
BLMU-Dozent Richard Sigel (li.) betreut am Lehrstuhl für Grundschuldidaktik von Professor Joachim Kah-<br />
lert inzwischen mehrere Lernnetzwerke. Eines davon beschäftigt sich mit Schülerfirmen, bei denen Hauptschüler<br />
das Arbeitsleben „üben“ können. Ein anderes Netzwerk widmet sich der Unterrichtsentwicklung<br />
durch Schülerfeedback. Die beteiligten Lehrer entwickeln etwa Fragebögen, mit denen Schüler ihre Lehrer<br />
beurteilen können. Das Zauberwort „Evaluation“ greift auch schon in der Schule. Die intensivste Forschungsund<br />
Entwicklungsarbeit wird derzeit im „Lernnetzwerk Lesekompetenz“ geleistet. Acht Schulen nehmen an<br />
dem Projekt teil, fünf davon in <strong>München</strong>, die weiteren in Freising, Brunnthal und Raubling bei Rosenheim.<br />
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
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MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
26<br />
SERIE: ALMA MATER LMU (TEIL 2)<br />
ZÄHLBARE LEIDENSCHAFT<br />
Seit 2500 Jahren beschäftigt sich die Menschheit mit Mathematik. Zeit genug, könnte man meinen, um alle Fragen rund<br />
um Geometrie, Algebra und Logik beantwortet zu haben. Doch weit gefehlt. „Ein mathematisches Problem ist wie eine<br />
Krankheit: Je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr Aspekte bekommt die Sache, so dass das Ganze nie ein Ende<br />
findet“, sagt Christian Reiher. Seit Oktober 2003 studiert der 19-Jährige Mathematik – offiziell. Denn eigentlich beschäftigt<br />
sich Christian mit Zahlen und Beweisen, seit er denken kann. „Man kann sich mit mathematischen Strukturen be-<br />
schäftigen, auch ohne Lesen und Schreiben zu können“, sagt der gebürtige Starnberger. Ungewöhnlich findet er das nicht<br />
– ebenso wenig wie sein Freund und Kommilitone Mykhaylo Tyomkyn. Zusammen mit vier anderen Mathe-Cracks haben<br />
die beiden LMU-Studenten Deutschland im vergangenen Sommer bei der Internationalen Mathematik-Olympiade (IMO)<br />
in Tokio vertreten. Mit vier Goldmedaillen gilt Christian Reiher als erfolgreichster Mathe-Olympionik aller Zeiten.<br />
Christian und Mykhaylo studieren an der LMU.<br />
„Hier wird eher theoretische Mathematik betrieben,<br />
das ist für uns spannender“, sagen sie. Die Beschäftigung<br />
mit den Grundlagen interessiert die<br />
beiden Studenten mehr als angewandte Mathematik.<br />
Richtig gefordert wurden die Zweitsemester im<br />
Studium aber bislang noch nicht. „Das meiste, was<br />
in der Schule im Mathe-Leistungskurs und im ersten<br />
und zweiten Semester an der <strong>Universität</strong> passiert,<br />
finde ich nicht so spannend. Interessante<br />
Strukturen und Themen werden erst später im Stu-<br />
dium behandelt“, erklärt Christian, der in Pfaffenhofen<br />
sein Abitur abgelegt hat. Er beschäftigt sich<br />
im Moment vor allem mit Logik-Problemen. Ein Thema,<br />
mit dem sich viele Mathe-Studenten erst im<br />
Hauptstudium auseinandersetzen.<br />
Mathe-Fans wie Christian und Mykhaylo haben es<br />
nicht immer leicht. Anders als junge Musiker oder<br />
Sport-Asse werden Mathematik-Talente in Deutschland<br />
kaum gefördert. In der Ukraine ist das anders:<br />
Mykhaylo, der in Charkow, der zweitgrößten ukrainischen<br />
Stadt, aufgewachsen und 1998 mit seinen
Rund 48.000 Nachwuchsakademiker<br />
studieren an der LMU –<br />
Mediziner, Theologen, Mathestudenten.<br />
In einer Porträtserie geht<br />
das <strong>MünchnerUni</strong>.<strong>Magazin</strong> dem<br />
Alltag, den Plänen, Wünschen<br />
und Ideen einiger Studierender<br />
an einer der größten und ältesten<br />
<strong>Universität</strong>en Deutschlands nach.<br />
Eltern nach Deutschland ausgewandert ist, entdeckte<br />
seine Leidenschaft für Mathematik als Achtjähriger.<br />
Damals besuchte er – außerhalb des Schulunterrichts<br />
– ein „Mathetraining“ für Kinder. Diese<br />
Sonderprogramme werden in der ehemaligen Sowjetrepublik<br />
angeboten, um schon bei den Kleinen<br />
logisches Denken zu fördern. „In der Ukraine ist<br />
Mathe viel positiver besetzt als in Deutschland“, erzählt<br />
Mykhaylo, der bei seinen Eltern in Augsburg<br />
lebt. „Mathematik wird dort als Hobby für Kinder<br />
betrachtet. In Deutschland hat das Fach dagegen einen<br />
total schlechten Ruf.“ Die Nachwuchs-Mathematiker<br />
kümmert ihr seltsames Image jedoch wenig.<br />
Wie andere Hochschüler feiern auch Christian<br />
und Mykhaylo Partys mit ihren Kommilitonen oder<br />
verbringen gemeinsame Urlaubstage. Ganz normale<br />
Studenten eben.<br />
Wie spannend wettkampfmäßiges Rechnen und<br />
Knobeln ist, das zeigen hierzulande jedes Jahr zwei<br />
Mathe-Wettkämpfe: der Bundeswettbewerb Mathematik<br />
und die deutsche Mathematik-Olympiade.<br />
Aus dem Bundeswettbewerb sind Christian und<br />
Mykhaylo schon mehrmals als Sieger hervorgegangen.<br />
Der Erfolg bei einem der nationalen Wettbewerbe<br />
ist Bedingung für die schwierige Qualifikation<br />
zur IMO, der Internationalen Mathematik-Olympiade:<br />
Wer auf nationaler Ebene einen Preis gewinnt,<br />
darf an zwei deutschlandweiten IMO-Auswahlklausuren<br />
teilnehmen. Die 16 Erfolgreichsten<br />
können dann zu IMO-Vorbereitungsseminaren reisen.<br />
Hier werden die entscheidenden Auswahlklausuren<br />
geschrieben. Nur die sechs besten Mathematik-Talente<br />
vertreten Deutschland bei der Internationalen<br />
Mathe-Olympiade. Ein Qualifikations-<br />
Marathon, der sich auszahlt, findet Christian.<br />
Schließlich wäre er sonst nicht in so rascher Folge<br />
nach Tokio, Glasgow oder Washington gereist, wo<br />
die letzten Olympiaden ausgetragen wurden.<br />
Neben der Mathematik steht bei der IMO vor allem<br />
die Völkerverständigung im Vordergrund. 457 Schüler<br />
aus 82 Ländern nahmen an der letzen Mathematik-Olympiade<br />
in Tokio teil. „Das ist immer auch<br />
ein bisschen wie Urlaub“, erzählt Mykhaylo, der<br />
auch wettkampfmäßig Schach spielt. „Die Klausuren<br />
werden nur an zwei Vormittagen geschrieben.<br />
Ansonsten gibt es immer ein kulturelles Rahmenprogramm,<br />
in dem man viel über das Gastland erfahren<br />
kann, Konzerte zum Beispiel oder Museumsbesuche.“<br />
Wie alle Wettkämpfer betreiben die Nachwuchsmathematiker<br />
ihre Disziplin mit viel Sportsgeist.<br />
„Natürlich will man als Mannschaft gut abschneiden“,<br />
sagt Mykhaylo. Das deutsche Team pendelte<br />
in den letzten Jahren stets zwischen den Plätzen 10<br />
und 20, in Tokio wurde Platz 17 erreicht. Und das,<br />
obwohl Christian Reiher in Tokio eine Goldmedaille<br />
erringen konnte. Der 19-Jährige LMU-Student gilt<br />
mit insgesamt vier Goldmedaillen und einer Bronzemedaille,<br />
die er zwischen 1999 und 2003 gewann,<br />
als der erfolgreichste der mehr als 10.000 Teilnehmer<br />
in der 44-jährigen IMO-Geschichte. Mykhaylo<br />
Tyomkyn holte in Tokio bei seiner dritten Mathe-<br />
Olympiade die dritte Silbermedaille.<br />
Über ihre berufliche Zukunft haben sich Christian<br />
und Mykhaylo, die im April ins zweite Semester gestartet<br />
sind, noch nicht allzu viele Gedanken gemacht.<br />
Beide werden beim Hauptfach Mathematik<br />
bleiben, Christian will später vielleicht noch Physik<br />
studieren. Auch ein Auslandsaufenthalt schwebt den<br />
beiden vor. Aber da ist noch vieles offen. Sicher ist<br />
für Christian und Mykhaylo nur eines: An Mathe-<br />
Wettbewerben wollen die beiden nicht mehr teilnehmen.<br />
Zwar gibt es auch einen internationalen<br />
Mathematik-Wettkampf für Studenten, aber da winken<br />
die beiden ab: „Irgendwann muss ja auch mal<br />
Schluss sein.“ ■ oh<br />
MUM 01 | 2004 PROFILE<br />
27
MUM 01 | 2004 KUNSTSCHÄTZE<br />
28
1 Sowohl das Szepter der Artistenfakultät (li.) als auch das Szepter der<br />
oberen drei Fakultäten zeigen die Madonna mit dem Kinde und das aufgeschlagene<br />
Buch aus der Ikonographie des <strong>Universität</strong>swappens.<br />
7 Dekan Professor Hans-Bernd Brosius (li.) und Pedell Helmut Stepper auf<br />
dem Weg zur Promotionsfeier der Sozialwissenschaftlichen Fakultät. Der<br />
Pedell trägt hier das Szepter der Artistenfakultät als Zeichen der Würde des<br />
Dekans voran. Die wertvollen Schmuckstücke werden allerdings nur noch<br />
bei seltenen Anlässen gezeigt.<br />
KUNSTSCHÄTZE<br />
AN DER LMU<br />
Grafiken und Gemälde, Installationen und Fotografien, in Stein<br />
gehauene Botschaften – die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> ist<br />
auch eine Galerie für Kunstwerke. MUM präsentiert diese<br />
Schätze und zeigt, wo sie zu finden sind.<br />
Kaiser und Könige hielten sie in den Händen. Szepter gelten seit<br />
Jahrhunderten als Zeichen der Würde und der Macht. Bereits<br />
im Mittelalter waren die Amtsstäbe nicht nur in europäischen<br />
Herrscherhäusern, sondern auch an allen deutschen <strong>Universität</strong>en<br />
üblich. Für die Hochschulen ein Symbol ihrer einstigen<br />
korporativen Selbstständigkeit und eigenen Gerichtsbarkeit.<br />
Auch an der 1472 in Ingolstadt gegründeten <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
gehören Szepter zu den Insignien der Hochschule.<br />
Bereits in den ältesten Statuten der <strong>Universität</strong> spricht<br />
Herzog <strong>Ludwig</strong> der Reiche dem Rektor seiner Hohen Schule den<br />
Gebrauch eines Amtsstabes zu. Über dieses alte Szepter ist allerdings<br />
nichts mehr bekannt. Die beiden noch heute im <strong>Universität</strong>sarchiv<br />
der LMU aufbewahrten Fakultätsszepter stammen<br />
aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.<br />
Das Szepter der Artistenfakultät ist aus zum Teil vergoldetem<br />
Silber gefertigt. Es ist das Abzeichen jener Fakultät, die im Mittelalter<br />
alle Studenten besuchen mussten, ehe sie ein Studium<br />
in den oberen Fakultäten der Theologie, der Medizin oder der<br />
Jurisprudenz beginnen konnten. Der rund 120 Zentimeter lange<br />
Stab trägt die Marke des aus Prag stammenden Ingolstädter<br />
Goldschmieds Michael Freytag, die Datierung 1642, sowie die<br />
Ingolstädter Beschaumarke. Die Beschaumarke garantiert die<br />
handwerkliche Qualität des Stückes und den Reinheitsgehalt des<br />
verwendeten Edelmetalls. Der Kopf des Szepters besteht aus<br />
einem von vier spiralförmigen Säulen getragenen Baldachin.<br />
Unter diesem knien vor der Madonna mit dem Kinde die heilige<br />
Katharina von Siena, Patronin der Artistenfakultät, und ein<br />
Gelehrter, möglicherweise Wilhelm <strong>Ludwig</strong> Benz, der damals<br />
Rektor der <strong>Universität</strong> war.<br />
Das Szepter der oberen drei Fakultäten stammt vom selben<br />
Künstler und ist aus dem gleichen Material, trägt aber keine<br />
Datierung. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass es etwa zeitgleich<br />
mit dem Artistenszepter entstand. Unter dem sechssäuligen Baldachin<br />
befinden sich die Patrone der Fakultäten: die Evangelisten<br />
Lukas (Theologie) und Johannes (Medizin), sowie der heilige<br />
Ivo von Hélory (Jurisprudenz).<br />
An den meisten Hochschulen war es üblich, dem Rektor das Szepter<br />
zum Zeichen seiner Würde durch Amtsboten, so genannte<br />
Pedelle, voran tragen zu lassen. So wurden auch die beiden Szepter<br />
der LMU regelmäßig gezeigt. Im 20. Jahrhundert konnte man<br />
sie beispielsweise bei Rektoratswechseln sehen oder bei öffentlichen<br />
Festumzügen, etwa 1926 zur 100-Jahr-Feier der <strong>Universität</strong><br />
in <strong>München</strong>. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten<br />
Weltkrieg wurden die Szepter vom Münchner Goldschmied Luitpold<br />
Pirzl restauriert. Heute präsentiert der Pedell die Schmuckstücke<br />
nur noch bei wenigen Anlässen, etwa bei der Doktorandenfeier<br />
der Sozialwissenschaftlichen Fakultät. ■ oh<br />
MUM 01 | 2004 KUNSTSCHÄTZE<br />
29
NEUES WISSEN<br />
BRAUCHT<br />
DAS LAND!<br />
»Wie kann man denken ohne Bücher?« fragte schon der Schriftsteller George<br />
Bernard Shaw. Dasselbe fragen sich heute unsere Studierenden, die unter dem<br />
Sparzwang der Hochschulbibliotheken leiden. Wegen überproportionaler<br />
Kostensteigerungen können immer weniger neue Bücher gekauft werden,<br />
immer mehr wissenschaftliche Zeitschriften müssen abbestellt werden. Die<br />
Lage ist besorgniserregend: Bundesweit fehlen jährlich rund 50 Millionen Euro.<br />
Diese Bibliothekskrise gefährdet die Ausbildung des gesamten akademischen<br />
Nachwuchses. Hier setzt »Ex Libris – Wissen schaffen« als erstes Spendenprojekt<br />
zugunsten aller deutschen Hochschulen an. Denn private Unterstützung<br />
tut jetzt not.<br />
Wir wenden uns daher mit der Bitte an Sie, diese Aktion zu unterstützen. Sie<br />
haben die Chance, mit einer Spende gezielt die Fakultät Ihrer Alma mater<br />
unkompliziert zu unterstützen – und vielleicht wieder Kontakt zu Ihren<br />
ehemaligen Professoren und Kommilitonen zu knüpfen. Ihre Hochschule,<br />
aber vor allem die jungen Menschen, die hier studieren, werden es Ihnen danken.<br />
Und mit Ihrer Hilfe ebenso wie Sie von einem soliden Studium profitieren.<br />
»Der Studienabschluss ist der Anfang einer neuen<br />
Beziehung, die nicht aufhört und von der beide,<br />
die <strong>Universität</strong> und ihre Absolventen, Gewinn<br />
haben können.«<br />
Lord Ralf Dahrendorf<br />
»In der neuen globalen Wissensgesellschaft wird<br />
es immer stärker darauf ankommen, schnell über<br />
bestimmte Informationen<br />
verfügen zu können.«<br />
Lothar Späth<br />
»Wohl dem, der seiner Leser gern gedenkt.<br />
(frei nach Goethe)«<br />
Marcel Reich-Ranicki<br />
Schirmherr: Bundespräsident Dr. Johannes Rau<br />
Kuratorium: Lord Ralf Dahrendorf, Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe,<br />
Dr. Gerd-Winand Imeyer, Gerd Köhler, Dr. Wilhelm Krull, Prof. Dr. Klaus<br />
Landfried, Prof. Dr. Wolf Lepenies, Prof. em. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Maier, Dr.<br />
med. Frank Ulrich Montgomery, Prof. Dr. Marcel Reich-Ranicki, Dr. Georg<br />
Ruppelt, Dr. h. c. Lothar Späth, Prof. em. Dr. H. G. Zachau<br />
Wissen für morgen schaffen<br />
Unterstützen Sie bitte Ihre Hochschule und Ihren<br />
Fachbereich. Zum Dank wird jedes Buch, das durch<br />
Ihre Hilfe neu erworben werden konnte, mit einem<br />
Ex-Libris versehen, das Ihren Namen trägt.<br />
Natürlich können Sie auch anonym spenden. Über<br />
Standort und Titel Ihrer neuen Buchtitel<br />
informieren wir Sie.<br />
Den Juristennachwuchs<br />
fördern<br />
Ihre Spende ist steuerlich voll absetzbar und wird<br />
gemäß Ihren Wünschen verwandt. Bitte geben Sie<br />
bei Ihrer Überweisung die Hochschule und den<br />
Fachbereich an, den Sie fördern wollen.<br />
Spenden Sie an: Wissen schaffen e.V.<br />
Kontonummer: 42 208 208<br />
Postbank Hamburg BLZ: 200 100 20<br />
Hotline Tel: 040- 227 15 545<br />
Hotline Fax: 040- 227 15 508<br />
www.wissenschaffen.de<br />
info@wissenschaffen.de<br />
Antwortcoupon<br />
An: Wissen schaffen e.V., Postfach 131010, 20110 Hamburg<br />
Name<br />
Straße<br />
W i s s e n s c h a f f e n<br />
PLZ/Ort<br />
Ich spende für folgende Hochschule:<br />
Fachbereich:<br />
Ich möchte mehr Informationen, bitte rufen Sie<br />
mich an:
Die Antwort auf dieses Problem gibt die Frage selbst. Denn<br />
Studiengebühren ermöglichen ein besseres Bildungsangebot.<br />
Bürdet man den Studenten einen gewissen Semesterbeitrag<br />
auf, der direkt an die <strong>Universität</strong>en fließt und nicht in den Säckeln<br />
der Länder bzw. des Bundes versickert, dann stünden unseren zugegebenermaßen<br />
überlasteten Hochschulen viele verschlossene<br />
Wege offen.<br />
Beispielsweise könnten neue Lehrmittel für die Bibliotheken angeschafft<br />
werden, die auf Grund extrem hoher Kosten für die ebenfalls<br />
wichtigen Zeitschriftenanschaffungen im Buchbestand sehr ausgedünnt<br />
sind. Viele Kommilitonen<br />
klagen über verschollene Bücher,<br />
auf Nachfragen lautet die Antwort<br />
fast immer: „Wir haben nicht<br />
genug Geld“. Des Weiteren könnte<br />
die Uni mehr Dozenten und Professoren<br />
einstellen, anstatt das<br />
Verhältnis Student – Lehrkörper<br />
immer mehr zuzuspitzen. Die Folge<br />
wären weniger überfüllte Hörsäle<br />
und kleinere Seminargruppen,<br />
in denen ein besseres Klima<br />
für wissenschaftliches Arbeiten<br />
und Lernen ermöglicht würde.<br />
Das gewichtigste Gegenargument,<br />
nämlich dass Studiengebühren<br />
das Studium zu einem Privileg<br />
der besser Betuchten<br />
machen würden, ließe sich sicher<br />
entkräften. Ein Versuch in diese<br />
Richtung ist das Modell der TU<br />
<strong>München</strong>, die sich für die Einrichtung<br />
eines „Bildungsfonds“ eingesetzt<br />
und mit Hilfe eines Finanzdienstleisters<br />
jetzt einen ersten<br />
Vorstoß mit 50 Fonds-Plätzen verwirklicht<br />
hat. Dank der Experi-<br />
mentierklausel im Bayerischen Hochschulgesetz ist dies in Bayern<br />
möglich. Aus diesem Fonds soll weniger vermögenden Studenten ein<br />
„Ex-Post-Kredit“ zur Verfügung gestellt werden, der nach Beendigung<br />
des Studiums vom Gehalt zurückgezahlt werden muss. Dadurch soll<br />
auch die Studiendauer sinken, da ein schnell durchgezogenes Studium<br />
später weniger kostet. Das Argument der Schuldenangst lässt sich<br />
ebenso entkräften. Zitat aus der Süddeutschen Zeitung vom 1. März<br />
2003: „…bei einem jährlichen Gebührensatz von 2500 Euro würden<br />
sich Darlehenszinsen und das Ausfallsrisiko bei der Rückzahlung bundesweit<br />
auf 900 Millionen Euro belaufen. Das könnte jede Sparkasse<br />
übernehmen, auch der Staat könnte mitfinanzieren…“ Grundvoraussetzung<br />
für dieses Modell wäre aber die Änderung des Hochschulrahmengesetzes,<br />
das derzeit noch Studiengebühren verbietet. Zukünftig<br />
müssten Bund und Länder den<br />
Hochschulen eine vollständige finanzielle<br />
Eigenverwaltung zugestehen,<br />
jedoch ohne dass staatliche Zuschüsse<br />
ausblieben. Ein Problem, an dem<br />
die Hochschulreform scheitern<br />
könnte, denn alle Gedankengänge<br />
nützen nichts, wenn sie am Widerstand<br />
der Politik scheitern. ■<br />
1 Markus Michalek, 23 Jahre,<br />
studiert im vierten Semester NdL,<br />
Politische Wissenschaft und<br />
Sinologie an der LMU<br />
In der Presse kann man bereits seit einigen Jahren die<br />
ständige Diskussion um die Einführung von Studiengebühren<br />
verfolgen. Doch nie war die Debatte so aktuell. Durch die<br />
radikalen Einsparungen in der Bildungspolitik hat man die Betroffenen<br />
für Veränderungen an den deutschen Hochschulen sensibilisiert.<br />
Man nutzt nun die „Gunst der Stunde” und bietet das<br />
Konzept des gebührenpflichtigen Studiums als Allheilmittel gegen<br />
die Finanznöte der Hochschulen an. Fraglich ist jedoch, ob die aus<br />
Studentenbörsen kommenden Beträge wirklich für die Hochschulen<br />
eingesetzt werden oder ob sonstige Finanzlöcher damit<br />
gestopft werden sollen.<br />
Dank des (noch) bestehenden<br />
Hochschulrahmengesetzes, das<br />
PRO + CONTRA<br />
„BRAUCHEN WIR<br />
STUDIENGEBÜHREN?“<br />
Vor allem Bundes- und Landespolitiker liefern sich derzeit dogmatische<br />
Gefechte über Sinn und Unsinn von Studiengebühren.<br />
Aber was halten eigentlich die Betroffenen selbst<br />
davon? Eine forsa-Umfrage zeigte Ende 2003 eine erstaunliche<br />
Tendenz: 59 Prozent der befragten Studierenden votierten für<br />
die Einführung von Studiengebühren von etwa 500 Euro pro<br />
Semester, wenn diese der jeweiligen Hochschule zugute kommen<br />
und durch Darlehen finanziert werden können. 41 Prozent<br />
lehnten jegliche Gebühren ab. Auch an der LMU gehen<br />
die Meinungen über Studiengebühren unter den Studierenden<br />
auseinander.<br />
Gebühren für ein Erststudium<br />
untersagt, ist jedem unabhängig<br />
von der finanziellen Situation der<br />
Zugang zur Hochschule möglich.<br />
Vor gut zwei Jahren wurde der<br />
Gedanke des für alle zugänglichen<br />
Hochschulstudiums durch<br />
die BAföG-Reform unterstützt.<br />
Dadurch kommen mehr Studenten<br />
als zuvor in den Genuss einer<br />
staatlichen Studienbeihilfe. Ein<br />
Studium für Studenten aus sozial<br />
schwächeren Familien wurde<br />
attraktiver und leichter realisierbar<br />
gemacht.<br />
Mit der Einführung von Studiengebühren<br />
wäre eben diese Gruppe<br />
wieder benachteiligt. Allein die<br />
zusätzlichen Kosten wirken auf<br />
viele abschreckend. Eine Selektion<br />
wird somit nicht durch Befähigung<br />
und Interesse an einem<br />
Fach wirksam, sondern es entscheiden<br />
vor allem die finanziellen<br />
Möglichkeiten des Elternhauses.<br />
Auch die bisher vorgeschlagenen Rückzahlungsmodelle der<br />
Gebühren für Finanzschwache überzeugen nicht. Für sozial schwache<br />
Studenten, die am Ende ihres Studiums bereits ihre BAföG-Schulden<br />
zu tilgen haben, wächst der Schuldenberg weiter an. Der Start<br />
in das Berufsleben mit aus dem Studium resultierenden finanziellen<br />
Verpflichtungen und einem relativ geringen Einkommen – nach<br />
Abzug von Steuern, Abgaben, Tilgungsraten für Studiengebühren<br />
und BAföG-Schulden – erschwert den Aufbau einer eigenen Existenz.<br />
Folglich müssen Studenten neben dem Studium noch mehr arbeiten,<br />
um die Mehrkosten überschaubar zu halten. Für viele Studenten ist<br />
dies jedoch bereits Realität, damit die Kosten für Lebensunterhalt<br />
und Studienmaterialien gedeckt werden können. Letztlich bleibt die<br />
Frage, wann eigentlich noch Zeit für<br />
das Wesentliche bleibt, nämlich das<br />
Studium. Das soll schließlich innerhalb<br />
der Regelstudienzeit absolviert<br />
werden. Ob dem eigentlichen Ziel<br />
von Gebühren – nämlich der Qualitätssteigerung<br />
der Ausbildung –<br />
auf diese Weise gedient wird, ist<br />
zweifelhaft. ■<br />
1 Bernadette Landwehr, 25 Jahre,<br />
studiert im vierten Semester<br />
Amerikanische Kulturgeschichte,<br />
BWL und Psychologie an der LMU<br />
MUM 01 | 2004 FORUM<br />
31
MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />
32<br />
NEUBERUFEN<br />
1 Prof. Dr. Thomas Carell<br />
1 Prof. Dr. Reiner Leidl<br />
■ PROF. DR. THOMAS CARELL<br />
Fakultät für Chemie und Pharmazie<br />
Seit Januar 2004 ist Thomas Carell, Jahrgang 1966,<br />
Lehrstuhlinhaber für Organische Chemie an der<br />
LMU. Er ist der jüngste Träger des Leibniz-Forschungspreises<br />
im Jahr 2004 (vgl. Preise & Ehrungen,<br />
S. 34). Carell studierte in Münster und Heidelberg,<br />
war im Postdoktorat am MIT (USA) und<br />
arbeitete dann als Nachwuchsgruppenleiter an der<br />
ETH Zürich. Er war Kekulé-, Liebig- und Dozentenstipendiat<br />
des Fonds der Chemischen Industrie.<br />
2002 gab Carell am Technion in Haifa die David<br />
Ginsburg Memorial Lecture und wird dort in diesem<br />
Jahr auch Lady Davis Gastprofessor sein. Thomas<br />
Carell beschäftigt sich in seiner Forschung mit<br />
Nukleinsäuren, DNA und Zuckermolekülen. Dabei<br />
interessieren ihn vor allem DNA-Reparaturprozesse,<br />
die für den Erhalt der genetischen Information<br />
in allen Zellen von zentraler Bedeutung sind.<br />
■ PROF. DR. REINER LEIDL<br />
Fakultät für Betriebswirtschaft<br />
Im September 2003 hat Reiner Leidl den neu<br />
gegründeten Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie<br />
und Management im Gesundheitswesen übernommen.<br />
In Personalunion leitet er das gleichnamige<br />
Institut am GSF-Forschungszentrum für Umwelt<br />
und Gesundheit in Neuherberg. Leidl wurde 1956<br />
in <strong>München</strong> geboren. Nach dem Studium der Volkswirtschaft<br />
und Promotion an der LMU forschte er<br />
zehn Jahre am GSF-Institut für Medizinische Informatik<br />
und Systemforschung, zuletzt als Leiter der<br />
Arbeitsgruppe Gesundheitssystemanalyse. 1992<br />
wurde er auf den Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie<br />
der <strong>Universität</strong> Maastricht, Niederlande, berufen.<br />
1996 folgte er dem Ruf auf einen Lehrstuhl mit<br />
gleichem Fachgebiet der <strong>Universität</strong> Ulm. Leidl<br />
interessiert sich besonders für die Beurteilung der<br />
Wirtschaftlichkeit von medizinischen Leistungen,<br />
für die empirische Analyse von Gesundheitssystemen<br />
sowie für Managementfragen in der Krankenversicherung<br />
und der Gesundheitsversorgung.<br />
■ PROF. DR. CHRISTIAN K. LACKNER<br />
Medizinische Fakultät<br />
Seit September 2003 ist Christian K. Lackner Professor<br />
für Notfallmedizin und Medizinmanagement<br />
am Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement<br />
(INM) des Klinikums der <strong>Universität</strong><br />
<strong>München</strong>. Lackner wurde 1961 in <strong>München</strong> geboren.<br />
Nach einer Marketing-Ausbildung folgte 1984<br />
das Studium der Humanmedizin in Budapest, an<br />
der LMU sowie in Los Angeles, San Francisco und<br />
Portland, Oregon. Hieran schloss sich ab 1990 die<br />
Weiterbildung zum Chirurgen und die Habilitation<br />
an der LMU an. Lackners Arbeitsschwerpunkte liegen<br />
im prä- und akutklinischen Trauma-Management,<br />
dem Qualitäts- und Riskmanagement in der<br />
(Akut)Medizin sowie dem Qualitätsmanagement in<br />
der Lehre (insbesondere Neue Medien). Er ist Geschäftsführer<br />
im Vorstand des Instituts für Notfallmedizin<br />
und Medizinmanagement des Klinikums<br />
der LMU.<br />
■ PROF. DR. BENEDIKT GROTHE<br />
Fakultät für Biologie<br />
Seit Oktober 2003 ist Benedikt Grothe Inhaber des<br />
Lehrstuhls für Neurobiologie am Department Biologie<br />
II. Er studierte Biologie an der LMU und promovierte<br />
hier 1990. Anschließend war er für ein<br />
Jahr wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum<br />
Mensch und Natur. Danach arbeitete er als Postdoktorand<br />
an der University of Texas und an der<br />
New York University. Von 1994 bis 1998 war er<br />
Wissenschaftlicher Assistent am Zoologischen<br />
Institut der LMU, wo er auch habilitierte. Von 1999<br />
bis 2003 war er Leiter einer Arbeitsgruppe am<br />
Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried.<br />
Grothe befasst sich vor allem mit der Analyse<br />
der Zeitstruktur von Schallen bzw. der Erforschung<br />
der neuronalen Verarbeitung dieser Zeitanalyse<br />
von Schallen auf der ersten Ebene der Hörverarbeitung<br />
im Gehirn von Säugetieren.<br />
■ PROF. DR. ARNDT BORKHARDT<br />
Medizinische Fakultät<br />
Arndt Borkhardt ist seit November 2003 Professor<br />
für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie sowie<br />
Leiter der gleichnamigen Abteilung im Dr. von<br />
Haunerschen Kinderspital. Er wurde 1963 geboren.<br />
Nach dem Studium der Medizin in Magdeburg<br />
absolvierte er seine Ausbildung zum Facharzt für<br />
Kinderheilkunde in der Kinderklinik der <strong>Universität</strong><br />
Gießen. Anschließend war Borkhardt dort zunächst<br />
Oberarzt für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin,<br />
bevor er 1999 als Oberarzt in die Pädiatrische<br />
Hämatologie und Onkologie wechselte und<br />
habilitierte. Ein aktuelles Forschungsprojekt befasst<br />
sich mit der Anwendung der RNA Interferenz<br />
als gentherapeutischer Methode.<br />
■ PROF. DR. SABINE HELLEVI DÄBRITZ<br />
Medizinische Fakultät<br />
Seit November 2003 ist Sabine Hellevi Däbritz, die<br />
1960 in Finnland geboren wurde, Professorin für<br />
Herzchirurgie im Klinikum Großhadern. Mit 23<br />
Jahren schloss sie ihr Medizinstudium an der <strong>Universität</strong><br />
Köln als jüngste Ärztin Deutschlands ab.<br />
1984 bis 1989 war sie in der Chirurgischen und<br />
Gefäßchirurgischen Klinik in Remscheid tätig, unterbrochen<br />
von einem halben Jahr im Städtischen<br />
Zentralkrankenhaus in Hämeenlinna in Finnland.<br />
1989 bis 1998 arbeitete sie im Klinikum Aachen,<br />
seit 1990 als Oberärztin in der Herzchirurgie. Dort-
arbeitete sie mit an der Entwicklung neuer Herzklappen.<br />
1998 nahm Däbritz das Angebot einer<br />
Oberarztstelle der Harvard Medical School in<br />
Boston an. 1999 wechselte sie an die LMU, wo sie<br />
2001 habilitierte. Däbritz ist zurzeit die einzige Professorin<br />
für Herzchirurgie in Deutschland.<br />
■ PROF. DR. UWE WAGSCHAL<br />
Sozialwissenschaftliche Fakultät<br />
Uwe Wagschal, Jahrgang 1966, ist seit Oktober<br />
2003 Professor für Empirische Politikforschung<br />
und Policy Analysis am Geschwister-Scholl-Institut<br />
für Politische Wissenschaft. Er studierte Politikwissenschaft<br />
und VWL an der <strong>Universität</strong> Heidelberg,<br />
wo er 1996 auch promovierte. Danach war<br />
er als Wissenschaftlicher Assistent an den <strong>Universität</strong>en<br />
Heidelberg und Bremen tätig. Er nahm Forschungsaufenthalte<br />
wahr, die ihn nach London,<br />
Amsterdam, Hull und Colchester führten. Von 2001<br />
bis zu seinem Wechsel an die LMU war er Senior<br />
Political Scientist und Senior Economist bei dem<br />
Schweizer Think Tank Avenir Suisse in Zürich.<br />
Wagschals Forschungsschwerpunkte sind unter<br />
anderem die Steuerreformaktivitäten westlicher<br />
Industrieländer und die Wahl- und Parteiensysteme<br />
in OECD-Ländern.<br />
■ PROF. DR. CHRISTIAN BÖHM<br />
Fakultät für Mathematik, Informatik und<br />
Statistik<br />
Christian Böhm ist seit Oktober 2003 Professor für<br />
Praktische Informatik am Institut für Informatik.<br />
Geboren 1968 studierte er Informatik an der TU<br />
<strong>München</strong>. Die Promotion (1998) und Habilitation<br />
(2001) erfolgten an der LMU. Von 2001 bis zu seiner<br />
Berufung nach <strong>München</strong> hatte er eine Professur<br />
an der Privaten <strong>Universität</strong> für Medizinische<br />
Informatik und Technik Tirol inne. In Forschung<br />
und Lehre vertritt Böhm das Fach Datenbanksysteme<br />
mit den Schwerpunkten Ähnlichkeitssuche<br />
(Content based Similarity Search) und Data Mining.<br />
Mit den von ihm entwickelten Optimierungstechniken<br />
werden Anwendungsgebiete wie Bild-, CADund<br />
Videodatenbanken, Biometriedatenbanken,<br />
aber auch medizinische Anwendungsgebiete wie<br />
die Röntgen- und Kernspintomographie unterstützt.<br />
■ PROF. DR. ANDREAS WOLLBOLD<br />
Katholisch-Theologische Fakultät<br />
Zum Oktober 2003 hat Andreas Wollbold, geboren<br />
1960, seine Professur für Pastoraltheologie angetreten.<br />
Er studierte katholische Theologie unter<br />
anderem an der Theologischen Fakultät Trier. 1982<br />
erfolgte die Diakonen- und 1984 die Priesterweihe<br />
für das Bistum Trier. 1993 promovierte er in Pastoraltheologie<br />
an der Theologischen Fakultät Trier<br />
und war 1994 Visiting Scholar an der University of<br />
Notre Dame. 1997 habilitierte er an der <strong>Universität</strong><br />
Freiburg. Danach war er Professor für Pastoraltheologie<br />
und Religionspädagogik am Philosophisch-Theologischen<br />
Studium Erfurt, von 1999 bis<br />
2001 war er dort Rektor. Wollbolds Lehrgebiet<br />
erstreckt sich auf die gesamte Pastoraltheologie,<br />
Homiletik und Religionspädagogik. Derzeitige Forschungsprojekte<br />
beziehen sich auf Gottebenbildlichkeit<br />
als Leitbild seelsorglichen Handelns, auf die<br />
Pastoral der Sakramente der Initiation und auf weltpriesterliche<br />
Spiritualität und Lebensstile.<br />
■ PROF. DR. RAYMOND VOLTZ<br />
Medizinische Fakultät<br />
Raymond Voltz hat im Juli 2003 seine Professur für<br />
Onkologische Neuroimmunologie angetreten. Geboren<br />
1963, studierte er Medizin in <strong>München</strong>, Birmingham,<br />
London und New York und promovierte<br />
1991 auf dem Gebiet der Tumorimmunologie. Im<br />
Anschluss absolvierte er bis 2000 die Facharztausbildung<br />
in Neurologie in <strong>München</strong>. Parallel dazu<br />
erhielt er Forschungsstipendien für Aufenthalte am<br />
Max-Planck-Institut für Neurobiologie, Martinsried<br />
und am Memorial Sloan Kettering Cancer Center,<br />
New York. Er habilitierte im Jahr 2000 auf dem<br />
Gebiet paraneoplastischer neurologischer Erkrankungen.<br />
Die Diagnostik, Therapie und Erforschung<br />
der Pathogenese dieser Erkrankungen ist auch<br />
Schwerpunkt seiner Arbeitsgruppe.<br />
■ PROF. DR. SUSANNE CREWELL<br />
Fakultät für Physik<br />
Susanne Crewell, Jahrgang 1964, hat zum Februar<br />
2004 ihre Professur für Experimentelle Meteorologie<br />
angetreten. Sie studierte am Institut für Meereskunde<br />
in Kiel und promovierte 1993 am Institut<br />
für Umweltphysik in Bremen, wo sie bis 1994 als<br />
Postdoc tätig war. Die Forschung zu den Abbaumechanismen<br />
des stratosphärischen Ozons führte<br />
sie 1994 bis 1996 an die State University of New<br />
York. Anschließend arbeitete sie am Meteorologischen<br />
Institut in Bonn, wo sie 2002 habilitierte.<br />
Crewell leitet die Arbeitsgruppe für Strahlung und<br />
Fernerkundung des Meteorologischen Instituts.<br />
Ihre Forschungsaktivitäten sind auf ein verbessertes<br />
Verständnis von Wolken- und Niederschlagsprozessen<br />
ausgerichtet, um so die Sicherheit von<br />
Klimaprognosen zu erhöhen und die aktuelle Wettervorhersage<br />
– insbesondere von Niederschlag –<br />
zu verbessern.<br />
■ PROF. DR. MARTIN REINCKE<br />
Medizinische Fakultät<br />
Seit Februar 2004 hat Martin Reincke den Lehrstuhl<br />
Innere Medizin inne und ist Direktor der Medizinischen<br />
Klinik in der Ziemssenstraße. Reincke, Jahrgang<br />
1959, studierte von 1978 bis 1985 Humanmedizin<br />
in Heidelberg und Köln. Nach klinischer<br />
Ausbildung und zweijähriger Forschungstätigkeit<br />
in den USA arbeitete er seit 1992 an der <strong>Universität</strong><br />
Würzburg, wo er 1994 seinen Facharzt machte und<br />
sich 1995 habilitierte. Bevor Reincke den Ruf nach<br />
<strong>München</strong> erhielt, war er sechs Jahre lang Leiter der<br />
Endokrinologie/Diabetologie an der Medizinischen<br />
Klinik der <strong>Universität</strong> Freiburg. Seine wissenschaftlichen<br />
Schwerpunkte liegen in den Bereichen<br />
Nebennierenerkrankungen, Hypophysenerkrankungen,<br />
Diabetes, Osteoporoseforschung sowie<br />
Hormonersatztherapie.<br />
1 Prof. Dr. Susanne Crewell<br />
1 Prof. Dr. Martin Reincke<br />
MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />
33
MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />
34<br />
PREISE & EHRUNGEN<br />
1 Milada Vysoka, M.A.<br />
1 Dr. Bürger, PD Dr. Hampel (li.)<br />
■ LMU-STUDENTIN ERHÄLT<br />
BMW GROUP FORSCHUNGSPREIS<br />
Für ihre Magisterarbeit über die „Zusammenhänge<br />
zwischen somatoformen Symptomen und<br />
Sprachbeherrschung bei ausländischen Patienten<br />
mit geringen Sprachkenntnissen“ im Fach Deutsch<br />
als Fremdsprache hat die Studentin Milada Vysoka<br />
den „BMW Group Award für Interkulturelles<br />
Lernen“ erhalten. Der Preis ist mit 5.000 Euro<br />
dotiert. Die 29-jährige Slowakin ging in ihrer Studie<br />
der Frage nach, inwiefern Sprachunterricht<br />
den Genesungsprozess von Patienten mit Migrationshintergrund<br />
verbessern kann. Dabei wurde<br />
sie von Professor Jörg Roche (Deutsch als Fremdsprache)<br />
fachlich betreut und in medizinischen<br />
Fragen von Professor Manfred Grohnfeldt und Dr.<br />
K. J. Zander beraten. Zudem wurde die Studentin<br />
von einer Reihe ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen<br />
unterstützt. Die BMW-Jury lobte besonders „Originalität,<br />
Innovationspotenzial und Reichweite der<br />
Erkenntnisse“. Die Ergebnisse, so die Juroren, seien<br />
„ausgesprochen eindrucksvoll und richtungweisend<br />
für die Zukunft“.<br />
■ HIRNLIGA-FORSCHUNGSPREIS FÜR<br />
ALZHEIMER-FRÜHERKENNUNG<br />
Dr. Katharina Bürger und PD Dr. Harald Hampel<br />
von der Forschergruppe Demenzen und neurochemische<br />
Marker des Alzheimer Gedächtniszentrums<br />
der Psychiatrischen Klinik haben für ihre<br />
Arbeiten über die Substanz Phosphotau den mit<br />
12.500 Euro dotierten Forschungspreis der Hirnliga<br />
e.V. erhalten. Phosphotau, ein möglicher Biomarker<br />
der Alzheimer-Demenz, erlaubt mit sehr<br />
hoher Treffsicherheit die Diagnose der Alzheimererkrankung<br />
in Abgrenzung zu anderen Demenzerkrankungen.<br />
Die Hirnliga ist die Vereinigung der<br />
deutschen Alzheimerforscher.<br />
■ PROFESSOREN CARELL UND SOLL<br />
ERHALTEN LEIBNIZ-PREIS 2004<br />
Prof. Dr. Thomas Carell, seit Januar 2004 Lehrstuhlinhaber<br />
für Organische Chemie, und Prof. Dr.<br />
Jürgen Soll, Lehrstuhlinhaber für Molekulare Zellbiologie<br />
der Pflanzen, haben den Förderpreis des<br />
Gottfried Wilhelm Leibniz-Programms der Deutschen<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) 2004 erhalten.<br />
Der renommierteste deutsche Förderpreis für<br />
die Forschung, der mit 1,55 Millionen Euro dotiert<br />
ist, wurde Ende Februar 2004 in Berlin an insgesamt<br />
elf Wissenschaftler verliehen. Der 1966 in<br />
Herford geborene Thomas Carell ist der jüngste<br />
Träger des Leibniz-Preises 2004. „Carell verkörpert<br />
den Idealfall eines modernen präparativen<br />
Chemikers“, erläutert die DFG ihre Entscheidung.<br />
„Seine Arbeitsweise ist hochgradig interdisziplinär<br />
und spannt den Bogen von der Synthese zur<br />
Biologie bis hin zur Medizin.“<br />
Prof. Soll teilt sich den Leibniz-Preis mit dem Freiburger<br />
Forscher Prof. Nikolaus Pfanner. In der<br />
Würdigung von Jürgen Soll heißt es: „Herr Soll ist<br />
mit seiner Arbeitsgruppe auf dem Gebiet des Proteinimports<br />
in Chloroplasten national wie international<br />
führend.“ Prof. Soll und Prof. Pfanner<br />
„ergänzen sich mit ihren Arbeiten in hervorragender<br />
Weise und führen ein hochkompetitives<br />
und zukunftsweisendes Gebiet der molekularen<br />
Zellbiologie an“.<br />
■ PROFESSOR HUISGEN ERHÄLT PREIS DER<br />
SCIENTIFIC PARTNERSHIP FOUNDATION<br />
Prof. em. Rolf Huisgen von der Fakultät für Chemie<br />
und Pharmazie der LMU hat bei der „Second<br />
International Conference on Chemistry and Biological<br />
Activity of Oxygen- and Sulfur-Containing<br />
Heterocycles” im Oktober 2003 in Moskau eine<br />
Goldmedaille von der „Scientific Partnership<br />
Foundation” erhalten. Ausgezeichnet wurde er für<br />
seine hervorragenden Forschungs- und Kooperationsleistungen<br />
(„for Contribution to World Science<br />
and International Scientific Collaboration“).<br />
■ FORSCHEREHEPAAR ERHÄLT DEN<br />
DEUTSCHEN PSYCHOLOGIE-PREIS 2003<br />
Das <strong>München</strong>er Psychologenpaar Prof. Dr. Norbert<br />
Bischof und Privatdozentin Dr. Doris Bischof-<br />
Köhler haben den Deutschen Psychologie-Preis<br />
2003 erhalten. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie<br />
verlieh den mit 5.000 Euro dotierten Preis<br />
gemeinsam mit der Christoph-Dornier-Stiftung<br />
und dem Bund Deutscher Psychologinnen und<br />
Psychologen erstmals an ein Forscherehepaar.<br />
Prof. Bischof ist Honorarprofessor im Department<br />
Psychologie an der LMU, seine Frau arbeitet als<br />
Privatdozentin im selben Department. Die<br />
Preisträger gehören laut Jury zu den bedeutendsten<br />
deutschsprachigen Psychologen.<br />
■ VERDIENSTKREUZ AM BANDE<br />
FÜR PROFESSOR MILLER<br />
Prof. Dr. Hubert Miller, Sektion Geologie, Fakultät<br />
für Geowissenschaften, hat in Anerkennung<br />
besonderer Verdienste um Volk und Staat das Verdienstkreuz<br />
am Bande, den Verdienstorden der<br />
Bundesrepublik Deutschland, erhalten.<br />
■ PROFESSOR HUBER ALS<br />
SACHVERSTÄNDIGER BERUFEN<br />
Prof. Dr. Peter M. Huber, Lehrstuhl für Öffentliches<br />
Recht und Staatsphilosophie, Juristische<br />
Fakultät, ist von Bundestag und Bundesrat als<br />
Sachverständiger in die Kommission von Bundestag<br />
und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen<br />
Ordnung berufen worden.
■ PROFESSOR RIETHMÜLLER ERHÄLT<br />
AUSZEICHNUNG FÜR KREBSFORSCHUNG<br />
Die Jacqueline Seroussi Foundation for Cancer<br />
Research hat Prof. em. Gert Riethmüller vom Institut<br />
für Immunologie mit einem Preis für seine<br />
Krebsforschung ausgezeichnet. Der mit 150.000<br />
US-Dollar dotierte Preis würdigt Prof. Riethmüllers<br />
jahrelange Arbeit zur frühen Metastasierung<br />
des Krebses, insbesondere für die Entwicklung<br />
von Methoden zur Entdeckung und Therapie von<br />
so genannten Samenzellen.<br />
■ PROFESSOR MAYR ERHÄLT POLNISCHEN<br />
HUMBOLDT-PREIS<br />
Prof. Dr. Herbert Mayr ist von der Foundation for<br />
Polish Science die „Alexander von Humboldt<br />
Honorary Research Fellowship“ verliehen worden.<br />
Der Professor für Organische Chemie erhielt die<br />
Auszeichnung für seine Arbeiten zur Quantifizierung<br />
Organischer Reaktivität. Der Preis ist als polnisches<br />
Äquivalent zum Forschungspreis der deutschen<br />
Alexander von Humboldt-Stiftung konzipiert<br />
und soll die Kooperation des Preisträgers mit<br />
polnischen Wissenschaftlern intensivieren.<br />
■ 16. EHRENDOKTORTITEL FÜR<br />
PROFESSOR HELLBRÜGGE<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Theodor Hellbrügge, Prof.<br />
em. für Sozialpädiatrie der LMU, ist von der Ukrainischen<br />
Freien <strong>Universität</strong> die Würde eines Doctor<br />
philosophiae honoris causa verliehen worden.<br />
Da dieser 16. Ehrendoktortitel ein philosophischer<br />
Ehrendoktor ist, stellt er für den Kinderarzt Hellbrügge<br />
eine Besonderheit dar und bedeutet eine<br />
Ehrung seiner wissenschaftlichen Programme, die<br />
inzwischen auf der ganzen Welt in der frühen Diagnostik<br />
von Entwicklungsrückständen verbreitet<br />
sind.<br />
■ PROFESSOR JOB WIRD MITGLIED DER<br />
AKADEMIE FÜR RAUMFORSCHUNG<br />
Hubert Job, Professor für Wirtschaftsgeographie<br />
und Tourismusforschung an der Fakultät für<br />
Betriebswirtschaft, ist zum Ordentlichen Mitglied<br />
der Akademie für Raumforschung und Landesplanung<br />
(ARL) berufen worden. Die ARL ist eine<br />
raumwissenschaftliche Einrichtung für die<br />
grundlagen- und anwendungsbezogene Forschung<br />
mit Sitz in Hannover und gehört der Leibniz-Gemeinschaft<br />
an.<br />
■ GEORG HEBERER AWARD FÜR ERFOLG<br />
IM KAMPF GEGEN DEN KREBS<br />
Dr. med. Markus Guba hat den Georg Heberer<br />
Award für die Entdeckung der Rolle eines Medikaments<br />
zur Immunsuppression bei Organtransplantationen<br />
als Mittel im Kampf gegen den Krebs<br />
erhalten. Die LMU verlieh den von der US-amerikanischen<br />
Chiles Foundation ausgelobten Preis im<br />
Rahmen des 531. Stiftungsfestes der <strong>Universität</strong>.<br />
Der mit 25.000 US-Dollar dotierte Preis ist die derzeit<br />
höchstdotierte Auszeichnung für Chirurgische<br />
Forschung in Deutschland.<br />
■ AUSZEICHNUNGEN FÜR<br />
PROFESSOR GERBES<br />
Prof. Dr. A. L. Gerbes, Stellvertretender Direktor<br />
der Medizinischen Klinik und Poliklinik II – Klinikum<br />
Großhadern, ist zum Co-Editor-in-Chief des<br />
World Journal of Gastroenterology ernannt worden.<br />
Außerdem wurde Prof. Gerbes zum Mitglied<br />
der Assembly der United European Gastroenterology<br />
Foundation (UEGF) bestellt. Er ist bereits Mitglied<br />
des Scientific Committee der UEGF.<br />
■ AUSZEICHNUNGEN FÜR<br />
PROFESSOR MOULINES<br />
Prof. Dr. C. Ulises Moulines, Seminar für Philosophie,<br />
Logik und Wissenschaftstheorie, ist im Januar<br />
2004 vom französischen Minister für Bildung<br />
und Forschung zum stimmberechtigten Mitglied<br />
des Hochschulrats der Pariser Ecole Normale<br />
Supérieure (ENS) ernannt worden. Aufgabe dieses<br />
Rats ist es, über die wichtigsten wissenschaftspolitischen<br />
und haushaltsmäßigen Vorschläge<br />
des Direktoriums dieser Institution zu<br />
befinden und zu entscheiden. Nach der Satzung<br />
der ENS sollten stets zwei ausländische Professoren<br />
aus international anerkannten <strong>Universität</strong>en<br />
in den Hochschulrat gewählt werden, um die internationale<br />
Bindung der Institution zu sichern. Weiterhin<br />
hat die Bayerische Akademie der Wissenschaften<br />
Prof. Moulines zum ordentlichen Mitglied<br />
der Philosophisch-Historischen Klasse der Akademie<br />
gewählt.<br />
■ PROFESSOR WEIDENFELD IN BOARD DER<br />
AL-AKHAWAYN UNIVERSITY BERUFEN<br />
Prof. Dr. Werner Weidenfeld vom Centrum für<br />
Angewandte Politikforschung (CAP) ist von<br />
Mohammed VI., König von Marokko, in das Board<br />
of Trustees der Al-Akhawayn University in Ifrane<br />
berufen worden. Die <strong>Universität</strong> liegt zwischen Fez<br />
und Marrakesch und ist die international am<br />
besten vernetzte Hochschule Marokkos. Professor<br />
Weidenfelds Berufung würdigt auch das Engagement<br />
der Bertelsmann Stiftung in ihrem Projekt<br />
„Europa und der Nahe Osten“, das die Stiftung in<br />
langjähriger Kooperation mit dem CAP an der<br />
LMU durchführt.<br />
■ PREISTRÄGER DES BUSINESS PLAN<br />
WETTBEWERBS PRÄMIERT<br />
Die erste Stufe des <strong>München</strong>er Business Plan<br />
Wettbewerbs 2004, die so genannte „Ideas Creation“,<br />
ist im Februar an der LMU mit einer feierlichen<br />
Prämierung abgeschlossen worden. Von den<br />
insgesamt 21 teilnehmenden Teams wurden zwei<br />
als Preisträger bei einer Feierstunde im Senatssaal<br />
der LMU ausgezeichnet. Der mit 500 Euro<br />
dotierte erste Preis ging in der Kategorie „Idee von<br />
Wissenschaftlern“ an das Team „SpheroTec“ aus<br />
der Chirurgischen Klinik (Großhadern), in der<br />
Kategorie „Idee von Studierenden“ wurde das<br />
Team „MTG - Media Terminal Gesellschaft“ aus<br />
der BWL-Fakultät der LMU mit ebenfalls 500 Euro<br />
ausgezeichnet.<br />
1 Dr. med. Markus Guba<br />
1 Prof. Dr. Werner Weidenfeld<br />
MUM 01 | 2004 KÖPFE<br />
35
MUM 01 | 2004 SERVICE<br />
36<br />
TIPPS &<br />
TERMINE<br />
LESERBRIEFE<br />
ZUM EDITORIAL „EINE FRAGE DER MOTIVATION“<br />
VON PROF. FRIEDERIKE KLIPPEL IN MUM 04/2003<br />
■ FÖRDERUNG FÜR STUDIERENDE<br />
UND DOKTORANDEN<br />
Willkommene Finanzspritze für Studierende und<br />
Promovenden: Das Bayerische Staatsministerium<br />
für Wissenschaft, Forschung und Kunst stellt der<br />
LMU auch in diesem Jahr Mittel zur Verfügung,<br />
die an Studierende für Bücherkauf und den Druck<br />
ihrer Dissertation ausgezahlt werden können. Das<br />
Geld stammt aus dem Nachlass des Konsuls<br />
Oskar-Karl Forster. Das nach ihm benannte Stipendium<br />
kann bei der LMU beantragt werden.<br />
Gewährt werden Beträge von 100 bis 400 Euro als<br />
einmalige Hilfe zum Kauf von Büchern oder anderen<br />
Lernmitteln. Promovenden erhalten einen<br />
Druckkostenzuschuss für die Dissertation. Antragsteller<br />
müssen Studierende der LMU sein, die sich<br />
mindestens im zweiten Semester befinden und<br />
sowohl begabt als auch bedürftig sind - exakte Einkommensgrenzen<br />
und Notendurchschnitte sind<br />
vorgegeben.<br />
Die genauen Bedingungen für das Stipendium<br />
sind auf einem Antragsformular zusammengefasst,<br />
das im Stipendien-Referat der LMU erhältlich<br />
ist. Die Antragsunterlagen müssen bis Freitag,<br />
16. Juli 2004, abgegeben werden.<br />
LMU-Promovenden steht zudem Unterstützung<br />
nach dem bayerischen Gesetz zur Förderung des<br />
wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses<br />
zu. Neu- und Weiterförderungsanträge<br />
für Stipendien sowie Anträge auf zusätzliche Fördermittel<br />
für Sach- und Reisekosten können bis<br />
17. September 2004 im Stipendien-Referat abgegeben<br />
werden. Wenn die wissenschaftliche Arbeit<br />
einen Auslandsaufenthalt von mehr als 30 Tagen<br />
erfordert, ist außerdem eine zusätzliche Förde-<br />
Ich möchte Ihnen gleich nach der Lektüre Ihres Editorials zur Motivation von<br />
universitärer Forschung und Lehre meine uneingeschränkte Zustimmung aussprechen.<br />
Ihre Diagnose sowohl der üblicherweise vorherrschenden Motivationen<br />
einer Entscheidung für Forschung und Lehre wie auch der seit geraumer<br />
Zeit bereits wirksamen Beeinträchtigungen trifft zumindest bei den Lehrenden<br />
der Geisteswissenschaften voll zu. Sie haben mit Ihren Ausführungen die Meinung<br />
der überwiegenden Mehrheit in meinem Bekanntenkreis quer durch alle<br />
Qualifikationsstufen formuliert. Bitte vertreten Sie diese Meinung weiterhin<br />
offensiv, wo es nur möglich ist.<br />
3Prof. Dr. Claudia Märtl, Historisches Seminar,<br />
Abt. für Mittelalterliche Geschichte, LMU<br />
ZU MUM 04/2003<br />
rung durch den Deutschen Akademischen Auslandsdienst<br />
(DAAD) möglich.<br />
Weitere Informationen: Stipendien-Referat der<br />
LMU, <strong>Universität</strong>s-Hauptgebäude, Zi. 235, Geschwister-Scholl-Platz<br />
1, 80539 <strong>München</strong>. Tel.:<br />
089/2180-5693, Mo, Mi, Fr 8.30 – 11.30 Uhr.<br />
■ KINDERGARTENPLÄTZE ZU VERGEBEN<br />
In der <strong>Universität</strong>skindertagesstätte im Leopoldpark<br />
bei der Mensa stehen im kommenden Kindergartenjahr<br />
2004/05 wieder Kindergartenplätze<br />
vorrangig für Kinder von Studierenden bzw.<br />
Mitarbeitern der LMU zur Verfügung. Die <strong>Universität</strong>skindertagesstätte<br />
e.V. können Sie über die<br />
Webseite www.uni-kindergarten.de oder telefonisch<br />
unter 089/342580 kontaktieren. Weitere<br />
Informationen zu Fragen der Kinderbetreuung<br />
gibt es auch auf der von Irene Mosel (E-Mail:<br />
irene.mosel@lmu.de) im Rahmen der Zentralen<br />
Studienberatung gepflegten Webseite www.studierenmitkind.uni-muenchen.de.<br />
■ LMU-PATENTKURS<br />
Im Mai 2004 startet der berufsbegleitende Patentkurs<br />
„Intellectual Property Management (IPM)“ an<br />
der LMU. IPM besteht aus zwei Modulen mit je<br />
sechs Abendveranstaltungen. Im ersten Modul<br />
liegt der Schwerpunkt auf der „Patentierung in<br />
den Life Sciences im internationalen Vergleich“.<br />
Das zweite Modul befasst sich mit „Patentverwertung<br />
und Patent-Portfoliomanagement“. Informationen<br />
zu Programm und Anmeldung: Grit Würmseer,<br />
Kontaktstelle für Forschungs- und Technologietransfer,<br />
Tel.: 089/2180-6350, E-Mail:<br />
pate@lmu.de, www.lmu.de/kft.<br />
Es ist mir ein Anliegen, mich auf diesem Weg einmal sehr herzlich für das sehr<br />
interessante und informative Uni-<strong>Magazin</strong> zu bedanken. Ich warte immer sehr<br />
gespannt auf die jeweils neue Ausgabe, weil ich weiß, dass ich über interessante<br />
und wichtige Themen umfassend informiert werde. Seit dem Relaunch ist das<br />
<strong>Magazin</strong> auch optisch eine Freude. Ich kann nur sagen, weiter so. Wann wird<br />
denn das neue Heft erscheinen? Viele herzliche Grüße und das denkbar Beste.<br />
3 Wolfgang Wenzl, <strong>München</strong><br />
■ AKTUELLE STELLENANGEBOTE DER LUDWIG-MAXIMILIANS-UNIVERSITÄT UNTER WWW.LMU.DE/PRESSE/STELLENMARKT
LMU<br />
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DA STIMMT DIE CHEMIE<br />
„Beim Wettkampf um Deutschlands Elite-<strong>Universität</strong>en hat<br />
sich die erste Startgemeinschaft gebildet. Die Freie<br />
<strong>Universität</strong> Berlin (FU) und die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> <strong>München</strong> (LMU) stellten gestern Pläne für eine<br />
so genannte ,Strategische Allianz’ der beiden Hochschulen<br />
vor. ,Das ist ein Versuch, die beiden zentralen Wissenschafts-Standorte<br />
in Deutschland zu verknüpfen’, sagte<br />
LMU-Rektor Bernd Huber in Berlin.“<br />
3 Berliner Tagesspiegel, 20.02.2004<br />
WER IST DIE SCHÖNSTE UNI IM LAND?<br />
„Stärken: (…) Erste Uni im CHE-Forschungsranking,<br />
bester deutscher Platz im weltweiten Ranking des CEST<br />
(Platz 51). Stellt die meisten DFG-Gutachter, zählt die<br />
meisten Humboldtstipendiaten. An der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong><br />
haben 13 Nobelpreisträger geforscht,<br />
außerdem studierten hier 35 Bundestagsabgeordnete und<br />
11 Zeit-Redakteure. (…) Urteil: Elite-Kandidat mit Verbesserungspotential.“<br />
3 Die Zeit, 15.01.2004<br />
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GUT, DASS WIR VERGLICHEN HABEN<br />
„Bayern und Berlin lieferten sich ein hartes Rennen, als die<br />
Freie <strong>Universität</strong> Berlin elf Ranglisten zu einem ,Meta-<br />
Ranking’ zusammenfasste. Wichtigste Erkenntnis: Die<br />
Spitzengruppe deutscher Hochschulen ist seit Jahren<br />
,erstaunlich stabil’. (…) Als beste <strong>Universität</strong> Deutschlands<br />
ging diesmal die LMU <strong>München</strong> aus dem ,Elfkampf’<br />
hervor. (…) Die <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>München</strong><br />
sammelte erstklassige Platzierungen in allen Feldern ein.“<br />
3 Spiegel Online, 16.01.2004<br />
EIN LABOROFEN ENTTARNT VULKANE<br />
„Hitze schlägt Philippe Courtial entgegen. 1200 Grad heiß<br />
ist das flüssige Gestein, das er aus dem kleinen Ofen in<br />
seinem Labor mit einer Zange herausnimmt. Anschließend<br />
misst der wissenschaftliche Mitarbeiter vom Department für<br />
Geo- und Umweltwissenschaft der <strong>Ludwig</strong>-<strong>Maximilians</strong>-<br />
<strong>Universität</strong> (LMU) <strong>München</strong>, bei welcher Temperatur die<br />
Probe erkaltet. (…) ,Bei der Lava des Nyiragongo können<br />
wir im Experiment genau bestimmen, bei welcher<br />
Temperatur sie vom flüssigen in den festen Zustand<br />
wechselt und damit aufhört zu fließen’, erklärt (Professor)<br />
Dingwell.“ 3 Münchner Merkur, 28.02.2004<br />
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MUM 01 | 2004 SERVICE<br />
37