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GEMEINdENTAG<br />
„Das Maß der Dinge<br />
wieder erkennen“<br />
Parteien in der Krise, Politik in der Krise, Wirtschaft in der Krise... An solche<br />
und ähnliche Schlagzeilen haben wir uns mittlerweile gewöhnt. zu Grunde<br />
liegt ihnen aber eine „Krise des Denkens“, wie sie CSu-Politiker Alois Glück<br />
bei den Marienberger Gesprächen genannt hat.<br />
Arnold Schuler<br />
Die Krise betrifft vor allem unsere<br />
Einstellung zur Gemeinschaft. Wir<br />
müssen uns die Frage stellen, wie wir<br />
wieder mehr Gemeinschaft schaffen.<br />
In den vergangenen Jahrzehnten haben<br />
Staaten und Länder immer mehr an sich<br />
gezogen – immer mehr wurde von oben<br />
bestimmt und von oben vorgegeben. Dem<br />
ursprünglich aktiven Handeln des Bürgers<br />
steht heute eine recht passive Rolle<br />
entgegen, die von Erwartungshaltungen<br />
geprägt ist. Neben diese tritt Unzufriedenheit:<br />
Man erwartet immer mehr, als<br />
überhaupt angeboten werden kann.<br />
Auf allen Ebenen wird heute – und dies<br />
mittel- und langfristig – mehr ausgegeben<br />
als erwirtschaftet. Das heißt: Wir<br />
leben seit vielen Jahren über unsere<br />
Verhältnisse. Und wir sind trotzdem<br />
nicht zufrieden. Die hohe Erwartungshaltung<br />
wird nicht zuletzt von der<br />
Politik genährt: Gerade vor Wahlen<br />
werden immer wieder Versprechungen<br />
gemacht, die niemand einhalten kann.<br />
Künftig wird es wieder solche Politiker<br />
brauchen, die den Leuten die Wahrheit<br />
sagen – eine Wahrheit, die für alle<br />
dieselbe ist.<br />
Der Weg der vergangenen Jahre hat<br />
unweigerlich auch zu aufgeblähten<br />
Foto: Helmut Rier IM fokuS<br />
Geben den Ton an: Die Musikanten der Bürgermeisterkapelle um Oswald<br />
Egger (Jenesien) umrahmen schon seit Jahren die Gemeindetage.<br />
Verwaltungsapparaten geführt. Diese<br />
kosten Geld, Zeit und Nerven. Gerade<br />
in Südtirol spüren wir dies deutlich –<br />
auch als Schattenseite der Autonomie.<br />
„Es kann doch nicht sein, dass es für alles einen Beitrag<br />
oder eine Gesetzesänderung gibt.“<br />
Arnold Schuler<br />
Aufgrund des Verteilens von oben nach<br />
unten ist mittlerweile ein regelrechter<br />
Wettlauf um Förderungen entstanden.<br />
Auf solche Unterstützung zu verzichten,<br />
hieße aber nicht nur mehr Selbständigkeit<br />
und mehr Eigenverantwortung,<br />
sondern vor allem mehr „Würde“.<br />
Unterdessen ist aber auch immer mehr<br />
das Gesellschaftsgefüge aus dem Gleichgewicht<br />
geraten – der eigene Vorteil und<br />
jener der eigenen Lobby stehen immer<br />
weiter im Vorder-<br />
grund. Wollen wir<br />
die Gemeinschaft<br />
wieder stärken, dann<br />
müssen wir hin zu<br />
einer neuen Denkweise: Wir müssen<br />
das Maß der Dinge wieder erkennen.<br />
Und dabei muss die Eigenverantwortung<br />
wieder vorrangig werden. Es braucht<br />
den Einzelnen und es braucht auch die<br />
Solidarität in der Gemeinschaft – und<br />
zwar exakt in dieser Reihenfolge.