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Foto: Helmut Rier<br />
Bürgermeister wissen auch als Sänger zu überzeugen; im Bild: der Bürgermeisterchor um<br />
Alessandro Beati (Pfatten).<br />
Gemeinschaft kann auf Dauer nur dann<br />
funktionieren, wenn auch die Bürger wieder<br />
mehr Verantwortung übernehmen müssen.<br />
Bürgerbeteiligung heißt das Zauberwort:<br />
Diese wird zur Zeit aber vielfach sehr<br />
einseitig gesehen. Selbstverständlich geht<br />
es dabei im Sinne direkter Demokratie um<br />
die Mitentscheidung bei Projekten und<br />
Vorhaben. Es reicht aber nicht, lautstark<br />
Mitbestimmung zu fordern und jede Entscheidung<br />
zu kritisieren. Es braucht auch<br />
die Bereitschaft, sich aktiv an den täglichen<br />
Aufgaben in der Gesellschaft zu beteiligen.<br />
Niemand darf sich vor gelegentlichen<br />
Diensten an der Gemeinschaft drücken.<br />
Derzeit gibt es noch viele Menschen, die<br />
sich auch über Vereine und Verbände<br />
ehrenamtlich einsetzen – und für die Gemeinschaft<br />
da sind. Viele haben sich aber<br />
aus der Gemeinschaft verabschiedet. In<br />
Österreich wurde die freiwillige unentgeltliche<br />
Arbeit in einem Jahr dem Wert von<br />
6,3 Milliarden Euro gleichgestellt. Bringen<br />
sich Bürger ein, so schafft dies zudem<br />
Solidarität. Dies funktioniert wiederum<br />
in erster Linie und fast ausschließlich auf<br />
Gemeindeebene, wo man den direkten<br />
Nutzen seines Einsatzes auch sieht.<br />
Die Gemeinden sind somit eine gesellschafts-<br />
und gemeinschaftsbildende<br />
Kraft, deren Rolle gestärkt werden muss.<br />
Bisher wurden sie leider nur als letztes<br />
Glied einer Verwaltungskette gesehen,<br />
die soziale Wichtigkeit der Gemeinden<br />
wurde unterschätzt. Gerade sie ist es,<br />
die den Bürger von der Wiege bis zur<br />
„Die große Herausforderung<br />
nachhaltiger Politik ist es, die Bevölkerung<br />
einzubeziehen.“<br />
Arnold Schuler<br />
Bahre begleitet – und in die er sich<br />
am leichtesten aktiv einbringen kann.<br />
In diesem Sinne braucht es eine neue<br />
Denkweise, eine neue Einstellung und<br />
ein neues Bewusstsein.<br />
Ansetzen könnte man etwa beim Kostenbewusstsein:<br />
Es ist nicht sinnvoll,<br />
zuerst hohe Steuern zu verlangen,<br />
um dann anschließend die Dienstleistungen<br />
möglichst gratis anzubieten<br />
– denn: Alle Dinge, die nichts<br />
kosten, sind selbstverständlich und<br />
nicht viel wert. Anderes Beispiel: Das<br />
Thema Strom ist bei uns mit Emotio-<br />
nen verbunden, die im positiven Sinn<br />
genutzt werden müssen. Im Moment<br />
beschränkt man sich nur darauf, sich<br />
auf die große Torte zu stürzen und<br />
um jede Schnitte und sogar um jede<br />
Kirsche zu raufen.<br />
Dies alles verursacht Unzufriedenheit<br />
und Distanz: Wir das Land, Ihr die Gemeinden...<br />
und irgendwo dann noch die<br />
Bürger. Nach wie vor beschäftigt man<br />
sich also nur mit der Hardware, anstatt<br />
sich endlich eingehend der Software<br />
zu widmen. Ob Fernwärmeanlagen<br />
oder genossenschaftlich organisierte<br />
Stromproduktionen oder -verteilungen,<br />
gerade der Energiebereich zeigt in<br />
Südtirol an vielen konkreten Beispielen,<br />
wie sich die Bevölkerung motivieren<br />
und einbinden lässt.<br />
Um aus der politischen und gesellschaftlichen<br />
Krise herauszukommen, müssen<br />
auch bei uns die Aufgaben zwischen<br />
Bevölkerung, Gemeinde, Land und<br />
Staat neu definiert werden. Dabei können<br />
wir selbstbewusst behaupten: Die<br />
Gemeinde ist die wichtigste öffentliche<br />
Körperschaft!<br />
zuM AuTor<br />
ARNOLD SCHULER<br />
Abgeordneter zum südtiroler Landtag;<br />
er war langjähriger Bürgermeister der<br />
Kleingemeinde plaus sowie während<br />
der vergangenen fünf Jahre präsident<br />
des südtiroler Gemeindenverbandes.<br />
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