ARCHITEKTUR - KUNST Magazin
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Review: Liam Gillick: “1848!!!” in der Galerie Esther Schipper<br />
Vom 12. Juni bis 31. August 2010<br />
Review: Liam Gillick: “1848!!!” at the Galerie Esther in Berlin<br />
From 12th of June till 31th of August 2010<br />
Text: Thomas Wulffen Translation: Brian Poole<br />
Ist es das Detail oder der all-over-Blick? Wer die<br />
Ausstellung von Liam Gillick in der Galerie Esther<br />
Schipper gesehen hat, dem kommt diese Frage bekannt<br />
vor. Liam Gillick gehört zu jenen zeitgenössischen<br />
Künstlern, die mit ihrer Arbeit und ihrem Werk<br />
die Arbeits- und Erscheinungsweise gegenwärtiger<br />
Bildender Kunst wesentlich mitbestimmen.<br />
Entscheidend dabei ist der Zusammenhang zwischen<br />
Ab-Bild und Reflexion. Das Bild als solches gibt es<br />
nicht mehr, jedes Bild ist immer auch Abbild. Das<br />
wurde auch in der Ausstellung an zwei markanten<br />
Punkten deutlich. Zum einen im Rückverweis auf ein<br />
historisches Ereignis, das Revolutionsjahr 848. Die<br />
Erinnerung daran ist keinesfalls nostalgisch, sondern<br />
durchaus real. Deshalb wohl auch das dreifache<br />
Ausrufezeichen. Deshalb die Fahnen mit Text und<br />
umgekehrter Jahreszahl. Schließlich scheint selbst<br />
der Umbruch 989 schon einer Vergangenheit<br />
anzugehören, die man nicht mehr kennt. Vielleicht ist<br />
aber der Ort Berlin eine Inspirationsquelle für diese<br />
politische Reminiszenz. Schon im Jahre 000 hatte<br />
Gillick in einer Kritik zu einer Lesung von Michael<br />
Crichton an der American Academy in der FAZ<br />
( 7. . 000) geschrieben: “Für jemanden, der Bilder<br />
und Gegenstände herstellt, die die Möglichkeit der<br />
Kunst inmitten von anderen, vergleichsweise starren<br />
Strukturen ausschöpfen sollen, erscheint Berlin als ein<br />
sich ausdehnendes Feld der Konfusion, voller haltloser<br />
Übertreibungen und Aufregung.” In dieser Aufregung<br />
mag die Erinnerung an das Revolutionsjahr 848<br />
durchaus sinnvoll sein. Selbst die in einer Bildfolge<br />
deutlich werdende Emanation der Bauernkriege<br />
als ein weiteres revolutionäres Panorama bekommt<br />
dadurch ihren Sinn und dient der Verstärkung der<br />
Aussage. Verstehen wir das als ‘fragmentarische<br />
Strategien’, dann ist in dieser Ausstellung ein weiteres<br />
Mal ein Satz aus dem erwähnten Artikel umgesetzt<br />
worden: “In dieser Lage können Künstler nur noch<br />
effektiv arbeiten, indem sie auf der Suche nach<br />
vergessenen Wegen und neuen Pfaden in der nun<br />
wieder besetzten Mitte des früheren Brachlands von<br />
Berlin auf fragmentarische Strategien zurückgreifen.”<br />
Das fragmentarische Momentum zeigte sich noch<br />
an anderen Stellen. Denn neben den Bildarbeiten<br />
6<br />
Würfel, Farben, Geometrie: Typisch Gillick! Die Revolutionen Europas<br />
aber ziehen an den Wänden vorbei, als hermetische Augenblicke oder<br />
explizite Andeutungen.<br />
Liam Gillick: Ausstellungsansicht „ 848!!!“ in der Galerie Esther Schipper,<br />
0 0, Mitte: Constricted Production, 0 0, pulverbeschichtetes<br />
Aluminium, Plexiglas, 40 x 40 x 00 cm,<br />
Courtesy: Esther Schipper, Berlin, Foto: © Lothar Schnept, 0 0<br />
Dice, Colours, Geometry: Typical Gillick! The European Revolutions<br />
march by the walls, leaving behind them hermetic moments or explicit<br />
allusions.<br />
Liam Gillick: View of Exhibition “ 848!!!” at the Galerie Esther<br />
Schipper, 0 0. In the middle: Constricted Production, 0 0, power<br />
covered aluminum, Plexiglas, 40 x 40 x 00 cm, Courtesy of: Esther<br />
Schipper, Berlin, Photo: © Lothar Schnept, 0 0<br />
Is that a detail or an overview? Those who have already<br />
attended the exhibition by Liam Gillick at the Galerie<br />
Esther Schipper will be familiar with this question.<br />
Liam Gillick is among those contemporary artists who,<br />
with their art and their oeuvre, have a determining<br />
influence upon the methods and aesthetics of<br />
contemporary fine art. And the connection between<br />
an image’s copy and its reflection is decisive here.<br />
The image, as such, no longer exists; every picture is<br />
always also a copy: and this point is underscored in<br />
two significant ways during the exhibition. First, in the<br />
historical event of 848, the year of the revolution.<br />
Memories of that year are not merely nostalgia;<br />
they are very real. Perhaps for that reason there are<br />
three exclamation marks in the title. Perhaps that is<br />
why there are flags with texts and inverted numbers.