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SGH Forum, Ausgabe Juni 2006 - Städtisches Gymnasium Hennef

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Seite 10 Jahrgang 5, <strong>Ausgabe</strong> 11<br />

Sopholkes´ Antigone<br />

Die Inszenierung des Literaturkurses überzeugt sogar kundiges Hauptstadtpublikum<br />

berichtet Thomas Czaja<br />

Neulich waren Freunde aus Berlin bei mir zu Besuch, und bei<br />

solchen Gelegenheiten bietet es sich dann immer an, vorzuführen,<br />

was man in der neuen Heimatstadt und -umgebung schon<br />

alles erkunden und besuchen konnte, damit sie – meine Freunde<br />

– auch an all den Genüssen, die das Rheinland so zu bieten<br />

hat, teilhaben könnten. Wenn schon „besuchen“, dann – so meine<br />

Freunde – wäre doch unter anderem mal Theater ganz schön?<br />

T h e a t e r ? Okay, dachte ich, dann aber zwei Fliegen mit einer<br />

Klappe: Da gäbe es eine Aufführung der Sophokleischen Antigone<br />

in meiner Schule, letztere hätte man bei der Gelegenheit ja<br />

dann auch mal „besucht“. (Vielleicht ließe sich mit beidem ein<br />

wenig prahlen?) Das wäre tatsächlich interessant, zumal man ja<br />

früher auch schon mal in der Antigone mitgewirkt habe. Grmpft<br />

… so hatte ich mir das ja nun eigentlich auch nicht gedacht ...<br />

Vor dem eigentlichen Beginn der Aufführung: belanglose<br />

Plaudereien über Schule und dies und das. Da steht ein funkelnder<br />

Thron, nicht eigentlich prunkvoll, doch schwer bewegbar<br />

deutlich ein Symbol der Macht. Im Winkel dazu: eine große<br />

auf eine Leinwand projizierte Sanduhr – plötzlich ein stockender<br />

Gedanke: Rinnt der Sand bereits? Hat das Stück bereits begonnen?<br />

Zwei Damen, man sieht’s an ihrer Kleidung und der<br />

Gestik deutlich, sie kommen aus höherem Hause, schreiten in<br />

diese Kulisse. Beide sind stark, doch aus verschiedenen Beweggründen,<br />

erregt. Die eine – Antigone – empört sich ob des Erlasses<br />

des neuen Königs Kreon, dem gefallenen Polyneikes als<br />

Feind Thebens das Begräbnis zu verwehren. Leidenschaftlich<br />

verkündet sie, gerechtfertigt und gezwungen durch das göttliche<br />

Gesetz, sich dem Erlass trotz Bedrohung mit dem Tode zu widersetzen<br />

und den Ritus am Bruder zu vollziehen. Die andere –<br />

Ismene, ihre Schwester – versucht verzweifelt, doch vergebens,<br />

die Schwester von diesem Plan abzubringen und sich der irdischen<br />

Macht zu unterwerfen. Antigone bestreut den Toten, beim<br />

ersten Mal noch unentdeckt, symbolisch mit ein wenig Sand.<br />

Beim zweiten Versuch, demonstrativ am Tage durchgeführt,<br />

wird sie jedoch von Kreons bestellter Leichenwache gefangen.<br />

Die dynastische Verschränkung von Familie und Macht führt<br />

dann für die Beteiligten folgerichtig zum Dilemma. Um den Verlust<br />

seiner jungen Herrscherkraft besorgt, vollstreckt Kreon unnachgiebig<br />

das irdische Gesetz. Auch Haimon, dem Antigone<br />

versprochen, kann die Braut vor dem Vater nicht retten. Antigone,<br />

ebenso unbedingt in ihrem Handeln, geht erhobenen Hauptes<br />

in den Tod, vor dem sie das zu späte Einlenken Kreons nicht<br />

mehr retten kann. Unmäßigkeit führt schließlich zum Übermaß<br />

des Schreckens – Kreon bleibt einsam als gebrochener Mann<br />

zurück … Ein Blick zur Sanduhr zeigt: unberührt rinnt es weiter<br />

...<br />

Zum Ausklingen nach dem Theater: ein Glas Wein und<br />

reger Austausch über das soeben Erlebte. Alle sind sich einig, es<br />

war in jedem Fall ein genussvoller Abend. Die Schüler haben<br />

sich hier trotz vieler möglicher Alternativen, eine der anspruchvollsten<br />

und damit recht schwer zu spielenden Versionen des<br />

Antigone-Dramas gewählt. Der wild-begeisterte Applaus des<br />

Publikum zeigte aber, dass sie sich mit durchaus überzeugendem<br />

Erfolg an diesem Meisterstück probiert haben. Jeder Zuschauer<br />

spürte die Ernsthaftigkeit der Spielenden, nahm ihr unzweifelhaft<br />

großes Engagement und ihren Mut wahr, sich diesem Stoff<br />

zu stellen. Besonders gelungen wirkten die von den Schülern<br />

behutsam modernisierten Chorpassagen des Dramas. Der Ansatz,<br />

mit dem Mittel des Chores dem Stück Aktualität zu verleihen,<br />

ist nicht zuletzt aufgrund der geschickten Individualisierung<br />

und sinnreich tragenden Choreographie vollkommen aufgegangen.<br />

Sicherlich gab es bei allen Beteiligten noch mehr oder weniger<br />

wahrnehmbare Unsicherheiten, die jedoch von einer unverkennbaren<br />

Spielfreude und Leidenschaft der Darstellung wettgemacht<br />

wurden.<br />

In den Hauptrollen überzeugten Charlotte Koenen als<br />

Antigone und Matthias Zerfowsky als Kreon. Beide verliehen<br />

mit ihrem bühnenpräsenten Spiel der Tragik des Stückes die erforderliche<br />

Ausdruckskraft. Die Darstellung des Kreon gewann<br />

dabei vor allem durch die talentierte reich artikulierte Darbietung<br />

des Textes. Überaus beeindruckend wurde die Figur der Ismene<br />

von Hannah Pfeiffer gespielt. Mit einer starken Intensität und<br />

Leidenschaft zeigte sie recht authentisch eine sanfte, beschwichtigend<br />

einwirkende und verzweifelte Schwester. Diese Authentizität,<br />

die Glaubwürdigkeit der dargestellten Figuren hätte an einigen<br />

Stellen des Stückes insbesondere durch alternative Formen<br />

der Inszenierung noch mehr gesteigert werden können. So konnte<br />

z.B. Kreon eben nicht bis zum letzten ergreifen, weil Kreon<br />

keine 19 Jahre alt ist.<br />

Insgesamt haben aber die Mischung aus modern und<br />

klassisch geführter Regie (Gisela Etzenbach, Margret Feider,<br />

Wilhelm Kersting) und die darstellerische Leistung der Künstler<br />

die Zuschauer mehr als überzeugt, doch auch zum nächsten<br />

Theaterstück ins <strong>SGH</strong> zu kommen. Meine Freunde jedenfalls<br />

wollen das nächste Stück nicht verpassen.

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