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Der Abgang der Mächtigen - Wirtschaftsnachrichten

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Kontakte sind alles: So funktionieren<br />

die Netzwerke <strong>der</strong><br />

Macht in Österreich.<br />

Foto: FAS.research<br />

Das Alterskohorten-Phänomen <strong>der</strong> Generation<br />

60plus wird nicht mehr gemeinsames<br />

Merkmal <strong>der</strong> nachfolgenden<br />

<strong>Mächtigen</strong> sein. Beziehungen kann man<br />

nicht vererben und auch umtriebige Macht-<br />

Pensionisten sind ohne Amt und Würde<br />

meist nur bedingt netzwerkkompatibel.<br />

„Mit <strong>der</strong> Mystifizierung von Macht tut man<br />

niemandem etwas Gutes, vor allem nicht <strong>der</strong><br />

Zukunft“, sagt Harald Mahrer, Strategieberater,<br />

Unternehmer und intimer Kenner <strong>der</strong><br />

Macht-Netzwerke in Österreich. „Zum Problem<br />

wird Macht erst dann, wenn sie auf Visionslosigkeit<br />

trifft. Denn wer Macht hat,<br />

kann Dinge verän<strong>der</strong>n“, so Mahrer, <strong>der</strong> die<br />

Verän<strong>der</strong>ungsfähigkeit in allen Lebens- und<br />

Gesellschaftsbereichen als grundlegende<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung unserer Gesellschaft sieht.<br />

„Macht ist das Produkt aus den Ressourcen<br />

und den Beziehungen, die jemand hat“, erklärt<br />

Harald Katzmair, Grün<strong>der</strong> und wissenschaftlicher<br />

Leiter von FAS.research, einer<br />

auf Netzwerkanalyse spezialisierten Forschungsgesellschaft.<br />

„Man kann davon ausgehen,<br />

dass die Generation, die jetzt antritt,<br />

eine an<strong>der</strong>e Situation vorfindet. Die Macht<br />

<strong>der</strong> einflussreichen Tycoons wie Konrad,<br />

Sorger, Scharinger, Geyer und Co. konnte<br />

MACHT IN ZAHLEN<br />

Rund 70.000 Personen weist das von<br />

FAS.research erfasste Elitennetzwerk<br />

Österreichs auf. Zum engen<br />

Chor <strong>der</strong> Einflussreichen zählen 700<br />

bis 900 Institutionen und Organisationen<br />

und rund 5.000 Personen. „In<br />

Wahrheit ist die österreichische<br />

Macht – im Sinne von Ressourcen<br />

und Beziehungen – unter 5.000 Personen<br />

verteilt“, so Harald Katzmair,<br />

Grün<strong>der</strong> und wissenschaftlicher Leiter<br />

von FAS.research, einer auf<br />

Netzwerkanalyse spezialisierten<br />

Forschungsgesellschaft. Den größten<br />

Anteil daran machen Unternehmer<br />

(rund 30.000) und Ärzte sowie<br />

Beschäftigte im Gesundheitswesen<br />

(knapp 22.000) aus, <strong>der</strong> Rest setzt<br />

sich unter an<strong>der</strong>em aus Mitglie<strong>der</strong>n<br />

privater Stiftungen, Angestellten und<br />

Inhabern von Medienunternehmen<br />

zusammen sowie aus diverser Lokalprominenz.<br />

sich in einer wirtschaftlichen Wachstumsphase<br />

bilden, wo prosperierende Unternehmen<br />

sich in Expansion und Prestige überboten<br />

haben. Allein die Anzahl <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

im Raiffeisenkonzern hat sich in <strong>der</strong> Ära<br />

Konrad verzehnfacht. Da hat es einen extremen<br />

Wachstums- und damit Ressourcen-<br />

Überschuss gegeben, <strong>der</strong> als ,Spielgeld’ für<br />

Investitionen, Experimente, soziale Projekte,<br />

für gesellschaftliches Engagement etc. eingesetzt<br />

werden konnte.“<br />

Für die heutige Generation <strong>der</strong> „<strong>Mächtigen</strong>“<br />

wird es zunehmend schwerer, sich ein Imperium<br />

aufzubauen. Von Spielgeld <strong>der</strong>zeit<br />

keine Idee – mangelt es an grundlegenden<br />

Ressourcen, womit sich die Epigonen bereits<br />

im Anfangsstadium in Schieflage befinden.<br />

„<strong>Der</strong> ehemalige Raiffeisengeneral Christian<br />

COVERSTORY<br />

Konrad hat etwas vollbracht, was in dieser<br />

Form wahrscheinlich niemandem mehr gelingen<br />

wird. Dieses nach allen Seiten hin<br />

Verbindliche, alles zu einer Lösung zu bringen,<br />

ist eine bemerkenswerte Leistung. Dafür<br />

benötigt es auch die Persönlichkeit dahinter“,<br />

bemerkt Katzmair. „Ob die Nachfolger,<br />

die jetzt kommen, diese Persönlichkeit<br />

haben, wird sich weisen, auch wenn sie<br />

einiges von <strong>der</strong> Generation Konrad gelernt<br />

und abgeschaut haben. Aber die zentrifugalen<br />

Kräfte sind größer, die Zyklen sind kürzer,<br />

die Karriere-Profile von gemeinsamen<br />

Schultagen bis zum einträchtigen Weg in die<br />

Pension gibt es nicht mehr, damit nehmen<br />

gewachsene Beziehungen ab.“<br />

Charaktermerkmale von <strong>Mächtigen</strong><br />

„Jemand, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Wirtschaft nach Macht<br />

strebt, muss absolut wettbewerbsfähig sein<br />

und Konkurrenz lieben und sich durchsetzen<br />

können. Er muss eine Doppelstrategie fahren,<br />

zwischen sehr werteorientiert zu sprechen,<br />

aber sehr geldorientiert zu handeln“,<br />

meint Christine Bauer-Jelinek, Macht-Expertin,<br />

Wirtschaftscoach und Bestsellerautorin.<br />

„Doppelstrategie und Doppelsprache<br />

sind die Ingredienzien, die man heute benötigt.<br />

Ein Mensch, <strong>der</strong> Macht anstrebt, muss<br />

in <strong>der</strong> Lage sein, gut delegieren zu können<br />

und an<strong>der</strong>e arbeiten zu lassen. Denn Macht<br />

kommt nicht von Selbermachen, son<strong>der</strong>n<br />

von Machenlassen. Und er braucht extrem<br />

gute Kontakte.“<br />

Wird die „alte Garde“<br />

machtpolitisch überleben?<br />

„Findige Ex-Macher finden ihre Methoden,<br />

wie sie ihre Macht über die Funktionsperioden<br />

hinaus verlängern können. Das kann<br />

man bei Visitenkarten mit ehemaligen Funktions-Titeln<br />

gut erkennen, denn gerade sehr<br />

mächtige Menschen, die ihre Funktion nicht<br />

mehr bekleiden, arbeiten aufgrund ihrer vielen<br />

Kontakte oft im Hintergrund weiter.<br />

Macht muss ja keineswegs sichtbar sein“,<br />

weiß Bauer-Jelinek.<br />

„Konrad ist beispielsweise ein Mythos, <strong>der</strong><br />

nicht nur durch hun<strong>der</strong>tprozentige Verlässlichkeit,<br />

son<strong>der</strong>n auch durch Handschlagqualität<br />

für Stabilität in einer Beziehung gesorgt<br />

hat“, befindet Harald Katzmair. „Stabilität<br />

in unsicheren Zeiten bewirkt neben<br />

sentimentaler Verklärtheit auch das Gefühl<br />

<strong>der</strong> antiquierten Sicherheit. Man hat miteinan<strong>der</strong><br />

gesprochen, Ideen gehabt und letzt-<br />

WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN 7-8/2012 7

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