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Rezensionen
Reiseführer Christentum
Zwei Theologen beschreiben den Glauben auf eine ungewöhnliche Art
Es ist ein bekanntes Phänomen:
Viele Menschen fahren in
fremde Länder, um dort Landschaften
und Kulturstätten zu
erkunden. Die Schönheiten vor
der eigenen Haustür nehmen
sie dagegen kaum wahr. Wer
diesen Mechanismus in Bezug
auf den eigenen Glauben
durchbrechen möchte, dem
seien die „Reiseziele“ des Christentums
empfohlen, die Michael
Langer und Regina
Radlbeck-Ossmann in ihrem
„Reiseführer“ beschreiben.
Das Buch stellt anschaulich die Topografie
des Christentums vor. Die
Autoren beschreiben Inhalte des
Glaubens und das Gottesbild der
Christen. Sie erklären den Sinn der
Kirche und der Sakramente, zitieren
zentrale Gebete und erläutern den
Ablauf eines Gottesdienstes.
Das alles ist übersichtlich gegliedert
und in einer klaren Sprache formuliert.
Das Inhaltsverzeichnis erlaubt
es – um einmal im Bild des Reiseführers
zu bleiben – gezielt kleine
Gebiete herauszupicken für Ausflüge
oder Führungen für Ortsfremde
(Nichtchristen).
Dazu ein Beispiel: Im Kapitel
„Gott als der Schöpfer“ stellen die
28 BKU-Journal 4 2010
Michael Langer, Regina Radlbeck-
Ossmann: Christentum. Ein Reiseführer,
Verlag Pattloch, München
2010, 304 Seiten, 19,95 €.
Autoren die verschiedenen Schöpfungsgeschichten
nebeneinander.
Sie erläutern anschaulich, unter
welchen politischen Bedingungen
diese Texte zustande gekommen
sind. Demnach gerieten die Juden
in der babylonischen Gefangenschaft
darüber ins Grübeln, ob
nicht die wirtschaftlich erfolgreichen
Babylonier die stärkeren Götter
haben. „In diese Situation hinein
spricht der Text“, schreibt
Radlbeck-Ossmann. Priester griffen
diese Zweifel auf und deuteten
ihre militärische Niederlage nicht
Weihnachten an der Front
„Merry Christmas“ beschreibt ein Fest des Friedens
Weihnachten ist das Fest des
Friedens. Das haben Soldaten
beider Kriegsparteien im Jahre
1914 an der Westfront unter
Beweis gestellt.
Diese historisch belegten Weihnachtsfeiern
sind in dem Film von
Christian Carion durch „Merry
Christmas“ einer breiten Allgemeinheit
gefühlsecht zugänglich
gemacht worden. Die französischen,
schottischen und deut-
schen Soldaten ließen Krieg Krieg
sein und aßen gemeinsam Stollen,
spielten Fußball oder Karten,
tauschten Adressen aus und begruben
ihre Toten. Im wahren Leben,
wie im Film, war es schwer, hinterher
diese Menschen wieder aufeinanderzuhetzen.
So wie im Film
damals ist es auch heute möglich,
wenn jeder das in seiner Macht
Stehende tut, gemeinsam etwas
schier Unmögliches zu erreichen.
Stefan Bosewitz
länger als Schwachheit ihres Gottes,
sondern als Strafe für ihre eigene
Untreue ihm gegenüber. In
diese Situation setzten die Autoren
der Schöpfungsgeschichte ein eindeutiges
Zeichen: „Alles was existiert,
geht auf Jahwes Urheberschaft
zurück. Er ist der eine und
einzige Gott, während die Götter
Babylons nicht einmal existieren.“
Von hier aus ist es nur ein kleiner
Schritt zu Darwins Evolutionstheorie,
die nach Einschätzung
der Autoren nicht mehr in Frage
steht: „Theologie und Glaube nehmen
sie wahr, fragen dabei aber
über den von der Evolultionsbiologie
beschriebenen Anfang des
Lebens hinaus. Auf der Basis des
biblischen Zeugnisses können sie
dabei zu der Überzeugung, dass
Gott die Evolution aus sich entlassen
und damit den Anfang allen
Lebens gesetzt hat.“
Fazit: Hinter der Fassade des Reiseführers
versteckt sich ein modern
aufgemachter Glaubenskurs, ein
theologisches Nachschlagewerk
für die Praxis. Das Buch bietet eine
gute Gelegenheit, das Territorium
des eigenen Glaubens neu kennen
zu lernen. Denn auch in der geistlichen
Heimat gibt es noch viel zu
entdecken. Peter Unterberg
Merry Christmas: Ein Film aus dem
Jahr 2006 von Christian Carion mit
Diane Kruger und Benno Fürmann.
Zu erwerben für rund 9,00 € bei
www. amazon.de oder im Buchhandel.