24.01.2013 Aufrufe

April - die schelle

April - die schelle

April - die schelle

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

10 Die Post in Neuenrade Letzter Teil<br />

von Wolfgang Lampe<br />

Die Zollstation auf der Wilhelmshöhe<br />

wurde im September 1885<br />

verpachtet. Die Straße nach Werdohl<br />

fiel an den Schmied und Gastwirt<br />

Peter Heinrich Schmellenkamp<br />

(1802-1886, S154). Die Höllmecke-Straße<br />

(nach Altena) übernahm<br />

der Zinngießer und Gastwirt Johann<br />

Peter Gloerfeld ( 1824-1911,<br />

G050).<br />

Dieser Wegezoll, auch Accise, Tor-<br />

Sperr- oder Pflastergeld genannt,<br />

wurde vor dem Passieren der Barrieren<br />

/ Schlagbäume fällig. Die<br />

Beträge waren nicht einheitlich und<br />

es gab auch Ausnahmen, zum Beispiel<br />

für <strong>die</strong> Postwagenfahrten oder<br />

<strong>die</strong> reitenden und fahrenden Postillione,<br />

<strong>die</strong> gewöhnliche Briefpost<br />

oder Personen beförderten. Nicht<br />

befreit waren Kuriere, Estafetten<br />

(= Eilboten) und Extraposten. Dieser<br />

Wegezoll wurde auf der Wilhelmshöhe<br />

noch bis 1925 erhoben.<br />

1862 wurden am Hause Erste Straße<br />

46 (damals Apotheker Johann<br />

Strunden (S888), heute Jürgen Urbas<br />

/Provinzial-Versicherungen und<br />

das Haus Nr. 166 Gastwirtschaft<br />

Johann Heinrich Schulte (1767-<br />

1836, S429) Vorm Obertor („Vör<br />

de Poate“ = vor dem Tor, heute das<br />

Ärztezentrum) Posthaltestellen eingerichtet.<br />

Wenn <strong>die</strong> Pferde von Werdohl hoch<br />

kommend Neuenrade erreicht hatten,<br />

waren sie für <strong>die</strong> Weiterfahrt,<br />

nach Balve überfordert. In dem<br />

Haus Nr.166, durch Einheirat, jetzt<br />

des Land- und Gastwirtes Heinrich<br />

Wilhelm Dickehage (1829-1891,<br />

D061). wurde <strong>die</strong> Pferdewechselstation<br />

betrieben, um ein frisches<br />

Pferdegespann für den Wechsel<br />

bereit zustellen, sie versah ihren<br />

Dienst bis zur letzten Postwagenfahrt<br />

am 31.03.1912.<br />

Die Fahrzeit der Personenpost betrug<br />

etwa: Balve-Neuenrade 70 und<br />

Neuenrade-Werdohl 75 Minuten.<br />

Der Postillion Philips, ganz links, beim Abladen<br />

von 2 Postsäcken in der Packkammer des<br />

Postamtes Neuenrade um 1910<br />

Zu <strong>die</strong>sem Bild erzählte Anton<br />

Lampe (1877-1968, L008), der<br />

im Jahre 1888 seinen Wohnsitz in<br />

Neuenrade genommen hatte, seinem<br />

Neffen Wolfgang:<br />

Wilhelmshöhe um 1910, auf dem Bild sind <strong>die</strong> Reste des<br />

Schlagbaums zu erkennen ( siehe Pfeil )<br />

„Später musste ich täglich zur Arbeit<br />

nach Werdohl gehen, da ich<br />

<strong>die</strong> teure Postkutsche nicht benutzen<br />

konnte. Mein Weg führte mich<br />

über den alten, steilen und holperigen<br />

Hohlweg, den „Postweg“.<br />

Dem Postillion Philips begegnete<br />

ich so häufig, dass ich ihn im hohen<br />

Alter noch in Erinnerung habe.<br />

Er trug einen Helm, Stulpenstiefel,<br />

eine blaue Uniform mit roten<br />

Aufschlägen und einem Bandelier<br />

(breiter Schulterriemen). An der<br />

Kehre (Wilhelmshöhe) blies er bei<br />

der Fahrt in <strong>die</strong> Stadt <strong>die</strong> Melo<strong>die</strong><br />

des Liedes „Schier dreißig Jahre<br />

bist Du alt“.<br />

Am 01.04.1912 wurde <strong>die</strong> eingleisige<br />

Bahnstrecke Neuenrade<br />

– Menden – Fröndenberg in Betrieb<br />

genommen, <strong>die</strong> nun Personen, Güter<br />

und <strong>die</strong> Post auf <strong>die</strong>ser Strecke<br />

befördert. Zur Begleitung der Posttransporte<br />

wurde ein Eisenbahnpostschaffner<br />

und ein Paketträger<br />

eingestellt. Der im Bahnpackwagen<br />

mitfahrende Schaffner sortierte <strong>die</strong><br />

Post und stempelte sie nochmals<br />

mit dem Bahnpoststempel. An den<br />

Haltestationen wartete ein Postbeamter<br />

der <strong>die</strong> Post für den entsprechenden<br />

Bezirk übernahm.<br />

Im Jahre 1917 wurde der Postwagen<br />

für den Paket<strong>die</strong>nst und wegen<br />

der überraschenden Nachfrage nach<br />

Personenfahrten zwischen Neuenrade<br />

und Werdohl wieder in Betrieb<br />

genommen. Offensichtlich bevorzugten<br />

<strong>die</strong> aus dem Süden<br />

kommenden Bahnreisenden<br />

den Postwagen nach<br />

Neuenrade als direkte Verbindung<br />

anstelle des Umweges<br />

mit der Bahn über<br />

Hagen, Menden nach Neuenrade.<br />

Der Postwagen fuhr nun<br />

wieder zweimal wöchentlich<br />

nach Werdohl. Die<br />

Geschäftsleute mit ihren<br />

Lieferungen, insbesondere<br />

der Versandhandel, nahmen<br />

<strong>die</strong>sen Dienst gerne<br />

in Anspruch. Die Firma<br />

Heinrich Suhr, verfügte als größtes<br />

Versandhandelsgeschäft über einen<br />

eigenen Postwagen.<br />

Schweifen wir jetzt einmal von der<br />

Post ab und sehen uns andere Trans-<br />

portmöglichkeiten<br />

im Märkischen<br />

Sauerland an. Denn<br />

auch <strong>die</strong> Schmalspurbahnen,Straßenbahn<br />

und Omnibusse<br />

wurden<br />

für den Transport<br />

von der Post in Anspruch<br />

genommen.<br />

Um den zunehmenden<br />

Personen-<br />

und Güterverkehr, gleichzeitig aber<br />

auch <strong>die</strong> Entwicklung der Industrie<br />

im Märkischen Sauerland zu fördern,<br />

suchte man nach günstigen<br />

Verkehrswegen.<br />

Für Neuenrade sah das schlecht<br />

aus. Obwohl 1912 mit dem Sackbahnhof<br />

an <strong>die</strong> eingleisige Strecke<br />

nach Menden - Fröndenberg angebunden,<br />

gab es darüber hinaus<br />

keine Eisenbahnverbindung, <strong>die</strong><br />

an <strong>die</strong> so wichtige Ruhr-Sieg-Bahn<br />

heranführen konnte. Alle zahlreich<br />

diskutierten Pläne führten am Ende<br />

zu nichts, denn topographisch lag<br />

Neuenrade einfach zu hoch.<br />

Anders konnte man das für <strong>die</strong> in<br />

den Flusstälern z.B. Verse, Rahmede,<br />

Hälver und auch der Nette so<br />

zahlreich entstandenen Dörfern und<br />

kleinen und mittleren Industriebetriebe<br />

gestalten.<br />

Allerdings gab es auch hier Probleme,<br />

denn für <strong>die</strong> Staatsbahn war<br />

es unmöglich, in <strong>die</strong>sen engen und<br />

kurvenreichen Tälern mit der Normalspur<br />

zu fahren. Andererseits<br />

beteiligte sie sich aus wirtschaftlichen<br />

Gründen nicht an anderen<br />

Projekten.<br />

So wurde in Eigeninitiative <strong>die</strong><br />

KAS „Kreis Altenaer Schmalspur-<br />

Eisenbahn-Gesellschaft“ gegründet.<br />

Später KAE „Kreis Altenaer Eisenbahn“<br />

genannt, <strong>die</strong> Schmalspur betrug<br />

1 Meter. 1887 wurde <strong>die</strong> erste<br />

Linie Altena - Lüdenscheid durch<br />

das Rahmedetal eröffnet. Dann<br />

folgte Werdohl -Lüdenscheid durch<br />

das Versetal und Halver - Schalksmühle<br />

durch das Hälvertal.<br />

In Dahle und Altena befasste man<br />

sich auch für das Nettetal mit dem<br />

Bau einer Schmalspurbahn, kam<br />

trotz Bemühungen jedoch nicht<br />

voran, weil <strong>die</strong> Lösung der Probleme<br />

vor sich hergeschoben wurden.<br />

1909 haben dann Dahler Bürger<br />

<strong>die</strong> „Elektromobil-Gesellschaft<br />

Nettetal“ gegründet, um wenigstens<br />

eine neuzeitliche Verkehrsverbindung<br />

für <strong>die</strong> Personenbeförderung<br />

zu schaffen. Die Frage war Elektro-<br />

oder Automobil?<br />

Nach drei Anläufen, wobei <strong>die</strong> jeweils<br />

neu gegründete Gesellschaft<br />

nach kurzer Zeit aufgaben, war es<br />

mit dem Automobilverkehr Dahle –<br />

Evingsen – Altena vorbei. Endlich,<br />

am 10.12.1921, man hatte sich seit<br />

1913 mit dem Bau einer Straßenbahn<br />

befasst, trat <strong>die</strong> elektrische<br />

Straßenbahn ihre Jungfernfahrt an.<br />

Die Bürger waren des Lobes voll<br />

und <strong>die</strong> Fabrikanten erfreuten sich<br />

auch <strong>die</strong>ser Anlage. Bekamen doch<br />

<strong>die</strong> Firmen, <strong>die</strong> es wünschten, ein<br />

Anschlussgleis. So konnten <strong>die</strong> Güterwagen<br />

der Reichsbahn (Normalspur),<br />

auf sogenannte „Rollböcke“<br />

gehoben, von einer Elektro-Lok<br />

(Schmalspur), bis in <strong>die</strong> Betriebe<br />

gefahren werden.<br />

Es hatte sich gezeigt, dass mit den<br />

Schmalspurbahnen nicht alle Verkehrsprobleme<br />

gelöst werden konnten.<br />

Vor allem bei der Personenbeförderung<br />

zeigten sich erhebliche<br />

Lücken, denn <strong>die</strong> wenigen Postkutschen<br />

konnten den steigenden<br />

Berufsverkehr nicht bewältigen.<br />

Um <strong>die</strong>ses Problem zu lösen, wurde<br />

1925 der „Kraftverkehr Mark-<br />

Sauerland GmbH“ gegründet. Initiatoren<br />

waren Landrat Dr. Thomée<br />

aus Werdohl und Dr. Jokusch aus<br />

Lüdenscheid. Gesellschafter waren<br />

der Kreis Altena, Stadt Lüdenscheid,<br />

Stadt Neuenrade, Gemeinde<br />

Werdohl, Halver, Kierspe und 1 Jahr<br />

später Herscheid und Plettenberg.<br />

Bereits am 22. März 1925 wurde <strong>die</strong><br />

erste Linie Neuenrade – Werdohl in<br />

Betrieb genommen und zwar mit<br />

einem 55 PS starken 24-sitzigen<br />

Omnibus der Firma MAN (Maschinenfabrik<br />

Augsburg Nürnberg).<br />

Die ersten Fahrer wurden Wilhelm<br />

Dickehage (1899-1985, D072) und<br />

Franz Riecke (1898-1989, R126),<br />

nachdem sie zuvor eine vierwöchentliche<br />

Ausbildung und <strong>die</strong><br />

Führerscheinprüfung in dem MAN-<br />

Werk in Nürnberg-Fürth absolviert<br />

und bestanden hatten.<br />

Sitz der Gesellschaft wurde Neuenrade,<br />

da sich <strong>die</strong> Stadt bei dem Bau<br />

der Omnibushalle mit Wohnhaus<br />

(heute das neue Feuerwehr-Gerätehaus<br />

an der Bahnhofstraße) sehr<br />

engagiert hatte. Etwas später wurde<br />

der Sitz der Gesellschaft wegen der<br />

zentraleren Lage nach Lüdenscheid<br />

verlegt.<br />

Vielerorts kam <strong>die</strong> Post jetzt den<br />

Wünschen der Bevölkerung nach<br />

und stieg von den Pferdekutschen<br />

auf <strong>die</strong> Kraftpost um. Die Post führte<br />

1929 den Landkraftpostwagen<strong>die</strong>nst<br />

ein. Diese Kraftpostwagen<br />

hatten allerdings nur 4 Fahrgastsitze<br />

und fuhren <strong>die</strong> ersten Jahre noch<br />

auf Vollgummireifen, während <strong>die</strong><br />

Omnibusse bereits Luftreifen und<br />

Platz für mindestens 25 Personen<br />

hatten.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!