April - die schelle
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D A S R A T H A U S I N N E U E N R A D E<br />
von Josef A. Wegener,<br />
Stadtdirektor in Neuenrade<br />
von 1973 - 1999<br />
Am 5. Juli 1974 wurde der erste<br />
Rathauserweiterungsbau mit einem<br />
„Tag der offenen Tür“ eingeweiht.<br />
Aus <strong>die</strong>sem Anlass wurde eine Dokumentation<br />
mit Urkunden, Auszügen<br />
und Schriftstücken aus der<br />
wechselvollen Geschichte der Stadt<br />
Neuenrade herausgegeben, in der<br />
das Rathaus der Mittelpunkt bürgerschaftlicher<br />
Selbstverwaltung<br />
war.<br />
Am 25. Juli 1355 erteilte Graf Engelbert<br />
III. von der Mark der Ortschaft<br />
Neuenrade das große Stadtprivileg.<br />
Die Verleihungsurkunde<br />
befindet sich noch heute im Original<br />
im Stadtarchiv Neuenrade.<br />
Mit den Stadtrechten war gleichzeitig<br />
das Recht zur Verwaltung der<br />
Stadt verbunden.<br />
Der bürgerlichen Verwaltung <strong>die</strong>nte<br />
das Rathaus in Neuenrade. Das<br />
Rathaus wird urkundlich bereits<br />
1355 im Stadtprivileg erwähnt:<br />
„Alle Maße der Stadt soll man auf<br />
„der burger huys“ (Bürgerhaus<br />
= Rathaus) eichen in Gegenwart<br />
unseres Richters und des Rates der<br />
Stadt.“<br />
Erste Straße um1910<br />
Im Vordergrund links das alte Rathaus<br />
mit Schule (heute Gertruden-Apotheke)<br />
In den Jahren 1394, 1429, 1486<br />
und 1507 wurde Neuenrade von<br />
großen Brandkatastrophen heimgesucht,<br />
denen <strong>die</strong> kleine Stadt<br />
ganz oder zu wesentlichen Teilen<br />
zum Opfer fiel. Inwieweit bei <strong>die</strong>sen<br />
Bränden auch das Rathaus in<br />
Mitleidenschaft gezogen wurde,<br />
ist nicht überliefert. Es gilt aber<br />
als sicher, dass das Rathaus bei<br />
den nachfolgenden Großbränden<br />
der Jahre 1521 und 1547 zerstört<br />
wurde. Es ist nachgewiesen, dass<br />
sich der Standort des Rathauses<br />
seit 1638 östlich der evangelischen<br />
Kirche befunden hat (heute Gertruden-Apotheke,<br />
Erste Straße<br />
16) Mit großer Wahrscheinlichkeit<br />
hat das Rathaus seit Gründung der<br />
Stadt im Jahre 1355 an <strong>die</strong>ser Stelle<br />
gestanden.1621, 1695, 1714 und<br />
Neuenrade um 1850<br />
1732 teilte das alte Rathaus bei<br />
verheerenden Stadtbränden wieder<br />
das Schicksal der übrigen Gebäude.<br />
Bei einem Brand im Juni 1687 wurde<br />
dagegen das Rathaus mit neun<br />
weiteren Häusern bei einem weiteren<br />
Schadenfeuer verschont.<br />
Im Rathausgebäude war damals<br />
auch <strong>die</strong> Schule untergebracht. Die<br />
Schule musste 1799, 1818, 1828<br />
und 1869 erweitert werden, da<br />
<strong>die</strong> Zahl der schulpflichtigen Kinder<br />
stets gestiegen und zuletzt auf<br />
349 gewachsen war. Auch das Rathaus<br />
wurde 1869 auf dem Grundstück<br />
Erste Straße 16 vergrößert,<br />
da <strong>die</strong> Einwohnerzahl inzwischen<br />
auf 1.620 Personen angewachsen<br />
war (1.439 Evangelische, 151<br />
Katholische, 21 Juden, 9 Dissidenten).<br />
Die neu geschaffenen Schul- und<br />
Verwaltungsräume entsprachen<br />
über drei Jahrzehnte den Anforderungen.<br />
Um nach der Jahrhundertwende<br />
eine langfristige Verbesserung<br />
im Schulbereich zu erzielen,<br />
wurde von der Stadt Neuenrade in<br />
den Jahren 1911/1912 <strong>die</strong> Burgschule<br />
(Bruchsteingebäude) errichtet.<br />
Die Kosten für <strong>die</strong> neue Schule<br />
wurden damals mit 83.915,- Mark<br />
veranschlagt. Zu <strong>die</strong>sen Kosten erhielt<br />
<strong>die</strong> Stadt eine staatliche Baubeihilfe<br />
von 10.000,- Mark.<br />
Am 18. Juli 1913 beschloss <strong>die</strong><br />
Amtsvertretung Neuenrade nach<br />
Plänen des Stadtbauinspektors Uhlig<br />
aus Dortmund am Wall ein neues<br />
Verwaltungsgebäude zu errichten,<br />
in dem <strong>die</strong> Verwaltung des Amtes<br />
Neuenrade und der Stadt Neuenrade<br />
zusammengefasst werden sollten.<br />
Dem Amt Neuenrade gehörten<br />
damals <strong>die</strong> Stadt Neuenrade und <strong>die</strong><br />
Gemeinde Dahle an. Das Amtsbüro<br />
war bis dahin im Hause Nr.<br />
151/1 (heute Bahnhofstraße 7), in<br />
dem sich auch <strong>die</strong> Dienstwohnung<br />
des Amtmannes Fritz Kirchhoff befand.<br />
Am 2. Oktober 1913 wurde für das<br />
neue Amtshaus in feierlichem Rahmen<br />
der Grundstein gelegt. In das<br />
Fundament des Verwaltungsgebäudes<br />
wurde neben der Grundsteinur-<br />
kunde des alten Rathauses aus dem<br />
Jahre 1869 eine umfangreiche Urkunde<br />
eingemauert, um „in ferner<br />
Zukunft, wenn vielleicht ein ganz<br />
anderes Geschlecht in <strong>die</strong>sem Amte<br />
wohnt, ein zuverlässiger Berichterstatter<br />
einer längst verflossenen<br />
Vergangenheit sein, wenn alle <strong>die</strong><br />
Personen, <strong>die</strong> heute für das Wohl<br />
ihrer Vaterstadt und des gesamten<br />
Amtes Neuenrade ihre ganze Kraft<br />
und Energie einsetzen, dem Tod<br />
anheim gefallen sind.“<br />
Die Grundsteinurkunde kann an<br />
<strong>die</strong>ser Stelle wegen ihres Umfanges<br />
nicht ganz abgedruckt werden<br />
(44 Seiten). Nachfolgend werden<br />
aber interessante Auszüge wiedergegeben:<br />
U R K U N D E<br />
Im Jubiläumsjahr 1913, da das<br />
gesamte deutsche Volk der heldenmütigen<br />
Erhebung vom Jahre 1813<br />
gedachte und einmütig das Opfer<br />
einer bisher nie da gewesenen<br />
Wehrsteuer von 1 Milliarde Mark<br />
auf sich nahm, da es am 16. Juni<br />
mit großer Begeisterung allerorten<br />
das 25 jährige Regierungsjubiläum<br />
Kaiser Wilhelm II. feierte und da<br />
am 18. Oktober <strong>die</strong> Einweihung<br />
des Völkerschlacht-Denkmals in<br />
Leipzig in Gegenwart sämtlicher<br />
Bundesfürsten stattfand, da von<br />
Dallwitz Minister des Innern, Prinz<br />
von Ratibor Corvey Oberpräsident<br />
der Provinz Westfalen, von Bake<br />
Regierungspräsident des Bezirkes<br />
Arnsberg, Dr. Fritz Thomee Landrat<br />
des Kreises Altena, Fritz Kirchhoff<br />
Amtmann des Amtes Neuenrade<br />
war, wurde mit dem Neubau<br />
<strong>die</strong>ses Amtshauses begonnen.<br />
Beschreibung des Baues<br />
Bauart und Einrichtung des Amtshauses,<br />
welches zu 58.000,-- Mark<br />
veranschlagt ist, sind aus der angehefteten<br />
Zeichnung zu ersehen.<br />
Hiernach befinden sich im Kellergeschoß<br />
eine Wohnung für den<br />
Kastellan, <strong>die</strong> Gefängnisse sowie<br />
<strong>die</strong> Kellerräume für <strong>die</strong> Amtmannswohnung,<br />
im Erdgeschoß <strong>die</strong> Verwaltungsräume,<br />
im Obergeschoß<br />
<strong>die</strong> Amtmannswohnung und im<br />
Dachgeschoß Waschküche, Fremdenzimmer,<br />
Bodenräume und Aktenkammern.<br />
Chronik des Amtes Neuenrade<br />
Amtmann Theodor Weiss hat <strong>die</strong><br />
Verwaltung des aus den Gemeinden<br />
Neuenrade, Dahle, Werdohl<br />
und Ohle bestehenden Amtes Neuenrade<br />
am 31. Mai 1851 übernommen.<br />
Er versah den Dienst mit<br />
Hülfe eines Privatgehilfen. Er starb<br />
am 29. Juli 1890. Von <strong>April</strong> 1890<br />
bis zum 22. Oktober 1890 leiteten<br />
<strong>die</strong> Beigeordneten Rentner Friedrich<br />
Kohlhage in Neuenrade und<br />
Kommerzienrat Heinrich Thomee<br />
in Werdohl <strong>die</strong> Amtsgeschäfte.<br />
Vom letztgenannten Tage ab bis<br />
Ende 1891 war Wilhelm von Behren<br />
mit der Verwaltung des damals<br />
rund 8.500 Seelen zählenden<br />
Amtes betraut.<br />
Am 1. Juni 1891 wurden <strong>die</strong> Gemeinden<br />
Werdohl und Ohle vom<br />
Amte Neuenrade abgetrennt. Werdohl<br />
bildete sodann einen eigenen<br />
Amtsbezirk und Ohle wurde dem<br />
Amte Plettenberg zugeteilt, von<br />
Behren wurde Amtmann in Werdohl<br />
und der Guts- und Fabrikbesitzer<br />
Albert Schniewindt zu Berentrop<br />
Ehrenamtmann des Amtes Neuenrade.<br />
Letzterer starb am 31.<br />
Januar 1897. Von seiner im Oktober<br />
1896 erfolgten Erkrankung ab<br />
bis zum 15. <strong>April</strong> 1897 leitete der<br />
Beigeordnete Friedrich Kohlhage<br />
wieder <strong>die</strong> Amtsgeschäfte. Vom<br />
letztgenannten Tage ab bis Ende<br />
Juli 1899 war der jetzige Amtmann<br />
in Westhofen Edler von<br />
Daniels Amtmann in Neuenrade.<br />
Am 1. August 1899 übernahm der<br />
frühere Bürgermeister von Lüdenscheid<br />
August Selbach <strong>die</strong> hiesige<br />
Amtsverwaltung. Derselbe wurde<br />
zum 1. Oktober 1909 pensioniert.<br />
Der jetzige Amtmann des Amtes<br />
Neuenrade, Fritz Kirchhoff, befindet<br />
sich seit dem 1. November<br />
1909 in seinem hiesigen Amte.<br />
Die Verkehrsverhältnisse<br />
Wenn ein Fleckchen Erde mit industrieller<br />
Entwicklung unseres<br />
Westfalenlandes unter ungünstigen<br />
Verkehrsverhältnissen zu leiden<br />
hatte und noch zu leiden hat, so ist<br />
es das Amt Neuenrade. Hoch im<br />
Gebirge gelegen, weitab von den<br />
großen Verkehrsadern, wurde es<br />
ihm immer schwerer und schwerer<br />
im Wettbewerb mit anderen Orten,<br />
denen das Glück eine Eisenbahn<br />
beschert hatte, nicht zu unterliegen.<br />
Wenn sich trotzdem das Amt<br />
heute in einer blühenden Verfassung<br />
befindet, so ist das nur dem<br />
zähen Fleiß, der Regsamkeit und<br />
Tüchtigkeit seiner Bewohner zu<br />
verdanken. Um nicht ganz von der<br />
Welt abgeschlossen zu bleiben,<br />
entschloss sich <strong>die</strong> Gemeinde Neu-