1010 - Philipp Schuster
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Mein Wiener Eck mit<br />
<strong>Philipp</strong> Hadikov<br />
Text <strong>Philipp</strong> Hadikov Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />
Schon mein ganzes Leben wohne ich im 22.<br />
Wiener Gemeindebezirk - genauer gesagt<br />
in Kaisermühlen. Ich kann mir wirklich<br />
nicht vorstellen woanders zu wohnen: es gefällt<br />
mir einfach zu gut in diesem kleinen Grätzel.<br />
Kennen werden Kaisermühlen wohl einige von<br />
euch, nicht nur aufgrund der Fernsehserie<br />
„Kaisermühlen-Blues“ oder durch eine, immer<br />
wieder lustig anzuschauende Folge der Serie<br />
„Alltagsgeschichten“, die so manchem lokalen<br />
Proleten seine 15 Minuten Ruhm gebracht hat,<br />
sondern durch Besuche der Alten Donau oder<br />
des Gänsehäufels. Lustigerweise war ich selber<br />
seit über 10 Jahren nicht mehr in diesem Bad!<br />
Zum einen liegt das daran, dass ich kein<br />
Anhänger großer Menschenmassen bin und<br />
lieber die Ruhe vorziehe, als mich mit lauter<br />
kreischenden Kindern in den Pool zu schmeißen,<br />
zum anderen auch daran, dass Kaisermühlen<br />
ohnehin von der Donau eingeschlossen ist.<br />
Deswegen gibt es genügend verstecktere Bademöglichkeiten,<br />
die es sich zu erkunden lohnt.<br />
Nach einem langen Tag in der Sonne würde<br />
sich eigentlich ein Besuch im Eissalon Trento<br />
anbieten, der sich in unmittelbarer Nähe zum<br />
Gänsehäufel befindet. Da ich selber aber kein<br />
großer Eisesser bin, wird man mich auch dort<br />
kaum antreffen. Überhaupt nütze ich die Gastronomie<br />
und die vielen klassischen Gasthäuser in<br />
meiner Nähe kaum aus - ich koche lieber selber.<br />
Wegen der Abgrenzung durch die Donau hat<br />
sich hier ein dorfähnliches Leben entwickelt.<br />
Man könnte fast sagen, dass Kaisermühlen eine<br />
kleine Insel mitten in Wien ist. Die Leute sind<br />
freundlich zueinander und grüßen sich aufgrund<br />
ihrer Verbundenheit zu ihrem Wohnort auch<br />
außerhalb ihrer Gegend, ohne sich überhaupt<br />
zu kennen.<br />
Vom Dauerstress in der UNO-City oder rund<br />
um das Donauzentrum in Kagran bekommt<br />
man hier nichts mit. Nur im Hochsommer, wenn<br />
auch die „Touristen“ aus den anderen Bezirken<br />
zum Baden kommen, kann es teilweise recht<br />
mühsam werden. Parkplätze sind dann Mangelware<br />
und selbst einfache Einkäufe gestalten<br />
sich manchmal aufgrund der Massen als wahre<br />
Geduldproben. Aber es hat natürlich auch seinen<br />
Charme, in einer Einkaufsschlange zu stehen,<br />
in der Leute ihre Besorgungen in Badekleidung<br />
tätigen... wo in Wien gibt es schon so was?<br />
Die Donauinsel ist nur ein Steinwurf von meiner<br />
Wohnung entfernt und somit gehe ich täglich<br />
mit meinem Hund dort spazieren. Oft nehme ich<br />
dabei mein Cruiserboard mit und fahre am<br />
Wasser entlang, während meine Lola hinterher<br />
läuft. Dabei erfreue ich mich des Lebens: es gibt<br />
für mich nichts Schöneres. Die Lobau ist zwar<br />
interessanter und nur ein paar Minuten entfernt,<br />
aber meistens bin ich dann doch zu faul ins Auto<br />
zu steigen, ziehe die gemütlichere Variante vor<br />
und bleibe auf der Insel.<br />
Skatetechnisch hat Donaustadt, von Donau-<br />
insel und Donaupark einmal abgesehen, leider<br />
relativ wenig zu bieten. Aber meine Nähe zu<br />
diesen Spots ermöglicht mir oft auch vor bzw.<br />
nach einem stressigen Arbeitstag oder einem<br />
langweiligen Tag auf der Uni noch eine spontane<br />
Session, die mich alles andere vergessen lässt.<br />
Nur dass meine üblichen Skate-Kollegen nicht in<br />
meiner Nähe wohnen, ärgert mich manchmal.<br />
Deswegen gehe ich oft alleine skaten.<br />
In den letzten Jahren gab es einige Male die<br />
Idee, von hier wegzuziehen und eine zentraler<br />
gelegene Wohnung zu suchen. Aber die saubere<br />
Luft, die vielen Grünflächen und die Möglichkeit,<br />
dennoch in wenigen Minuten im Stadtzentrum zu<br />
sein, haben mir bisher immer einen Strich durch<br />
die Rechnung gemacht. Die relaxte, ruhige und<br />
freundliche Wohnmöglichkeit in meinem Wiener<br />
Eck ist einer der Gründe, warum ich Wien als<br />
Stadt so sehr liebe.<br />
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