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1010 - Philipp Schuster

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SKATEBOARDER<br />

und ihre Eltern<br />

Text Mathias Hadwiger / Photos <strong>Philipp</strong> <strong>Schuster</strong><br />

Im Rahmen meiner Überlegungen zu diesem<br />

Artikel dachte ich lange darüber nach, wie<br />

meine Eltern eigentlich zum Thema Skaten<br />

standen und stehen. So haben sie über mehrere<br />

Jahre mittels verschiedenster Druck- und Lockmittel<br />

versucht, mir meine Leidenschaft „Skaten“<br />

auszureden.<br />

Im nachhinein betrachtet durchaus verständlich!<br />

Darum war bereits der Kauf meines allerersten<br />

Skateboards ein Kampf für sich. Februar 2000:<br />

ich spielte bereits seit zwei Monaten tagein,<br />

tagaus wie ein Verrückter mein zu Weihnachten<br />

erstandenes „Tony Hawks“ für die Playstation.<br />

Für mich festigte sich von Level zu Level der<br />

Wunsch nach einem eigenen Skateboard. Das<br />

wollte ich mir zu meinem immer näher rückenden<br />

elften Geburtstag wünschen. Ich hatte nicht mehr<br />

viel Zeit, meine Eltern davon zu überzeugen,<br />

dass ich um jeden Preis ein solch artistisches<br />

Rollbrett haben will. Wegen meiner penetranten<br />

Hartnäckigkeit und dank meinem wahrscheinlich<br />

nervenzerfetzenden Betteln willigten sie schlussendlich<br />

ein. Mitte März war es soweit: ich ging in<br />

Begleitung meiner Mutter in einen Skateshop, in<br />

38 36<br />

dem uns ein sichtlich zugedröhnter Angestellter,<br />

dem seine Hose bis unter die Kniekehlen hing,<br />

lustlos mit dem Wort „seas“ begrüßte. Nachdem<br />

mir mein selbst ausgesuchtes supercooles,<br />

buntes Board von dem „wild und ungezogen“<br />

aussehenden Verkäufer zusammengeschraubt<br />

wurde und ich im Anschluss daran mit meiner wie<br />

vor den Kopf gestoßenen Mutter das Geschäft<br />

verließ, wusste ich, dass dies die Welt ist, von<br />

der ich unbedingt ein Teil seien wollte. Diese<br />

rebellische Ausstrahlung des Verkäufers übte auf<br />

mich eine unwiderstehliche Faszination aus, was<br />

meiner Mutter, wie nicht anders zu erwarten, ein<br />

Dorn im Auge war.<br />

Dass man als vorpubertierender Skateboarder<br />

in bestimmten Stadtvierteln von Wien nicht<br />

besonders beliebt ist, erfuhr ich in den darauffolgenden<br />

Jahren immer wieder aufs Neue. Es<br />

hatte den Anschein, als ob ich damals „Handy<br />

zu verschenken + bitte einmal in die Goschen<br />

hauen“ auf der Stirn stehen hatte. So kam ich<br />

eben öfter erniedrigt und wutentbrannt mit einem<br />

blauen Auge und ohne alle Wertgegenstände<br />

nach Hause.<br />

Abgesehen davon waren es natürlich noch die<br />

zahlreichen Bänderzerrungen, Knochenbrüche<br />

und ähnliche Verletzungen, sowie der eklatante<br />

Materialverschleiß von Boards und Schuhen, die<br />

bei meinen Eltern auf Unverständnis gestossen<br />

sind und immer noch stossen.<br />

Heute, nach über zehn Jahren Skateboarding<br />

und den damit verbundenen Diskussionen mit<br />

meinen Eltern, ist nach wie vor keine Rede von<br />

Unterstützung und Verständnis. Doch mittlerweile<br />

tolerieren sie immerhin meine hundertprozentige<br />

Hingabe - das ist für mich persönlich ein großer<br />

Teilerfolg. Ebenso hat sich meine Mutter mit der<br />

einen oder anderen Verletzung, die mit diesem<br />

Sport einhergeht, mittlerweile abgefunden bzw.<br />

ist eine Form der Abstumpfung zu bemerken.<br />

Erst kürzlich, als ich via Telefon die “freudige”<br />

Botschaft eines Seitenbänderrisses übermittelte,<br />

reagierte sie mit den Worten „Oje, du Armer!“ -<br />

eine Reaktion, die für mich überraschend war,<br />

wäre sie doch noch bis vor wenigen Jahren voller<br />

Angst und Sorge zu mir geeilt, um mich zu hegen<br />

und zu pflegen!<br />

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es den einen<br />

oder anderen Leser gibt, der ebenfalls schon<br />

mit derartigen Problemen konfrontiert war, oder<br />

immer noch ist.<br />

Trotz allem: Auffassungen von Eltern könnten<br />

unterschiedlicher nicht sein. So sehen die einen<br />

in Skateboarding einen halsbrecherischen und<br />

zu gefährlichen Sport, während die anderen froh<br />

sind, dass ihr Kind überhaupt einer sportlichen<br />

Betätigung nachgeht. So baten beispielsweise<br />

meine Eltern bei einem der früheren zahlreichen<br />

Krankenhausbesuche den behandelten Arzt, ob<br />

er mir nicht das Skateboardfahren ausreden<br />

könnte. Dieser erwiderte jedoch nur, dass es<br />

„hundatmal g´scheita“ sei, ich breche mir noch<br />

zig-mal die Hand, bevor ich wie viele andere vor<br />

World of Warcraft und GZSZ versumpere.<br />

Man muss natürlich beachten, dass Differenzen<br />

zwischen Eltern und ihren Kindern nicht nur in<br />

der Skateboardszene und auch nicht nur in der<br />

heutigen Zeit ein Problem darstellen. Ob die<br />

damalige Elvis-Hysterie, Beatles-Mania oder<br />

eben auch die Subkultur Skateboarder: den<br />

älteren Generationen fehlte es immer schon<br />

an dem nötigen Einblick in die Szene und so<br />

bleiben natürlich Klischees wie das des Rowdies,<br />

der Nichtsnutze etc. weiterhin bestehen. Doch<br />

in den letzten Jahren hat sich Skateboarding<br />

für Außenstehende stark verändert. Dank der<br />

medialen Ausschöpfung durch die Rob Dyrdrek`s<br />

und Ryan Sheckler`s dieser Welt sowie durch<br />

Riesenkonzerne, die diesen Markt erschlossen<br />

haben, hat Skateboarding stark an Popularität<br />

gewonnen und erfährt dadurch wiederum von<br />

der Gesellschaft mehr Akzeptanz. Ob man als<br />

Skater neuerdings lieber mit Sheckler & Co in<br />

Verbindung gesetzt wird als mit dem guten, alten<br />

„versifften Proll Klischee“ sei dahingestellt. Klar<br />

ist allerdings: hätte Skateboarding damals schon<br />

dieses neu erlangte „Sauberimage“ besessen,<br />

hätten viele Diskussionen mit meinen Eltern<br />

vermieden werden können.<br />

Aber nun endlich genug von meinen eigenen,<br />

ganz persönlichen Erfahrungen. Wie gesagt, die<br />

Auffassungen der Eltern zu diesem Thema gehen<br />

weit auseinander. Jeder hat in dem Zusammenhang<br />

seine eigenen Erfahrungen gesammelt,<br />

waren sie nun positiv oder negativ.<br />

Umso interessanter sind die Ausführungen<br />

von Eltern und Sprösslingen auf den folgenden<br />

Seiten.

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