Ab wann sind wir eigentlich erwachsen? - Phillip
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Was dann während der Bibelstunden geschah, hat mich oft geschockt.<br />
Durch das ganze Zusammenspiel an guter Laune und Verwöhnprogramm wurde ihnen der<br />
Glauben quasi aufgezwungen. Alle Kinder saßen auf Stühlen, während Auntie Hella vorne<br />
predigte. Sie fragte Bibelverse und Glaubensfragen ab, wer die richtige Antwort wusste<br />
bekam eine Süßigkeit zugeworfen. Wie Tiere, die dressiert werden.<br />
Mir hat die Art, wie dort mit ihnen umgegangen wurde, überhaupt nicht gefallen. Das Ganze<br />
erschien mir aufgesetzt und unecht. Es ging weniger darum, den Kindern eine Freude zu<br />
bereiten, als mehr darum, sie gläubig zu machen.<br />
In einer Predigt zum Beispiel hieß es: „Wir alle haben fünf Finger, so wie das Wort Jesus<br />
Buchstaben hat. Damit zeigt er uns, dass er uns liebt und <strong>wir</strong> zu ihm gehören.“ Rechts neben<br />
mir saß ein Junge, der nur zwei Finger hat.<br />
Generell ist die „Behinderung“ der Kinder nur ein<br />
Zeichen dafür, dass sie nicht genug an Gott glauben.<br />
Sie sollten einfach aufstehen!<br />
Alles klar!<br />
In einigen Momenten des Camps habe ich mich so<br />
fehl am Platz gefühlt und wäre am liebsten<br />
davongelaufen.<br />
Was sagt man dann zu einem Jungen der einen fragt,<br />
ob man denn auch an Gott glaube? Dem gerade erst<br />
erzählt wurde, dass jeder andere dem Teufel gehört,<br />
dass <strong>wir</strong> in die Hölle kommen, wenn <strong>wir</strong> nicht darauf<br />
hören?<br />
Sehr einprägend war dazu die Geschichte von Sissi<br />
(dargestellt von einer Barbiepuppe), die sich in<br />
ihrem Leben nicht richtig verhalten hat und<br />
daraufhin von Hella ins Feuer geworfen würde. Was<br />
aber nichts im Vergleich zu der echten Hölle sei.<br />
Woraufhin Hella in „Tränen“ ausbrach, wild<br />
beteuernd, dass sie die Kinder alle liebe und sie<br />
unbedingt im Himmel wieder treffen wolle.<br />
Oder das Theaterstück: Hella vor dem jüngsten<br />
Gericht. Der Teufel klagt sie an, Harry Potter<br />
geschaut und jemandem ein Stück Kuchen geklaut<br />
zu haben. Woraufhin die Kinder einzeln nach vorn<br />
kommen und erklären mussten, was Hella in ihrem<br />
Leben getan habe, wie sie sie zu Gott geführt hat. Und Gottes Urteil: Auntie Hella darf in den<br />
Himmel. Laut jubelnd <strong>wir</strong>ft sich diese zu Gottes Füßen nieder und küsst sie.<br />
Glauben aufzwingen.<br />
Ihr müsst.<br />
Einziger Weg.<br />
Zum Glück kamen noch drei Zulus aus einer Bilbelschule, von denen einer mit den Kindern<br />
wunderschöne, kraftvolle oder auch lustige, peppige Lieder zu Jesus Ehren sang.<br />
Und ein anderer starke, Hoffnung schenkende und beeindruckende Predigten hielt. In diesen<br />
Momenten war ich sehr beeindruckt und dankbar, dass ich dabei sein durfte, wenn sie alle<br />
ihren gemeinsamen Glauben feierten.