Seite 1-36 (pdf, 4,6 - Trafikantenzeitung
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Perspektiven<br />
Für die Hintermänner ist Zigarettenschmuggel heute schon ein lukrativeres<br />
„Geschäft“ als der Drogenschmuggel. Und niemand weiß so genau, wohin die<br />
dabei verdienten Gelder eigentlich fließen. Allerdings mehren sich in letzter<br />
Zeit die Hinweise auf Querverbindungen zu einer internationalen Bedrohung:<br />
Zigarettenschmuggel für<br />
Terrorismusfinanzierung<br />
Zigarettenschmuggel ist kein Kavaliersdelikt.<br />
Durch ihn werden<br />
kriminelle Organisationen mit<br />
Geld gefüttert. Und jeder, der da mittut,<br />
finanziert möglicherweise sogar Strukturen,<br />
die für den internationalen Terrorismus<br />
verantwortlich sind. Das ist keine Panikmache,<br />
denn es gibt Hinweise dafür: So<br />
Wolfgang Bachler, der bis 2003<br />
Kommandant des Einsatzkommandos<br />
„Cobra“ war und dessen „Crisis and<br />
Security Consulting GmbH“ im Rahmen<br />
des strategischen Sicherheitsmanagements<br />
auch für Austria<br />
Tabak/Gallaher tätig ist.<br />
Wobei zum Beratungsumfang<br />
auch die Entwicklung<br />
von Strategien<br />
gegen den Zigarettenschmuggel<br />
gehört, um<br />
diesem a la longue ein<br />
Agieren statt des<br />
bloßen Reagierens mit<br />
taktischen Möglichkeiten<br />
für den Moment<br />
entgegenzusetzen.<br />
Im Visier hat Bachler<br />
also nicht so sehr den<br />
Ameisenschmuggl, sondern<br />
die organisierte<br />
Kriminalität, für die – wie er meint – der<br />
Zigarettenschmuggel heute bereits eine<br />
wichtigere und lukrativere Einnahmequelle<br />
als der Drogenschmuggel ist, wobei<br />
sich hier ökonomische und unternehmerische<br />
Strukturen auf der schwarzen<br />
<strong>Seite</strong> der Medaille aufgebaut haben,<br />
wobei niemand weiß, wohin die mit<br />
dem Zigarettenschwarzmarkt lukrierten<br />
Gelder fließen. Allerdings gebe es – so<br />
der Kenner der Szene der besonderen<br />
Art von Kriminalität weiter – inzwischen<br />
deutliche Anzeichen, die in<br />
Richtung des Terrorismus weisen. Gegenüber<br />
diesem Fingerzeig nehmen sich<br />
12 trafikantenZEITUNG 5/2006<br />
die Argumente, daß sich von der<br />
Schmuggelware aufgrund ihres günstigen<br />
Preises vor allem jugendliche Raucher<br />
angesprochen werden, was – noch dazu<br />
im Zusammenhang mit Fälschungen –<br />
die gesundheitspolitischen Intentionen<br />
der Regierungen kontrakariert, vergleichsweise<br />
„harmlos“ aus. Was sie aber<br />
allein schon aufgrund der Tatsache nicht<br />
sind, daß sich der Käufer von Schmuggelgut<br />
eines Vergehens, nämlich der Abgabenhehlerei,<br />
schuldig und damit erpreßbar<br />
macht.<br />
„Deshalb bedarf es, um dem Problem<br />
Herr zu werden, breitflächiger Anstrengungen,<br />
um einerseits den<br />
Ameisenschmuggel in den Griff zu<br />
bekommen und andererseits die großen<br />
Strukturen aufzuhellen und zu zerschlagen.<br />
Das ist ein Spielplatz für viele<br />
Kräfte – für die öffentliche Hand, für<br />
private Sicherheitsanbieter, aber auch<br />
für jeden einzelnen und im speziellen<br />
Fall für die Trafikanten“, entwickelt<br />
Bachler im Gespräch mit der „Österreichischen<br />
<strong>Trafikantenzeitung</strong>“ ein<br />
(Zukunfts)Szenario, innerhalb dem er<br />
dem Tabakwareneinzelhandel eine sehr<br />
wichtige Position zuweist: „Die Trafikanten<br />
vor Ort bekommen an Hand<br />
ihrer Umsatzzahlen als erste zu spüren,<br />
wenn in ihrem Grätzel etwas vor sich<br />
geht. Und sie sollten sich nicht scheuen,<br />
ihre Wahrnehmungen oder Hinweise zu<br />
kommunizieren – an die Wirtschaftskammer,<br />
an das Gremium oder auch<br />
letztlich an die Polizei, wo man sehr gut<br />
weiß, wie man mit solchen Meldungen<br />
umzugehen hat“, plädiert unser Vis-a-Vis<br />
für ein Trafikantennetzwerk, das mit<br />
seinen Beobachtungen weiteren Ermittlungen<br />
auf die Sprünge<br />
helfen kann – natürlich<br />
unter Zusicherung absoluter<br />
Anonymität,<br />
womit sich niemand vor<br />
irgendwelchen Repressalien<br />
zu fürchten<br />
braucht.<br />
Und auf der anderen<br />
<strong>Seite</strong> der Latte gehört<br />
auch ein entsprechender<br />
politischer Druck<br />
gemacht für eine bessere<br />
Absicherung der EU-<br />
Außengrenzen, aber<br />
auch auf Länder, die im<br />
Verdacht stehen, daß<br />
auf ihrem Territorium Fälschungen<br />
produziert werden, wobei diese „Fakes“ –<br />
gemessen am Gesamtvolumen der<br />
Schmuggelware – innerhalb Europas zu<br />
einem immer größeren Problem ausufern.<br />
Österreich darf sich diesbezüglich<br />
momentan noch dessen rühmen, hier<br />
unter dem EU-Durchschnitt zu liegen.<br />
„Allerdings mit steigender Tendenz“,<br />
erklärt Bachler die Wichtigkeit des<br />
Zusammenwirkens aller Kräfte, der<br />
steten Aufwärtsentwicklung des<br />
Zigarettenchmuggels ganz allgemein und<br />
seiner Nebenerscheinungen Einhalt zu<br />
gebieten.