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Huchler, Norbert / Neumer, Judith / Porschen, Stephanie / Sauer ...

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<strong>Huchler</strong>, <strong>Norbert</strong> / <strong>Neumer</strong>, <strong>Judith</strong> / <strong>Porschen</strong>, <strong>Stephanie</strong> / <strong>Sauer</strong>, Stefan<br />

Vertrauen als Produktionsprinzip. Eine neue Form der Bindung<br />

<strong>Norbert</strong> <strong>Huchler</strong>, ISF München, norbert.huchler@isf-muenchen.de / <strong>Judith</strong> <strong>Neumer</strong>, ISF München, judith.neumer@isf-muenchen.de / Dr. <strong>Stephanie</strong> <strong>Porschen</strong>,<br />

ISF München, stephanie.porschen@isf-muenchen.de / Stefan <strong>Sauer</strong>, ISF München, stefan.sauer@isf-muenchen.de<br />

Gemeinsame Sektionsveranstaltung der Sektionen Arbeits- und Industriesoziologie und Organisationssoziologie: Neue<br />

Bindung oder prekarisierende Kommodifizierung? Ursachen und Folgen diversifizierter Arbeits- und<br />

Beschäftigungsbedingungen<br />

Der Frage nach der Einordnung aktueller Entwicklungen im Wechselverhältnis zwischen neuer Bindung und<br />

(prekarisierender) Kommodifizierung nähern wir uns mit der These, dass Unternehmen aktuell vor dem Hintergrund<br />

erhöhter Unsicherheit versuchen, ein neues Produktionsprinzip durchzusetzen: Vertrauen.<br />

Corporate Social Responsibility Konzepte, moralisches Management, der boomende Beratungsmarkt um<br />

Unternehmensethik und Nachhaltigkeit können als Reaktion auf eine Vertrauenskrise in der Wirtschaft interpretiert<br />

werden. Vor allem aber wird es für Unternehmen immer schwerer und unrentabler Leistung a priori zu definieren, wie dies<br />

bei der maschinellen, der bürokratischen aber auch bei der indirekten Kennzahlensteuerung der Fall ist. Konzepte der<br />

indirekten Leistungssteuerung weisen die Defizite ihrer Vorgänger auf: hohe Kontrollkosten, mangelnde Flexibilität, kein<br />

nachhaltiges Nutzen subjektiver Ressourcen (v.a. Erfahrung, Wissen).<br />

Als Reaktion versuchen Unternehmen, Vertrauen als Leistungssteuerungs- und Integrationsmechanismus einzusetzen. Dies<br />

ist höchst voraussetzungsvoll, da es mit der bisherigen Kontrolllogik betrieblicher Praxis bricht und das Gros ökonomischer<br />

und arbeitswissenschaftlicher Handlungsmodelle an ihre Grenzen bringt.<br />

Die gängige Reaktion auf die aktuell steigende Unsicherheit (Entgrenzung) und den zunehmenden Selbststeuerungsbedarf<br />

(Individualisierung, Subjektivierung) ist die Explizierung des Tauschverhältnisses zwischen Unternehmen und Mitarbeiter<br />

(z.B. „neuer psychologischer Vertrag“). Dieser Zugang greift jedoch wie andere, auf dem homo oeconomicus beruhende<br />

Konzepte, zu kurz. Um Vertrauen wirklich fassen zu können, müssen subjektive und gemeinschaftliche Bindungsformen<br />

ernst genommen und Arbeitshandeln jenseits rationaler Einzelentscheidungen konzipiert werden.<br />

Dies wird im anwendungsbezogenen Forschungsprojekt VERRED realisiert. Anhand von fünf betrieblichen<br />

Handlungsfeldern wird aufgezeigt, unter welchen Bedingungen Vertrauen als neues Bindungsprinzip nicht zu neuen<br />

Formen der Belastung und Überforderung führt, sondern Kreativität, Innovation und Zusammenhalt fördert. Das erfordert<br />

letztlich eine vollkommen neue Management- und Leistungskultur, die abkehrt von Kontrolle über ex-ante Festlegung und<br />

sich einlässt auf (ex-post) Erfahrung, Ressourcen bereitstellt und dem Leitbild des „Mitarbeiters als Unternehmer“<br />

„Führung als Dienstleistung“ gegenüberstellt, um nicht in prekarisierender Kommodifizierung zu enden, sondern Bindung<br />

zu erzeugen.


Rohrbach-Schmidt, Daniela<br />

Komplementaritäten von menschlicher Arbeitskraft und Computern, Beschäftigungspolarisierung und individuelle<br />

Arbeitsbelastungen<br />

Rohrbach-Schmidt, Daniela, Forschungsdatenzentrum im Bundesinstitut für Berufsbildung, rohrbach@bibb.de<br />

Gemeinsame Sektionsveranstaltung der Sektionen Arbeits- und Industriesoziologie und Organisationssoziologie: Neue<br />

Bindung oder prekarisierende Kommodifizierung? Ursachen und Folgen diversifizierter Arbeits- und<br />

Beschäftigungsbedingungen<br />

In dem den „Task-Ansatz“ maßgeblich begründenden Papier legen Autor, Levy und Murnane (2003) anhand einer Analyse<br />

von beruflichen Tätigkeiten dar, dass Computerisierung mit einer Substituierung und somit zurückgehenden Nachfrage<br />

nach manuellen und kognitiven Routinetätigkeiten einhergeht - Tätigkeiten, welche bislang typischerweise von<br />

mittelqualifizierten Beschäftigen ausgeübt wurden. Demgegenüber steige durch Computerisierung die Nachfrage nach<br />

hochqualifizierten, kognitiven Nichtroutinetätigkeiten und führe – weil weder substituierbar noch komplementär – auch zu<br />

(relativ) mehr Nachfrage nach einfachen Nichtroutinetätigkeiten im Bereich gering- und unqualifizierter Beschäftigung. Eine<br />

gemäß dieser „Routinisierungshypothese“ sich polarisierende Beschäftigungs- und Lohnentwicklung zeichnet sich in<br />

jüngster Zeit für die USA und einige Europäische Länder ab.<br />

Der Tätigkeitsansatz wurde in der Soziologie bislang wenig rezipiert. Seine Stärke liegt in der mikrotheoretischen<br />

Fundierung des Zusammenhangs zwischen technologischem Fortschritt und Arbeitskräftenachfrage. Das Papier diskutiert<br />

zunächst, welche zentralen Beschäftigungs- und Ungleichheitsdynamiken sich in Deutschland unter Ausnützung der<br />

Analysemöglichkeiten des Tätigkeitsansatzes beobachten lassen und fragt dann nach möglichen negativen Folgen dieser<br />

Entwicklungen für Individuen: Nehmen mit der Änderung in der Nachfrage nach beruflichen Tätigkeiten<br />

Fehlqualifizierungen und Arbeitsbelastungen zu? Als Datengrundlage wird auf die BIBB/IAB und BIBB/BAuA<br />

Erwerbstätigenbefragungen 1979 bis 2006 (2011/2012) zurückgegriffen. Die für Deutschland repräsentativen<br />

Querschnittbefragungen von jeweils 20,000 bis 30,000 Erwerbstätigen eignen sich besonders für Analysen des<br />

Tätigkeitsansatzes und werden hierfür bereits international vielfach genutzt.<br />

Auswertungen auf Basis dieser Daten zeigen u.a., dass Fehlqualifizierungen und Unterforderung auch bei Personen mit<br />

mittleren und höheren beruflichen Bildungsabschlüssen im Zeitverlauf zunehmen. Überqualifizierte und unterforderte<br />

Beschäftigte üben zudem häufiger Routinetätigkeiten aus als passend qualifizierte Beschäftigte.


Taube, Jana / Biermann, Ingrid / Gather, Claudia / Zipprian, Heinz<br />

Coworking Spaces – neue Arbeitsformen und urbane Solidaritäten<br />

Taube, Jana, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, jana.taube@hwr-berlin.de / Biermann, Ingrid, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin,<br />

ingrid.biermann@hwr-berlin.de / Gather, Claudia, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, gather@hwr-berlin.de / Zipprian, Heinz, Hochschule für<br />

Wirtschaft und Recht Berlin, heinz.zipprian@hwr-berlin.de<br />

Gemeinsame Sektionsveranstaltung der Sektionen Arbeits- und Industriesoziologie und Organisationssoziologie: Neue<br />

Bindung oder prekarisierende Kommodifizierung? Ursachen und Folgen diversifizierter Arbeits- und<br />

Beschäftigungsbedingungen<br />

Mit dem gesellschaftlichen Strukturwandel von der Industriegesellschaft zur Dienstleistungsgesellschaft ist eine<br />

Vielzahl von Arbeitsformen entstanden, die zeitlich wie auch räumlich flexibel, scheinbar unreguliert,<br />

selbstverantwortlich und unsicher sind. Wurden Begriffe wie Tertiarisierung, atypische Beschäftigungsverhältnisse,<br />

Prekarisierung sowie Feminisierung bisher vor allem in Bezug auf abhängige Beschäftigung verwendet, bilden sie<br />

mittlerweile auch dominante Trends des Gründungsgeschehens. Die Zahl der Selbständigen ist zwischen 1991 und<br />

2009 von über 3 Millionen auf 4,2 Millionen angestiegen. Die Mehrheit der Gründungen wird im Nebenerwerb<br />

durchgeführt, sind Solo-Gründungen und erzielen ein geringes Einkommen.<br />

Sind in großen und mittelständischen Unternehmen Arbeitnehmer/innen in Belegschaften und Organisationen<br />

eingebunden, müssen Menschen in „Selbstbestimmten“ Arbeitsverhältnissen ihre Netzwerke und ihr soziales Kapital<br />

selbst aufbauen und erweitern. Bisher wurde in den Sozialwissenschaften vor allem danach gefragt, wie die "alten"<br />

Bindungen an die Arbeitsorganisation wiederhergestellt werden können und weniger danach unter welchen<br />

Bedingungen nicht nur Desintegration und Entsolidarisierung, sondern auch Tendenzen einer Re-Kollektivierung<br />

entstehen (können).<br />

Der Beitrag präsentiert Ergebnisse einer qualitativen empirischen Studie, die den Fokus auf jene Gruppe der Solo-<br />

Selbständigen richtet, die primär in Wissensbasierten Ökonomien tätig sind. Beobachten lassen sich<br />

Kristallisationspunkte für „neue“ Gemeinschaften, die nicht mehr durch Zugehörigkeit zu einem Unternehmen oder<br />

Verwandtschaft determiniert sind, sondern u. a. durch Freundschaft, gemeinsame Interessen, ähnliche Lebens- und<br />

Arbeitsstile.<br />

In Großstädten wie Berlin entstehen zunehmend offene, flexible, digital vernetzte und kollaborative Arbeitsorte, an<br />

denen temporär Arbeitsplätze und zusätzlich weitere Dienstleistungen gemietet werden können. Allgemein werden<br />

sie als "Coworking Spaces" bezeichnet.<br />

Das Phänomen der Coworking Spaces wird daraufhin untersucht, ob sich über die Vorteile einer geteilten Infrastruktur<br />

und flexiblen Arbeitsmöglichkeiten hinaus, neue Formen der Interaktion, Kooperation und Re-Kollektivierung, die in<br />

erster Hinsicht nicht langfristig, sondern temporär und projektbasiert sind, finden lassen. Allerdings ist bislang nicht zu<br />

sehen, dass diese (neuen) Kollektivierungen Ersatz für langfristig gewachsene Sozialrechte darstellen könnten.


Tünte, Markus / Mottweiler, Hannelore / Shire, Karen<br />

Wissensintensive Dienstleistungsarbeit im Spannungsfeld stabiler Bindungen und einer neuen Unübersichtlichkeit prekärer<br />

Kommodifizierung<br />

Tünte, Markus, Universität Duisburg- Essen, markus.tuente@uni-due.de / Mottweiler, Hannelore, Universität Duisburg- Essen, hannelore.mottweiler@unidue.de<br />

/ Shire, Karen, Universität Duisburg- Essen, karen.shire@uni-due.de<br />

Gemeinsame Sektionsveranstaltung der Sektionen Arbeits- und Industriesoziologie und Organisationssoziologie: Neue<br />

Bindung oder prekarisierende Kommodifizierung? Ursachen und Folgen diversifizierter Arbeits- und<br />

Beschäftigungsbedingungen<br />

In unserem Beitrag argumentieren wir, dass die gängigen Arbeitsmarkttheorien zwar das Wechselspiel von<br />

Kommodifizierung und das Entstehen von (neuen) Bindungen in Bezug auf die Vermarktlichungsprozesse in internen<br />

Arbeitsmärkten analysieren. Die mögliche Stabilität von sozialen Beziehungen in den externen Arbeitsmärkten wird jedoch<br />

nicht hinreichend in den Blick genommen. Wir zeigen in diesem Zusammenhang, dass auch atypische Beschäftigung bzw.<br />

externe Formen der Beschäftigungsflexibilisierung langfristige Bindungen aufweisen können und erklären, unter welchen<br />

arbeitsorganisatorischen und beschäftigungsstrategischen Bedingungen dies der Fall sein kann.<br />

Am Beispiel der freien Mitarbeit, die als eine Art „Prototyp“ der Ökonomisierung und Entgrenzung von Arbeitsbeziehungen<br />

gilt, lassen sich nicht nur langfristige Bindungen sondern auch unterschiedliche Grade der organisationalen Einbindung<br />

herausstellen. Dies widerspricht Befunden aktueller quantitativer Arbeitsmarktstudien, welche die Alleinselbstständigkeit in<br />

erster Linie als ein wissensintensives Äquivalent zur Zeitarbeit kategorisieren und der Randbelegschaft zuordnen. Das<br />

Zusammenspiel von internen Arbeitsmärkten und externer Beschäftigungsflexibilisierung lässt sich jedoch nicht hinreichend<br />

mit der üblichen organisationalen Segmentierung von Kern- und Randbelegschaft abbilden.<br />

Der Artikel schließt an die Debatte zu den „Grenzen der Entgrenzung von Arbeit“ an, nimmt jedoch einen<br />

Perspektivwechsel auf das Zusammenspiel von Vermarktlichungsprozessen und der Stabilität von sozialen Beziehungen vor.<br />

Hierbei wird die These vertreten, dass die Co-Produktion von Kunden als integraler Bestandteil hochqualifizierter<br />

Dienstleistungsarbeit das Entstehen von projekt- und auftragsübergreifenden Bindungen auch zu externer Beschäftigung<br />

begünstigt.<br />

Prozesse der Kommodifizierung von Arbeit werden im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungsarbeit jedoch nicht nur<br />

„begrenzt“, sondern können auch desintegrative Effekte nach sich ziehen. So hat der unterschiedliche Integrations- und<br />

Bindungsgrad Konsequenzen für das individuelle Prekarisierungsrisiko, das sich in einer zunehmenden Polarisierung<br />

zwischen atypischen Beschäftigten nieder schlägt.

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