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1. Anna Amelina: 2. Achim Brosziewski: 3. Richard Münch: 4 ...

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Vortragende (in alphabetischer Reihenfolge) und Vortragstitel zum<br />

Plenum 14: Soziale Differenzierungen, mannigfaltige<br />

Wirklichkeiten und kulturelle Orientierungsinstanzen<br />

Beteiligte Sektionen: Kultursoziologie, Soziologische Theorie, Wissenssoziologie<br />

<strong>1.</strong> <strong>Anna</strong> <strong>Amelina</strong>:<br />

Jenseits des Primat-Paradigmas. Zum Verhältnis von Differenzierungsformen und kulturellen<br />

Instanzen aus der poststrukturalistischen Perspektive: Ensembles, Hierarchien und<br />

Wissensregimes<br />

<strong>2.</strong> <strong>Achim</strong> <strong>Brosziewski</strong>:<br />

Konfliktkulturen als Medien primärer und sekundärer Sozialdifferenzierungen<br />

<strong>3.</strong> <strong>Richard</strong> <strong>Münch</strong>:<br />

Kulturelle Homogenisierung durch internationale Rankings: Wie PISA das konfuzianische<br />

Bildungsregime zum globalen Leitbild macht<br />

4. Joachim Renn:<br />

Multiple Differenzierung und die Übersetzung zwischen Wissensformen - Konturen einer<br />

gesellschaftstheoretischen Wissenssoziologie<br />

5. Uwe Schimank:<br />

Differenzierung – Ungleichheit – Kultur: Die Dreifaltigkeit soziologischer Theorien der<br />

modernen Gesellschaft


Schimank, Uwe<br />

Differenzierung – Ungleichheit – Kultur: Die Dreifaltigkeit soziologischer Theorien der modernen Gesellschaft<br />

Universität Bremen, Institut für Soziologie<br />

uwe.schimank@uni-bremen.de<br />

Plenarveranstaltung: Soziale Differenzierungen, mannigfaltige Wirklichkeiten und kulturelle<br />

Orientierungsinstanzen<br />

Eine Sichtung der soziologischen Theorien der modernen Gesellschaft von den Klassikern bis zu aktuellen<br />

Angeboten zeigt, dass diese Theorien in einem Raum positioniert sind, der von drei Eckpunkten bestimmt wird:<br />

• funktionale Differenzierung in etwa ein Dutzend gesellschaftlicher Teilsysteme bzw. „Wertsphären“;<br />

• marktvermittelte Ungleichheiten sozialer Lagen;<br />

• eine auf die Fortschrittsidee fixierte Kultur der Moderne.<br />

Bei genauerem Hinsehen erweist sich, dass es zwar durchaus Theorieangebote gibt, die die Moderne von einem<br />

und nur einem dieser drei Pole her zu erschließen versuchen. Die meisten Angebote basieren allerdings –<br />

zumeist ausgehend von einem der Pole - auf mehr oder weniger starken Beimischungen von Ingredienzien, die<br />

von den jeweils anderen beiden Polen stammen. So kann man insbesondere Max Weber zwar bescheinigen,<br />

dass er nahezu gleichermaßen Kultur-, Ungleichheits- und Differenzierungstheoretiker der Moderne ist; doch eine<br />

theoretisch stringente Verknüpfung dieser drei Perspektiven liefert er nicht. Und auch Ulrich Beck- um einen<br />

Gegenwartsdiagnostiker zu nennen – bedient sich zwar relativ ausgeglichen bei allen drei Perspektiven; aber die<br />

Schnittstellen werden lediglich ad hoc angesprochen.<br />

Der Vortrag soll vor dem Hintergrund dieser Theorielage ein Verständnis der modernen Gesellschaft skizzieren,<br />

das diese als Überlagerung dreier Ordnungen versteht. Gleichsam quer zur funktionalen Differenzierung von<br />

Teilsystemen, und darin eingehängt, finden sich marktvermittelte Ungleichheiten sozialer Lagen vor; und beide<br />

werden überhöht durch die kulturelle Leitidee von Gesellschaftsgeschichte als Fortschritt. Alle drei Ordnungen der<br />

Moderne sind bereits in sich dauerhaft umkämpft; und die Überlagerung dieser drei Kampfzonen führt erst recht<br />

zu unübersichtlichen gesellschaftlichen Verhältnissen und Dynamiken. Das lässt sich an vielen gesellschaftlichen<br />

Phänomenen aufzeigen. Das Gesamtbild gesellschaftlicher Dynamik, das sich aus der Kombination der drei<br />

Perspektiven ergibt, läuft somit nicht auf eine übergreifend gerichtete „große Linie“ – weder Niedergang noch<br />

Aufstieg – hinaus, sondern auf kontingente Bewegungen im Rahmen der Randbedingungen, die durch alle drei<br />

Ordnungen gesetzt werden.


<strong>Münch</strong>, <strong>Richard</strong><br />

Kulturelle Homogenisierung durch internationale Rankings: Wie PISA das konfuzianische Bildungsregime zum globalen<br />

Leitbild macht<br />

<strong>Richard</strong> <strong>Münch</strong>, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, richard.muench@uni-bamberg.de<br />

Plenum 14: Soziale Differenzierungen, mannigfaltige Wirklichkeiten und kulturelle Orientierungsinstanzen<br />

An der Spitze der PISA-Rangliste stehen mit Shanghai-China, Südkorea, Hongkong-China, Singapur und Japan vier<br />

asiatische Schwellenländer und ein asiatisches Industrieland. Die einzige westliche Ausnahme ist Finnland, wo allerdings<br />

ähnlich wie in den asiatischen Ländern die ungebrochene Respektierung der Lehrer durch die Schüler ein wesentlicher<br />

Baustein für den PISA-Erfolg zu sein scheint. Im Vortrag soll deshalb der Frage nachgegangen werden, ob und<br />

gegebenenfalls wie PISA das von den asiatischen Ländern repräsentierte konfuzianische Bildungsregime zum globalen<br />

Leitbild macht, das dem in der europäischen Aufklärung verwurzelten westlichen Verständnis von Bildung als Entwicklung<br />

von Kritikfähigkeit diametral entgegensteht.<br />

Man könnte versuchen, PISA als einen Motor der funktionalen Ausdifferenzierung eines globalen Bildungssystems aus der<br />

Umklammerung durch nationale Traditionen zu begreifen. Die Globalisierung des Bildungssystems wäre dann ein<br />

entscheidender Schritt hin zur Überlagerung der segmentären Differenzierung in Nationalstaaten mit je eigener Souveränität<br />

in der Definition von Bildung und der institutionellen Gestaltung des Bildungsprozesses durch die funktionale<br />

Ausdifferenzierung der Bildung als Funktionssystem der Weltgesellschaft.<br />

Diese differenzierungstheoretische Perspektive verstellt allerdings den Blick auf die Machtverschiebungen, die den<br />

beobachteten Wandel von Bildung, Schule und Unterricht verursachen. Die neue, von PISA forcierte Definition von Bildung<br />

als Grundkompetenz in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaft und das von den Spitzenreitern der PISA-Rangliste<br />

verbreitete Leitbild von Bildung, Schule und Unterricht ist kein alternativloses Korrelat der globalen Ausdifferenzierung<br />

eines Funktionssystems Bildung, sondern das Ergebnis der Transnationalisierung des Feldes der Bildung. Sie sind ein<br />

Resultat von Feldkämpfen, die zu einer Verlagerung der symbolischen Macht weg von den alten nationalen Trägern der<br />

Bildung – den Lehrerverbänden – und hin zu den Bildungsforschern führen, die vom internationalen PISA-Konsortium<br />

repräsentiert werden. Damit einher geht eine stratifikatorische Differenzierung des Feldes in mehr oder weniger erfolgreiche<br />

Nationen, Schulen, Lehrer und Schüler im Kampf um Rangplätze im PISA-Wettbewerb. Differenzierungstheoretisch<br />

betrachtet, liegt hier eine neue Verschränkung von segmentärer, funktionaler und stratifikatorischer Differenzierung vor.<br />

1


<strong>Brosziewski</strong>, <strong>Achim</strong><br />

Konfliktkulturen als Medien primärer und sekundärer Sozialdifferenzierungen<br />

<strong>Achim</strong> <strong>Brosziewski</strong>, Pädagogische Hochschule Thurgau (Kreuzlingen, Schweiz), achim.brosziewski@phtg.ch<br />

Plenum 14: Soziale Differenzierungen, mannigfaltige Wirklichkeiten und kulturelle Orientierungsinstanzen<br />

Soziologische Theorien sind gefordert, die Vielzahl sozialer Differenzierungsachsen (nach Funktion, Schicht, Klasse,<br />

Geschlecht, Ethnizität, Generation, ...) in ein Verhältnis zueinander zu setzen. Seit Anerkennung einer durchweg<br />

„sozialen Konstruktion der Wirklichkeit“ und der zunehmenden Politisierung immer weiterer Sozialdifferenzen<br />

kollabiert das Ordnungsmodell der Hierarchie – und das gilt auch und erst recht für die Ordnung von Konflikten. Jede<br />

Rhetorik der „Herrschaft“ wird kritisierbar als Versuch, eine Front zu bilden und sie allen anderen (möglichen)<br />

Fronten überzuordnen.<br />

Angesichts dieser Entwicklung kann es nicht Aufgabe der Soziologie sein, den Streit der Sozialdifferenzen zu<br />

entscheiden und eine transitive Hierarchie der Herrschaftsduale zu etablieren. Das Problem liegt vielmehr darin, über<br />

die unbestimmte Vorstellung einer „Gleichzeitigkeit“ hinauszugelangen. Die Theorie des Konflikts muss dafür die<br />

Prämisse aufgeben, Konflikte seien „Ausdruck“ einer vorgegebenen Differenz. Sie muss statt dessen, wie bei jedem<br />

anderen Sozialphänomen, nach der Konstruktion von Konflikten und ihren Stabilisierungsbedingungen fragen. Ein<br />

Konflikt kann als ein Widerspruch zur „richtigen“ Sozialdifferenz aufgefasst werden, an der sich die Fortsetzung der<br />

Kommunikation orientieren soll. Konflikte sind so gesehen als artikulierte Widersprüche zwischen<br />

Differenzierungsnormen zu begreifen. Ego versteht sich nicht als jenes Alter Ego, als das Alter ihn für sich verstanden<br />

wissen will.<br />

Diese Auffassung korrespondiert mit der Tatsache, dass viele Sozialdifferenzen nur eine ihrer Seiten zur<br />

Selbstidentifikation anbieten und deshalb ihre Gegnerschaft imaginieren müssen. Der Widerspruch findet keinen<br />

kommunikativen Gegenhalt und bleibt operativ „leer“. Dieses operative Defizit muss durch eine Konfliktkultur<br />

kompensiert werden; ausgestattet mit allem, was Kulturen generell auszeichnet (Symboliken, Ritualisierungen,<br />

Mythen, ...). Die Gesamtheit solcher Konfliktkulturen fungiert dann als ein Medium der Hierarchisierung von<br />

Sozialdifferenzen, das verschiedene Konstellationen von Zentral- und Nebendifferenzen kennt, zulässt und tradiert.


<strong>Amelina</strong>, <strong>Anna</strong><br />

Jenseits des Primat-Paradigmas. Zum Verhältnis von<br />

Differenzierungsformen und kulturellen Instanzen aus der<br />

poststrukturalistischen Perspektive: Ensembles, Hierarchien und<br />

Wissensregimes<br />

Dr. <strong>Anna</strong> <strong>Amelina</strong>, Universität Bielefeld, Fakultät für Soziologie,<br />

Universitätsstraße 25, 33615 Bielefeld, anna.amelina@uni-bielefeld.de<br />

Plenum 14: Soziale Differenzierungen, Mannigfaltige Wirklichkeiten und<br />

kulturelle Orientierungsinstanzen<br />

Das Verhältnis zwischen gesellschaftlicher Vielfalt (verstanden als<br />

intersektionelle Achsen sozialer Ungleichheit) und gesellschaftlicher<br />

Strukturierung in Marko-Felder wird häufig aus der Perspektive der<br />

Differenzierungstheorie adressiert.<br />

In diesem Vortrag wird vorgeschlagen, die differenzierungstheoretische<br />

Perspektive durch die poststrukturalistische Vorgehensweise zu ersetzen.<br />

Drei Thesen sind dabei zentral:<br />

(1) Vom Feld und Funktionssystem zum Ensemble<br />

Es wird vorgeschlagen, den Begriff des sozialen Feldes sowie den Begriff des<br />

Funktionssystems durch den Begriff ‚Ensemble‘ (Deleuze und Guattari<br />

2003) zu ersetzen. Der letzte betont die prozesshafte Qualität der sozialen<br />

Ordnung. Ensembles erscheinen als kontingente Ergebnisse der<br />

verwobenen Geschichten (die weder ‚national‘, noch ‚global‘ sind), die<br />

temporär verschiedene Elemente der funktionalen Logiken und<br />

intersektionelle Differenzkategorien (‚Geschlecht‘, ‚Schicht‘, ‚Ethnizität‘,<br />

‚Raum‘ etc.) miteinander verknüpfen.<br />

(2) Hegemoniale Diskurse bestimmen die Relevanz kultureller<br />

Klassifikationssysteme für soziale Hierarchisierung<br />

Sowohl die feldspezifischen, als auch die Logiken der intersektionellen<br />

Grenzziehung (‚Geschlecht‘, ‚Ethnizität‘, ‚Schicht‘, ‚Raum‘ u.a.) werden<br />

durch die kulturellen Klassifikationssysteme produziert. Jedoch sind nicht<br />

alle kulturelle Klassifikationssysteme per Definition hierarchisierend,


sondern nur diejenigen, die durch s.g. hegemoniale Projekte (wie das des<br />

Neoliberalismus oder der Heternormativität) diskursiv als<br />

ungleichheitsrelevant kommuniziert werden. Hegemoniale Diskurse sind<br />

diejenigen diskursiven Projekte, die die vorläufige Stabilisierung von<br />

Sinngebung ermöglichen.<br />

(3) Stabilisierung kultureller Klassifikationssysteme durch<br />

Wissensregimes<br />

Die Theorie der hegemonialen Diskurse argumentiert, dass die<br />

Mehrdeutigkeit der diskursiven Sinngebung nur vorläufig stabilisiert<br />

werden kann. Diese Idee liefert eine wichtige Grundlage für die Erklärung<br />

der Verknüpfung von verschiedenen Logiken (einer funktionalen und einer<br />

intersektionellen) innerhalb eines Ensembles (wie z.B. das der<br />

Wissenschaft). Und zwar, wird hier vorgeschlagen, den Begriff<br />

‚Wissensregime‘ (regime of knowledge) einzuführen, der die Techniken der<br />

vorläufigen Stabilisierung von Sinn bezeichnet. Genau durch diese ‚regimes<br />

of knowledge‘ werden verschiedene kulturelle Klassifikationssysteme (mit<br />

Bezug auf ‚Geschlecht‘, ‚Ethnizität‘, ‚Raum‘, ‚Schicht‘ und (mehrere)<br />

‚funktionale‘ Logik(en)) miteinander verknüpft.

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