1. Anna Amelina: 2. Achim Brosziewski: 3. Richard Münch: 4 ...
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<strong>Brosziewski</strong>, <strong>Achim</strong><br />
Konfliktkulturen als Medien primärer und sekundärer Sozialdifferenzierungen<br />
<strong>Achim</strong> <strong>Brosziewski</strong>, Pädagogische Hochschule Thurgau (Kreuzlingen, Schweiz), achim.brosziewski@phtg.ch<br />
Plenum 14: Soziale Differenzierungen, mannigfaltige Wirklichkeiten und kulturelle Orientierungsinstanzen<br />
Soziologische Theorien sind gefordert, die Vielzahl sozialer Differenzierungsachsen (nach Funktion, Schicht, Klasse,<br />
Geschlecht, Ethnizität, Generation, ...) in ein Verhältnis zueinander zu setzen. Seit Anerkennung einer durchweg<br />
„sozialen Konstruktion der Wirklichkeit“ und der zunehmenden Politisierung immer weiterer Sozialdifferenzen<br />
kollabiert das Ordnungsmodell der Hierarchie – und das gilt auch und erst recht für die Ordnung von Konflikten. Jede<br />
Rhetorik der „Herrschaft“ wird kritisierbar als Versuch, eine Front zu bilden und sie allen anderen (möglichen)<br />
Fronten überzuordnen.<br />
Angesichts dieser Entwicklung kann es nicht Aufgabe der Soziologie sein, den Streit der Sozialdifferenzen zu<br />
entscheiden und eine transitive Hierarchie der Herrschaftsduale zu etablieren. Das Problem liegt vielmehr darin, über<br />
die unbestimmte Vorstellung einer „Gleichzeitigkeit“ hinauszugelangen. Die Theorie des Konflikts muss dafür die<br />
Prämisse aufgeben, Konflikte seien „Ausdruck“ einer vorgegebenen Differenz. Sie muss statt dessen, wie bei jedem<br />
anderen Sozialphänomen, nach der Konstruktion von Konflikten und ihren Stabilisierungsbedingungen fragen. Ein<br />
Konflikt kann als ein Widerspruch zur „richtigen“ Sozialdifferenz aufgefasst werden, an der sich die Fortsetzung der<br />
Kommunikation orientieren soll. Konflikte sind so gesehen als artikulierte Widersprüche zwischen<br />
Differenzierungsnormen zu begreifen. Ego versteht sich nicht als jenes Alter Ego, als das Alter ihn für sich verstanden<br />
wissen will.<br />
Diese Auffassung korrespondiert mit der Tatsache, dass viele Sozialdifferenzen nur eine ihrer Seiten zur<br />
Selbstidentifikation anbieten und deshalb ihre Gegnerschaft imaginieren müssen. Der Widerspruch findet keinen<br />
kommunikativen Gegenhalt und bleibt operativ „leer“. Dieses operative Defizit muss durch eine Konfliktkultur<br />
kompensiert werden; ausgestattet mit allem, was Kulturen generell auszeichnet (Symboliken, Ritualisierungen,<br />
Mythen, ...). Die Gesamtheit solcher Konfliktkulturen fungiert dann als ein Medium der Hierarchisierung von<br />
Sozialdifferenzen, das verschiedene Konstellationen von Zentral- und Nebendifferenzen kennt, zulässt und tradiert.