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17 laut* / Ausgabe Winter 2008 Partizipation<br />
Nachgefragt<br />
im VW-kombi nAch rumänien<br />
Susanne Kastner ist Vizepräsi<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>s Deutschen Bun<strong>de</strong>stages und engagiert sich<br />
ehrenamtlich für Kin<strong>de</strong>r in Rumänien. Mit Juliana Hilf und Max von Bergmann-Korn sprach<br />
sie über Engagement, Kin<strong>de</strong>r in Armut und rumänische Mastgänse.<br />
Sie feiern Weihnachten mit zwölf Kin<strong>de</strong>rn aus Rumänien.<br />
Wie kommt’s?<br />
Ich habe vor sechs Jahren das Kin<strong>de</strong>rhaus „Haus<br />
<strong>de</strong>r Freundschaft“ in Rumänien gegrün<strong>de</strong>t, in<br />
<strong>de</strong>m insgesamt zwölf Kin<strong>de</strong>r leben. Die habe ich<br />
an Weihnachten zu mir eingela<strong>de</strong>n. Obwohl die<br />
Kin<strong>de</strong>r kein Deutsch und kaum Englisch sprechen,<br />
bin ich mir sicher, dass es ein ganz beson<strong>de</strong>res<br />
Fest wird. Nicht nur für mich, son<strong>de</strong>rn auch für<br />
die Kin<strong>de</strong>r.<br />
Gibt es für Ihr soziales Engagement in Rumänien einen<br />
persönlichen Hintergrund?<br />
Nach <strong>de</strong>r Rumänischen Revolution im Jahr 1989<br />
rief mich ein <strong>de</strong>utscher Arzt aus Arad an und<br />
schil<strong>de</strong>rte mir die Lage in Rumänien. Ich wollte<br />
mich selbst von <strong>de</strong>r Situation vor Ort überzeugen,<br />
setzte mich in meinen VW-Kombi und fuhr los.<br />
In Rumänien angekommen, war ich schockiert.<br />
Vor Ort gab es kaum Medikamente und kein<br />
Verbandsmaterial. Ich musste irgen<strong>de</strong>twas tun.<br />
Also organisierte ich meinen ersten Hilfstransport,<br />
<strong>de</strong>m noch viele folgen sollten. Später grün<strong>de</strong>te ich<br />
schließlich <strong>de</strong>n gemeinnützigen Verein Rumänien<br />
Soforthilfe e.V.<br />
Das Projekt scheint Ihnen sehr wichtig zu sein…<br />
Ja. Die Arbeit <strong>de</strong>r Rumänien Soforthilfe liegt<br />
mir sehr am Herzen. Das Schöne an <strong>de</strong>rartigen<br />
sozialen Projekten ist, dass man die Erfolge schnell<br />
sieht. Den Kin<strong>de</strong>rn in unserem Kin<strong>de</strong>rhaus geht<br />
es gut, das sieht man sofort. Und auch <strong>de</strong>m Land<br />
ganz allgemein gesprochen geht es heute besser.<br />
Rumänien hat nun eine stabile Demokratie. Natürlich<br />
gibt es noch viele Defizite – aber es läuft<br />
in die richtige Richtung.<br />
In Deutschland leben rund 1,5 Millionen Jugendliche unter<br />
18 Jahren in Armut. Helfen Sie <strong>de</strong>nen auch?<br />
Dass ich mich bei meiner ehrenamtlichen Hilfe<br />
auf Rumänien konzentriere, heißt nicht, dass ich<br />
mich nicht auch für die Armutsbekämpfung in<br />
Deutschland einsetze. Hierzulan<strong>de</strong> gibt es aber<br />
ein funktionieren<strong>de</strong>s Sozialsystem, das Kin<strong>de</strong>r und<br />
Jugendliche unterstützt und ihnen einen Weg aus<br />
<strong>de</strong>r Armut ermöglicht. In Rumänien wären die<br />
Kin<strong>de</strong>r ohne die Unterstützung von Vereinen und<br />
Stiftungen größtenteils auf sich alleine gestellt.<br />
Müsste <strong>de</strong>r Staat mehr Geld für soziale Projekte springen<br />
lassen?<br />
In <strong>de</strong>n Arbeits- und Sozialhaushalt fließen insgesamt<br />
43 Prozent <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>shaushalts. Das ist eine<br />
ganze Menge. Aber wir sollten Geld nicht nur in<br />
soziale Projekte pumpen, son<strong>de</strong>rn vor allem auch<br />
in Bildung investieren. Denn gut ausgebil<strong>de</strong>te<br />
Menschen bekommen in <strong>de</strong>n meisten Fällen<br />
einen Arbeitsplatz.<br />
In <strong>de</strong>n USA mussten die ersten Suppenküchen schließen,<br />
weil sie finanziell von Bankern unterstützt wur<strong>de</strong>n. Diese<br />
haben wegen <strong>de</strong>r Finanzkrise momentan an<strong>de</strong>re Sorgen.<br />
Sind solche Szenarien in Deutschland <strong>de</strong>nkbar?<br />
Ich glaube nicht, dass so etwas auch in Deutschland<br />
passieren könnte. Und überhaupt sollten<br />
wir nicht <strong>de</strong>n Teufel an die Wand malen. Die<br />
Finanzkrise bereitet vielen sozialen Projekten<br />
zwar Sorgen. Die Spen<strong>de</strong>nbereitschaft <strong>de</strong>r Bürger<br />
ist trotz <strong>de</strong>r Finanzkrise aber noch immer groß,<br />
Der Wahlkampf in <strong>de</strong>n Vereinigten Staaten hat<br />
<strong>de</strong>utlich gezeigt, dass Menschen Geld geben,<br />
wenn sie von einer Sache überzeugt sind.<br />
Wie erklären Sie <strong>de</strong>n Bürgern, dass innerhalb kürzester<br />
Zeit Rettungspakete aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n gestampft wer<strong>de</strong>n<br />
können? Menschen, die von Armut betroffen sind, wird<br />
nicht so schnell geholfen.<br />
Dass die Regierung einen finanziellen Schutzschirm<br />
über die Banken gespannt hat, war rich-<br />
tig und nötig. Sonst wäre unser Bankensystem<br />
zusammengebrochen. Und das hätte wie<strong>de</strong>rum<br />
Auswirkungen auf die ganze Gesellschaft. Hätten<br />
wir <strong>de</strong>n Banken nicht geholfen, dann wären<br />
wohl Kommunen pleite gegangen und dann<br />
hätten die Menschen vor Ort lange Zeit keinererlei<br />
Unterstützung von öffentlicher Hand<br />
bekommen.<br />
Was gibt es bei Ihnen zu Weihnachten, etwa rumänische<br />
Mastgans?<br />
Man kann sich sicherlich vorstellen, dass es eine<br />
logistische Herausfor<strong>de</strong>rung ist, für insgesamt<br />
16 Personen während <strong>de</strong>r Feiertage zu kochen.<br />
Eine glückliche Bio-Gans, niemals eine Mastgans,<br />
wür<strong>de</strong> hier also nicht ausreichen. Deshalb<br />
habe ich bei meinem Dorfmetzger ein Schwein<br />
schlachten lassen, welches ich jetzt noch zubereiten<br />
wer<strong>de</strong>, Es gibt also einen klassischen<br />
Weihnachts-Schweinekrustenbraten.<br />
Seit fast 20 Jahren engagiert sich Susanne Kastner für Kin<strong>de</strong>r in Rumänien. Dieses Jahr feiert sie Weihnachten mit ihnen.