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Demokratie<br />
Nachgefragt<br />
DAs internet:<br />
laut* / Ausgabe Winter 2008<br />
einstiegsDroge in Die Politik<br />
Tobias Moorstedt ist Journalist und Autor.<br />
Mit Matthias Reintjes und Tobias Schlenk spricht er über<br />
bloggen<strong>de</strong> Politiker und Fünf-Minuten-Aktivisten.<br />
Tobias Moorstedt ist sich sicher, dass das Internet im Bun<strong>de</strong>stagswahlkampf 2009 eine wichtige Rolle spielt.<br />
Barack Obama hat es geschafft, die amerikanische Jugend<br />
für Politik zu begeistern. Fehlt <strong>de</strong>utschen Politikern die<br />
Aura eines Popstars?<br />
Ich glaube nicht, dass junge Erstwähler Obama<br />
so toll fan<strong>de</strong>n, weil er die Aura eines Popstars hat.<br />
Wichtig ist, dass er sich einer authentischen und<br />
ehrlichen Sprache bedient.<br />
Obama hat durch das Internet viele Menschen mobilisiert.<br />
Was war an seinem Konzept so innovativ?<br />
Ich glaube, dass die Menschen im Jahr 2008 mit<br />
Hilfe neu entstan<strong>de</strong>ner Medientechnologien, wie<br />
das Bloggen, bereit waren, sich zu engagieren.<br />
Zum an<strong>de</strong>ren war Obama ein Kandidat, <strong>de</strong>r<br />
dieses neue Medienumfeld im richtigen Moment<br />
für sich nutzen konnte. Er ist ein charismatischer<br />
Mensch, zu <strong>de</strong>m die Leute sich hingezogen<br />
fühlen. Durch seine offene Kampagne und sein<br />
weltweites Netzwerk MyBarackObama.com war<br />
es möglich, dass Leute, die zwei o<strong>de</strong>r drei Straßen<br />
voneinan<strong>de</strong>r entfernt wohnen, merkten: Wir sind<br />
ja politisch total auf einer Linie und haben uns<br />
noch nie getroffen!<br />
Wird das Internet im Wahlkampf 2009 in Deutschland eine<br />
wichtige Rolle spielen?<br />
Ich bin mir sicher, dass die meisten Parteien dies im<br />
Jahr 2009 versuchen wer<strong>de</strong>n. Es gibt ja bereits erste<br />
Versuche wie MeineSPD.<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Podcast <strong>de</strong>r<br />
Bun<strong>de</strong>skanzlerin. Es liegt vor allem bei <strong>de</strong>n Politikern,<br />
offene und nutzbare Plattformen zu schaffen.<br />
Aber die Bürger müssen auch selbst aktiv wer<strong>de</strong>n<br />
und solche Internetseiten bevölkern, ansonsten<br />
wer<strong>de</strong>n sie zu einer Geisterstadt. Problematisch<br />
ist es dann allerdings, wenn MeineSPD.<strong>de</strong> nicht<br />
als wirklich offenes Netzwerk funktioniert. Es war<br />
zum Beispiel nicht möglich, Kritik an Kurt Beck zu<br />
üben, weil diese von <strong>de</strong>n Administratoren gelöscht<br />
wur<strong>de</strong>. Zensur und Restriktionen vertragen sich<br />
nicht mit <strong>de</strong>r Mentalität <strong>de</strong>r Personen, die sich im<br />
Internet engagieren.<br />
Viele werfen <strong>de</strong>m politischen Internetaktivismus<br />
Oberflächlichkeit vor. Wie beurteilen sie diesen Vorwurf?<br />
Vor allem für Menschen, die nicht politisch aktiv<br />
sind, können solche Möglichkeiten eine Art Einstiegsdroge<br />
sein: Aus <strong>de</strong>m Fünf-Minuten-Aktivisten,<br />
<strong>de</strong>r einmal einen Blogeintrag verfasst, könnte ein<br />
politisch aktives Parteimitglied wer<strong>de</strong>n.<br />
24<br />
In Ihrem Buch „Jeffersons Erben“ schreiben Sie, dass<br />
Blogger heutzutage ein unabdingbarer Bestandteil <strong>de</strong>r<br />
amerikanischen Medienwelt sind. Warum?<br />
Die politische Bloggosphäre ist in <strong>de</strong>n letzten<br />
Jahren sehr stark gewachsen. Geprägt ist diese vor<br />
allem durch politisch einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Ereignisse,<br />
wie <strong>de</strong>m 11. September und die Jahre <strong>de</strong>r Bush-<br />
Regierung. Die Frustration <strong>de</strong>r Linksliberalen<br />
führte dazu, dass sich – durch die einseitige Berichterstattung<br />
<strong>de</strong>r etablierten Medien pro Bush – eine<br />
sehr aktive Blogkultur im Internet gebil<strong>de</strong>t hat.