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Schätze heben - Diakonie Dresden

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„Wir stehen niemals still“<br />

Entwicklung der Behindertenarbeit bei der Stadtmission<br />

Wenn es um die Vergangenheit der professionellen<br />

Sozialen Arbeit geht, hört zum einen<br />

den Satz: „Früher war alles besser!“. Aber man<br />

vernimmt auch Kritik an veralteten Strukturen<br />

und rückschrittlichen Arbeitsweisen. Woher<br />

rührt diese Spaltung und woran liegt es, dass<br />

wir uns nie mit den gegebenen Umständen<br />

zufrieden geben?<br />

In den Handlungsfeldern der Sozialen Arbeit<br />

ergibt sich die Notwendigkeit für Fortschritt<br />

und Innovation aus den sich ständig ändernden<br />

Rahmenbedingungen. Dieser stete Werte- und<br />

Normenwandel spiegelt sich auch im diakonischen<br />

Handeln des Ambulanten Behinderten-<br />

Zentrums wieder und wird teils als Freude,<br />

teils als Last wahrgenommen.<br />

In diesem Artikel soll es darum gehen aufzuzeigen,<br />

wie sich die Stadtmission und<br />

insbesondere die Behindertenhilfe stetig weiterentwickelt<br />

hat und dabei immer darauf<br />

bedacht war, auf gesellschaftliche, politische<br />

oder wissenschaftliche Veränderungen zu<br />

reagieren bzw. sich zu positionieren.<br />

Um die Vergangenheit etwas einzugrenzen,<br />

beginnt die „Schatzsuche“ in den Nachkriegs-<br />

jahren um 1945. Die versorgende und seelsorgerische<br />

Arbeit orientierte sich an den Bedürfnissen<br />

der traumatisierten Bevölkerung. Die<br />

Versorgung mit lebensnotwendigen Mitteln<br />

war oberste Priorität.<br />

Mit der Einweihung der Gotteshütte 1950<br />

wurde ein Ort gefunden, an dem diakonische<br />

Arbeit praktiziert werden konnte. Allerdings<br />

wurde die „Behinderung [eines Menschen] mit<br />

Leid gleichgesetzt, das kaum Raum für erfülltes<br />

Leben zu lassen schien...“ (Bösl 2010) und<br />

selbst die stimmkräftige und lobbystärkste<br />

Gruppe der Kriegsbeschädigten schaffte es<br />

Quelle: Frank Krause<br />

19<br />

nicht, das defizitorientierte Bild vom Menschen<br />

mit Behinderung zu überwinden.<br />

Unter der Leitung von Pfarrer Erich Schneider<br />

und Friedhelm Merchel wurden in den<br />

Jahren 1951-1972 neue Angebote, wie der<br />

Blinden- und Schwerhörigendienst, die<br />

Gemütskrankenseelsorge oder die Hilfe für<br />

Alkoholgefährdete entwickelt, welche allerdings<br />

durch das politische System der DDR<br />

eingeschränkt wurden, in dem lediglich die<br />

Blinden- sowie Schwerhörigenarbeit gesellschaftliche<br />

Anerkennung fand. Der Mensch<br />

mit Behinderung wurde als Objekt der Fürsorge<br />

begriffen, welcher durch gute Pflege<br />

und Betreuung ein lebenswerteres Leben<br />

erhalten sollte.<br />

Als besondere <strong>Schätze</strong> der damaligen „Inneren<br />

Mission“ können die ambulanten Angebote<br />

des Blindendienstes aber auch einige<br />

der stationären Angebote für Menschen mit<br />

geistiger oder Schwerstmehrfachbehinderung<br />

gesehen werden. In den Jahren von 1973-<br />

1991 wurde die Gemeindefürsorge von Pfarrer<br />

Eberhard Pampel stark vorangetrieben. Heute<br />

findet sich mit der Sozialraumorientierung ein<br />

ähnliches Konzept, mit dem versucht werden<br />

soll, die lokalen Ressourcen/Kapitale zu<br />

erkennen, zu (be-)stärken und zu unterstützen.<br />

Daran zeigt sich, dass einige <strong>Schätze</strong> im Laufe<br />

des gesellschaftlichen bzw. sozialpolitischen<br />

Wandels in Vergessenheit geraten und erst<br />

Jahre später wieder entdeckt werden.<br />

So führte die Stadtmission schon Mitte der<br />

80er Jahre im Rahmen des Blindendienstes<br />

ein Programm zur Orientierung & Mobilität<br />

für Menschen mit Sehbehinderung ein.<br />

Die optimale Förderung sowie größtmögliche<br />

Selbstständigkeit standen im Fokus der<br />

damaligen Arbeit. Durch die deutsche Wie-<br />

dervereinigung wurde die Stadtmission<br />

vor neue strukturelle und finanzielle<br />

Herausforderungen gestellt. Allerdings<br />

ergaben sich auch viele Chancen. Der<br />

aktuelle Bereichsleiter des Ambulanten<br />

BehindertenZentrums (ABZ) stell-<br />

te fest, dass in dieser Zeit des Wandels<br />

umfangreiche finanzielle Projektmittel<br />

beantragt werden konnten. Überfällige<br />

Umbaumaßnahmen und der starke<br />

Ausbau der Strukturen wurden hierdurch<br />

zügig umgesetzt.<br />

Das Diakonische Werk-Stadtmission<br />

<strong>Dresden</strong> e.V. wurde unter Pfarrer<br />

Bretschneider wieder ins Leben gerufen<br />

und erweitert seine sozialen Aufgaben<br />

innerhalb der Stadt. Das ambulant<br />

betreute Wohnen wurde für den Adressatenkreis<br />

von Menschen mit Körperbehinderung<br />

aufgebaut und erprobt.<br />

Mit der Ausweitung der sozialen Aufgabenbereiche<br />

wurden die Arbeitsfelder<br />

der Stadtmission 1998 unter Pfarrer Karl<br />

Schäfer neu strukturiert. Die verschiedenen<br />

Dienste, welche nebeneinander<br />

existierten, schlossen sich zusammen.<br />

In den Jahren 2002-2004 haben sich die<br />

verschiedenen Arbeitsbereiche immer<br />

wieder getroffen, um ihre Angebote<br />

abzugleichen. Zu dieser Zeit entwickelte<br />

sich die Idee eines Ambulanten BehindertenZentrums,<br />

in dem ein Rundumangebot<br />

für Menschen mit Behinderung<br />

angeboten werden kann. Durch den<br />

intensiven Austausch bzw. die Vernetzung<br />

der verschiedenen Bereiche und<br />

teils kontroversen Diskussionen wurde<br />

am 01.01.2004 das Ambulante BehindertenZentrum<br />

ins Leben gerufen.<br />

Dienstleistung bzw. Kundenorientierung<br />

erhielt im Zuge der 2000er Jahre Einzug<br />

in die Soziale Arbeit und mit dem „Persönlichen<br />

Budget“ auch im Arbeitsfeld<br />

der Behindertenhilfe. Mit der Einführung<br />

des Persönlichen Budgets wurden die<br />

Sozialen Einrichtungen zu Dienstleistern<br />

im sozialen Bereich. Der Assistenz-<br />

dienst ist einer der <strong>Schätze</strong> dieses<br />

Paradigmenwechsels, welcher sich an<br />

den Bedürfnissen der Assistenznehmer<br />

orientiert und versucht, maßgeschneiderte,<br />

individualisierte Unterstützungsleistungen<br />

anzubieten.<br />

Einer der größten <strong>Schätze</strong> des Ambulanten<br />

BehindertenZentrums ist bei alledem,<br />

die Bereitschaft der Mitarbeiter<br />

sich auf Veränderung einzulassen.<br />

Christian Stöbe<br />

AbmulantesBehindertenzentrum

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