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2 - Studiendekanat Medizin

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Italien / Cagliari / <strong>Medizin</strong> / 2005<br />

Erasmus-Bericht: PJ in Sardinien<br />

Vom 03.02.05 bis zum 27.05.05 habe ich auf Sardinien in Cagliari einen Teil meines<br />

praktischen Jahres im Rahmen meines <strong>Medizin</strong>studiums gemacht. Durch das<br />

Erasmusprogramm meiner Universität hatte ich eine PJ- Stelle in der Chirurgie im<br />

Krankenhaus „Ospedale S. Giovanni di Dio“ bekommen. Dieses Krankenhaus war<br />

Teil der Universitätsklinik in Cagliari.<br />

Die meisten chirurgischen Fälle waren Schilddrüsenoperationen, da auf Sardinien<br />

viele Schilddrüsenerkrankungen auftreten. Der Chef der Chirurgie ist Professor<br />

Ucheddu. Übrigens ist der Name ein bestes Beispiel für einen typisch sardischen<br />

Namen. Viele Wörter auf Sardinien enden mit „...ddu“. Wer also nach einem<br />

Sardinienaufenthalt im restlichen Italien auf einen solchen Namen stoßen wird, der<br />

wird sich freuen, denn derjenige Namensträger ist damit eindeutig der schönen Insel<br />

Sardinien zuzuordnen.<br />

Obwohl über die Sarden im Rest Italiens meistens sehr abfällig geredet wird, kann<br />

ich aus meiner Erfahrung eigentlich nur Gutes berichten. Die Sarden sind ein<br />

freundliches, hilfsbereites und aufgeschlossenes Volk. Sie sind meist sehr klein,<br />

haben pechschwarzes Haar und eine auch für Südländer recht dunkle Haut. Aber die<br />

Sarden unterscheiden sich auch von ihrer Art von den Festlanditalienern. Zum<br />

Beispiel, was ich auch als angenehm empfunden habe sind sie sehr zurückhaltend.<br />

Man hat fast den Eindruck, man wäre zu Hause im stillen Deutschland, denn dieses<br />

typische Gestikulieren und „Frauen- hinterher- rufen“ ist auf Sardinien überhaupt<br />

nicht ausgeprägt. Dafür findet man Menschen, die sich ernsthaft für einen<br />

interessieren. Die Jugendlichen, wie auch ihre Familien wünschen den Kontakt mit<br />

Fremden. Ich bin noch nie soviel von fremden Menschen eingeladen und<br />

willkommengeheißen worden, wie auf Sardinien. Und man hat das Gefühl, es wird<br />

einem Gutes gewollt. Die Hilfsbereitschaft auf Sardinien hat Sprichwortcharakter.<br />

Wenn man zum Beispiel in eine Metzgerei geht, um Fleisch zu kaufen (ich wollte für<br />

meine sardischen Mitbewohnerinnen Schäufele machen...und brauchte daher<br />

Beratung, welches Stück ich nun nehmen sollte), dann bekommt man neben der


fachmännischen Beratung auch noch ein herzliches Gespräch und sardische<br />

Gewürze geschenkt. Der Fischhändler verrät einem seine Lieblingsrezepte und wenn<br />

man nachts am Bahnhof steht und kein Taxi mehr fährt, dann bringt einen eben eine<br />

sardische Familie, die ihren Vater abholt bis vor die Haustür.<br />

Meine Unterkunft war auch eigentlich ganz schön. Ich war in einer italienischen WG<br />

mit zwei Mädels und einer Boxerhündin. Das einzige, was ich an dieser Stelle<br />

anmerken muß ist, das mich die eine, die auch die Hauptmieterin war, Mara Patierno<br />

ziemlich abgelinkt hat, was die Stromrechnung betrifft. Sehr schade....hätte ich ihr<br />

auch eigentlich nie zugetraut, aber beim Geld zeigen doch viele ein anderes Gesicht.<br />

Solltet ihr also zufällig auch dorthin vermittelt werden, laßt euch unterschreiben, daß<br />

ihr eine Kaution hinterlegt habt und am Ende eine Stromrechnung sehen wollt und<br />

zwar schwarz auf weiß ... manche brauchen leider einfach die Bekanntschaft mit der<br />

misstrauischen deutschen Spießigkeit!!!!! Was ich in diesem Zusammenhang auch<br />

recht enttäuschend fand, das muß ich hier auch leider erwähnen, das war, daß mir<br />

von Erasmus auf Sardinien, also von dem Büro dort niemand geholfen hat. Angeblich<br />

hatte niemand Zeit, sich meine Probleme mit dieser Mara anzuhören. Tja, und dann<br />

mußte ich auch schon abreisen. Ansonsten sind die „Erasmus-Leute“ dort auch sehr<br />

nett.<br />

Viel hatte ich mit dem Büro und den Leuten dort auch nicht zu tun, denn im Großen<br />

und Ganzen habe ich mich von jeglichen Erasmus-Veranstaltungen fern gehalten.<br />

Ich hab mir nämlich folgendes gedacht, wenn ich da ständig auf irgendwelche Parties<br />

renne, wo andere ausländische Studenten sind, dann kommt man in so eine Pseudo-<br />

Umgebung und kriegt keinen Anschuß an die Landsleute. Also mein Tipp: lieber Mut<br />

zu anfänglicher Einsamkeit, das stärkt Geist und Charakter, macht die Gedanken frei<br />

und ist der italienischen Sprache ungemein zuträglich!!!! Und bei der<br />

Gastfreundschaft der Sarden ist man auch nie wirklich allein!!<br />

Cagliari selbst ist ein kleines Städtchen, ungefähr so wie Erlangen. Ich bin jeden<br />

morgen 25 min zu Fuß zum Krankenhaus gelaufen und habe dabei den Weg sehr<br />

genossen. Dieser führte mich durch die gemütliche Einkaufszone den großen Hügel<br />

hinauf, auf dem Cagliari errichtet ist. Dann ging es über die malerische<br />

Sonnenterasse der Bastione S. Remy durch kleine gewundene enge Gässchen über<br />

den Berg hinüber, vorbei an kleinen „Tante Emma-Lädchen“, an Wäsche, die auf<br />

quer über die Gasse gespannten Leinen hing. Auf der anderen Seite, bergab lichtete<br />

sich dann das Strassengewühl und die Stadt gab einen wunderschönen weiten Blick


auf den Hafen und das Meer frei und auf ihre eigene, von goldener Morgensonne<br />

beschiene Osthälfte. In der Ferne erhoben sich typische sardische Gebirgsketten.<br />

Auf einem der Gipfel glänzte ende Februar noch ein bißchen Schnee.<br />

Was das abendliche Weggehen betrifft, so kann ich als Tipp die Giuliano-Bar<br />

nennen. Direkt im Zentrum in einer Seitenstrasse der Via Dante. Giuliano ist ein alter<br />

Revolutionär was er auch heute noch auslebt, denn in seinem Lokal darf entgegen<br />

dem neuen Rauchverbot vom 01.01.2005 noch immer geraucht werden und das<br />

nicht zu knapp!! Giuliano ist klein, sieht wild und schmuddelig aus und ist unheimlich<br />

großzügig. An einem der letzten Mittage, die ich auf Sardinien verbracht habe, kam<br />

er mit mehreren Riesensäcken Muscheln zu uns in die WG, seine beiden Enkelkinder<br />

im Schlepptau. Und dann haben wir alle mit sämtlichen weiteren Bekannten ein<br />

riesiges Muschelessen veranstaltet mit jeder Menge Knoblauch und Zitronen von<br />

dem kleinen Bäumchen aus unserem Hinterhof.<br />

Dann gibt es auch noch Karl Heinz, auf den einen alle hinweisen, weil er nämlich<br />

Deutscher ist und eine echte Bierbar mit echtem deutschem Bier in Cagliari<br />

aufgemacht hat. Eigentlich handelt es sich hierbei eher um einen Club, und man muß<br />

Mitglied werden. Und weil ich persönlich nicht gerne irgendwo Mitglied bin, bin da<br />

auch nicht oft hingegangen. Überhaupt haben wir eigentlich immer zu Hause<br />

gekocht, pünktlich gegen elf und dabei jeden Abend einen Haufen Besuch gehabt.<br />

Deswegen habe ich auch nach fünf Wochen schon kaum noch<br />

Verständigungsprobleme gehabt und ich würde mein anfängliches Italienisch eher<br />

als rudimentär einschätzen. Ach ja und Filme schauen!!! Ruhig alles was die<br />

Videothek an Schund und Kitsch so hergibt, das schult das Ohr und erweitert den<br />

Wortschatz und man spürt den Lernerfolg!!<br />

Zur Insel gibt es noch zu sagen, daß sie eine traumhafte Natur besitzt und zahllose<br />

Traumstrände, die eigentlich immer fast menschenleer sind.<br />

Abschließend kann ich noch sagen, daß es eine großartige Zeit war und ich glaube,<br />

ich habe Freunde fürs Leben gefunden.<br />

Wenn ihr noch spezielle Fragen habt, dann dürft ihr mir gerne mailen!! Es ist immer<br />

mit Unsicherheiten verbunden, ins Ausland zu gehen und ich finde, da muß man sich<br />

helfen!<br />

l.pfoch@web.de<br />

Lisa Pfoch

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