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music to watch - Staatskapelle Dresden

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Sir Colin Davis Dirigent<br />

Nikolaj Znaider violine<br />

7. Symphoniekonzert<br />

Saison 2011 | 2012


ortswechsel.<br />

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einer perfekten Komposition wird: die Gläserne<br />

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PARTNER DER<br />

STAATSKAPELLE DRESDEN<br />

7. Symphoniekonzert<br />

Saison 2011 | 2012<br />

Christian Thielemann<br />

ChefDirigeNT ab 2012/2013<br />

Sir Colin Davis<br />

ehreNDirigeNT


so 11.3.12 11 uhr | mo 12.3.12 20 uhr | Di 13.3.12 2 0 u h r<br />

semPeroPer DresDen<br />

7. Symphoniekonzert<br />

Dirigent<br />

Sir Colin Davis<br />

violine<br />

Nikolaj Znaider<br />

Musikalisches Traumpaar<br />

Mit der »Tallis-fantasie« von ralph Vaughan Williams und den »four Sea<br />

interludes« von benjamin britten präsentiert ehrendirigent Sir Colin Davis<br />

zwei orchestrale hauptwerke der britischen Musik des 20. Jahrhunderts,<br />

die er selber durch inzwischen schon legendäre interpretationen geprägt<br />

hat. im Violinkonzert von Jean Sibelius findet er erneut mit Capell-Virtuos<br />

Nikolaj Znaider zusammen, mit dem er – zur großen freude des Dresdner<br />

Publikums – schon mehrfach in der Semperoper musizierte.<br />

Kostenlose einführungen Durch Den KonzertDramaturgen<br />

jeweils 45 minuten vor Beginn im oPernKeller Der semPeroPer<br />

Programm<br />

Ralph Vaughan Williams<br />

( 1 8 7 2 -1 9 5 8 )<br />

»Fantasia on a Theme by Thomas Tallis« für doppeltes Streichorchester<br />

Benjamin Britten<br />

(1913-1976)<br />

»Four Sea Interludes« op. 33a aus der Oper »Peter Grimes«<br />

1. »Dawn«. Len<strong>to</strong> e tranquillo<br />

2. »Sunday Morning«. allegro spiri<strong>to</strong>so<br />

3. »Moonlight«. andante comodo e ruba<strong>to</strong><br />

4. »S<strong>to</strong>rm«. Pres<strong>to</strong> con fuoco<br />

Passacaglia op. 33b aus der Oper »Peter Grimes«<br />

2 3 7. SYMPHONIEKONZERT<br />

Pa u s e<br />

Jean Sibelius<br />

( 1 8 6 5 -1 9 5 7 )<br />

Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47<br />

1. allegro modera<strong>to</strong><br />

2. adagio di mol<strong>to</strong><br />

3. allegro, ma non tan<strong>to</strong>


Sir Colin Davis<br />

ehrenDirigent<br />

Der sächsischen staatsKaPelle DresDen<br />

Im Jahr 1990 wählte die Sächsische <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> Sir Colin<br />

Davis zu ihrem ersten und bis heute einzigen ehrendirigenten. Darüber<br />

hinaus ist er seit 2007 President des London Symphony Orchestra.<br />

Sir Colin kann auf ein bewegtes und an erfolgen reiches Dirigentenleben<br />

zurückblicken.<br />

geboren 1927 im britischen Weybridge, leitete er zu beginn seiner<br />

Karriere das bbC Scottish Orchestra, die Sadler’s Wells Opera London (die<br />

heutige english National Opera) und das bbC Symphony Orchestra. 1971<br />

wurde er Music Direc<strong>to</strong>r des royal Opera house Covent garden, später<br />

leitete er das Symphonieorchester des bayerischen rundfunks (1983-1992)<br />

und das London Symphony Orchestra (1995-2006). als Principal guest<br />

Conduc<strong>to</strong>r wirkte er zeitweise bei den großen Orchestern in bos<strong>to</strong>n und<br />

New York. Sir Colin Davis erhielt international höchste ehren, darunter<br />

den Yehudi Menuhin Prize des spanischen Königshauses (2003) und die<br />

britische Queen’s Medal for Music (2009).<br />

Die <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> dirigierte Sir Colin erstmals 1981 bei<br />

einer Schallplattenaufnahme (Mozart, Symphonien). Zahlreiche höhepunkte<br />

seiner inzwischen über 30-jährigen Zusammenarbeit mit dem<br />

Orchester sind auf CD dokumentiert; zuletzt erschien die hoch gelobte<br />

einspielung des Violinkonzertes von edward elgar mit dem Solisten Nikolaj<br />

Znaider bei Sony Music.<br />

in der Saison 2011/2012 ist Sir Colin Davis mit zwei Symphoniekonzerten<br />

und einem gastspiel des gustav Mahler Jugendorchesters in der<br />

Semperoper zu erleben. anlässlich seines 85. geburtstags im September<br />

2012 würdigt ihn die <strong>Staatskapelle</strong> außerdem im Mai 2012 mit einer Jubiläums-Tournee<br />

»Sir Colin at 85!«.<br />

4 5 7. SYMPHONIEKONZERT


Ralph Vaughan Williams<br />

* 2. oK<strong>to</strong>Ber 1872 in Down amPney (gloucestershire)<br />

† 26. august 1958 in lonDon<br />

»Fantasia on a Theme by Thomas Tallis«<br />

(»Tallis-Fantasie«) für doppeltes Streichorchester<br />

entstanDen<br />

1910 im auftrag des englischen<br />

»Three Choirs festival« auf ein<br />

Thema von Thomas Tallis;<br />

1913 und 1919 revidiert<br />

uraufgeführt<br />

am 6. September 1910 in der<br />

Kathedrale von gloucester<br />

(London Symphony Orchestra,<br />

Dirigent: ralph Vaughan Williams)<br />

Be se t z u ng<br />

mehrfach unterteiltes<br />

Streichorchester<br />

v e r l ag<br />

J. Curwen & Sons, London<br />

Dau e r<br />

ca. 17 Minuten<br />

Neues aus dem Geiste<br />

der Renaissance<br />

Zu Ralph Vaughan Williams’<br />

»Tallis-Fantasie«<br />

ralph Vaughan Williams war ein ausgesprochener »Spätentwickler«: Sein<br />

Lehrer henry Wood glaubte nicht daran, dass jemals ein Komponist aus<br />

ihm werden könnte, die Studienkollegen (ausgenommen sein freund gustav<br />

holst) hielten ihn für hoffnungslos unbegabt, und auch er selbst beklagte<br />

noch Jahre später seine »amateurhafte Technik«. Noch 1908, als 36-Jähriger,<br />

ging er nach Paris, um einige Monate lang bei Maurice ravel zu<br />

lernen. Dass sich Vaughan Williams während seiner ausbildung nicht hervortun<br />

konnte, ist wohl aus einer gewissen ratlosigkeit zu erklären: Seine<br />

Lehrer, neben Wood vor allem hubert Parry und Charles Villiers Stanford,<br />

richteten sich noch stark an der deutschen romantik aus; der junge Komponist<br />

spürte aber, dass diese ästhetische Orientierung in einer Zeit des sozialen<br />

und kulturellen Umschwungs keine Zukunft haben konnte. erst allmählich<br />

wurde aus vagem Unbehagen eine künstlerische Vision: Die englische<br />

Musik konnte sich nicht durch imitation fremder Modelle, sondern nur aus<br />

ihren eigenen Traditionen heraus erneuern. Volks- und Kunstmusik waren<br />

Vaughan Williams dabei gleich wichtig. Wie Kodály und bartók einige Jahre<br />

später, sammelte auch er Volkslieder (insgesamt mehr als 800 Lieder und<br />

Varianten). Und als promovierter Musikwissenschaftler befasste er sich mit<br />

der edition älterer englischer Musik, etwa von henry Purcell.<br />

Diese musikwissenschaftlichen aktivitäten wirkten sich auch auf<br />

sein komposi<strong>to</strong>risches Schaffen aus: Vaughan Williams erforschte die charakteristischen<br />

intervalle, Konturen und rhythmen der englischen Musik<br />

und schuf daraus einen eigenen Stil, der vom Publikum bald als persönlich<br />

und zugleich »typisch britisch« wahrgenommen wurde. ein entscheidender<br />

6 7 7. SYMPHONIEKONZERT


Schritt auf dem Weg dahin gelang ihm 1910. als das »Three Choirs festival«<br />

ihm in diesem Jahr einen Kompositionsauftrag erteilte, entschied er sich,<br />

dem Werk ein Thema des englischen renaissance-Komponisten Thomas<br />

Tallis (um 1505-1585) zugrunde zu legen. Mit der Melodie hatte er sich<br />

bereits 1906 zum ersten Mal befasst; für seine Neuausgabe des Kirchengesangbuchs<br />

»The english hymnal« hatte er sie harmonisiert und ihr Joseph<br />

addisons hymnus »When rising from the bed of death« unterlegt. Nun bearbeitete<br />

er das Thema in form einer »fantasia« – so nannte man im england<br />

des 16. und 17. Jahrhunderts eine gattung von instrumentalstücken, die<br />

sich aus den vokalen Motetten und Madrigalen entwickelt hatte. eine solche<br />

fantasia (auch »fancy« genannt) gliederte sich in zahlreiche, deutlich voneinander<br />

getrennte abschnitte, in denen eine imita<strong>to</strong>rische behandlung der<br />

Themen überwog.<br />

Vaughan Williams gewinnt sein thematisches Material vor allem<br />

dadurch, dass er die Tallis-Melodie in ihre einzelnen Phrasen zerlegt. Diese<br />

verarbeitet er dann auf höchst mannigfaltige, fantasievolle Weise; die bandbreite<br />

seiner Mittel reicht von blockhaft aneinander gereihten akkorden bis<br />

hin zu dichtester Polyphonie. eine wichtige rolle für Struktur und Klang<br />

des Stücks spielt die aufteilung des Orchesters. es besteht nach der Vorgabe<br />

des Komponisten aus drei gruppen unterschiedlicher Stärke, die getrennt<br />

voneinander aufzustellen sind: ein großes Streicherensemble, ein kleineres<br />

und schließlich ein Streichquartett (das von den Stimmführern des großen<br />

ensembles übernommen wird). Mit dieser bildung verschiedener »Chöre«<br />

greift Vaughan Williams auf his<strong>to</strong>rische Vorbilder zurück und schafft doch<br />

eine völlig eigenständige, originelle Komposition.<br />

Ähnliches gelingt ihm auch auf dem gebiet der harmonik: Tallis’<br />

Melodie steht in einer der alten Kirchen<strong>to</strong>narten, nämlich der phrygischen,<br />

und Vaughan Williams entwickelte daraus für sein Werk eine konsequent<br />

modale (d.h. dur-moll-geprägte) harmonik – ein damals unerhörtes Vorgehen.<br />

Nun musste zwar das System der Kirchen<strong>to</strong>narten in der Kunstmusik<br />

schon um 1600 dem modernen Dur-Moll-System weichen, doch in der<br />

Volksmusik der britischen inseln ist es bis heute lebendig. Deshalb klang<br />

Vaughan Williams’ Musik in den Ohren seiner Zeitgenossen modern und<br />

vertraut zugleich. Oder, wie es der Musikkritiker fuller Maitland nach der<br />

Uraufführung formulierte: »Von anfang bis ende ist man nie ganz sicher, ob<br />

man etwas ganz altes oder etwas ganz Neues hört.«<br />

jürgen ostmann<br />

Am 17. Juni 1976 spielte die <strong>Staatskapelle</strong> die DDR-Erstaufführung der<br />

»Tallis-Fantasie« unter der Leitung von Lawrence Foster im Dresdner Kulturpalast.<br />

BeDeutenDer Britischer symPhoniKer:<br />

ralPh vaughan williams (um 1920)<br />

8 9 7. SYMPHONIEKONZERT


Benjamin Britten<br />

* 22. novemBer 1913 in lowes<strong>to</strong>ft (suffolK)<br />

† 4. DezemBer 1976 in alDeBurgh (suffolK)<br />

»Four Sea Interludes« op. 33a aus »Peter Grimes«<br />

1. »Dawn«. Len<strong>to</strong> e tranquillo<br />

2. »Sunday Morning«. Allegro spiri<strong>to</strong>so<br />

3. »Moonlight«. Andante comodo e ruba<strong>to</strong><br />

4. »S<strong>to</strong>rm«. Pres<strong>to</strong> con fuoco<br />

Passacaglia op. 33b aus »Peter Grimes«<br />

entstanDen<br />

zwischen Januar 1944 und<br />

februar 1945<br />

uraufgeführt<br />

am 7. Juni 1945 an der Sadler’s<br />

Wells Opera London<br />

(Dirigent: reginald goodall)<br />

Be se t z u ng<br />

2 flöten (beide auch Piccolo),<br />

2 Oboen, 2 Klarinetten (2. auch<br />

es-Klarinette), 2 fagotte,<br />

Kontrafagott, 4 hörner,<br />

3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba,<br />

Pauken, Schlagzeug (2 Spieler),<br />

harfe, Celesta, Streicher<br />

v e r l ag<br />

boosey & hawkes – bote & bock,<br />

berlin<br />

Dau e r<br />

four Sea interludes: ca. 15 Minuten;<br />

Passacaglia: ca. 7 Minuten<br />

Spiegelbilder der Seele<br />

Zu den »Four Sea Interludes«<br />

und der Passacaglia aus<br />

Benjamin Brittens »Peter Grimes«<br />

benjamin britten hatte in seiner englischen heimat schon mit Werken<br />

wie der Simple Symphony op. 4 oder den »Variations on a Theme of frank<br />

bridge« op. 10 auf sich aufmerksam gemacht, als er im Sommer 1939 ge-<br />

meinsam mit seinem Lebensgefährten, dem Tenor Peter Pears, nach ame-<br />

rika aufbrach. Der ausbruch des Zweiten Weltkrieges stand unmittelbar<br />

bevor, in der »Neuen Welt« erhofften sich beide bessere Lebens- und ar-<br />

beitsbedingungen. fast drei Jahre blieben britten und Pears in den USa,<br />

hier entstanden Werke wie die »Sinfonia da requiem« oder die »Michelan-<br />

gelo-Sonette«. Und doch spürte britten schon bald eine große Sehnsucht<br />

nach seiner heimat – die noch verstärkt wurde, als er im Sommer 1941 in<br />

Kalifornien auf eine Versdichtung des englischen Dichters george Crabbe<br />

(1754-1832) stieß, die in brittens heimat Suffolk spielte. Sofort war der<br />

Komponist feuer und flamme, mit der geschichte um den tragischen fi-<br />

scher Peter grimes hatte er das Sujet für seine erste Oper gefunden! Über<br />

den Dirigenten Serge Koussevitzky und dessen Musikstiftung erhielt er<br />

einen Kompositionsauftrag, ausgearbeitet hat er das Werk in den Jahren<br />

1944/45, nach seiner rückkehr nach england. am 7. Juni 1945 ging »Peter<br />

grimes« in der Londoner Sadler’s Wells Opera mit sensationellem erfolg<br />

über die bühne, Pears sang die Titelrolle. Schon bald galt das Werk als<br />

»die« englische Nationaloper des 20. Jahrhunderts.<br />

Noch vor der Opernuraufführung stellte britten vier der insgesamt<br />

sechs orchestralen Vor- und Zwischenspiele zu einer Suite zusammen, um<br />

sie unter dem Titel »four Sea interludes« (»Vier See-Zwischenspiele«) op. 33a<br />

auch für den Konzertsaal zugängig zu machen. Die Zwischenspiele boten sich<br />

für diese art der bearbeitung an, da sie bereits in der Oper – ganz ähnlich<br />

wie die Zwischenmusiken in Debussys »Pelléas et Mélisande« oder Schostakowitschs<br />

»Lady Macbeth von Mzensk« (ein Werk, das britten sehr schätzte) –<br />

10 11 7. SYMPHONIEKONZERT


Benjamin Britten in DresDen (aPril 1955)<br />

Anlässlich der Erstaufführung seiner Oper »Albert Herring« (Kleines Haus der<br />

Staatstheater, Inzenierung: Joachim Herz) kam Britten 1955 nach <strong>Dresden</strong>.<br />

Im Februar 1967 war er ein weiteres Mal in <strong>Dresden</strong> und gab mit Peter Pears<br />

einen Liederabend im Großen Haus der Staatstheater.<br />

die funktion kleiner Tondichtungen übernehmen, in denen die handlung, das<br />

innen- und außenleben der Personen, gespiegelt wird. bei der Zusammen-<br />

stellung hielt sich britten weitgehend an die reihenfolge in der Oper – mit<br />

einer ausnahme: Die furiose Sturmmusik, das Zwischenspiel aus dem ersten<br />

akt, stellte er ans ende der Suite – wohl, um eine stärkere Schlusswirkung zu<br />

erzielen. in dieser form gibt sich das Werk als eine symphonische folge von<br />

See- bzw. Seelenbildern, zwischen Tag und Nacht, ruhe und Sturm. Nicht als<br />

bestandteil der »four Sea interludes«, sondern als einzelstück gab britten<br />

auch die Passacaglia op. 33b für den Konzertsaal frei, die mit rund sieben<br />

Minuten das längste und in seiner Struktur komplexeste Zwischenspiel der<br />

Oper darstellt.<br />

auch wenn man also die handlung – die tragische geschichte<br />

eines unverstandenen außenseiters, der von der gesellschaft letztlich zum<br />

Selbstmord getrieben wird – nicht im Detail kennt, kann man die Musik der<br />

»four Sea interludes« und der Passacaglia durchaus nachvollziehen. Die<br />

einleitende »Dämmerung« (»Dawn«) zeichnet mit dem Wechsel zwischen<br />

einer Violin-Kantilene, einer spielerischen bewegung u.a. der Klarinetten<br />

und dem erwachenden bläsersatz ein bild von Luft, Wellen und Weite. in der<br />

Oper verbindet diese Musik das Vorspiel mit dem ersten akt.<br />

»Sunday Morning« (»Sonntagmorgen«), das Vorspiel zum zweiten<br />

akt, wird durch den Klang der hörner eröffnet, die – gemeinsam mit den<br />

anderen instrumenten – das sonntägliche glockengeläut nachahmen. in<br />

klanglichem gegensatz dazu beginnt mit einer ruhigen Linie der Streicher<br />

der Kirchgang.<br />

einen ruhepol bildet das Vorspiel zum dritten akt, »Moonlight«<br />

(»Mondlicht«), das sich in den tiefen Streichern und bläsern ausdrucksvoll<br />

entfaltet, durchzuckt von einwürfen in flöte und harfe, später im Xylophon.<br />

Der Schlusssatz beruht im Wesentlichen auf einem chromatischen<br />

hauptthema, das mit heftigen impulsen von höhepunkt zu höhepunkt jagt:<br />

ein bild der aufgepeitschten See. am ende scheint in den Streichern eine<br />

expressive Kantilene auf – in der Oper die Vision von einem glücklicheren<br />

Leben –, die aber vom Sturm einfach hinweggefegt wird.<br />

Die Passacaglia verbindet in der Oper das erste und zweite bild des<br />

zweiten aktes und ist dramaturgisch von zentraler bedeutung: in Vorausahnung<br />

der handlung – grimes flieht mit seinem Lehrjungen vor den Ortsbewohnern,<br />

der Junge stürzt von den Klippen und stirbt – konzipierte britten<br />

das Zwischenspiel als einen Trauermarsch, mit dem auch grimes Schicksal<br />

besiegelt wird. Das Passacaglia-Thema erklingt zu beginn pizzica<strong>to</strong> in den<br />

bässen, die erste Variation gehört der Solobratsche (der verstummte Junge?),<br />

und in der apokalyptisch gesteigerten Musik klingt noch grimes’ kurz<br />

zuvor geäußerter Verzweiflungsruf nach: »May god have mercy upon me!«<br />

(»Möge gott sich meiner erbarmen!«).<br />

12 13 7. SYMPHONIEKONZERT


von 2007 Bis 2009 stanD Brittens »Peter grimes« auf Dem sPiel-<br />

Plan Der semPeroPer (inzenierung: seBastian Baumgarten,<br />

im BilD stePhen goulD in Der titelPartie).<br />

Nach dem großen erfolg seines Opernerstlings verfolgte britten den einge-<br />

schlagenen Weg konsequent weiter; fortan komponierte er in erster Linie<br />

Opern und Vokalmusik – meistens mit einer zentralen Partie für Pears – und<br />

festigte mit Werken wie »The rape of Lucretia«, »The Turn of the Screw«<br />

oder »Death in Venice«, seinem letzten bühnenwerk, seinen ruf als einer<br />

der bedeutendsten Opernkomponisten des 20. Jahrhunderts. Die mit »Peter<br />

grimes« einsetzende künstlerische Umorientierung ging übrigens mit einer<br />

geografischen einher: ab 1947 ließen sich britten und Pears in aldeburgh<br />

nieder, jenem Ort in der grafschaft Suffolk, der so großen anteil am erfolg<br />

der Oper hatte und wo britten zum Mittelpunkt des 1948 von ihm gegründeten<br />

aldeburgh festivals wurde.<br />

14 15<br />

<strong>to</strong>Bias nieDerschlag<br />

Am 13. April 1951 stellte die <strong>Staatskapelle</strong> die »Four Sea Interludes«<br />

und die Passacaglia aus »Peter Grimes« erstmals in <strong>Dresden</strong> vor<br />

(Großes Haus der Staatstheater, Dirigent: Herbert Sandberg).<br />

Während des Konzerts<br />

bitte ausschalten!<br />

PARTNER DER<br />

STAATSKAPE LLE DRESDEN<br />

Die iPhone App der<br />

<strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong>


Nikolaj Znaider<br />

caPell-virtuos<br />

Der sächsischen staatsKaPelle DresDen 2011/2012<br />

Nikolaj Znaider wird nicht nur als einer der führenden geiger<br />

unserer Zeit gefeiert, sondern ist als Solist, Dirigent und Kammermusiker<br />

inzwischen einer der vielseitigsten Künstler seiner<br />

generation. Seit 2010 ist er Principal guest Conduc<strong>to</strong>r des<br />

Mariinsky-Theaters in St. Petersburg; als gastdirigent arbeitet<br />

er darüber hinaus mit Orchestern wie den Münchner Philharmonikern, dem<br />

London Symphony Orchestra, der Tschechischen Philharmonie und den<br />

Orchestern in Pittsburgh und Los angeles zusammen.<br />

als Violinsolist ist er nach wie vor einer der gefragtesten Künstler<br />

weltweit, der mit allen bedeutenden Orchestern und Dirigenten konzertiert,<br />

darunter Daniel barenboim, herbert blomstedt, gustavo Dudamel, Mariss<br />

Jansons, Lorin Maazel, Zubin Mehta und Christian Thielemann. in der Saison<br />

2008/2009 stellte er seine Vielseitigkeit im »artist Portrait« des London<br />

Symphony Orchestra unter beweis; in der Saison 2012/2013 erhält er eine<br />

»Carte blanche« im Wiener Musikverein.<br />

als exklusivkünstler von rCa red Seal (Sony Music) hat er zahlreiche<br />

aufnahmen eingespielt. Zuletzt erschienen das Violinkonzert von<br />

edward elgar mit der <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> unter Sir Colin Davis und die<br />

Violinkonzerte von brahms und Korngold mit den Wiener Philharmonikern<br />

unter Valery gergiev.<br />

Der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> ist Nikolaj Znaider inzwischen<br />

seit sieben Jahren als Violinsolist und Dirigent eng verbunden. im<br />

März 2011 dirigierte er nach Konzerten in der Semperoper auch eine erfolgreiche<br />

China-Tournee des Orchesters.<br />

16 17 7. SYMPHONIEKONZERT


Jean Sibelius<br />

* 8. DezemBer 1865 in hämeenlinna<br />

† 20. sePtemBer 1957 in järvenPää<br />

Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47<br />

1. Allegro modera<strong>to</strong><br />

2. Adagio di mol<strong>to</strong><br />

3. Allegro, ma non tan<strong>to</strong><br />

entstanDen<br />

1903 in helsinki (erste fassung);<br />

1904 / 05 überarbeitet (endfassung)<br />

uraufgeführt<br />

am 8. februar 1904 in helsinki<br />

(erste fassung); endfassung am<br />

19. Ok<strong>to</strong>ber 1905 in berlin<br />

(Solist: Kárel halir, Königlich-<br />

Preußische hofkapelle,<br />

Dirigent: richard Strauss)<br />

g e w i Dm e t<br />

dem jungen ungarischen geiger<br />

franz von Vecsey<br />

Be se t z u ng<br />

Violine solo;<br />

2 flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten,<br />

2 fagotte, 4 hörner, 2 Trompeten,<br />

3 Posaunen, Pauken, Streicher<br />

v e r l ag<br />

robert Lienau Musikverlag,<br />

frankfurt am Main<br />

Dau e r<br />

ca. 30 Minuten<br />

Der Traum des Virtuosen<br />

Zum Violinkonzert von Jean Sibelius<br />

Neben gustav Mahler war Jean Sibelius derjenige Komponist, der es auf<br />

dem Weg ins 20. Jahrhundert noch einmal unternahm, die gattung der Symphonie<br />

auf authentische Weise ins Zentrum seines Schaffens zu rücken. Nur<br />

indirekt sind gedanken aus einem gespräch, das die beiden 1907 führten,<br />

überliefert. Während Sibelius das Wesen des Symphonischen in motivischer<br />

einheit, in der ableitung der verschiedenen gestalten aus Urmotiven verwirklicht<br />

sah, vertrat Mahler ein Weltbild des Widerspruchs: »Die Symphonie<br />

muss wie die Welt sein. Sie muss alles umfassen.« Die Wahrheit der<br />

Naturphilosophie des späten 19. Jahrhunderts steht gegen die zerreißende<br />

Wirklichkeitserfahrung des frühen 20. Jahrhunderts. Die Kontroverse ist<br />

aber noch in anderer hinsicht interessant, macht sie doch auch verständlich,<br />

warum Mahler niemals ein Solokonzert hätte schreiben können, während<br />

Sibelius zwischen seiner zweiten und dritten Symphonie immerhin ein<br />

einziges Mal auf diese form zurückgriff. Und dabei verleiht er nicht zuletzt<br />

gerade durch jene Vorstellung einer metamorphosenartigen motivischen<br />

beziehungsdichte auch dem Prinzip des Konzertierens in seinem Violinkonzert<br />

neue glaubwürdigkeit.<br />

Die eminente psychologische Spannung, die sich im Klanglichen,<br />

Motivisch-harmonischen, aber auch der Zeitgestaltung äußert, bezeugt die<br />

Nähe des Werkes zum Symbolismus. Wie Debussy und Schönberg war auch<br />

Sibelius fasziniert von Maurice Maeterlincks »Pelleas und Melisande«, und<br />

im abstand weniger Jahre entstanden dazu – in Nachbarschaft zum Violinkonzert<br />

– Schönbergs Symphonische Dichtung, Sibelius’ Schauspielmusik<br />

und Debussys Oper. Offensichtlich besaß aber die Zeit, in der Sibelius’<br />

Violinkonzert uraufgeführt wurde, für diese feinnervigkeit kein Ohr, und<br />

das jugendstilartige rankenwerk, das die virtuose Seite mindestens zum<br />

Teil ganz eigenartig prägt, wurde ebenfalls nicht in dieser Qualität wahrgenommen.<br />

Selten waren die überlieferten reaktionen zunächst so einheitlich<br />

negativ, sowohl für die erste fassung, die im Januar 1904 in helsinki uraufgeführt<br />

wurde, wie auch für die zweite, wesentlich veränderte, die 1905 in<br />

berlin zum ersten Mal erklang.<br />

18 19 7. SYMPHONIEKONZERT


vom violinvirtuosen zum KomPonisten: jean siBelius (um 1900)<br />

»Ich war zwölf und ein Virtuose«<br />

in einer Zeit, in der das Neue mit stärkeren reizen auftrat, fiel Sibelius’<br />

Stück als Virtuosenkonzert zunächst unter die Kategorie eines Nachläu-<br />

fers des 19. Jahrhunderts und wurde so entweder unsinnigerweise zum<br />

beispiel gegen Mendelssohns nur sehr äußerlich ähnliches Konzert ausgespielt<br />

oder aber von vornherein als relikt längst vergangener Zeiten abgelehnt.<br />

Wir wissen nicht, wie richard Strauss, der als Dirigent die berliner<br />

Uraufführung der zweiten fassung leitete, darüber dachte. aber in seinen<br />

eigenen konzertanten Kompositionen ging Strauss bekanntlich Wege, die<br />

diese spielerischen, im weitesten Sinne neo-klassizistischen Kompositionen<br />

deutlich von dem symphonischen, sozusagen progressiv-ernsten<br />

übrigen Teil seines Oeuvres schieden. Die wirkliche erfolgsgeschichte<br />

des Sibelius-Konzertes begann erst in den dreißiger Jahren, seitdem<br />

aber gehört es bis heute, zusammen mit dem gleichzeitig entstandenen<br />

»Valse triste«, zu den meistgespielten Werken des Komponisten, ja, es ist<br />

wahrscheinlich das meistaufgeführte Violinkonzert des 20. Jahrhunderts.<br />

Sibelius selbst schrieb kein weiteres Solokonzert, obwohl ihn zahlreiche<br />

anfragen und anträge für auftragswerke erreichten. aber so sehr er noch<br />

zu beginn des Jahrhunderts auf das geldverdienen mit dem Komponieren<br />

angewiesen war, so sehr konnte er es sich zwei Jahrzehnte später bei fließenden<br />

Tantiemen leisten, nur noch das zu machen, was er wollte. es gab<br />

zwar Pläne für ein zweites Violinkonzert, ein »Concer<strong>to</strong> lirico«, vollendet<br />

aber wurden lediglich noch einige folgen von Konzertstücken – Serenaden<br />

und humoresken – für Violine und Orchester.<br />

in seinem Tagebuch, das erst vor einigen Jahren öffentlich zugänglich<br />

wurde, notierte Sibelius am 2. februar 1915 auf lapidare Weise einen Traum:<br />

»ich war zwölf und ein Virtuose.« Das Violinkonzert und die Wahl des Soloinstruments<br />

ist lebensgeschichtlich immer wieder mit der gescheiterten geigerkarriere<br />

von Sibelius in Verbindung gebracht worden. auf seine art war er ein<br />

Wunderkind, denn bis zu seinem 15. Lebensjahr hatte er sich das geigenspiel<br />

nur mehr oder weniger au<strong>to</strong>didaktisch beigebracht, dann lernte und studierte<br />

er bei verschiedenen Lehrern in helsinki, später in berlin, ohne indessen, wie<br />

auch als Komponist, einen formellen abschluss zu machen. Das ende seiner<br />

angestrebten Laufbahn brachte das Scheitern eines Probespiels bei den Wiener<br />

Philharmonikern 1891, Sibelius war 26 Jahre alt.<br />

in seinen Jugendjahren war die geige für Sibelius aber weniger<br />

ein instrument der Kammer- oder Konzertsaalmusik gewesen, sondern ein<br />

Medium, um mit der Natur zu kommunizieren. Noch später erinnerte er<br />

sich gern an jene augenblicke des glücks, in denen er mit der geige herumwanderte<br />

und improvisierend mit den Klängen um ihn herum improvisierte.<br />

auf sein zehntes Lebensjahr datieren Sibelius-forscher eine eigentümliche<br />

20 21 7. SYMPHONIEKONZERT


kleine, klanglich experimentelle Komposition mit dem Titel »Wassertrop-<br />

fen«, die als Duo für Violine und Cello jenes Naturgeräusch in Musik zu<br />

verwandeln sucht. Solche, in der Jugendzeit mit der geige improvisierend<br />

und intuitiv umgesetzte begegnung mit dem Klang der Natur beschäftigte<br />

Sibelius aber sein ganzes Leben lang. er war fasziniert von dem ganz eigentümlichen<br />

Ober<strong>to</strong>nspektrum eines Kornfeldes kurz vor der ernte, wie von<br />

den Stimmen der Vögel, besonders der Schwäne, die in ihm bis in ihre gestalt<br />

hinein musikalische Vorstellungen zu wecken vermochten.<br />

Parallele Traumwelten<br />

Dennoch handelt es sich bei Sibelius’ Musik nicht um einen musikalischen<br />

realismus, der Landschaftliches oder Lebensweltliches abbildet, um es vor<br />

dem hörer wieder erstehen zu lassen. Schon vom Material her benutzt Sibelius<br />

erstaunlich wenig im strengen Sinne finnische Motive und Themen.<br />

Und selbst der anfang des Violinkonzertes, der in einzelnen motivischen<br />

Zellen das ganze Stück hindurch präsent bleibt, und dessen metrische Unbestimmtheit,<br />

frei schweifende entwicklung und modale Prägung sofort<br />

alle Klischeebilder nordischer Weite aufzurufen vermag, trägt in sich eine<br />

erinnerung aus ganz anderen breiten. »allegret<strong>to</strong>, glocken von rapallo«<br />

lautet die beschriftung auf einem in italien entstandenen Skizzenblatt, auf<br />

dem zum ersten Mal Motive des Violinkonzerts erscheinen, einige Jahre<br />

bevor Sibelius im September 1902 von den finnischen inseln als frisch Verheirateter<br />

seiner frau schreibt, ihm seien »einige herrliche Themen für das<br />

Violinkonzert eingefallen«. »rapallo« nannten Sibelius und seine frau aino<br />

dann auch den Obstgarten ihres Landhäuschens, 25 Kilometer entfernt von<br />

helsinki, dessen bau 1903 begann, und in das sie 1904 einzogen.<br />

So ist die Zeit der entstehung des Violinkonzertes und der Umarbeitung<br />

seiner ersten fassung verbunden mit einem Wechsel des Lebensmittelpunktes,<br />

mit mehr Distanz zur bohème helsinkis und einer neuen<br />

Wendung zur Natur, wenn auch in Nachbarschaft einer Künstlerkolonie.<br />

Und vielleicht kann man es gerade als besondere Leistung Sibelius’ in<br />

seinem Violinkonzert sehen, dass es – im ersten Satz – genau solch ein<br />

Lebensgefühl zwischen der ahnung naturhafter mythischer Tiefe und<br />

der Vorstellung erhitzter gesichter im etwas schwülen Salon in dichtester<br />

Weise miteinander verbindet, ineinander gleiten lässt, fast wie im Traum.<br />

Das erinnert an die Parallelwelten auf den symbolistischen bildern seines<br />

Malerfreundes akseli gallen-Kallela (1865-1931). Und es synthetisiert die<br />

beiden Pole seines Musikdenkens, die ansonsten im Jahr 1903 etwa in den<br />

Klavierbearbeitungen finnischer Volkslieder und der eleganten Melancholie<br />

des »Valse triste« in isolierter Weise ausdruck finden.<br />

»symPosium«.<br />

ÖlgemälDe von aKseli gallen-Kallela (1894)<br />

Das Bild verursachte bei seinem Erscheinen einen Skandal, zeigte es doch führende<br />

Vertreter einer finnischen Künstler-Avantgarde (darunter Jean Sibelius,<br />

rechts) – mit ins Leere starrenden Augen und vor halbleeren Weingläsern.<br />

Zu der traumartigen anmutung, die Sibelius’ Musik hier, insbesondere im<br />

ersten Satz, erzeugt, trägt vor allem bei, dass vor dem hintergrund einer<br />

traditionellen Sonatenhauptsatzform doch kein Moment der völligen identität<br />

existiert, vielmehr jeder einzelne augenblick das Vorangegangene<br />

prozesshaft in sich aufnimmt, und so auch da, wo identität aufscheint, diese<br />

völlig verwandelt wirkt. es gibt keinen Moment der Wiederholung, immer<br />

ist etwas in irgendeiner Weise transformiert. Sehr deutlich wird dies etwa<br />

in der reprise des hauptthemas. Steht es zu beginn in der Solovioline ganz<br />

nah und deutlich vor dem unbestimmt wogenden Streichergrund, so erscheint<br />

es in der reprise im fagott, wie ein dunkler Schatten, der sich in den<br />

Schluss der Violinkadenz hineinschiebt. Das identische erscheint hier als<br />

abgespaltenes, in die Tiefe und ferne entrückt. in der erstfassung stand an<br />

dieser Stelle noch ein eher schematisch auftrumpfendes Streichertutti. Ähn-<br />

22 23 7. SYMPHONIEKONZERT


lich verwandelt wirkt in der reprise auch das zweite Thema, das hier nicht<br />

in den fagotten sondern den tiefen Streichern erklingt. Und es wird in den<br />

holzbläsern überlagert durch eine ankündigung des dritten Themas, das<br />

hier – schon bekannt aus der exposition, wo es überraschend auftrat – als<br />

bereits bekanntes schon das zweite in seinen Sog hineinzieht, ja, es sogar<br />

metrisch umformt. Die reprise kennt beim zweiten Thema nicht mehr den<br />

6/4-Takt der exposition, sondern bringt dies jetzt im 4/4-Takt in triolischen<br />

halben, in irrationaler Vergrößerung, bei der das, was vorher die Zeit von<br />

sechs Vierteln füllte, jetzt (als sechs triolische halbe) auf den Zeitraum von<br />

acht Vierteln gedehnt wird.<br />

Mehr als ein Virtuosenkonzert<br />

Traumartig ist aber auch die überdeutliche Präsenz, die im Verlauf der<br />

entwicklung bestimmte, vorher schon vorhandene, aber ganz unscheinbare<br />

Details erhalten, die abgespalten, umgestellt, vergrößert und umgeformt<br />

werden. eigentlich lässt sich das ganze Stück, insbesondere aber der erste<br />

Satz, aus den motivischen Zellen des anfangs ableiten, der so auch etwas<br />

Doppeldeutiges gewinnt: er steht einerseits für sich selbst als erste von drei<br />

Themengruppen, andererseits bildet er das motivische reservoir, aus dem<br />

die folgenden Themen schöpfen. Das tänzerische abschlussthema greift<br />

sich den Quintfall heraus, und das elegische zweite Thema wächst als Vergrößerung<br />

aus einem unscheinbaren, dreitönig absinkenden Sekundgang<br />

hervor. insbesondere dieses zweite Thema leuchtet in vielfachen harmonischen<br />

Wandlungen mit sentimental aufgeladenen Vorhalten immer wieder<br />

auf ganz unerwartete Weise auf. es bildet so eine mit den konstruktiven<br />

höhepunkten nicht kongruente Dramaturgie, eine erzählerische Unterströmung,<br />

die sich auch im zweiten und dritten Satz in einblendungen bemerkbar<br />

macht und eine unterschwellige Verbindung unter den ganz verschiedenartigen<br />

Oberflächen suggeriert.<br />

Ursprünglich besaß der erste Satz zwei große Kadenzen, die beide<br />

die funktion einer Durchführung übernahmen, die erste für das erste<br />

Thema, die spätere für das zweite. Dass Sibelius die an sich großartige,<br />

eher ernste als virtuose zweite Kadenz in seiner Überarbeitung opferte,<br />

bewirkte nicht nur eine bessere ausbalancierung der form. es bewahrte<br />

vielmehr diesem zweiten Thema auch seinen seltsamen, zwischen latenter<br />

anwesenheit und augenblicksartig aufscheinender Präsenz schwankenden<br />

Charakter. Sibelius fand erst durch die Überarbeitung zu jener psychologischen<br />

Wahrhaftigkeit, die er suchte, und die das Stück weit über ein<br />

bloßes Virtuosenkonzert hinaushebt.<br />

24 25<br />

martin wilKening<br />

Besondere<br />

Hörempfehlungen<br />

von Sony Music<br />

FABIO LUISI<br />

STAATSKAPELLE DRESDEN<br />

BRUCKNER: SYMPHONY NO. 9<br />

Die Live-Aufnahme des Konzertes in der Semperoper<br />

von 2007: Die <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> spielt die 9. Sinfonie<br />

von An<strong>to</strong>n Bruckner unter dem Dirigat von Fabio Luisi.<br />

„Einen durchaus vielschichtigen und faszinierenden<br />

neuen Beitrag zur Bruckner-Diskographie haben Fabio<br />

Luisi und die Sächsische <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> […]<br />

hier vorgelegt.“ Fono Forum<br />

NIKOLAJ ZNAIDER<br />

ELGAR: VIOLIN CONCERTO<br />

Die Einspielung von Elgars berühmtem Violinkonzert<br />

zum 100-jährigen Jubiläum, welches der Komponist<br />

auf Anregung des berühmten Geigers Fritz Kreisler<br />

schrieb. Nikolaj Znaider bringt das Original-Instrument,<br />

auf dem Kreisler 1910 die Uraufführung in London<br />

spielte, virtuos zum Klingen. Mit der <strong>Staatskapelle</strong><br />

<strong>Dresden</strong> unter der Leitung von Sir Colin Davis.<br />

LANG LANG<br />

LISZT: MY PIANO HERO<br />

Die aktuelle CD mit dem Liebestraum, Campanella,<br />

der Ungarischen Rhapsodie Nr. 2, Ave Maria, Isoldes<br />

Liebes<strong>to</strong>d und dem ersten Klavierkonzert von Liszt<br />

mit den Wiener Philharmonikern unter Valery Gergiev.<br />

www.langlang.com<br />

www.sony<strong>music</strong>classical.de


7. Symphoniekonzert 2011 | 2012<br />

Orchesterbesetzung<br />

1. violinen<br />

Kai Vogler<br />

1. Konzertmeister<br />

Michael eckoldt<br />

Thomas Meining<br />

Michael frenzel<br />

Christian Uhlig<br />

Volker Dietzsch<br />

brigitte gabsch<br />

Johanna Mittag<br />

Jörg Kettmann<br />

barbara Meining<br />

Susanne branny<br />

Martina groth<br />

Wieland heinze<br />

anselm Telle<br />

Sae Shimabara<br />

franz Schubert<br />

2. violinen<br />

reinhard Krauß<br />

Konzertmeister<br />

annette Thiem<br />

Jens Metzner<br />

Ulrike Scobel<br />

Olaf-Torsten Spies<br />

alexander ernst<br />

Mechthild von ryssel<br />

emanuel held<br />

holger grohs<br />

Martin fraustadt<br />

Paige Kearl<br />

Lisa Werhahn<br />

Maria held<br />

Nicole amal reich*<br />

Bratschen<br />

Michael Neuhaus<br />

sol o<br />

Stephan Pätzold<br />

Michael horwath<br />

Jürgen Knauer<br />

Uwe Jahn<br />

Ulrich Milatz<br />

Claudia briesenick<br />

Susanne Neuhaus<br />

Juliane böcking<br />

Milan Líkař<br />

albrecht Kunath*<br />

ekaterina Zubkova**<br />

violoncelli<br />

friedwart Christian Dittmann<br />

sol o<br />

Martin Jungnickel<br />

Uwe Kroggel<br />

Matthias Schreiber*<br />

andreas Priebst<br />

bernward gruner<br />

Johann-Chris<strong>to</strong>ph Schulze<br />

Jakob andert<br />

anke heyn<br />

Matthias Wilde<br />

Kontrabässe<br />

andreas Wylezol<br />

sol o<br />

Martin Knauer<br />

Torsten hoppe<br />

helmut branny<br />

Chris<strong>to</strong>ph bechstein<br />

fred Weiche<br />

Thomas grosche<br />

Yama<strong>to</strong> Moritake<br />

flöten<br />

rozália Szabó<br />

sol o<br />

Jens-Jörg becker<br />

oboen<br />

Céline Moinet<br />

sol o<br />

andreas Lorenz<br />

Klarinetten<br />

Wolfram große<br />

sol o<br />

Jan Seifert<br />

fagotte<br />

erik reike<br />

sol o<br />

Thomas eberhardt<br />

sol o<br />

hannes Schirlitz<br />

hörner<br />

erich Markwart<br />

sol o<br />

David harloff<br />

harald heim<br />

Klaus gayer<br />

trompeten<br />

Tobias Willner<br />

sol o<br />

Volker Stegmann<br />

Sven barnkoth<br />

Posaunen<br />

Uwe Voigt<br />

sol o<br />

guido Ulfig<br />

Lars Zobel<br />

tuba<br />

hans-Werner Liemen<br />

26 27 7. SYMPHONIEKONZERT<br />

solo<br />

Pauken<br />

Thomas Käppler<br />

solo<br />

schlagzeug<br />

Stefan Seidl<br />

frank behsing<br />

harfe<br />

astrid von brück<br />

solo<br />

celesta<br />

Jobst Schneiderat<br />

* als gast<br />

** als aKaDemist


28<br />

Vorschau<br />

8. Symphoniekonzert<br />

»Palmsonntagskonzert«<br />

samstag 31.3.12 11 u h r<br />

sonntag 1.4.12 20 uhr<br />

montag 2.4.12 2 0 u h r<br />

semPeroPer DresDen<br />

Herbert Blomstedt Dirigent<br />

Sächsischer<br />

Staatsopernchor <strong>Dresden</strong><br />

einstudierung: Pablo assante<br />

IMPreSSuM<br />

Sächsische Staatsoper <strong>Dresden</strong><br />

intendantin Dr. Ulrike hessler<br />

Spielzeit 2011|2012<br />

herausgegeben von der intendanz<br />

© März 2012<br />

redAKTIOn<br />

Tobias Niederschlag<br />

GeSTAlTunG und lAyOuT<br />

schech.net<br />

Strategie. Kommunikation. Design.<br />

drucK<br />

Union Druckerei <strong>Dresden</strong> gmbh<br />

AnzeIGenVerTrIeB<br />

Keck & Krellmann Werbeagentur gmbh<br />

i.a. der Moderne Zeiten Medien gmbh<br />

Telefon: 0351/25 00 670<br />

e-Mail: info@kkwa.de<br />

www.kulturwerbung-dresden.de<br />

Johannes Brahms<br />

»Schicksalslied« für Chor<br />

und Orchester op. 54<br />

An<strong>to</strong>n Bruckner<br />

Symphonie Nr. 5 b-Dur Wab 105<br />

Kostenlose einführungen jeweils<br />

45 Minuten vor Konzertbeginn<br />

im Opernkeller der Semperoper<br />

BIldnAcHweISe<br />

Sir Colin Davis, Szenenbild »Peter grimes«:<br />

Matthias Creutziger; ralph Vaughan Williams,<br />

benjamin britten, Jean Sibelius: archiv der<br />

Sächsischen Staatsoper <strong>Dresden</strong>, Werner<br />

frost (britten); Nikolaj Znaider: george Lange;<br />

akseli gallen-Kallela »Symposium«: © Tampere<br />

art Museum<br />

TexTnAcHweISe<br />

Die einführungstexte von Jürgen Ostmann,<br />

Martin Wilkening und Tobias Niederschlag<br />

sind Originalbeiträge für die Programmhefte<br />

der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong>.<br />

Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht<br />

werden konnten, werden wegen nachträglicher<br />

rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.<br />

Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus<br />

urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.<br />

www.STAATSKAPelle-dreSden.de<br />

Pho<strong>to</strong> © Matthias Creutziger<br />

MUSIC TO WATCH<br />

Brahms:<br />

Klavierkonzert Nr. 1<br />

Maurizio Pollini<br />

(CD)<br />

Thielemann conducts Faust Adventskonzert aus der<br />

Wagner: A Faust Overture Dresdner Frauenkirche<br />

Liszt: A Faust Symphony Carolina Ullrich, Vit<strong>to</strong>rio Grigolo<br />

(DVD & Blu-ray)<br />

(CD, DVD & Blu-ray)<br />

Erfahren Sie mehr zum Abonnement und den CD-, DVD- und<br />

Blu-ray-Verö entlichungen von UNITEL CLASSICA unter:<br />

www.unitelclassica.com<br />

Silvesterkonzert 2011<br />

Angela Denoke,<br />

Ana Maria Labin,<br />

Piotr Beczala<br />

CD CD & DVD DVD ab ab Januar Januar<br />

2012 erhältlich<br />

Erleben Sie die schönsten Au ührungen mit Christian Thielemann, der <strong>Staatskapelle</strong><br />

<strong>Dresden</strong> und vielen anderen Stars der internationalen Musikszene in HD-Qualität<br />

und mit Surround Sound.<br />

Im Fernsehen …<br />

UNITEL CLASSICA ist der weltweite Fernsehsender für klassische Musik.<br />

In Deutschland können Sie UNITEL CLASSICA in HD-Qualität und mit Surround<br />

Sound über Telekom Entertain, Unitymedia, Kabel BW und NetCologne sowie in<br />

gewohnter Fernsehqualität über Sky empfangen.<br />

... und auf CD, DVD & Blu-ray<br />

New Year’s Eve Concert,<br />

Renée Fleming<br />

Chris<strong>to</strong>pher Maltman<br />

(DVD & CD)<br />

UNITEL CLASSICA empfangen Sie weltweit in folgenden Ländern: Deutschland • Österreich • Schweiz • Frankreich<br />

Italien • Spanien • Tschechische Republik • Slowakei • Bulgarien • Luxemburg • Malta • Japan • Korea • Taiwan • Südafrika


4 MF

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