music to watch - Staatskapelle Dresden
music to watch - Staatskapelle Dresden
music to watch - Staatskapelle Dresden
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
vom violinvirtuosen zum KomPonisten: jean siBelius (um 1900)<br />
»Ich war zwölf und ein Virtuose«<br />
in einer Zeit, in der das Neue mit stärkeren reizen auftrat, fiel Sibelius’<br />
Stück als Virtuosenkonzert zunächst unter die Kategorie eines Nachläu-<br />
fers des 19. Jahrhunderts und wurde so entweder unsinnigerweise zum<br />
beispiel gegen Mendelssohns nur sehr äußerlich ähnliches Konzert ausgespielt<br />
oder aber von vornherein als relikt längst vergangener Zeiten abgelehnt.<br />
Wir wissen nicht, wie richard Strauss, der als Dirigent die berliner<br />
Uraufführung der zweiten fassung leitete, darüber dachte. aber in seinen<br />
eigenen konzertanten Kompositionen ging Strauss bekanntlich Wege, die<br />
diese spielerischen, im weitesten Sinne neo-klassizistischen Kompositionen<br />
deutlich von dem symphonischen, sozusagen progressiv-ernsten<br />
übrigen Teil seines Oeuvres schieden. Die wirkliche erfolgsgeschichte<br />
des Sibelius-Konzertes begann erst in den dreißiger Jahren, seitdem<br />
aber gehört es bis heute, zusammen mit dem gleichzeitig entstandenen<br />
»Valse triste«, zu den meistgespielten Werken des Komponisten, ja, es ist<br />
wahrscheinlich das meistaufgeführte Violinkonzert des 20. Jahrhunderts.<br />
Sibelius selbst schrieb kein weiteres Solokonzert, obwohl ihn zahlreiche<br />
anfragen und anträge für auftragswerke erreichten. aber so sehr er noch<br />
zu beginn des Jahrhunderts auf das geldverdienen mit dem Komponieren<br />
angewiesen war, so sehr konnte er es sich zwei Jahrzehnte später bei fließenden<br />
Tantiemen leisten, nur noch das zu machen, was er wollte. es gab<br />
zwar Pläne für ein zweites Violinkonzert, ein »Concer<strong>to</strong> lirico«, vollendet<br />
aber wurden lediglich noch einige folgen von Konzertstücken – Serenaden<br />
und humoresken – für Violine und Orchester.<br />
in seinem Tagebuch, das erst vor einigen Jahren öffentlich zugänglich<br />
wurde, notierte Sibelius am 2. februar 1915 auf lapidare Weise einen Traum:<br />
»ich war zwölf und ein Virtuose.« Das Violinkonzert und die Wahl des Soloinstruments<br />
ist lebensgeschichtlich immer wieder mit der gescheiterten geigerkarriere<br />
von Sibelius in Verbindung gebracht worden. auf seine art war er ein<br />
Wunderkind, denn bis zu seinem 15. Lebensjahr hatte er sich das geigenspiel<br />
nur mehr oder weniger au<strong>to</strong>didaktisch beigebracht, dann lernte und studierte<br />
er bei verschiedenen Lehrern in helsinki, später in berlin, ohne indessen, wie<br />
auch als Komponist, einen formellen abschluss zu machen. Das ende seiner<br />
angestrebten Laufbahn brachte das Scheitern eines Probespiels bei den Wiener<br />
Philharmonikern 1891, Sibelius war 26 Jahre alt.<br />
in seinen Jugendjahren war die geige für Sibelius aber weniger<br />
ein instrument der Kammer- oder Konzertsaalmusik gewesen, sondern ein<br />
Medium, um mit der Natur zu kommunizieren. Noch später erinnerte er<br />
sich gern an jene augenblicke des glücks, in denen er mit der geige herumwanderte<br />
und improvisierend mit den Klängen um ihn herum improvisierte.<br />
auf sein zehntes Lebensjahr datieren Sibelius-forscher eine eigentümliche<br />
20 21 7. SYMPHONIEKONZERT