music to watch - Staatskapelle Dresden
music to watch - Staatskapelle Dresden
music to watch - Staatskapelle Dresden
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Benjamin Britten in DresDen (aPril 1955)<br />
Anlässlich der Erstaufführung seiner Oper »Albert Herring« (Kleines Haus der<br />
Staatstheater, Inzenierung: Joachim Herz) kam Britten 1955 nach <strong>Dresden</strong>.<br />
Im Februar 1967 war er ein weiteres Mal in <strong>Dresden</strong> und gab mit Peter Pears<br />
einen Liederabend im Großen Haus der Staatstheater.<br />
die funktion kleiner Tondichtungen übernehmen, in denen die handlung, das<br />
innen- und außenleben der Personen, gespiegelt wird. bei der Zusammen-<br />
stellung hielt sich britten weitgehend an die reihenfolge in der Oper – mit<br />
einer ausnahme: Die furiose Sturmmusik, das Zwischenspiel aus dem ersten<br />
akt, stellte er ans ende der Suite – wohl, um eine stärkere Schlusswirkung zu<br />
erzielen. in dieser form gibt sich das Werk als eine symphonische folge von<br />
See- bzw. Seelenbildern, zwischen Tag und Nacht, ruhe und Sturm. Nicht als<br />
bestandteil der »four Sea interludes«, sondern als einzelstück gab britten<br />
auch die Passacaglia op. 33b für den Konzertsaal frei, die mit rund sieben<br />
Minuten das längste und in seiner Struktur komplexeste Zwischenspiel der<br />
Oper darstellt.<br />
auch wenn man also die handlung – die tragische geschichte<br />
eines unverstandenen außenseiters, der von der gesellschaft letztlich zum<br />
Selbstmord getrieben wird – nicht im Detail kennt, kann man die Musik der<br />
»four Sea interludes« und der Passacaglia durchaus nachvollziehen. Die<br />
einleitende »Dämmerung« (»Dawn«) zeichnet mit dem Wechsel zwischen<br />
einer Violin-Kantilene, einer spielerischen bewegung u.a. der Klarinetten<br />
und dem erwachenden bläsersatz ein bild von Luft, Wellen und Weite. in der<br />
Oper verbindet diese Musik das Vorspiel mit dem ersten akt.<br />
»Sunday Morning« (»Sonntagmorgen«), das Vorspiel zum zweiten<br />
akt, wird durch den Klang der hörner eröffnet, die – gemeinsam mit den<br />
anderen instrumenten – das sonntägliche glockengeläut nachahmen. in<br />
klanglichem gegensatz dazu beginnt mit einer ruhigen Linie der Streicher<br />
der Kirchgang.<br />
einen ruhepol bildet das Vorspiel zum dritten akt, »Moonlight«<br />
(»Mondlicht«), das sich in den tiefen Streichern und bläsern ausdrucksvoll<br />
entfaltet, durchzuckt von einwürfen in flöte und harfe, später im Xylophon.<br />
Der Schlusssatz beruht im Wesentlichen auf einem chromatischen<br />
hauptthema, das mit heftigen impulsen von höhepunkt zu höhepunkt jagt:<br />
ein bild der aufgepeitschten See. am ende scheint in den Streichern eine<br />
expressive Kantilene auf – in der Oper die Vision von einem glücklicheren<br />
Leben –, die aber vom Sturm einfach hinweggefegt wird.<br />
Die Passacaglia verbindet in der Oper das erste und zweite bild des<br />
zweiten aktes und ist dramaturgisch von zentraler bedeutung: in Vorausahnung<br />
der handlung – grimes flieht mit seinem Lehrjungen vor den Ortsbewohnern,<br />
der Junge stürzt von den Klippen und stirbt – konzipierte britten<br />
das Zwischenspiel als einen Trauermarsch, mit dem auch grimes Schicksal<br />
besiegelt wird. Das Passacaglia-Thema erklingt zu beginn pizzica<strong>to</strong> in den<br />
bässen, die erste Variation gehört der Solobratsche (der verstummte Junge?),<br />
und in der apokalyptisch gesteigerten Musik klingt noch grimes’ kurz<br />
zuvor geäußerter Verzweiflungsruf nach: »May god have mercy upon me!«<br />
(»Möge gott sich meiner erbarmen!«).<br />
12 13 7. SYMPHONIEKONZERT