music to watch - Staatskapelle Dresden
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Jean Sibelius<br />
* 8. DezemBer 1865 in hämeenlinna<br />
† 20. sePtemBer 1957 in järvenPää<br />
Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47<br />
1. Allegro modera<strong>to</strong><br />
2. Adagio di mol<strong>to</strong><br />
3. Allegro, ma non tan<strong>to</strong><br />
entstanDen<br />
1903 in helsinki (erste fassung);<br />
1904 / 05 überarbeitet (endfassung)<br />
uraufgeführt<br />
am 8. februar 1904 in helsinki<br />
(erste fassung); endfassung am<br />
19. Ok<strong>to</strong>ber 1905 in berlin<br />
(Solist: Kárel halir, Königlich-<br />
Preußische hofkapelle,<br />
Dirigent: richard Strauss)<br />
g e w i Dm e t<br />
dem jungen ungarischen geiger<br />
franz von Vecsey<br />
Be se t z u ng<br />
Violine solo;<br />
2 flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten,<br />
2 fagotte, 4 hörner, 2 Trompeten,<br />
3 Posaunen, Pauken, Streicher<br />
v e r l ag<br />
robert Lienau Musikverlag,<br />
frankfurt am Main<br />
Dau e r<br />
ca. 30 Minuten<br />
Der Traum des Virtuosen<br />
Zum Violinkonzert von Jean Sibelius<br />
Neben gustav Mahler war Jean Sibelius derjenige Komponist, der es auf<br />
dem Weg ins 20. Jahrhundert noch einmal unternahm, die gattung der Symphonie<br />
auf authentische Weise ins Zentrum seines Schaffens zu rücken. Nur<br />
indirekt sind gedanken aus einem gespräch, das die beiden 1907 führten,<br />
überliefert. Während Sibelius das Wesen des Symphonischen in motivischer<br />
einheit, in der ableitung der verschiedenen gestalten aus Urmotiven verwirklicht<br />
sah, vertrat Mahler ein Weltbild des Widerspruchs: »Die Symphonie<br />
muss wie die Welt sein. Sie muss alles umfassen.« Die Wahrheit der<br />
Naturphilosophie des späten 19. Jahrhunderts steht gegen die zerreißende<br />
Wirklichkeitserfahrung des frühen 20. Jahrhunderts. Die Kontroverse ist<br />
aber noch in anderer hinsicht interessant, macht sie doch auch verständlich,<br />
warum Mahler niemals ein Solokonzert hätte schreiben können, während<br />
Sibelius zwischen seiner zweiten und dritten Symphonie immerhin ein<br />
einziges Mal auf diese form zurückgriff. Und dabei verleiht er nicht zuletzt<br />
gerade durch jene Vorstellung einer metamorphosenartigen motivischen<br />
beziehungsdichte auch dem Prinzip des Konzertierens in seinem Violinkonzert<br />
neue glaubwürdigkeit.<br />
Die eminente psychologische Spannung, die sich im Klanglichen,<br />
Motivisch-harmonischen, aber auch der Zeitgestaltung äußert, bezeugt die<br />
Nähe des Werkes zum Symbolismus. Wie Debussy und Schönberg war auch<br />
Sibelius fasziniert von Maurice Maeterlincks »Pelleas und Melisande«, und<br />
im abstand weniger Jahre entstanden dazu – in Nachbarschaft zum Violinkonzert<br />
– Schönbergs Symphonische Dichtung, Sibelius’ Schauspielmusik<br />
und Debussys Oper. Offensichtlich besaß aber die Zeit, in der Sibelius’<br />
Violinkonzert uraufgeführt wurde, für diese feinnervigkeit kein Ohr, und<br />
das jugendstilartige rankenwerk, das die virtuose Seite mindestens zum<br />
Teil ganz eigenartig prägt, wurde ebenfalls nicht in dieser Qualität wahrgenommen.<br />
Selten waren die überlieferten reaktionen zunächst so einheitlich<br />
negativ, sowohl für die erste fassung, die im Januar 1904 in helsinki uraufgeführt<br />
wurde, wie auch für die zweite, wesentlich veränderte, die 1905 in<br />
berlin zum ersten Mal erklang.<br />
18 19 7. SYMPHONIEKONZERT