music to watch - Staatskapelle Dresden
music to watch - Staatskapelle Dresden
music to watch - Staatskapelle Dresden
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Sir Colin Davis Dirigent<br />
Nikolaj Znaider violine<br />
7. Symphoniekonzert<br />
Saison 2011 | 2012
ortswechsel.<br />
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PARTNER DER<br />
STAATSKAPELLE DRESDEN<br />
7. Symphoniekonzert<br />
Saison 2011 | 2012<br />
Christian Thielemann<br />
ChefDirigeNT ab 2012/2013<br />
Sir Colin Davis<br />
ehreNDirigeNT
so 11.3.12 11 uhr | mo 12.3.12 20 uhr | Di 13.3.12 2 0 u h r<br />
semPeroPer DresDen<br />
7. Symphoniekonzert<br />
Dirigent<br />
Sir Colin Davis<br />
violine<br />
Nikolaj Znaider<br />
Musikalisches Traumpaar<br />
Mit der »Tallis-fantasie« von ralph Vaughan Williams und den »four Sea<br />
interludes« von benjamin britten präsentiert ehrendirigent Sir Colin Davis<br />
zwei orchestrale hauptwerke der britischen Musik des 20. Jahrhunderts,<br />
die er selber durch inzwischen schon legendäre interpretationen geprägt<br />
hat. im Violinkonzert von Jean Sibelius findet er erneut mit Capell-Virtuos<br />
Nikolaj Znaider zusammen, mit dem er – zur großen freude des Dresdner<br />
Publikums – schon mehrfach in der Semperoper musizierte.<br />
Kostenlose einführungen Durch Den KonzertDramaturgen<br />
jeweils 45 minuten vor Beginn im oPernKeller Der semPeroPer<br />
Programm<br />
Ralph Vaughan Williams<br />
( 1 8 7 2 -1 9 5 8 )<br />
»Fantasia on a Theme by Thomas Tallis« für doppeltes Streichorchester<br />
Benjamin Britten<br />
(1913-1976)<br />
»Four Sea Interludes« op. 33a aus der Oper »Peter Grimes«<br />
1. »Dawn«. Len<strong>to</strong> e tranquillo<br />
2. »Sunday Morning«. allegro spiri<strong>to</strong>so<br />
3. »Moonlight«. andante comodo e ruba<strong>to</strong><br />
4. »S<strong>to</strong>rm«. Pres<strong>to</strong> con fuoco<br />
Passacaglia op. 33b aus der Oper »Peter Grimes«<br />
2 3 7. SYMPHONIEKONZERT<br />
Pa u s e<br />
Jean Sibelius<br />
( 1 8 6 5 -1 9 5 7 )<br />
Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47<br />
1. allegro modera<strong>to</strong><br />
2. adagio di mol<strong>to</strong><br />
3. allegro, ma non tan<strong>to</strong>
Sir Colin Davis<br />
ehrenDirigent<br />
Der sächsischen staatsKaPelle DresDen<br />
Im Jahr 1990 wählte die Sächsische <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> Sir Colin<br />
Davis zu ihrem ersten und bis heute einzigen ehrendirigenten. Darüber<br />
hinaus ist er seit 2007 President des London Symphony Orchestra.<br />
Sir Colin kann auf ein bewegtes und an erfolgen reiches Dirigentenleben<br />
zurückblicken.<br />
geboren 1927 im britischen Weybridge, leitete er zu beginn seiner<br />
Karriere das bbC Scottish Orchestra, die Sadler’s Wells Opera London (die<br />
heutige english National Opera) und das bbC Symphony Orchestra. 1971<br />
wurde er Music Direc<strong>to</strong>r des royal Opera house Covent garden, später<br />
leitete er das Symphonieorchester des bayerischen rundfunks (1983-1992)<br />
und das London Symphony Orchestra (1995-2006). als Principal guest<br />
Conduc<strong>to</strong>r wirkte er zeitweise bei den großen Orchestern in bos<strong>to</strong>n und<br />
New York. Sir Colin Davis erhielt international höchste ehren, darunter<br />
den Yehudi Menuhin Prize des spanischen Königshauses (2003) und die<br />
britische Queen’s Medal for Music (2009).<br />
Die <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> dirigierte Sir Colin erstmals 1981 bei<br />
einer Schallplattenaufnahme (Mozart, Symphonien). Zahlreiche höhepunkte<br />
seiner inzwischen über 30-jährigen Zusammenarbeit mit dem<br />
Orchester sind auf CD dokumentiert; zuletzt erschien die hoch gelobte<br />
einspielung des Violinkonzertes von edward elgar mit dem Solisten Nikolaj<br />
Znaider bei Sony Music.<br />
in der Saison 2011/2012 ist Sir Colin Davis mit zwei Symphoniekonzerten<br />
und einem gastspiel des gustav Mahler Jugendorchesters in der<br />
Semperoper zu erleben. anlässlich seines 85. geburtstags im September<br />
2012 würdigt ihn die <strong>Staatskapelle</strong> außerdem im Mai 2012 mit einer Jubiläums-Tournee<br />
»Sir Colin at 85!«.<br />
4 5 7. SYMPHONIEKONZERT
Ralph Vaughan Williams<br />
* 2. oK<strong>to</strong>Ber 1872 in Down amPney (gloucestershire)<br />
† 26. august 1958 in lonDon<br />
»Fantasia on a Theme by Thomas Tallis«<br />
(»Tallis-Fantasie«) für doppeltes Streichorchester<br />
entstanDen<br />
1910 im auftrag des englischen<br />
»Three Choirs festival« auf ein<br />
Thema von Thomas Tallis;<br />
1913 und 1919 revidiert<br />
uraufgeführt<br />
am 6. September 1910 in der<br />
Kathedrale von gloucester<br />
(London Symphony Orchestra,<br />
Dirigent: ralph Vaughan Williams)<br />
Be se t z u ng<br />
mehrfach unterteiltes<br />
Streichorchester<br />
v e r l ag<br />
J. Curwen & Sons, London<br />
Dau e r<br />
ca. 17 Minuten<br />
Neues aus dem Geiste<br />
der Renaissance<br />
Zu Ralph Vaughan Williams’<br />
»Tallis-Fantasie«<br />
ralph Vaughan Williams war ein ausgesprochener »Spätentwickler«: Sein<br />
Lehrer henry Wood glaubte nicht daran, dass jemals ein Komponist aus<br />
ihm werden könnte, die Studienkollegen (ausgenommen sein freund gustav<br />
holst) hielten ihn für hoffnungslos unbegabt, und auch er selbst beklagte<br />
noch Jahre später seine »amateurhafte Technik«. Noch 1908, als 36-Jähriger,<br />
ging er nach Paris, um einige Monate lang bei Maurice ravel zu<br />
lernen. Dass sich Vaughan Williams während seiner ausbildung nicht hervortun<br />
konnte, ist wohl aus einer gewissen ratlosigkeit zu erklären: Seine<br />
Lehrer, neben Wood vor allem hubert Parry und Charles Villiers Stanford,<br />
richteten sich noch stark an der deutschen romantik aus; der junge Komponist<br />
spürte aber, dass diese ästhetische Orientierung in einer Zeit des sozialen<br />
und kulturellen Umschwungs keine Zukunft haben konnte. erst allmählich<br />
wurde aus vagem Unbehagen eine künstlerische Vision: Die englische<br />
Musik konnte sich nicht durch imitation fremder Modelle, sondern nur aus<br />
ihren eigenen Traditionen heraus erneuern. Volks- und Kunstmusik waren<br />
Vaughan Williams dabei gleich wichtig. Wie Kodály und bartók einige Jahre<br />
später, sammelte auch er Volkslieder (insgesamt mehr als 800 Lieder und<br />
Varianten). Und als promovierter Musikwissenschaftler befasste er sich mit<br />
der edition älterer englischer Musik, etwa von henry Purcell.<br />
Diese musikwissenschaftlichen aktivitäten wirkten sich auch auf<br />
sein komposi<strong>to</strong>risches Schaffen aus: Vaughan Williams erforschte die charakteristischen<br />
intervalle, Konturen und rhythmen der englischen Musik<br />
und schuf daraus einen eigenen Stil, der vom Publikum bald als persönlich<br />
und zugleich »typisch britisch« wahrgenommen wurde. ein entscheidender<br />
6 7 7. SYMPHONIEKONZERT
Schritt auf dem Weg dahin gelang ihm 1910. als das »Three Choirs festival«<br />
ihm in diesem Jahr einen Kompositionsauftrag erteilte, entschied er sich,<br />
dem Werk ein Thema des englischen renaissance-Komponisten Thomas<br />
Tallis (um 1505-1585) zugrunde zu legen. Mit der Melodie hatte er sich<br />
bereits 1906 zum ersten Mal befasst; für seine Neuausgabe des Kirchengesangbuchs<br />
»The english hymnal« hatte er sie harmonisiert und ihr Joseph<br />
addisons hymnus »When rising from the bed of death« unterlegt. Nun bearbeitete<br />
er das Thema in form einer »fantasia« – so nannte man im england<br />
des 16. und 17. Jahrhunderts eine gattung von instrumentalstücken, die<br />
sich aus den vokalen Motetten und Madrigalen entwickelt hatte. eine solche<br />
fantasia (auch »fancy« genannt) gliederte sich in zahlreiche, deutlich voneinander<br />
getrennte abschnitte, in denen eine imita<strong>to</strong>rische behandlung der<br />
Themen überwog.<br />
Vaughan Williams gewinnt sein thematisches Material vor allem<br />
dadurch, dass er die Tallis-Melodie in ihre einzelnen Phrasen zerlegt. Diese<br />
verarbeitet er dann auf höchst mannigfaltige, fantasievolle Weise; die bandbreite<br />
seiner Mittel reicht von blockhaft aneinander gereihten akkorden bis<br />
hin zu dichtester Polyphonie. eine wichtige rolle für Struktur und Klang<br />
des Stücks spielt die aufteilung des Orchesters. es besteht nach der Vorgabe<br />
des Komponisten aus drei gruppen unterschiedlicher Stärke, die getrennt<br />
voneinander aufzustellen sind: ein großes Streicherensemble, ein kleineres<br />
und schließlich ein Streichquartett (das von den Stimmführern des großen<br />
ensembles übernommen wird). Mit dieser bildung verschiedener »Chöre«<br />
greift Vaughan Williams auf his<strong>to</strong>rische Vorbilder zurück und schafft doch<br />
eine völlig eigenständige, originelle Komposition.<br />
Ähnliches gelingt ihm auch auf dem gebiet der harmonik: Tallis’<br />
Melodie steht in einer der alten Kirchen<strong>to</strong>narten, nämlich der phrygischen,<br />
und Vaughan Williams entwickelte daraus für sein Werk eine konsequent<br />
modale (d.h. dur-moll-geprägte) harmonik – ein damals unerhörtes Vorgehen.<br />
Nun musste zwar das System der Kirchen<strong>to</strong>narten in der Kunstmusik<br />
schon um 1600 dem modernen Dur-Moll-System weichen, doch in der<br />
Volksmusik der britischen inseln ist es bis heute lebendig. Deshalb klang<br />
Vaughan Williams’ Musik in den Ohren seiner Zeitgenossen modern und<br />
vertraut zugleich. Oder, wie es der Musikkritiker fuller Maitland nach der<br />
Uraufführung formulierte: »Von anfang bis ende ist man nie ganz sicher, ob<br />
man etwas ganz altes oder etwas ganz Neues hört.«<br />
jürgen ostmann<br />
Am 17. Juni 1976 spielte die <strong>Staatskapelle</strong> die DDR-Erstaufführung der<br />
»Tallis-Fantasie« unter der Leitung von Lawrence Foster im Dresdner Kulturpalast.<br />
BeDeutenDer Britischer symPhoniKer:<br />
ralPh vaughan williams (um 1920)<br />
8 9 7. SYMPHONIEKONZERT
Benjamin Britten<br />
* 22. novemBer 1913 in lowes<strong>to</strong>ft (suffolK)<br />
† 4. DezemBer 1976 in alDeBurgh (suffolK)<br />
»Four Sea Interludes« op. 33a aus »Peter Grimes«<br />
1. »Dawn«. Len<strong>to</strong> e tranquillo<br />
2. »Sunday Morning«. Allegro spiri<strong>to</strong>so<br />
3. »Moonlight«. Andante comodo e ruba<strong>to</strong><br />
4. »S<strong>to</strong>rm«. Pres<strong>to</strong> con fuoco<br />
Passacaglia op. 33b aus »Peter Grimes«<br />
entstanDen<br />
zwischen Januar 1944 und<br />
februar 1945<br />
uraufgeführt<br />
am 7. Juni 1945 an der Sadler’s<br />
Wells Opera London<br />
(Dirigent: reginald goodall)<br />
Be se t z u ng<br />
2 flöten (beide auch Piccolo),<br />
2 Oboen, 2 Klarinetten (2. auch<br />
es-Klarinette), 2 fagotte,<br />
Kontrafagott, 4 hörner,<br />
3 Trompeten, 3 Posaunen, Tuba,<br />
Pauken, Schlagzeug (2 Spieler),<br />
harfe, Celesta, Streicher<br />
v e r l ag<br />
boosey & hawkes – bote & bock,<br />
berlin<br />
Dau e r<br />
four Sea interludes: ca. 15 Minuten;<br />
Passacaglia: ca. 7 Minuten<br />
Spiegelbilder der Seele<br />
Zu den »Four Sea Interludes«<br />
und der Passacaglia aus<br />
Benjamin Brittens »Peter Grimes«<br />
benjamin britten hatte in seiner englischen heimat schon mit Werken<br />
wie der Simple Symphony op. 4 oder den »Variations on a Theme of frank<br />
bridge« op. 10 auf sich aufmerksam gemacht, als er im Sommer 1939 ge-<br />
meinsam mit seinem Lebensgefährten, dem Tenor Peter Pears, nach ame-<br />
rika aufbrach. Der ausbruch des Zweiten Weltkrieges stand unmittelbar<br />
bevor, in der »Neuen Welt« erhofften sich beide bessere Lebens- und ar-<br />
beitsbedingungen. fast drei Jahre blieben britten und Pears in den USa,<br />
hier entstanden Werke wie die »Sinfonia da requiem« oder die »Michelan-<br />
gelo-Sonette«. Und doch spürte britten schon bald eine große Sehnsucht<br />
nach seiner heimat – die noch verstärkt wurde, als er im Sommer 1941 in<br />
Kalifornien auf eine Versdichtung des englischen Dichters george Crabbe<br />
(1754-1832) stieß, die in brittens heimat Suffolk spielte. Sofort war der<br />
Komponist feuer und flamme, mit der geschichte um den tragischen fi-<br />
scher Peter grimes hatte er das Sujet für seine erste Oper gefunden! Über<br />
den Dirigenten Serge Koussevitzky und dessen Musikstiftung erhielt er<br />
einen Kompositionsauftrag, ausgearbeitet hat er das Werk in den Jahren<br />
1944/45, nach seiner rückkehr nach england. am 7. Juni 1945 ging »Peter<br />
grimes« in der Londoner Sadler’s Wells Opera mit sensationellem erfolg<br />
über die bühne, Pears sang die Titelrolle. Schon bald galt das Werk als<br />
»die« englische Nationaloper des 20. Jahrhunderts.<br />
Noch vor der Opernuraufführung stellte britten vier der insgesamt<br />
sechs orchestralen Vor- und Zwischenspiele zu einer Suite zusammen, um<br />
sie unter dem Titel »four Sea interludes« (»Vier See-Zwischenspiele«) op. 33a<br />
auch für den Konzertsaal zugängig zu machen. Die Zwischenspiele boten sich<br />
für diese art der bearbeitung an, da sie bereits in der Oper – ganz ähnlich<br />
wie die Zwischenmusiken in Debussys »Pelléas et Mélisande« oder Schostakowitschs<br />
»Lady Macbeth von Mzensk« (ein Werk, das britten sehr schätzte) –<br />
10 11 7. SYMPHONIEKONZERT
Benjamin Britten in DresDen (aPril 1955)<br />
Anlässlich der Erstaufführung seiner Oper »Albert Herring« (Kleines Haus der<br />
Staatstheater, Inzenierung: Joachim Herz) kam Britten 1955 nach <strong>Dresden</strong>.<br />
Im Februar 1967 war er ein weiteres Mal in <strong>Dresden</strong> und gab mit Peter Pears<br />
einen Liederabend im Großen Haus der Staatstheater.<br />
die funktion kleiner Tondichtungen übernehmen, in denen die handlung, das<br />
innen- und außenleben der Personen, gespiegelt wird. bei der Zusammen-<br />
stellung hielt sich britten weitgehend an die reihenfolge in der Oper – mit<br />
einer ausnahme: Die furiose Sturmmusik, das Zwischenspiel aus dem ersten<br />
akt, stellte er ans ende der Suite – wohl, um eine stärkere Schlusswirkung zu<br />
erzielen. in dieser form gibt sich das Werk als eine symphonische folge von<br />
See- bzw. Seelenbildern, zwischen Tag und Nacht, ruhe und Sturm. Nicht als<br />
bestandteil der »four Sea interludes«, sondern als einzelstück gab britten<br />
auch die Passacaglia op. 33b für den Konzertsaal frei, die mit rund sieben<br />
Minuten das längste und in seiner Struktur komplexeste Zwischenspiel der<br />
Oper darstellt.<br />
auch wenn man also die handlung – die tragische geschichte<br />
eines unverstandenen außenseiters, der von der gesellschaft letztlich zum<br />
Selbstmord getrieben wird – nicht im Detail kennt, kann man die Musik der<br />
»four Sea interludes« und der Passacaglia durchaus nachvollziehen. Die<br />
einleitende »Dämmerung« (»Dawn«) zeichnet mit dem Wechsel zwischen<br />
einer Violin-Kantilene, einer spielerischen bewegung u.a. der Klarinetten<br />
und dem erwachenden bläsersatz ein bild von Luft, Wellen und Weite. in der<br />
Oper verbindet diese Musik das Vorspiel mit dem ersten akt.<br />
»Sunday Morning« (»Sonntagmorgen«), das Vorspiel zum zweiten<br />
akt, wird durch den Klang der hörner eröffnet, die – gemeinsam mit den<br />
anderen instrumenten – das sonntägliche glockengeläut nachahmen. in<br />
klanglichem gegensatz dazu beginnt mit einer ruhigen Linie der Streicher<br />
der Kirchgang.<br />
einen ruhepol bildet das Vorspiel zum dritten akt, »Moonlight«<br />
(»Mondlicht«), das sich in den tiefen Streichern und bläsern ausdrucksvoll<br />
entfaltet, durchzuckt von einwürfen in flöte und harfe, später im Xylophon.<br />
Der Schlusssatz beruht im Wesentlichen auf einem chromatischen<br />
hauptthema, das mit heftigen impulsen von höhepunkt zu höhepunkt jagt:<br />
ein bild der aufgepeitschten See. am ende scheint in den Streichern eine<br />
expressive Kantilene auf – in der Oper die Vision von einem glücklicheren<br />
Leben –, die aber vom Sturm einfach hinweggefegt wird.<br />
Die Passacaglia verbindet in der Oper das erste und zweite bild des<br />
zweiten aktes und ist dramaturgisch von zentraler bedeutung: in Vorausahnung<br />
der handlung – grimes flieht mit seinem Lehrjungen vor den Ortsbewohnern,<br />
der Junge stürzt von den Klippen und stirbt – konzipierte britten<br />
das Zwischenspiel als einen Trauermarsch, mit dem auch grimes Schicksal<br />
besiegelt wird. Das Passacaglia-Thema erklingt zu beginn pizzica<strong>to</strong> in den<br />
bässen, die erste Variation gehört der Solobratsche (der verstummte Junge?),<br />
und in der apokalyptisch gesteigerten Musik klingt noch grimes’ kurz<br />
zuvor geäußerter Verzweiflungsruf nach: »May god have mercy upon me!«<br />
(»Möge gott sich meiner erbarmen!«).<br />
12 13 7. SYMPHONIEKONZERT
von 2007 Bis 2009 stanD Brittens »Peter grimes« auf Dem sPiel-<br />
Plan Der semPeroPer (inzenierung: seBastian Baumgarten,<br />
im BilD stePhen goulD in Der titelPartie).<br />
Nach dem großen erfolg seines Opernerstlings verfolgte britten den einge-<br />
schlagenen Weg konsequent weiter; fortan komponierte er in erster Linie<br />
Opern und Vokalmusik – meistens mit einer zentralen Partie für Pears – und<br />
festigte mit Werken wie »The rape of Lucretia«, »The Turn of the Screw«<br />
oder »Death in Venice«, seinem letzten bühnenwerk, seinen ruf als einer<br />
der bedeutendsten Opernkomponisten des 20. Jahrhunderts. Die mit »Peter<br />
grimes« einsetzende künstlerische Umorientierung ging übrigens mit einer<br />
geografischen einher: ab 1947 ließen sich britten und Pears in aldeburgh<br />
nieder, jenem Ort in der grafschaft Suffolk, der so großen anteil am erfolg<br />
der Oper hatte und wo britten zum Mittelpunkt des 1948 von ihm gegründeten<br />
aldeburgh festivals wurde.<br />
14 15<br />
<strong>to</strong>Bias nieDerschlag<br />
Am 13. April 1951 stellte die <strong>Staatskapelle</strong> die »Four Sea Interludes«<br />
und die Passacaglia aus »Peter Grimes« erstmals in <strong>Dresden</strong> vor<br />
(Großes Haus der Staatstheater, Dirigent: Herbert Sandberg).<br />
Während des Konzerts<br />
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PARTNER DER<br />
STAATSKAPE LLE DRESDEN<br />
Die iPhone App der<br />
<strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong>
Nikolaj Znaider<br />
caPell-virtuos<br />
Der sächsischen staatsKaPelle DresDen 2011/2012<br />
Nikolaj Znaider wird nicht nur als einer der führenden geiger<br />
unserer Zeit gefeiert, sondern ist als Solist, Dirigent und Kammermusiker<br />
inzwischen einer der vielseitigsten Künstler seiner<br />
generation. Seit 2010 ist er Principal guest Conduc<strong>to</strong>r des<br />
Mariinsky-Theaters in St. Petersburg; als gastdirigent arbeitet<br />
er darüber hinaus mit Orchestern wie den Münchner Philharmonikern, dem<br />
London Symphony Orchestra, der Tschechischen Philharmonie und den<br />
Orchestern in Pittsburgh und Los angeles zusammen.<br />
als Violinsolist ist er nach wie vor einer der gefragtesten Künstler<br />
weltweit, der mit allen bedeutenden Orchestern und Dirigenten konzertiert,<br />
darunter Daniel barenboim, herbert blomstedt, gustavo Dudamel, Mariss<br />
Jansons, Lorin Maazel, Zubin Mehta und Christian Thielemann. in der Saison<br />
2008/2009 stellte er seine Vielseitigkeit im »artist Portrait« des London<br />
Symphony Orchestra unter beweis; in der Saison 2012/2013 erhält er eine<br />
»Carte blanche« im Wiener Musikverein.<br />
als exklusivkünstler von rCa red Seal (Sony Music) hat er zahlreiche<br />
aufnahmen eingespielt. Zuletzt erschienen das Violinkonzert von<br />
edward elgar mit der <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> unter Sir Colin Davis und die<br />
Violinkonzerte von brahms und Korngold mit den Wiener Philharmonikern<br />
unter Valery gergiev.<br />
Der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> ist Nikolaj Znaider inzwischen<br />
seit sieben Jahren als Violinsolist und Dirigent eng verbunden. im<br />
März 2011 dirigierte er nach Konzerten in der Semperoper auch eine erfolgreiche<br />
China-Tournee des Orchesters.<br />
16 17 7. SYMPHONIEKONZERT
Jean Sibelius<br />
* 8. DezemBer 1865 in hämeenlinna<br />
† 20. sePtemBer 1957 in järvenPää<br />
Konzert für Violine und Orchester d-Moll op. 47<br />
1. Allegro modera<strong>to</strong><br />
2. Adagio di mol<strong>to</strong><br />
3. Allegro, ma non tan<strong>to</strong><br />
entstanDen<br />
1903 in helsinki (erste fassung);<br />
1904 / 05 überarbeitet (endfassung)<br />
uraufgeführt<br />
am 8. februar 1904 in helsinki<br />
(erste fassung); endfassung am<br />
19. Ok<strong>to</strong>ber 1905 in berlin<br />
(Solist: Kárel halir, Königlich-<br />
Preußische hofkapelle,<br />
Dirigent: richard Strauss)<br />
g e w i Dm e t<br />
dem jungen ungarischen geiger<br />
franz von Vecsey<br />
Be se t z u ng<br />
Violine solo;<br />
2 flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten,<br />
2 fagotte, 4 hörner, 2 Trompeten,<br />
3 Posaunen, Pauken, Streicher<br />
v e r l ag<br />
robert Lienau Musikverlag,<br />
frankfurt am Main<br />
Dau e r<br />
ca. 30 Minuten<br />
Der Traum des Virtuosen<br />
Zum Violinkonzert von Jean Sibelius<br />
Neben gustav Mahler war Jean Sibelius derjenige Komponist, der es auf<br />
dem Weg ins 20. Jahrhundert noch einmal unternahm, die gattung der Symphonie<br />
auf authentische Weise ins Zentrum seines Schaffens zu rücken. Nur<br />
indirekt sind gedanken aus einem gespräch, das die beiden 1907 führten,<br />
überliefert. Während Sibelius das Wesen des Symphonischen in motivischer<br />
einheit, in der ableitung der verschiedenen gestalten aus Urmotiven verwirklicht<br />
sah, vertrat Mahler ein Weltbild des Widerspruchs: »Die Symphonie<br />
muss wie die Welt sein. Sie muss alles umfassen.« Die Wahrheit der<br />
Naturphilosophie des späten 19. Jahrhunderts steht gegen die zerreißende<br />
Wirklichkeitserfahrung des frühen 20. Jahrhunderts. Die Kontroverse ist<br />
aber noch in anderer hinsicht interessant, macht sie doch auch verständlich,<br />
warum Mahler niemals ein Solokonzert hätte schreiben können, während<br />
Sibelius zwischen seiner zweiten und dritten Symphonie immerhin ein<br />
einziges Mal auf diese form zurückgriff. Und dabei verleiht er nicht zuletzt<br />
gerade durch jene Vorstellung einer metamorphosenartigen motivischen<br />
beziehungsdichte auch dem Prinzip des Konzertierens in seinem Violinkonzert<br />
neue glaubwürdigkeit.<br />
Die eminente psychologische Spannung, die sich im Klanglichen,<br />
Motivisch-harmonischen, aber auch der Zeitgestaltung äußert, bezeugt die<br />
Nähe des Werkes zum Symbolismus. Wie Debussy und Schönberg war auch<br />
Sibelius fasziniert von Maurice Maeterlincks »Pelleas und Melisande«, und<br />
im abstand weniger Jahre entstanden dazu – in Nachbarschaft zum Violinkonzert<br />
– Schönbergs Symphonische Dichtung, Sibelius’ Schauspielmusik<br />
und Debussys Oper. Offensichtlich besaß aber die Zeit, in der Sibelius’<br />
Violinkonzert uraufgeführt wurde, für diese feinnervigkeit kein Ohr, und<br />
das jugendstilartige rankenwerk, das die virtuose Seite mindestens zum<br />
Teil ganz eigenartig prägt, wurde ebenfalls nicht in dieser Qualität wahrgenommen.<br />
Selten waren die überlieferten reaktionen zunächst so einheitlich<br />
negativ, sowohl für die erste fassung, die im Januar 1904 in helsinki uraufgeführt<br />
wurde, wie auch für die zweite, wesentlich veränderte, die 1905 in<br />
berlin zum ersten Mal erklang.<br />
18 19 7. SYMPHONIEKONZERT
vom violinvirtuosen zum KomPonisten: jean siBelius (um 1900)<br />
»Ich war zwölf und ein Virtuose«<br />
in einer Zeit, in der das Neue mit stärkeren reizen auftrat, fiel Sibelius’<br />
Stück als Virtuosenkonzert zunächst unter die Kategorie eines Nachläu-<br />
fers des 19. Jahrhunderts und wurde so entweder unsinnigerweise zum<br />
beispiel gegen Mendelssohns nur sehr äußerlich ähnliches Konzert ausgespielt<br />
oder aber von vornherein als relikt längst vergangener Zeiten abgelehnt.<br />
Wir wissen nicht, wie richard Strauss, der als Dirigent die berliner<br />
Uraufführung der zweiten fassung leitete, darüber dachte. aber in seinen<br />
eigenen konzertanten Kompositionen ging Strauss bekanntlich Wege, die<br />
diese spielerischen, im weitesten Sinne neo-klassizistischen Kompositionen<br />
deutlich von dem symphonischen, sozusagen progressiv-ernsten<br />
übrigen Teil seines Oeuvres schieden. Die wirkliche erfolgsgeschichte<br />
des Sibelius-Konzertes begann erst in den dreißiger Jahren, seitdem<br />
aber gehört es bis heute, zusammen mit dem gleichzeitig entstandenen<br />
»Valse triste«, zu den meistgespielten Werken des Komponisten, ja, es ist<br />
wahrscheinlich das meistaufgeführte Violinkonzert des 20. Jahrhunderts.<br />
Sibelius selbst schrieb kein weiteres Solokonzert, obwohl ihn zahlreiche<br />
anfragen und anträge für auftragswerke erreichten. aber so sehr er noch<br />
zu beginn des Jahrhunderts auf das geldverdienen mit dem Komponieren<br />
angewiesen war, so sehr konnte er es sich zwei Jahrzehnte später bei fließenden<br />
Tantiemen leisten, nur noch das zu machen, was er wollte. es gab<br />
zwar Pläne für ein zweites Violinkonzert, ein »Concer<strong>to</strong> lirico«, vollendet<br />
aber wurden lediglich noch einige folgen von Konzertstücken – Serenaden<br />
und humoresken – für Violine und Orchester.<br />
in seinem Tagebuch, das erst vor einigen Jahren öffentlich zugänglich<br />
wurde, notierte Sibelius am 2. februar 1915 auf lapidare Weise einen Traum:<br />
»ich war zwölf und ein Virtuose.« Das Violinkonzert und die Wahl des Soloinstruments<br />
ist lebensgeschichtlich immer wieder mit der gescheiterten geigerkarriere<br />
von Sibelius in Verbindung gebracht worden. auf seine art war er ein<br />
Wunderkind, denn bis zu seinem 15. Lebensjahr hatte er sich das geigenspiel<br />
nur mehr oder weniger au<strong>to</strong>didaktisch beigebracht, dann lernte und studierte<br />
er bei verschiedenen Lehrern in helsinki, später in berlin, ohne indessen, wie<br />
auch als Komponist, einen formellen abschluss zu machen. Das ende seiner<br />
angestrebten Laufbahn brachte das Scheitern eines Probespiels bei den Wiener<br />
Philharmonikern 1891, Sibelius war 26 Jahre alt.<br />
in seinen Jugendjahren war die geige für Sibelius aber weniger<br />
ein instrument der Kammer- oder Konzertsaalmusik gewesen, sondern ein<br />
Medium, um mit der Natur zu kommunizieren. Noch später erinnerte er<br />
sich gern an jene augenblicke des glücks, in denen er mit der geige herumwanderte<br />
und improvisierend mit den Klängen um ihn herum improvisierte.<br />
auf sein zehntes Lebensjahr datieren Sibelius-forscher eine eigentümliche<br />
20 21 7. SYMPHONIEKONZERT
kleine, klanglich experimentelle Komposition mit dem Titel »Wassertrop-<br />
fen«, die als Duo für Violine und Cello jenes Naturgeräusch in Musik zu<br />
verwandeln sucht. Solche, in der Jugendzeit mit der geige improvisierend<br />
und intuitiv umgesetzte begegnung mit dem Klang der Natur beschäftigte<br />
Sibelius aber sein ganzes Leben lang. er war fasziniert von dem ganz eigentümlichen<br />
Ober<strong>to</strong>nspektrum eines Kornfeldes kurz vor der ernte, wie von<br />
den Stimmen der Vögel, besonders der Schwäne, die in ihm bis in ihre gestalt<br />
hinein musikalische Vorstellungen zu wecken vermochten.<br />
Parallele Traumwelten<br />
Dennoch handelt es sich bei Sibelius’ Musik nicht um einen musikalischen<br />
realismus, der Landschaftliches oder Lebensweltliches abbildet, um es vor<br />
dem hörer wieder erstehen zu lassen. Schon vom Material her benutzt Sibelius<br />
erstaunlich wenig im strengen Sinne finnische Motive und Themen.<br />
Und selbst der anfang des Violinkonzertes, der in einzelnen motivischen<br />
Zellen das ganze Stück hindurch präsent bleibt, und dessen metrische Unbestimmtheit,<br />
frei schweifende entwicklung und modale Prägung sofort<br />
alle Klischeebilder nordischer Weite aufzurufen vermag, trägt in sich eine<br />
erinnerung aus ganz anderen breiten. »allegret<strong>to</strong>, glocken von rapallo«<br />
lautet die beschriftung auf einem in italien entstandenen Skizzenblatt, auf<br />
dem zum ersten Mal Motive des Violinkonzerts erscheinen, einige Jahre<br />
bevor Sibelius im September 1902 von den finnischen inseln als frisch Verheirateter<br />
seiner frau schreibt, ihm seien »einige herrliche Themen für das<br />
Violinkonzert eingefallen«. »rapallo« nannten Sibelius und seine frau aino<br />
dann auch den Obstgarten ihres Landhäuschens, 25 Kilometer entfernt von<br />
helsinki, dessen bau 1903 begann, und in das sie 1904 einzogen.<br />
So ist die Zeit der entstehung des Violinkonzertes und der Umarbeitung<br />
seiner ersten fassung verbunden mit einem Wechsel des Lebensmittelpunktes,<br />
mit mehr Distanz zur bohème helsinkis und einer neuen<br />
Wendung zur Natur, wenn auch in Nachbarschaft einer Künstlerkolonie.<br />
Und vielleicht kann man es gerade als besondere Leistung Sibelius’ in<br />
seinem Violinkonzert sehen, dass es – im ersten Satz – genau solch ein<br />
Lebensgefühl zwischen der ahnung naturhafter mythischer Tiefe und<br />
der Vorstellung erhitzter gesichter im etwas schwülen Salon in dichtester<br />
Weise miteinander verbindet, ineinander gleiten lässt, fast wie im Traum.<br />
Das erinnert an die Parallelwelten auf den symbolistischen bildern seines<br />
Malerfreundes akseli gallen-Kallela (1865-1931). Und es synthetisiert die<br />
beiden Pole seines Musikdenkens, die ansonsten im Jahr 1903 etwa in den<br />
Klavierbearbeitungen finnischer Volkslieder und der eleganten Melancholie<br />
des »Valse triste« in isolierter Weise ausdruck finden.<br />
»symPosium«.<br />
ÖlgemälDe von aKseli gallen-Kallela (1894)<br />
Das Bild verursachte bei seinem Erscheinen einen Skandal, zeigte es doch führende<br />
Vertreter einer finnischen Künstler-Avantgarde (darunter Jean Sibelius,<br />
rechts) – mit ins Leere starrenden Augen und vor halbleeren Weingläsern.<br />
Zu der traumartigen anmutung, die Sibelius’ Musik hier, insbesondere im<br />
ersten Satz, erzeugt, trägt vor allem bei, dass vor dem hintergrund einer<br />
traditionellen Sonatenhauptsatzform doch kein Moment der völligen identität<br />
existiert, vielmehr jeder einzelne augenblick das Vorangegangene<br />
prozesshaft in sich aufnimmt, und so auch da, wo identität aufscheint, diese<br />
völlig verwandelt wirkt. es gibt keinen Moment der Wiederholung, immer<br />
ist etwas in irgendeiner Weise transformiert. Sehr deutlich wird dies etwa<br />
in der reprise des hauptthemas. Steht es zu beginn in der Solovioline ganz<br />
nah und deutlich vor dem unbestimmt wogenden Streichergrund, so erscheint<br />
es in der reprise im fagott, wie ein dunkler Schatten, der sich in den<br />
Schluss der Violinkadenz hineinschiebt. Das identische erscheint hier als<br />
abgespaltenes, in die Tiefe und ferne entrückt. in der erstfassung stand an<br />
dieser Stelle noch ein eher schematisch auftrumpfendes Streichertutti. Ähn-<br />
22 23 7. SYMPHONIEKONZERT
lich verwandelt wirkt in der reprise auch das zweite Thema, das hier nicht<br />
in den fagotten sondern den tiefen Streichern erklingt. Und es wird in den<br />
holzbläsern überlagert durch eine ankündigung des dritten Themas, das<br />
hier – schon bekannt aus der exposition, wo es überraschend auftrat – als<br />
bereits bekanntes schon das zweite in seinen Sog hineinzieht, ja, es sogar<br />
metrisch umformt. Die reprise kennt beim zweiten Thema nicht mehr den<br />
6/4-Takt der exposition, sondern bringt dies jetzt im 4/4-Takt in triolischen<br />
halben, in irrationaler Vergrößerung, bei der das, was vorher die Zeit von<br />
sechs Vierteln füllte, jetzt (als sechs triolische halbe) auf den Zeitraum von<br />
acht Vierteln gedehnt wird.<br />
Mehr als ein Virtuosenkonzert<br />
Traumartig ist aber auch die überdeutliche Präsenz, die im Verlauf der<br />
entwicklung bestimmte, vorher schon vorhandene, aber ganz unscheinbare<br />
Details erhalten, die abgespalten, umgestellt, vergrößert und umgeformt<br />
werden. eigentlich lässt sich das ganze Stück, insbesondere aber der erste<br />
Satz, aus den motivischen Zellen des anfangs ableiten, der so auch etwas<br />
Doppeldeutiges gewinnt: er steht einerseits für sich selbst als erste von drei<br />
Themengruppen, andererseits bildet er das motivische reservoir, aus dem<br />
die folgenden Themen schöpfen. Das tänzerische abschlussthema greift<br />
sich den Quintfall heraus, und das elegische zweite Thema wächst als Vergrößerung<br />
aus einem unscheinbaren, dreitönig absinkenden Sekundgang<br />
hervor. insbesondere dieses zweite Thema leuchtet in vielfachen harmonischen<br />
Wandlungen mit sentimental aufgeladenen Vorhalten immer wieder<br />
auf ganz unerwartete Weise auf. es bildet so eine mit den konstruktiven<br />
höhepunkten nicht kongruente Dramaturgie, eine erzählerische Unterströmung,<br />
die sich auch im zweiten und dritten Satz in einblendungen bemerkbar<br />
macht und eine unterschwellige Verbindung unter den ganz verschiedenartigen<br />
Oberflächen suggeriert.<br />
Ursprünglich besaß der erste Satz zwei große Kadenzen, die beide<br />
die funktion einer Durchführung übernahmen, die erste für das erste<br />
Thema, die spätere für das zweite. Dass Sibelius die an sich großartige,<br />
eher ernste als virtuose zweite Kadenz in seiner Überarbeitung opferte,<br />
bewirkte nicht nur eine bessere ausbalancierung der form. es bewahrte<br />
vielmehr diesem zweiten Thema auch seinen seltsamen, zwischen latenter<br />
anwesenheit und augenblicksartig aufscheinender Präsenz schwankenden<br />
Charakter. Sibelius fand erst durch die Überarbeitung zu jener psychologischen<br />
Wahrhaftigkeit, die er suchte, und die das Stück weit über ein<br />
bloßes Virtuosenkonzert hinaushebt.<br />
24 25<br />
martin wilKening<br />
Besondere<br />
Hörempfehlungen<br />
von Sony Music<br />
FABIO LUISI<br />
STAATSKAPELLE DRESDEN<br />
BRUCKNER: SYMPHONY NO. 9<br />
Die Live-Aufnahme des Konzertes in der Semperoper<br />
von 2007: Die <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> spielt die 9. Sinfonie<br />
von An<strong>to</strong>n Bruckner unter dem Dirigat von Fabio Luisi.<br />
„Einen durchaus vielschichtigen und faszinierenden<br />
neuen Beitrag zur Bruckner-Diskographie haben Fabio<br />
Luisi und die Sächsische <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong> […]<br />
hier vorgelegt.“ Fono Forum<br />
NIKOLAJ ZNAIDER<br />
ELGAR: VIOLIN CONCERTO<br />
Die Einspielung von Elgars berühmtem Violinkonzert<br />
zum 100-jährigen Jubiläum, welches der Komponist<br />
auf Anregung des berühmten Geigers Fritz Kreisler<br />
schrieb. Nikolaj Znaider bringt das Original-Instrument,<br />
auf dem Kreisler 1910 die Uraufführung in London<br />
spielte, virtuos zum Klingen. Mit der <strong>Staatskapelle</strong><br />
<strong>Dresden</strong> unter der Leitung von Sir Colin Davis.<br />
LANG LANG<br />
LISZT: MY PIANO HERO<br />
Die aktuelle CD mit dem Liebestraum, Campanella,<br />
der Ungarischen Rhapsodie Nr. 2, Ave Maria, Isoldes<br />
Liebes<strong>to</strong>d und dem ersten Klavierkonzert von Liszt<br />
mit den Wiener Philharmonikern unter Valery Gergiev.<br />
www.langlang.com<br />
www.sony<strong>music</strong>classical.de
7. Symphoniekonzert 2011 | 2012<br />
Orchesterbesetzung<br />
1. violinen<br />
Kai Vogler<br />
1. Konzertmeister<br />
Michael eckoldt<br />
Thomas Meining<br />
Michael frenzel<br />
Christian Uhlig<br />
Volker Dietzsch<br />
brigitte gabsch<br />
Johanna Mittag<br />
Jörg Kettmann<br />
barbara Meining<br />
Susanne branny<br />
Martina groth<br />
Wieland heinze<br />
anselm Telle<br />
Sae Shimabara<br />
franz Schubert<br />
2. violinen<br />
reinhard Krauß<br />
Konzertmeister<br />
annette Thiem<br />
Jens Metzner<br />
Ulrike Scobel<br />
Olaf-Torsten Spies<br />
alexander ernst<br />
Mechthild von ryssel<br />
emanuel held<br />
holger grohs<br />
Martin fraustadt<br />
Paige Kearl<br />
Lisa Werhahn<br />
Maria held<br />
Nicole amal reich*<br />
Bratschen<br />
Michael Neuhaus<br />
sol o<br />
Stephan Pätzold<br />
Michael horwath<br />
Jürgen Knauer<br />
Uwe Jahn<br />
Ulrich Milatz<br />
Claudia briesenick<br />
Susanne Neuhaus<br />
Juliane böcking<br />
Milan Líkař<br />
albrecht Kunath*<br />
ekaterina Zubkova**<br />
violoncelli<br />
friedwart Christian Dittmann<br />
sol o<br />
Martin Jungnickel<br />
Uwe Kroggel<br />
Matthias Schreiber*<br />
andreas Priebst<br />
bernward gruner<br />
Johann-Chris<strong>to</strong>ph Schulze<br />
Jakob andert<br />
anke heyn<br />
Matthias Wilde<br />
Kontrabässe<br />
andreas Wylezol<br />
sol o<br />
Martin Knauer<br />
Torsten hoppe<br />
helmut branny<br />
Chris<strong>to</strong>ph bechstein<br />
fred Weiche<br />
Thomas grosche<br />
Yama<strong>to</strong> Moritake<br />
flöten<br />
rozália Szabó<br />
sol o<br />
Jens-Jörg becker<br />
oboen<br />
Céline Moinet<br />
sol o<br />
andreas Lorenz<br />
Klarinetten<br />
Wolfram große<br />
sol o<br />
Jan Seifert<br />
fagotte<br />
erik reike<br />
sol o<br />
Thomas eberhardt<br />
sol o<br />
hannes Schirlitz<br />
hörner<br />
erich Markwart<br />
sol o<br />
David harloff<br />
harald heim<br />
Klaus gayer<br />
trompeten<br />
Tobias Willner<br />
sol o<br />
Volker Stegmann<br />
Sven barnkoth<br />
Posaunen<br />
Uwe Voigt<br />
sol o<br />
guido Ulfig<br />
Lars Zobel<br />
tuba<br />
hans-Werner Liemen<br />
26 27 7. SYMPHONIEKONZERT<br />
solo<br />
Pauken<br />
Thomas Käppler<br />
solo<br />
schlagzeug<br />
Stefan Seidl<br />
frank behsing<br />
harfe<br />
astrid von brück<br />
solo<br />
celesta<br />
Jobst Schneiderat<br />
* als gast<br />
** als aKaDemist
28<br />
Vorschau<br />
8. Symphoniekonzert<br />
»Palmsonntagskonzert«<br />
samstag 31.3.12 11 u h r<br />
sonntag 1.4.12 20 uhr<br />
montag 2.4.12 2 0 u h r<br />
semPeroPer DresDen<br />
Herbert Blomstedt Dirigent<br />
Sächsischer<br />
Staatsopernchor <strong>Dresden</strong><br />
einstudierung: Pablo assante<br />
IMPreSSuM<br />
Sächsische Staatsoper <strong>Dresden</strong><br />
intendantin Dr. Ulrike hessler<br />
Spielzeit 2011|2012<br />
herausgegeben von der intendanz<br />
© März 2012<br />
redAKTIOn<br />
Tobias Niederschlag<br />
GeSTAlTunG und lAyOuT<br />
schech.net<br />
Strategie. Kommunikation. Design.<br />
drucK<br />
Union Druckerei <strong>Dresden</strong> gmbh<br />
AnzeIGenVerTrIeB<br />
Keck & Krellmann Werbeagentur gmbh<br />
i.a. der Moderne Zeiten Medien gmbh<br />
Telefon: 0351/25 00 670<br />
e-Mail: info@kkwa.de<br />
www.kulturwerbung-dresden.de<br />
Johannes Brahms<br />
»Schicksalslied« für Chor<br />
und Orchester op. 54<br />
An<strong>to</strong>n Bruckner<br />
Symphonie Nr. 5 b-Dur Wab 105<br />
Kostenlose einführungen jeweils<br />
45 Minuten vor Konzertbeginn<br />
im Opernkeller der Semperoper<br />
BIldnAcHweISe<br />
Sir Colin Davis, Szenenbild »Peter grimes«:<br />
Matthias Creutziger; ralph Vaughan Williams,<br />
benjamin britten, Jean Sibelius: archiv der<br />
Sächsischen Staatsoper <strong>Dresden</strong>, Werner<br />
frost (britten); Nikolaj Znaider: george Lange;<br />
akseli gallen-Kallela »Symposium«: © Tampere<br />
art Museum<br />
TexTnAcHweISe<br />
Die einführungstexte von Jürgen Ostmann,<br />
Martin Wilkening und Tobias Niederschlag<br />
sind Originalbeiträge für die Programmhefte<br />
der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> <strong>Dresden</strong>.<br />
Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht<br />
werden konnten, werden wegen nachträglicher<br />
rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.<br />
Private Bild- und Tonaufnahmen sind aus<br />
urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.<br />
www.STAATSKAPelle-dreSden.de<br />
Pho<strong>to</strong> © Matthias Creutziger<br />
MUSIC TO WATCH<br />
Brahms:<br />
Klavierkonzert Nr. 1<br />
Maurizio Pollini<br />
(CD)<br />
Thielemann conducts Faust Adventskonzert aus der<br />
Wagner: A Faust Overture Dresdner Frauenkirche<br />
Liszt: A Faust Symphony Carolina Ullrich, Vit<strong>to</strong>rio Grigolo<br />
(DVD & Blu-ray)<br />
(CD, DVD & Blu-ray)<br />
Erfahren Sie mehr zum Abonnement und den CD-, DVD- und<br />
Blu-ray-Verö entlichungen von UNITEL CLASSICA unter:<br />
www.unitelclassica.com<br />
Silvesterkonzert 2011<br />
Angela Denoke,<br />
Ana Maria Labin,<br />
Piotr Beczala<br />
CD CD & DVD DVD ab ab Januar Januar<br />
2012 erhältlich<br />
Erleben Sie die schönsten Au ührungen mit Christian Thielemann, der <strong>Staatskapelle</strong><br />
<strong>Dresden</strong> und vielen anderen Stars der internationalen Musikszene in HD-Qualität<br />
und mit Surround Sound.<br />
Im Fernsehen …<br />
UNITEL CLASSICA ist der weltweite Fernsehsender für klassische Musik.<br />
In Deutschland können Sie UNITEL CLASSICA in HD-Qualität und mit Surround<br />
Sound über Telekom Entertain, Unitymedia, Kabel BW und NetCologne sowie in<br />
gewohnter Fernsehqualität über Sky empfangen.<br />
... und auf CD, DVD & Blu-ray<br />
New Year’s Eve Concert,<br />
Renée Fleming<br />
Chris<strong>to</strong>pher Maltman<br />
(DVD & CD)<br />
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4 MF