Der Humanist und die Spiritualität - Humanistischer Verband ...
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Gita Neumann<br />
n Für hochbetagte, multimorbide oder<br />
schwerstpflegebedürftige Sterbewillige stellt<br />
sich das Problem, dass sie von Hospizangeboten<br />
nicht profitieren können – denn dazu<br />
ist eine tödliche Erkrankung wie Krebs im<br />
Finalstadium Voraussetzung. Sie werden in<br />
den Niederlanden <strong>die</strong> „vergessene Generation“<br />
genannt, für <strong>die</strong> es weder Sterbebegleitung<br />
noch Sterbehilfe gibt. Eine besondere<br />
Option speziell für <strong>die</strong>se Gruppe stellen Dr.<br />
Boudewijn Chabot <strong>und</strong> Dr. Christian Walther<br />
in ihrem Buch „Ausweg am Lebensende.<br />
Selbstbestimmtes Sterben durch freiwilligen<br />
Verzicht auf Essen <strong>und</strong> Trinken“ vor.<br />
Chabot, Psychiater <strong>und</strong> Sozialwissenschaftler<br />
aus Haarlem (NL) hat in seiner Heimat<br />
große Aufmerksamkeit für <strong>die</strong> Methode des<br />
„Freiwilligen Verzichts auf Nahrung <strong>und</strong><br />
Flüssigkeit“ (FVNF) geweckt. Nun möchte<br />
er gemeinsam mit seinem Kollegen Dr.<br />
Walther aus Marburg auch in Deutschland<br />
für <strong>die</strong>ses Thema sensibilisieren. Bei der<br />
Entscheidung, selbstbestimmt aus dem Leben<br />
scheiden zu wollen, liefert <strong>die</strong> Methode<br />
des FVNF eine humane, leicht zugängliche<br />
Möglichkeit, allerdings fordert sie den Betroffenen<br />
selbst einiges ab.<br />
Diese Veröffentlichung wurde am 10.<br />
Juni 2010 im vollbesetzten Evangelischen<br />
Forum in München vorgestellt.<br />
Autonomes Handeln ohne Medikamente<br />
Schon in der Antike wurde <strong>die</strong>se natürliche<br />
Möglichkeit des selbstbestimmten Lebensendes<br />
beschrieben <strong>und</strong> wahrscheinlich<br />
wird <strong>die</strong>ser Weg des natürlichen Sterbens<br />
überall auf der Welt immer wieder von alten<br />
Menschen gegangen, auch wenn sie kaum<br />
noch willensfähig sind. Dass eine Zwangsernährung<br />
bei ablehnender Patientenverfügung<br />
gar nicht mehr in Frage kommt, auch<br />
wenn der betroffene Patient (noch) kein<br />
Sterbender ist, gilt heute in Deutschland<br />
als unstrittig. Im Zentrum steht vor allem<br />
– darin waren sich <strong>die</strong> Podiumsteilnehmer<br />
16<br />
3/2010<br />
FORUM<br />
Bürgerrechtsbewegung<br />
für eine neue Sterbekultur ?<br />
Die Autoren Boudewijn Chabot <strong>und</strong> Christian Walther lenken mit ihrer Neuerscheinung<br />
„Ausweg am Lebensende“ <strong>die</strong> Aufmerksamkeit auf den freiwilligen Verzicht auf Nahrung<br />
<strong>und</strong> trinken als Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebensendes.<br />
einig – der eigene Wille. Nach Ansicht Chabots<br />
solle niemand <strong>die</strong> Entscheidung <strong>und</strong><br />
Regie über den eigenen Tod an <strong>die</strong> Ärzte<br />
delegieren. So sei der freiwillige Verzicht auf<br />
Essen <strong>und</strong> Trinken, betonte der Psychiater,<br />
in erster Linie eine Option, <strong>die</strong> es jedem<br />
Menschen ermögliche, autonom zu handeln.<br />
Ein großer Vorteil sei weiterhin, dass<br />
man seine Entscheidung überdenken <strong>und</strong><br />
sich jederzeit zum Weiterleben oder Hinauszögern<br />
entschließen könne. Die Methode<br />
böte <strong>die</strong> Chance der Entmedikalisierung<br />
<strong>und</strong> Entbürokratisierung selbstbestimmten<br />
Sterbens <strong>und</strong> mache unabhängig vom Erteilen<br />
des „Grünen Lichts“.<br />
FVNF ist wie jedes natürliche Sterben<br />
kaum frei von Beschwerden, lässt sich jedoch<br />
durch gute palliative Beratung (mit<br />
Zusage der Begleitung im Bedarfsfall) erträglich<br />
gestalten. Wer sicherstellen möchte,<br />
dass seine Angehörigen <strong>und</strong> Ärzte keine<br />
juristischen Schwierigkeiten bekommen,<br />
sollte seinen freien Patientenwillen eindeutig<br />
dokumentieren. Im Buch wird dazu der<br />
Fragebogen des HVD für eine Optimale<br />
Patientenverfügung empfohlen, welcher bereits<br />
seit 2009 auch <strong>die</strong> Option des FVNF<br />
vorsieht <strong>und</strong> dazu Aufklärung anbietet.<br />
Damit Angehörige, Pflegekräfte <strong>und</strong><br />
Ärzte ohne Sorge vor Ermittlungen <strong>die</strong>sen