50 - Alexander von Humboldt-Stiftung

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Verstärkung für Ihr Forschungsteam Support for your research team Sie sind Humboldt-Fellow? Dann können Sie jetzt, gefördert durch das Feodor Lynen-Stipendium, Ihren Wunsch-Mitarbeiter engagieren. Wir unterstützen langfristige Forschungsaufenthalte hoch qualifizierter deutscher Postdocs am Institut eines ehemaligen Humboldt-Stipendiaten oder -Preisträgers im Ausland. Gefördert werden deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus allen Fachgebieten, die zum Zeitpunkt des Stipendiumantritts ihre Promotion abgeschlossen haben und jünger als 38 Jahre sind. Die Bewerbung kann jederzeit auf Anregung des wissenschaftlichen Gastgebers im Ausland oder durch Eigeninitiative des Bewerbers erfolgen. Mit der Antragstellung muss ein mit dem Gastgeber abgesprochener Forschungsplan vorgelegt werden. Bewerbungsunterlagen und weitere Informationen finden Sie unter www.humboldt-foundation.de/lynen Bewerbungen sind jederzeit möglich. Are you a Humboldt Fellow? If so, you can now take on a research associate of your choice, with sponsorship from the Feodor Lynen Research Fellowships. We support long-term foreign research stays for highlyqualified German scholars at an institute of a former Humboldt guest researcher abroad. Research fellowships are available to German scientists of any discipline who have completed their doctorate and are younger than 38 at the start of the fellowship. Applications may be submitted either on the recommendation of an academic host abroad or on the candidate's own initiative. They must include a research plan, which has to be agreed in advance with the host organisation. Application forms and further information can be found at www.humboldt-foundation.de/ lynen Applications can be made at any time. Alexander von Humboldt-Stiftung Jean-Paul-Str. 12 · 53173 Bonn Tel: ++49-2 28-8 33-0 E-Mail: info@humboldt-foundation.de www.humboldt-foundation.de
1 >> Humboldt kosmos 86/2005 >> Editorial Liebe Leserinnen und Leser, wenn ich als Kind durch die Straßen meiner Heimatstadt (des bayerischen Augsburg) ging, habe ich mich an den sprudelnden Brunnen der breiten Straße gefreut, welche die Stadt von Süden nach Norden durchquert. Lesen konnte ich die Bilder der Architektur damals nicht. Diese breite Straße, so wurde mir später bewusst, ist spätantiken Ursprungs, weil die Gründung der Stadt auf ein Kastell römischer Legionen zurückgeht. An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert hat dann die Freie Reichsstadt den alten Prozessionsweg durch drei in Brunnenform gefasste Denkmäler geschmückt, durch einen Augustus-, einen Merkur- und einen Herkulesbrunnen. Wer „lesen“ kann, wird darin den wohlgeordneten sozialen Raum der alten Stadt erkennen: Augustus ist Sinnbild des Stadtregiments; Merkur, der Gott des Handels, ist Allegorie der patrizischen Kaufmannsgeschlechter; und Herkules schließlich ist Abbild der Handwerker, die in den heute noch nach ihnen benannten Gässlein, getrennt nach Berufen, abseits der breiten Straße zusammenwohnten. So gibt es in den alten Städten eine Brotund eine Fleischstraße, ein Färbergässlein, einen Schmiedberg und viele andere sprechende Straßen. Gekrönt wurde in Augsburg das Ensemble der Brunnen durch den Reichsadler auf dem Giebel des städtischen Siegelhauses. Denn der Kaiser war der eigentliche Herr der Freien Reichsstadt. Der Heidelberger Archäologe Tonio Hölscher hat gezeigt, dass solch sprechende Stadtbilder, in denen sich die Architektur mit Skulpturen, Mosaiken und Vasenbildern verbindet, in der griechischen und der römischen Antike wurzeln. Er hat belegt, dass und wie eine solche Bildsprache von allen Bewohnern der heterogenen Teile der alten Reiche verstanden wurde. Bis tief in das 18. Jahrhundert hinein haben alle Dinge der Natur und der Kultur etwas bedeutet. Die Menschen konnten mehr Sprachen lesen als nur die der Wörter, der Texte, der Schriftzeichen. Sie konnten die Kirchen, die Tempel, die Friedhöfe lesen, sie lebten in und mit den Ritualen, die dort verrichtet wurden, die Biblia Pauperum war auf die Innenwände mittelalterli- Titelthema Coverstory cher Dome gemalt. Das 18. Jahrhundert, die Zeit der Aufklärung, hat den Orient vom Okzident getrennt. Jetzt verloren die „Dinge“, die einst auf das hinter ihnen liegende „Numinose“ verwiesen, ihre vielschichtige Aussage. Sie „bedeuteten“ nicht mehr, sie waren nur noch sie selbst. In dieser Zeit entstand mit der Vorherrschaft der Wörter und der Texte die moderne, rationale Wissenschaft, in deren Kern der kreative Zweifel nistet. Wir, die wir in Zeiten aufgewachsen sind, die von Wörtern und Texten beherrscht werden, sind leicht zu betrügen von unerkannten Ritualen, von unbestechlichen Fotografien, welche scheinbar nur Wirklichkeit abbilden, aber doch manipulierbar sind. „Medienkompetenz“ nennen wir den Versuch, über die Worte und die Texte hinauszudringen, einer flüchtigen Zeit die Dynamik der Rituale abzuschauen, zu lernen, welche Sprache die Bilder sprechen, wie zumal die Fotografie und das bewegte Bild unser Leben dominieren. Die amerikanische Essayistin Susan Sontag, die 2003 in Frankfurt mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde und ihr Leben darauf gesetzt hat, die tiefe Kluft zwischen dem „neuen“ Amerika und dem „alten“ Europa zu erklären, hat uns deutlich gemacht, dass und wie unsere Wirklichkeit zumal durch die Kriegsfotografie gedeutet und verfälscht werden kann, welche Macht für die im Bildsehen ungeübten Menschen selbst von einer Fiktion der Wirklichkeit ausgeht. Die Wirklichkeit, die wir leben, stellt sich in Bildern und in Sprache her, in Bildern der Erinnerung ebenso wie in Visionen der Zukunft. Beide, Vergangenheit und Zukunft, stehen (nach Maurice Halbwachs) nicht naturwüchsig an. Sie sind soziale Setzungen, konstruiert aus den jeweiligen Bedürfnissen der Gegenwart. Von der Macht der Bilder handelt dieses Heft des Humboldt-Kosmos. Wir alle sind ihr unterworfen und sollten daher versuchen, „lesen“ zu lernen. Aus Bonn grüßt herzlich die Mitglieder der weltweiten Humboldt-Familie Wolfgang Frühwald
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