50 - Alexander von Humboldt-Stiftung
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dass es bei ihnen nicht das Lächeln, sondern der Gruß<br />
ist.„Grias di“ auf Bayerisch oder „Grüß Gott“ auf Hochdeutsch<br />
könnte Bayerns Motto sein. Diesen Sommer<br />
fiel es mir besonders auf, dass die Bayern einen permanent<br />
grüßen.<br />
Auf Fluren, in Fahrstühlen, auf Bürgersteigen, in<br />
Geschäften oder Kiosken würdigen die Bayern jeden<br />
Fremden, seine Anwesenheit und seine Bedeutung mit<br />
einem „Grüß Gott“. Im übrigen Deutschland hört man<br />
allenfalls ein gleichgültiges „Guten Tag“, wenn man<br />
einen Laden betritt, aber nicht auf der Straße. Außerhalb<br />
Bayerns brauche ich immer eine Weile, bis meine<br />
weiß-blaue Identität sich umgestellt und verstanden<br />
hat, dass die Deutschen, die mich auf der Straße nicht<br />
grüßen, nicht unfreundlich sind, es sind nur keine Bayern.<br />
Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann<br />
meine Identität die Farben weiß-blau angenommen<br />
hat. Vielleicht tragen alle Deutschen ein Stück Bayern<br />
in sich, sogar die „Preißn“. Als ich zusammen mit meiner<br />
Tochter Alison in Berlin war, besichtigten wir auch<br />
Ost-Berlin mit einer ostdeutschen Fremdenführerin,<br />
die uns die Stadt zeigte und uns die Vorzüge der DDR<br />
anpries. Später waren wir im Pergamon-Museum und<br />
standen plötzlich wieder unserer Fremdenführerin gegenüber.<br />
Sie führte eine andere Gruppe durch das<br />
Museum. Ohne nachzudenken, sagte ich „Grüß Gott“<br />
zu ihr. „Grüß Gott!“ antwortete sie, realisierte ihren<br />
Fauxpas, errötete und sah sich schnell um, ob sie jemand<br />
gehört haben konnte. Ich wette, sie lebt heute in<br />
Bayern.<br />
Dass sich eine große Anzahl <strong>von</strong> Stipendiaten<br />
München und Umgebung für ihren Forschungsaufenthalt<br />
in Deutschland aussuchen, überrascht mich nicht.<br />
Ich habe den Verdacht, dass viele <strong>von</strong> ihnen dieselben<br />
Farben angenommen haben wie ich. In diesem Sinne<br />
möchte ich alle „<strong>Humboldt</strong>-Bayern“ <strong>von</strong> Moskau über<br />
Peking bis Washington, D.C. auffordern, sich mir anzuschließen<br />
und einen Toast auszubringen auf die bayerische<br />
Gemütlichkeit und Staatsangehörigkeit (ehrenhalber)<br />
– Oans, zwoa, g’suffa!<br />
39 >> <strong>Humboldt</strong> kosmos 86/2005<br />
Krachlederne, großes Bier<br />
Bayern, wie es keiner kennt<br />
Rustic leather shorts and a couple<br />
of tankards. A completely different<br />
impression of Bavaria<br />
ing their research stays in Germany. I suspect that many<br />
of them have adopted the same flag as I. So I propose that<br />
all the "<strong>Humboldt</strong> Bavarians" from Moscow and Beijing<br />
to Washington, D.C. join me in a toast. Let us raise our<br />
glasses together to Bayerische Gemütlichkeit and citizenship<br />
(honorary) – Oans, zwoa, g’suffa!