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Download Jahresheft - Berner Heimatschutz

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mit dem Grund und Boden ein Heimatgefühl zu vermitteln, das damals<br />

als wichtige Basis für das Kulturleben galt und oft den Höhepunkt der<br />

Argumentationsketten bildete. 17 Die Zürcher Architekten Karl Kündig und<br />

Heinrich Oetiker berechneten 1926/28 auch, dass man im Kleinhaus –<br />

den Gartenertrag miteinberechnet – nicht teurer wohnt als in einer<br />

zentrumsnahen Mietshauswohnung. So verlagerte sich in der<br />

Gartenstadtbewegung auch die Prämisse vom kollektiven Landbesitz hin<br />

zum privaten Kleineigentum an Grund und Boden. 18<br />

Kleinstadtideal für ganzheitliches Leben<br />

Mit den Reformbewegungen um 1900 wurde die pädagogische Funktion<br />

von Kunst und Architektur wieder entdeckt. Auch Heinrich Tessenow war<br />

überzeugt, dass er als Architekt eine sozialpädagogische Verantwortung<br />

übernehmen konnte. Um einer solchen vorzuspuren basierte er seine<br />

möglichst „zeitlosen“ Architekturwerke auf dem bekannten Formenschatz<br />

und liess für die erstrebte Nützlichkeit aller Elemente primär<br />

geometrische Klarheit, Ordnung, Schlichtheit und harmonische<br />

Proportion walten. Bereits 1909, als die grossbürgerliche Architektur<br />

noch stärker den allgemeinen Ton angab als nach dem Krieg,<br />

thematisierte Heinrich Tessenow gute Lösungen für Arbeiter- und<br />

Kleinbürgerwohnungen und wertete die Erfüllung „niedrig-praktischer<br />

Bedürfnisse“ höher als die baukünstlerischen „Empfindungsausdrücke“. 19<br />

Vor allem aber waren für ihn die Fragen der Siedlungspraxis untrennbar<br />

mit allgemeinen Lebens- und Kulturfragen verbunden und liessen sich<br />

gar nicht auf das Architektonische beschränkt beantworten. Analog zur<br />

Vaterfigur der Reformarchitektur, dem Engländer John Ruskin,<br />

postulierte Tessenow die menschliche Wohnung als Massstab für das<br />

Kulturbildende überhaupt. 20 An die Stelle der Stilfrage trat die Sachlichkeit,<br />

eine Rückbesinnung auf das Essentielle, eine Beschränkung<br />

aufs Notwendige, die von der wirtschaftlichen Notsituation nach dem<br />

Krieg geradezu gegeben war und die architektonische Qualität durch die<br />

klare Vorbedingung eher heben statt hemmen sollte: „Kargheit zwingt zu<br />

Sparsamkeit und führt wie von selbst zum Kunstwerk mit Masshalten<br />

und Ausschalten des Überflüssigen“. 21 Romantisierende ‚äusserliche’<br />

Architekturformen und Sentimentalitäten galt es nach Tessenow zu<br />

überwinden: Er verabscheute das Ornament nicht, doch dessen Prinzip<br />

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