Juli – August 2012 - Evangelische Kirchengemeinde Langenfeld
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Singet dem Herrn <strong>–</strong> und zwar:<br />
viele neue Lieder!<br />
Musik war der Herzschlag der Reformation. Denn Luther,<br />
Calvin und Co holten den Gemeindegesang zurück in den<br />
Gottesdienst. Seitdem ist die Kirchenmusik ein Markenzeichen<br />
des Protestantismus <strong>–</strong> von Taizégesängen bis Telemann ist sie so<br />
vielgestaltig, wie es auch in unserer <strong>Kirchengemeinde</strong> zu hören ist.<br />
Spielen die Engel im Himmel Mozart? Der evangelische<br />
Theologe Karl Barth meinte das. Albrecht Goes, württembergischer<br />
Pfarrer, widersprach: Im Himmel würden sicher<br />
Bach-Choräle intoniert <strong>–</strong> mit Pauken und Trompeten.<br />
Martin Luther hätte da so seine Zweifel gehabt: Er zog<br />
solch „himmlischem Feld Geschrei“ die geliebte Laute vor,<br />
auf der er seine Eigenkompositionen zupfte.<br />
Denn die waren ihm ein Herzensanliegen: Martin Luther<br />
übersetzte Anfang des 16. Jahrhunderts nicht nur<br />
die Bibel ins Deutsche, sondern auch zentrale biblisch-<br />
theologische Erkenntnisse in Gemeindelieder, die zu<br />
Gassenhauern wurden. Derart arbeitete er dem Konzil von<br />
Basel entgegen, das noch 80 Jahre zuvor strikt verboten<br />
hatte, während des Gottesdienstes geistliche Lieder in der<br />
Volkssprache zu singen. Ganz anders Luther, der dem Volk<br />
auch kirchenmusikalisch aufs Maul schaute: Die Gemeinde<br />
soll singen <strong>–</strong> aus voller Kehle!<br />
Dass die Verkündigung durch die Musik und die<br />
Verkündigung durchs Wort gleichberechtigt nebeneinander<br />
stehen, ist ein Erbe der Reformation. Denn in seiner<br />
berühmten Torgauer Kirchweihpredigt 1544 legte Luther<br />
dar, dass im Gottesdienst nichts anderes geschehen solle,<br />
„denn dass unser lieber Herr selbst mit uns rede durch sein<br />
heiliges Wort, und wir wiederum mit ihm reden durch<br />
Gebet und Lobgesang“. Mit anderen Worten: Es ist die<br />
Musik, die die frohe Botschaft in die Herzen trägt. Es sind<br />
die großen Gesänge, die Menschen damals wie heute zum<br />
Glauben ermutigen.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>–</strong> <strong>August</strong> <strong>2012</strong><br />
(Foto: © epd)<br />
Thematischer Schwerpunkt<br />
(Foto: ©EKD)<br />
Unsere Gemeinde leistet sich darum einen Reichtum,<br />
aber keinen Luxus, wenn sie weiterhin vier Kantoren an ihren<br />
vier Gemeindezentren beschäftigt. Die musikalischen Profile<br />
der vier Stelleninhaber in diesem Heft geben einen Eindruck<br />
davon, in wie vielen Formen Kirchenmusik heute existiert:<br />
Von Bach, Blues und Band Contest <strong>–</strong> über Gerhardt-Paul und<br />
Gospel - bis hin zu Taizé, Thomas-Messe und Telemann. In<br />
ihren vielerlei Gestalten wirkt die Kirchenmusik weit über den<br />
Gottesdienst hinaus. Hier finden Menschen einen ersten oder<br />
einen neuen Kontakt zur Kirche. Die Musik wird zur Brücke<br />
<strong>–</strong> auch zu Menschen, die heute nicht mehr selbstverständlich<br />
kirchlich sozialisiert sind.<br />
Daran kann Kirchenmusik wesentlich mitwirken: Dass<br />
Menschen in der Gemeinde und im Gottesdienst heimisch<br />
werden, weil sie dort ihr eigenes Lebensgefühl wieder ent-<br />
decken. Aber da Menschen und ihr Lebenssound ganz unterschiedlich<br />
sind <strong>–</strong> wie divers darf und muss die Kirchenmusik<br />
sein?<br />
In der Lukaskirche startete kürzlich ein spannendes Experiment:<br />
Partnerchristen aus Tanzania feierten mit uns den Festgottesdienst<br />
am Pfingstsonntag. Ein gemischt-kontinentaler<br />
Projektchor brachte dabei Lieder von hüben und drüben zu<br />
Gehör. Deutsche Chorsänger bekamen einen Eindruck, was<br />
afrikanische Gesänge ausmacht <strong>–</strong> mit Bewegung und Percussion.<br />
Und konnten wir unseren Partnern verständlich machen,<br />
was uns deutsche Kirchenmusik bedeutet? Nur in einem bin<br />
ich mir ganz sicher: Dieses Experiment ließ unseren Gottesdienst<br />
lebendiger, frischer und geistvoller zurück.<br />
Dafür schlug das Herz des Martin Luther: Jeden Christenmenschen<br />
zu befähigen, selbst von der guten Nachricht <strong>–</strong> zu<br />
singen. Und Gott in einer Art zu loben, wie es dem eigenen<br />
Lebenssound entspricht. Darum singet dem Herrn nicht ein<br />
neues Lied <strong>–</strong> nein, viele! Viele!<br />
Stefan Heinemann<br />
GeMeindeBrief 4/<strong>2012</strong><br />
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