Sylvie Boisseau - Strategie zur Konstruktion der Identität funktionaler
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Mit wachsendem Interesse an gewöhnlichen Orten wird die<br />
Wahrnehmung des Raumes zum entscheidenden Faktor.<br />
Laut dem Artikel von Angelika Psenner „Stadt-Raum-Wahrnehmung“<br />
14 wird <strong>der</strong> Raum „subjektiviert“: „es gibt nicht<br />
den Raum; es gibt vielmehr Räume. Ihre Entstehung, ihre<br />
Wahrnehmung, ihr Erleben ist ein sozial konstruierter Prozess.<br />
Entsprechend unseren eigenen biographischen Erfahrungen<br />
bilden wir Raumstrukturen aus, die in dieser Form<br />
nur für das einzelne Individuum bestehen.“ Die „Subjektivierung<br />
des Raumes“ macht die Differenzierung zwischen<br />
Orten und Nicht-Orten irrelevant, weil ein Nicht-Ort (z.B. die<br />
U-Bahn) für einen an<strong>der</strong>en Menschen durchaus ein Ort sein<br />
kann (wenn jemand in <strong>der</strong> U-Bahn übernachtet).<br />
Man kann also zu dem Schluss kommen, dass we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Ort<br />
noch <strong>der</strong> Nicht-Ort in reiner Gestalt existieren. Peter Arlt zitiert<br />
Michel de Certeau: „Immer wie<strong>der</strong> gelingt es den wi<strong>der</strong>ständigen,<br />
listigen und hartnäckigen Prozeduren, die<br />
festgeschriebene Ordnung des Nicht-Ortes aufzuweichen<br />
und mit <strong>der</strong> Zeit zu zersetzen.“ 15<br />
Michel de Certeau erkennt im städtischen Raum das Resultat<br />
einer panoptischen Vision <strong>der</strong> Planer. Demzufolge beginnt<br />
er seine Reflexion über den Raum mit einer furiosen<br />
Beschreibung des Blickes aus dem World Trade Center runter<br />
auf Manhattan. 16 Von diesem erhobenen Standpunkt<br />
aus erhält <strong>der</strong> urbane Text seine Lesbarkeit, allerdings verfliegt<br />
die Euphorie sogleich, denn es handele sich hier um<br />
ein „theoretisches Trugbild, also ein Bild, das nur durch ein<br />
Vergessen und Verkennen <strong>der</strong> praktischen Vorgänge zustande<br />
kommt.“ 17 Laut de Certeau führt das Ideal des panoptischen<br />
Überblicks zu einer Distanz und einem Ausklammern<br />
jener Prozesse, die sich nur durch ein physisches Erfahren<br />
des Raumes verstehen lassen. Die rein visuelle (Überblick-)<br />
Wahrnehmung des Raumes stellt nicht nur die Grundlage<br />
für die Konzeptstadt dar, son<strong>der</strong>n auch für Kontrolle und<br />
Disziplinierung <strong>der</strong> Bewohner. Deren Stadtwahrnehmung<br />
dagegen nährt sich, so de Certeau, von einem dynamischem<br />
Mittendrin alltäglicher Erfahrung von Stadt.<br />
Dieser Gegensatz von Dynamik und Statik erlangt bei de<br />
Certeaus Definition von Ort und Raum noch einmal Bedeutung.<br />
Orte, so de Certeau, seien „momentane Konstellationen<br />
fester Punkte“, wohingegen ein Raum „ein Geflecht<br />
von beweglichen Elementen“ sei. Doch ist es nicht nur Bewegung,<br />
die den Raum charakterisiert, <strong>der</strong> Raum entsteht<br />
im Handeln: „Insgesamt ist <strong>der</strong> Raum ein Ort mit dem man<br />
etwas macht.“ Die mo<strong>der</strong>ne Konzeptstadt grenze mit ihrer<br />
Beschränkung auf die Funktionen und die Vorherrschaft<br />
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