PDF 1,5 MB - Schultze & Braun GmbH
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Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin II/2011<br />
keiten: Beispielhaft seien der Debt-Mezzanine- bzw.<br />
Debt-to-Hybrid-Swap genannt, bei dem Forderungen<br />
in mezzanine bzw. hybride Beteiligungen getauscht<br />
werden. Denkbar ist auch ein Reverse-Debt-Equity-<br />
Swap, bei dem das Schuldnerunternehmen in das Gläubigerunternehmen<br />
eingebracht wird. Daneben häufen<br />
sich auch die Fälle, in denen die Gläubiger ihnen zur<br />
Sicherheit verpfändete Gesellschaftsanteile schlichtweg<br />
verwerten und sich so in die Gesellschafterstellung<br />
bringen.<br />
Das derzeit noch größte Hindernis bei der Durchsetzung<br />
des Debt-Equity-Swap besteht darin, dass er<br />
faktisch nicht gegen den Willen der bisherigen Gesellschafter<br />
durchgesetzt werden kann. Daneben stellt die<br />
zutreffende Bewertung der eingebrachten Forderungen<br />
ein Problem dar. Die Forderung kann nicht schlicht zum<br />
Nennwert eingebracht werden. Es ist der tatsächliche<br />
Wert zu ermitteln, der gerade in einer Krisensituation<br />
durchaus geringer sein kann. Bei einer zu hohen Bewertung<br />
droht eine Haftung auf den Differenzbetrag (sog.<br />
Differenzhaftung). Das Haftungsrisiko kann durch ein<br />
Wertgutachten eines Wirtschaftsprüfers minimiert,<br />
nicht aber vollständig ausgeschlossen werden.<br />
Weiter droht die Gefahr, dass – sofern nur Teile der<br />
Forderungen eines Gläubigers in Eigenkapital umgewandelt<br />
werden – die übrigen Forderungen als Gesellschafterdarlehen<br />
behandelt werden und damit in der<br />
Insolvenz nachrangig zu befriedigen bzw. im Fall einer<br />
Auszahlung anfechtbar sind. Zwar sieht die Insolvenzordnung<br />
gewisse Privilegien für derartige Situationen<br />
vor – das so genannte Sanierungs- sowie das so<br />
genannte Kleinbeteiligtenprivileg. Diese Privilegien<br />
greifen jedoch nicht in jedem Fall, sodass ein gewisses<br />
Maß an Rechtsunsicherheit besteht.<br />
Auch in steuerrechtlicher Hinsicht ist Vorsicht geboten.<br />
Denn durch eine Debt-to-Equity-Transaktion können<br />
Sanierungsgewinne entstehen, deren steuerrechtliche<br />
Bewertung bislang nicht zweifelsfrei geklärt ist. Daneben<br />
können sich Fallstricke aus kartellrechtlichen wie<br />
auch börsenrechtlichen Besonderheiten ergeben.<br />
Reformen<br />
Die bereits durchgeführten oder noch in der Umsetzung<br />
befindlichen Reformbestrebungen haben zum<br />
Ziel, die oben angesprochenen Risiken und Probleme<br />
aus dem Weg zu schaffen.<br />
So soll der Debt-Equity-Swap künftig auch gegen den<br />
Willen der (Alt-)Gesellschafter durchgesetzt werden<br />
können. Damit wird das zentrale Problem bei der<br />
Durchführung eines Debt-Equity-Swaps ausgeräumt.<br />
10<br />
Daneben werden zumindest im ESUG auch Regelungen<br />
geschaffen, die eine Differenzhaftung der neu<br />
eintretenden Gesellschafter verhindern. Eine derartige<br />
ausdrückliche Ausschlussregelung wird jedoch beim<br />
SchVG und beim KreditReorgG vermisst.<br />
Ferner bestehen in den beiden schon in Kraft befindlichen<br />
Gesetzen noch Anhaltspunkte für Wertungswidersprüche:<br />
So dürfen einerseits den Gläubigern durch<br />
den Debt-Equity-Swap keine neuen Pflichten übergestülpt<br />
werden und die Forderungsumwandlung darf<br />
auch nicht gegen einen dagegen stimmenden Gläubiger<br />
umgesetzt werden. Unklar ist aber, ob nicht das Risiko<br />
der Differenzhaftung nicht als eine neue Pflicht anzusehen<br />
ist und was mit den Forderungen geschieht, bei<br />
denen Gläubiger eine Forderungsumwandlung explizit<br />
abgelehnt haben.<br />
Positiv gewendet kann man sagen, dass die Einführung<br />
des Debt-Equity-Swaps rechtstechnisch von Gesetz zu<br />
Gesetz (also vom SchVG bis zum ESUG) besser geworden<br />
ist. Umgekehrt lässt sich aber absehen, dass sowohl<br />
das KreditReorgG als auch das SchVG noch einer<br />
Nachbesserung bedürfen.<br />
Fazit:<br />
Trotz dieser nach wie vor bestehenden Schwächen<br />
und der ebenfalls ungelösten Rahmenprobleme,<br />
gerade im steuerlichen Bereich, werden<br />
sich die Bedingungen für einen Debt-Equity-<br />
Swap sowohl innerhalb als auch außerhalb der<br />
Insolvenz maßgeblich verbessern. Außerhalb<br />
der Insolvenz wird eine Forderungsumwandlung<br />
deswegen besser durchzusetzen sein, weil<br />
die Gesellschafter wissen, dass ihnen ein Entzug<br />
der Gesellschafterstellung spätestens im<br />
Insolvenzverfahren droht. Die ist neudeutsch<br />
gesagt durchaus eine incentive, um einem Debt-<br />
Equity-Swap außerhalb der Insolvenz zuzustimmen.<br />
Innerhalb der Insolvenz wird die Rechtssicherheit<br />
für die Gläubiger erhöht, da ihnen das<br />
Risiko der Differenzhaftung genommen wird.<br />
Es sollte allerdings auch beachtet werden, dass diese<br />
Erleichterung des Debt-Equity-Swaps im deutschen<br />
Recht auch die entsprechenden Gläubiger anziehen<br />
wird: Hedge-Fonds, die eine sog. „loan-to-own“ Strategie<br />
verfolgen, bringen sich in Deutschland vermehrt<br />
in Stellung. Sie haben schon in diversen Fällen die Verbindlichkeiten<br />
von den ursprünglich kreditgebenden<br />
Banken zu einem Bruchteil des Nennwertes erworben<br />
und versuchen mit massivem Druck, diese Forderungen