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Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />

Berlin II/2011<br />

Clauses. Hierunter versteht man Regelungen in den<br />

Bedingungen von Staatsanleihen, durch die per Mehrheitsentscheidung<br />

Entschuldungsregelungen wie Stundungen<br />

oder Forderungsverzichte getroffen werden<br />

können. Entsprechende Regelungen sind bereits in<br />

einer Vielzahl von Staatsanleihen enthalten.<br />

Ob diese Mechanismen ausreichend sind, ist zweifelhaft,<br />

denn weder der IWF, noch der Pariser oder der<br />

Londoner Club verfügen über standardisierte Vorgehensweisen<br />

im Umgang mit Staatsinsolvenzen. Es wird<br />

jeweils im Einzelfall eine Regelung getroffen. Dies hat<br />

häufig zur Folge, dass rund um die Insolvenz eines Staates<br />

ein großes Maß an Unsicherheit besteht, was häufig<br />

dazu führt, dass sich die finanzielle Lage des Staates<br />

weiter verschlechtert. So geschehen im Falle Griechenlands,<br />

als mehrere Wochen über das „Für“ und „Wider“<br />

staatlicher Hilfen diskutiert wurde. Collective Action<br />

Clauses sind demgegenüber zwar ein sinnvolles Entschuldungsinstrument.<br />

Sie greifen allerdings gerade<br />

nur für Staatsanleihen und können dementsprechend<br />

ein Insolvenzverfahren für Staaten zwar sinnvoll ergänzen,<br />

es aber nicht ersetzen.<br />

Die europäischen Rettungsmechanismen verfügen<br />

demgegenüber nur über begrenzte Ressourcen und<br />

decken nur den innereuropäischen Raum ab. Sollten<br />

mehrere große Staaten in Europa den Schutz der Rettungsmechanismen<br />

in Anspruch nehmen, würden diese<br />

an ihre Grenzen stoßen. Und auch der Ausfall einer<br />

großen außereuropäischen Volkswirtschaft könnte die<br />

Weltwirtschaft derart aus dem Gleichgewicht bringen,<br />

dass mit den Rettungsschirmen nicht mehr viel zu retten<br />

wäre.<br />

Vor diesem Hintergrund wird derzeit intensiv über die<br />

Etablierung eines Insolvenzverfahrens für Nationalstaaten<br />

diskutiert. Der Gedanke eines Insolvenzverfahrens<br />

für Nationalstaaten ist nicht neu und wurde bereits<br />

nach der Argentinien-Pleite Anfang des 21. Jahrhunderts<br />

intensiv diskutiert. Der damals vorgeschlagene,<br />

weitreichende Ansatz der stellvertretenden Geschäftsführerin<br />

des IWF, Anne Krueger, konnte sich jedoch<br />

nicht durchsetzten. Man setzte auf kleine Schritte,<br />

insbesondere auf die beschriebenen Collective Action<br />

Clauses. Durch die „Griechland-Pleite“ hat die Diskussion<br />

jedoch wieder an Fahrt gewonnen. Bevor ein<br />

Insolvenzverfahren für Nationalstaaten tatsächlich<br />

ausgestaltet und implementiert werden kann, sind<br />

noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen.<br />

Die inhaltliche Ausgestaltung bereitet dabei weniger<br />

Schwierigkeiten als die Implementierung des Verfahrens.<br />

Dies ist darauf zurückzuführen, dass es in den<br />

USA bereits ein Verfahren gibt, das es insbesondere<br />

Kommunen und kommunalen Unternehmen ermöglicht,<br />

in ein geregeltes Insolvenzverfahren einzutreten.<br />

Hierbei handelt es sich um ein so genanntes Chapter<br />

9-Verfahren nach dem U.S. Bankruptcy Code, einem<br />

„Verwandten“ des Chapter 11-Verfahrens (zu diesem<br />

Verfahren und zur Anerkennung in Deutschland<br />

der Infobrief III/2010). An dieses Verfahren lehnen<br />

sich die aktuellen Vorschläge zu einem staatlichen<br />

Insolvenz verfahren an.<br />

Im Gegensatz zu einem „normalen“ Insolvenzverfahren<br />

ist das Ziel eines Insolvenzverfahrens für Staaten<br />

selbstverständlich ausschließlich die Restrukturierung<br />

der entsprechenden öffentlichen Stelle und nicht ihre<br />

Abwicklung. Hinsichtlich dieses Ziels sind sich auch<br />

die in Deutschland vorgelegten Vorschläge für ein<br />

Insolvenzverfahren für Nationalstaaten einig. Teilweise<br />

wird in diesem Zusammenhang vorgeschlagen,<br />

vom Begriff der Insolvenz, mit der eine Abwicklung<br />

assoziiert werde, abzurücken und stattdessen von einer<br />

„Resolvenz“ zu sprechen. Der Begriff bringe besser zum<br />

Ausdruck, dass der Staat restrukturiert werden solle.<br />

Den Insolvenzantrag soll nur der betroffene Staat stellen<br />

können. Nur so werde der staatlichen Souveränität<br />

ausreichend Rechnung getragen. Dem Ziel – der<br />

Restrukturierung – entsprechend müsse ein staatliches<br />

Insolvenzverfahren eine Art Planverfahren sein. Das<br />

Verfahren müsse geordnet, nachvollziehbar und transparent<br />

ablaufen. Den Plan solle das betroffene Land<br />

aufstellen. Er solle mit den Gläubigern abgestimmt und<br />

dann beschlossen werden, wobei Gläubigermehrheiten<br />

Gläubigerminderheiten überstimmen könnten.<br />

Die Überwachung des Verfahrens solle einer gerichtlichen<br />

oder gerichtsähnlichen Stelle obliegen. Ein Insolvenzverwalter<br />

sei jedoch nicht erforderlich. Über den<br />

Umfang der Kompetenzen der überwachenden Stelle<br />

wird gegenwärtig noch diskutiert. Insgesamt erscheint<br />

es sinnvoll, ein starkes Überwachungsorgan zu etablieren.<br />

Dies dürfte das Vertrauen der Gläubiger steigern.<br />

Daneben könnte ein starkes Überwachungsorgan eine<br />

Art Spruchpraxis herausbilden, die die Regelungen<br />

über das staatliche Insolvenzverfahren weiter konkretisieren<br />

könnte. Noch nicht geklärt ist die Frage, ob die<br />

gerichtliche Institution besser an ein internationales<br />

Gericht oder eine internationale Organisation angegliedert<br />

werden sollte.<br />

Was die Implementierung betrifft, reichen die Vorschläge<br />

vom Abschluss internationaler Verträge mit<br />

möglichst vielen Nationalstaaten bis hin zur Implementierung<br />

über die „Articles of Agreement“ des Inter-<br />

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