PDF 1,5 MB - Schultze & Braun GmbH
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Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin II/2011<br />
den sei. Nunmehr können sich Insolvenzverwalter mit<br />
einer Niederlassung in der EU oder des EWR in einem<br />
mehr oder minder komplexen Verfahren auch auf die<br />
Vorauswahllisten deutscher Insolvenzgerichte setzen<br />
lassen. Zwar weisen Kommentatoren darauf hin, dass<br />
der Bewerber dann die Kriterien der deutschen Insolvenzgerichte<br />
erfüllen muss, aber auch angesichts der<br />
Rechtsprechung der europäischen Gerichte – die als<br />
sehr integrationsfreundlich zu bezeichnen ist (Stichwort:<br />
„Inländerbenachteiligung“) – könnte es auch<br />
sein, dass die „Konkurrentenklage“ eines nicht berücksichtigten<br />
ausländischen Verwalters zumindest auf dieser<br />
Ebene Aussicht auf Erfolg hat. Eine der möglichen<br />
Diskussionspunkte dürfte der Zugang von (europäischen)<br />
juristischen Personen zur Insolvenzverwaltung<br />
sein: zwar sieht auch der RegE des § 56 InsO weiterhin<br />
nur den Zugang natürlicher Personen zum Amt des<br />
Insolvenzverwalters vor, im europäischen Ausland, insbesondere<br />
in England, wird das jedoch anders gesehen,<br />
hier werden auch juristische Personen als Verwalter<br />
bestellt.<br />
„Staatsbankrott – Ausgestaltung eines rechtlichen Rahmens<br />
zur Bewältigung staatlicher Überschuldungskrisen“<br />
Veranstaltung des Forum Finanz- und Wirtschaftsrecht<br />
an der Humboldt-Universität zu Berlin am 15. Dezember<br />
2010<br />
„Schuldenproblematik und internationales Insolvenzverfahren“<br />
Öffentliche Anhörung des Deutschen Bundestages, Ausschuss<br />
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung<br />
am 6. April 2011<br />
„Staatsbankrott als Rechtsfrage“<br />
Wissenschaftliche Tagung an der Humboldt-Universität<br />
zu Berlin am 8. April 2011<br />
Gesetz zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie<br />
in der Justiz und Änderung weiterer Vorschriften vom<br />
22. Dezember 2010, BGBl. 2010, 2248<br />
Europäisches Parlament / Rat der Europäischen Union,<br />
RL 2006/123/EG vom 12. Dezember 2006, ABl. I 376<br />
vom 27.12.2006, 36<br />
2. Staatsbankrott – die deutsche<br />
Perspektive<br />
Insolvenzverfahren für Nationalstaaten?<br />
Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat nicht nur Unternehmen<br />
in wirtschaftlich schwieriges Fahrwasser<br />
geführt. Auch staatliche Stellen litten und leiden bis<br />
heute unter den Folgen der Krise, insbesondere an den<br />
rückläufigen Einnahmen.<br />
Drohen damit, nachdem es in Deutschland bereits<br />
bei anderen staatlichen Stellen – den gesetzlichen<br />
Krankenversicherungen (dazu bereits der Infobrief<br />
I/2011) – zu „(Beinahe-)Insolvenzen“ gekommen ist,<br />
nunmehr Insolvenzen von Gemeinden, Städten oder<br />
gar eines Bundeslandes oder des Bundes selber? Nein<br />
oder jedenfalls nicht im klassischen Sinne, denn das<br />
deutsche Insolvenzrecht verbietet zumindest bislang<br />
Insolvenzverfahren über das Vermögen dieser staatlichen<br />
Stellen.<br />
Gleichwohl ist die angespannte Lage der öffentlichen<br />
Finanzen wirtschaftliche Realität. Zwar kann einer<br />
Kommune das jeweilige Bundesland und dem Bundesland<br />
der Bund beispringen. Aber wer springt dem<br />
Bund bei, wenn er seinen Verpflichtungen nicht mehr<br />
nachkommen kann? „Ein Nationalstaat kann nicht<br />
insolvent werden“, diese Ansicht war in der Rechtswissenschaft<br />
lange unangefochten. Denn ein Staat könne<br />
jederzeit die Steuern erhöhen oder durch Erhöhung der<br />
Geldmenge seine Schulden „weginflationieren“.<br />
Die wirtschaftliche Realität sieht jedoch anders aus:<br />
Staaten können insolvent werden. Allein in den letzten<br />
20 Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu über 50 Fällen,<br />
in denen Staaten ihren Zahlungsverpflichtungen<br />
nicht mehr nachkommen konnten oder wollten. Zu<br />
Beginn des 21. Jahrhunderts ereignete sich die spektakuläre<br />
Staatspleite Argentiniens. Und auch die Fälle<br />
Island, Griechenland, Irland und jüngst auch Portugal<br />
stellen letztendlich nichts anderes als Staatsbankrotte<br />
dar. Griechenland dürfte in absehbarer Zeit sogar entweder<br />
eine zweite Finanzspritze oder eine Reduzierung<br />
seiner Verbindlichkeiten benötigen.<br />
Vor diesem Hintergrund wird derzeit die Etablierung eines<br />
Insolvenzverfahrens für Nationalstaaten diskutiert.<br />
Die Lage der deutschen Kommunen<br />
Die angespannte Lage der öffentlichen Finanzen in<br />
Deutschland beginnt bei den kleinsten staatlichen Stellen,<br />
den Kommunen. Viele Kommunen stehen vor dem<br />
finanziellen Kollaps. Das Defizit der Kommunen lag<br />
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