PDF 1,5 MB - Schultze & Braun GmbH
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variabler Vergütungsanteile zu untersagen und die Vorlage<br />
eines Restrukturierungsplanes einzufordern.<br />
Neben der bereits ursprünglich existierenden Möglichkeit,<br />
Aufgaben von Geschäftsleitern, die wegen<br />
Gesetzesverstößen abberufen werden können, auf<br />
Sonderbeauftragte zu übertragen, ist die Rolle des Sonderbeauftragten<br />
für Krisenfälle erheblich erweitert<br />
worden. Neben der Übernahme von geschäftsleitenden<br />
Aufgaben kann er auch zu beratenden oder überwachenden<br />
Funktionen herangezogen werden, wenn<br />
es beispielsweise um die Wiederherstellung einer ordnungsgemäßen<br />
Geschäftsorganisation oder die Überwachung<br />
eines Restrukturierungsplanes, aber auch die<br />
Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen<br />
(ehemalige) Organmitglieder geht. Die Aufzählung<br />
der Aufgaben eines Sonderbeauftragten wird im Gesetz<br />
nicht abschließend vorgenommen, durch ihn wird die<br />
unmittelbare Eingriffsmöglichkeit der BaFin in das<br />
Geschäftsgebaren der Bank sichergestellt, der Sonderbeauftragte<br />
kann aber auch die Übertragung eines<br />
systemrelevanten Kreditinstituts auf ein so genanntes<br />
Brückeninstitut vorbereiten.<br />
Die schärfste Eingriffsmöglichkeit, die durch das<br />
Gesetz neu geschaffen wurde, ist die Übertragungsanordnung.<br />
Die BaFin kann das Vermögen eines Kreditinstituts,<br />
wenn dieses in ihrem Bestand bedroht ist und<br />
hierdurch die Stabilität des Finanzsystems gefährdet<br />
wird, auf einen anderen Rechtsträger übertragen. Die<br />
Systemrelevanz einer Bank bleibt auch im KWG weiterhin<br />
ein auslegungsbedürftiger Rechtsbegriff. Eine<br />
Systemgefährdung soll demnach vorliegen, wenn zu<br />
befürchten ist, „dass sich die Bestandsgefährdung des<br />
Kreditinstituts in erheblicher Weise negativ auf andere<br />
Unternehmen des Finanzsektors, die Finanzmärkte<br />
oder auf das allgemeine Vertrauen der Einleger und<br />
andere Marktteilnehmer in die Funktionsfähigkeit des<br />
Finanzsystems auswirkt.“ Hierüber müssen BaFin und<br />
Deutsche Bundesbank in einer gemeinsamen Stellungnahme<br />
übereinkommen.<br />
Im Vergleich zu einer Liste, wie sie derzeit für global<br />
systemrelevante Banken von den G20 Staaten aufgestellt<br />
werden soll, hat die Lösung des Gesetzes den Vorteil,<br />
dass in einer bestimmten Situation flexibel gehandelt<br />
werden kann. Letztlich wird aber das einleitend<br />
angesprochene Problem des „Moral Hazard“ – jedenfalls<br />
solange es systemrelevante Institute gibt – durch<br />
die Möglichkeit einer Übertragungsanordnung nicht<br />
gelöst. Allerdings kann es bei der Übertragung zur Aufspaltung<br />
des Kreditinstituts in einen systemrelevanten<br />
zu übertragenden Teil und einen solchen, der nicht<br />
systemrelevant ist, kommen. Der nicht systemrelevante<br />
Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin II/2011<br />
Teil kann also möglicherweise abgewickelt werden.<br />
Die Technik der Übertragung folgt weitgehend dem<br />
Umwandlungsrecht. Die bisherigen Eigner des Kreditinstituts<br />
werden auf diese Weise von ihrem Eigentum<br />
getrennt, wobei sie grundsätzlich durch Beteiligung am<br />
übernehmenden Rechtsträger zu entschädigen sind. Die<br />
Beteiligung setzt aber voraus, dass der Wert der übertragenen<br />
Gegenstände (einschließlich der Schulden)<br />
insgesamt positiv ist. Den sich hier ergebenden Bewertungsschwierigkeiten<br />
versucht das Gesetz mit weiteren<br />
Regelungen Herr zu werden. Der Gesetzgeber geht von<br />
einer zulässigen Inhaltsbestimmung des Eigentums der<br />
Anteilseigner aus, bei der – zumal wegen der Systemrelevanz<br />
der Institute – die Sozialpflichtigkeit des Eigentums<br />
den Eingriff verhältnismäßig erscheinen lässt.<br />
Die Errichtung eines Restrukturierungsfonds für<br />
Kreditinstitute war bis zuletzt eines der umstrittensten<br />
Vorhaben, das nunmehr mit dem Restrukturierungsgesetz<br />
umgesetzt wurde. Die Förderbanken werden von<br />
Einzahlungen in den Fonds verschont, eine Ausnahme<br />
sollte bis zum Schluss auch für Sparkassen und Genossenschaftsbanken<br />
erreicht werden und wird weiterhin<br />
gefordert. Die Bundesregierung hat im Bundesrat<br />
außerdem die Herausnahme der Bürgschaftsbanken<br />
zugesagt, soweit für diese Banken in EU–beihilferechtlich<br />
zulässiger Weise Patronatserklärungen durch die<br />
Länder abgegeben werden. Der Restrukturierungsfonds<br />
kann unter anderem die so genannten Brückeninstitute<br />
gründen, die zur Übernahme des Vermögens<br />
systemrelevanter (Teile) bestandsgefährdeter Kreditinstitute<br />
zur Verfügung stehen sollen. Aus dem Fonds wird<br />
deren Refinanzierung sichergestellt. Die Zielgröße des<br />
Restrukturierungsfonds wird im Gesetz mit 70 Milliarden<br />
Euro beziffert. Hierdurch soll zumindest erreicht<br />
werden, dass der Steuerzahler nicht unmittelbar für die<br />
systemrelevanten Institute herangezogen wird. Eine<br />
Einpreisung der Rückgriffsmöglichkeit auf die Mittel<br />
des Restrukturierungsfonds mag in der Beitragshöhe<br />
zu sehen sein. Dem „Moral Hazard“-Problem scheint<br />
man, solange es systemrelevante Institute gibt, auf diese<br />
Weise allerdings kaum Herr werden zu können.<br />
Durch das als eigenständiges Gesetz eingeführte Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz<br />
wird den Kreditinstituten<br />
die Möglichkeit eingeräumt, durch ein von<br />
ihnen frühzeitig selbst eingeleitetes Sanierungsverfahren<br />
einer Schieflage entgegenzuwirken. In Rechte<br />
Dritter kann in diesem Verfahren nicht eingegriffen<br />
werden. Anders im Reorganisationsverfahren, das aber<br />
nur für systemrelevante Institute beantragt werden<br />
kann. Beide Verfahren werden vom betroffenen Kreditinstitut<br />
durch Anzeige bei der BaFin eingeleitet, die<br />
den Antrag auf Durchführung des Verfahrens bei dem<br />
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