PDF 1,5 MB - Schultze & Braun GmbH
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Dr. Christoph von Wilcken<br />
Rechtsanwalt<br />
Berlin<br />
CWilcken@schubra.de<br />
4. Debt-Equity-Swap als<br />
Sanierungsinstrument<br />
Infobrief Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin II/2011<br />
Sanierung in Zeiten ohne Geld<br />
Die Phase des billigen Geldes verbunden mit dem weltweiten<br />
Wirtschaftswachstum bis zum Jahre 2007 hatte<br />
zu einem Boom der sog. „Leveraged Buyout“- und<br />
„High Yield“- Finanzierungen geführt. Ihr Volumen<br />
vervielfachte sich zwischen 1999 und 2007. Im Jahr<br />
2006 allein wurden in Deutschland 186 LBO-Transaktionen<br />
mit einem Gesamtvolumen von 50,9 Milliarden<br />
Euro durchgeführt (Quelle: Ernst & Young,<br />
German Private Equity Activity, Dez. 2006, S. 4). Mit<br />
der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise ist dieser<br />
Markt zusammengebrochen. Angesichts der nunmehr<br />
auch von der Europäischen Zentralbank angekündigten<br />
– noch moderaten – Zinserhöhung ist auch nicht zu<br />
erwarten, dass derartige Transaktionen mit einer „Leverage“<br />
(Verschuldungsgrad) von bis zu 4:1 (also 80 %<br />
Fremd- zu 20 % Eigenkapital) in nächster Zeit wieder<br />
auf dem Markt erscheinen werden. Im Gegensatz zu der<br />
Situation beim Zusammenbruch der New Economy<br />
ist derzeit auch keine Möglichkeit abzusehen, eine tatsächliche<br />
Refinanzierung dieser Deals auf die Beine zu<br />
stellen. Vielmehr trifft die bereits oben im Editorial<br />
genannte Debt-Wall auf vorsichtige Kreditgeber, die<br />
schon im Hinblick auf Basel III kalkulieren. In diesem<br />
Marktklima werden, beginnend seit 2010, etliche LBO-<br />
Deals fällig oder befinden sich schon in der Krise.<br />
Vor diesem Hintergrund gewinnt der Debt-Equity-<br />
Swap (neudeutsch für Forderungsumwandlung in<br />
Eigenkapital) bereits jetzt erhöhte praktische Bedeutung,<br />
wie aus jüngster Zeit die Fälle PrimaCom,<br />
Conergy oder Pfleiderer zeigen. Er stellt nämlich<br />
praktisch das „letzte Hemd“ des Schuldners dar, welches<br />
er den Gläubigern anbieten kann, wenn er nicht<br />
in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu begleichen<br />
und sich auch niemand findet, der ihn refinanziert. Die<br />
Forderungsumwandlung kann dabei für Schuldner und<br />
Gläubiger vorteilhaft sein: das Schuldnerunternehmen<br />
kann sich (eines Teils) seiner Verbindlichkeiten entledigen,<br />
die Gläubiger können dagegen Einfluss auf das<br />
Unternehmen gewinnen.<br />
Auch der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung reagiert<br />
und begonnen, die Möglichkeit des Debt-Equity-Swap<br />
in verschiedenen Formen zu kodifizieren. Den Anfang<br />
machte 2009 die Reform des Schuldverschreibungsgesetzes<br />
von 1899 (SchVerschrG 1899), in dem nunmehr<br />
unter besonderen Umständen auch die Durchführung<br />
eines Debt-Equity-Swaps außerhalb eines Insolvenzverfahrens<br />
zugelassen ist (siehe vertiefend zum neuen<br />
SchVerschrG Infobrief 3/2009). Nach den Erfahrungen<br />
des sehr kritisch verlaufenden „Squeeze Out“ bei<br />
der Hypo Real Estate hat der Gesetzgeber dann auch<br />
das Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KreditRe-<br />
OrgG) zum 1. Januar 2011 in Kraft gesetzt. Auch dieses<br />
Gesetz sieht die Möglichkeit einer Forderungsumwandlung<br />
in Eigenkapital vor (siehe vorigen Artikel).<br />
Nunmehr plant der Gesetzgeber auch die Einführung<br />
der Möglichkeit des Debt-Equity-Swap im Rahmen<br />
eines Insolvenzplanverfahrens.<br />
Rechtliche Ausgangslage<br />
Trotz der Vielzahl von Kodifizierungen zum Debt-<br />
Equity-Swap sollte nicht übersehen werden, dass die<br />
tatsächliche Durchführung des Debt-Equity-Swaps<br />
jeweils den auch bislang geltenden Regelungen des<br />
Gesellschaftsrechts, also insbesondere desjenigen zum<br />
Kapitalschnitt, folgt. Durch die Regelungen in den<br />
Spezialgesetzen sollen lediglich bestimmte verfahrenstechnische<br />
Erleichterungen geschaffen werden, so z.B.<br />
die Möglichkeit der Überstimmung der Altgesellschafter<br />
und die Einbindung divergierender Gläubiger.<br />
Lehrbuchmäßig erfolgt ein Debt-Equity-Swap durch<br />
eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung.<br />
Bei der Kapitalherabsetzung handelt es sich<br />
regelmäßig um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung.<br />
Sie dient dazu, die Eigenkapitalziffer an das tatsächlich<br />
noch vorhandene Vermögen des Unternehmens<br />
anzupassen (sog. Kapitalschnitt). Im Anschluss erfolgt<br />
eine Kapitalerhöhung, regelmäßig unter Bezugsrechtsausschluss<br />
der bisherigen Anteilsinhaber. Da als neues<br />
„Kapital“ Gläubigerforderungen eingebracht werden,<br />
handelt es sich um eine Sachkapitalerhöhung. Die Forderungen<br />
können durch eine Abtretung an die Gesellschaft,<br />
durch einen Verzicht oder durch eine Aufrechnung<br />
eingebracht werden.<br />
Neben dieser „klassischen“ Methode existiert auch<br />
eine Vielzahl von besonderen Gestaltungsmöglich-<br />
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