und überschuldeter Personen - Schulden-Kompass
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SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B<br />
B Sozialprofile ver- <strong>und</strong> <strong>überschuldeter</strong> <strong>Personen</strong><br />
Ein Verb<strong>und</strong>projekt von Prof. Dr. Udo Reifner <strong>und</strong> Dr. Dr. Gunter E. Zimmermann<br />
103
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B<br />
Inhalt<br />
1. Projekt der Datensynchronisation von SCHUFA, SOEP, CAWIN 107<br />
2. Auswertungen auf Basis des Sozioökonomischen Panel (SOEP) 108<br />
(Dr. Dr. Gunter E. Zimmermann)<br />
2.1 Verteilung zentraler Kontextmerkmale nach Altersgruppen<br />
2.2 Anteile verschuldeter <strong>und</strong> <strong>überschuldeter</strong> Privatpersonen nach Altersgruppen<br />
2.3 Anteile <strong>überschuldeter</strong> Privatpersonen nach Altersgruppen<br />
Fazit<br />
3. Auswertungen auf Basis von Schuldnerberatungsdaten (CAWIN) 125<br />
(Prof. Dr. Udo Reifner)<br />
105
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | EINLEITUNG<br />
Einleitung<br />
Verschuldete bzw. überschuldete <strong>Personen</strong> werden durch soziodemographische (Alter des Kreditnehmers,<br />
Einkommen etc.) <strong>und</strong> sozialstrukturelle Merkmale (Berufsgruppenzugehörigkeit, Erwerbsstatus<br />
etc.) charakterisiert, die auch den Haushaltskontext des Kreditnehmers umfassen. Man spricht<br />
vom Sozialprofil der verschuldeten Person.<br />
Im Rahmen von Kausalanalysen werden von Teilpopulationen der Verschuldeten „typische“ Sozialprofile<br />
erstellt, das heißt, es werden jene charakteristischen Merkmale erfasst, die die <strong>Personen</strong> bzw.<br />
Haushalte der Teilpopulation einerseits gemeinsam prägen <strong>und</strong> die sie andererseits jedoch auch von<br />
anderen Teilpopulationen unterscheiden.<br />
Beispielsweise bietet das Sozialprofil von Teilpopulationen <strong>überschuldeter</strong> <strong>Personen</strong> oder Haushalte<br />
einen Einblick in die Ursachen der Überschuldung, da das Sozialprofil jene Merkmale wiedergibt, die<br />
charakteristisch für die Überschuldung der Betroffenen sind, in der Folge häufig auftreten <strong>und</strong> entsprechend<br />
den Überschuldungsprozess dieser <strong>Personen</strong> bzw. Haushalte prägen. Andererseits kann<br />
für verschuldete <strong>Personen</strong> bzw. Haushalte, die diese Merkmale besitzen, ausgesagt werden, dass sie<br />
ein entsprechend erhöhtes Überschuldungsrisiko tragen. Hervorgehoben sei, dass zahlreiche Studien<br />
belegen, dass die Einbeziehung haushaltsbezogener Merkmale, das heißt die Berücksichtigung der<br />
Wirtschaftseinheit Haushalt, im Zusammenhang mit den erwähnten Kausalanalysen der Verschuldung<br />
bzw. Überschuldung unerlässlich ist. 1<br />
„Den“ Überschuldeten gibt es nicht<br />
Wie angeführt zeigen „typische“ Sozialprofile von Teilpopulationen einerseits gemeinsame Charakteristiken<br />
der betroffenen Ver- bzw. Überschuldeten auf <strong>und</strong> spiegeln andererseits die Abgrenzung<br />
gegenüber anderen Teilpopulationen wider. Dies ist darin begründet, dass die Population der privaten<br />
Ver- bzw. Überschuldeten keine homogene, sondern eine höchst heterogene Population darstellt.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist also festzustellen, dass es „den“ Verschuldeten bzw. Überschuldeten nicht gibt, da<br />
sich die Sozialprofile, das heißt die charakteristischen Merkmale der Betroffenen, gr<strong>und</strong>legend unterscheiden,<br />
wenn Teilpopulationen nach bestimmten Analysekriterien gebildet werden.<br />
1 Vgl. Zimmermann, Gunter E.: Überschuldung privater Haushalte, Freiburg im Br. 2000; Ders.: Wege in die Überschuldung <strong>und</strong> Ursachen, in:<br />
SCHUFA Holding AG (Hrsg.): <strong>Schulden</strong>-<strong>Kompass</strong> 2004. Empirische Indikatoren der privaten Ver- <strong>und</strong> Überschuldung in Deutschland,<br />
Wiesbaden 2004, S. 115-146.<br />
106
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1.<br />
1. Projekt der Datensynchronisation von SCHUFA, SOEP, CAWIN<br />
Der SCHUFA-Datenbestand bietet eine repräsentative Erfassung (annähernd eine Vollerhebung) über<br />
die Art <strong>und</strong> Höhe der bankmäßigen <strong>Schulden</strong> (ausgenommen Dispositionskredite, die nur eingeschränkt<br />
gemeldet werden), die auftretenden Zahlungsstörungen <strong>und</strong> einige personenbezogene<br />
Daten der Kreditnehmer wie Name, Alter, Geschlecht, Geburtsort <strong>und</strong> Wohnadresse. Dieser Datenbestand<br />
enthält jedoch weder ausreichend personenbezogene noch haushaltsspezifische Kontextmerkmale<br />
der Schuldner, um ein Sozialprofil zu erstellen, das die Charakteristiken beinhaltet, die den<br />
Verschuldungs- bzw. Überschuldungsprozess zentral bestimmen.<br />
Es ist daher naheliegend, den Informationsgehalt des repräsentativen Datenbestandes der SCHUFA<br />
mit personen- <strong>und</strong> haushaltsspezifischen Kontextmerkmalen anderer repräsentativer Datensätze zu<br />
erweitern bzw. zu ergänzen.<br />
Informationserweiterung (Synchronisation) durch SOEP <strong>und</strong> CAWIN<br />
Im Rahmen der vorliegenden Studie wurde die notwendige Informationserweiterung durch zwei<br />
Datensätze verfolgt: einerseits mittels des repräsentativen Datensatzes des Sozioökonomischen Panel<br />
(SOEP), dessen Eignung zur repräsentativen Analyse von Verschuldungs- bzw. Überschuldungsfragen<br />
mehrfach dargestellt <strong>und</strong> belegt wurde; andererseits durch den CAWIN-Datenbestand, erfasst durch<br />
die gleichnamige Schuldnerberatungssoftware des Instituts für Finanzdienstleistungen Hamburg.<br />
Das Sozioökonomische Panel (SOEP) ist eine repräsentative Wiederholungsbefragung privater<br />
Haushalte in Deutschland, die seit 1984 durchgeführt wird. Das Besondere dieser repräsentativen<br />
Stichprobe besteht darin, dass alle <strong>Personen</strong> des Haushaltes (ab dem 16ten Lebensjahr) einzeln<br />
befragt werden <strong>und</strong> zusätzlich der Haupteinkommensbezieher Auskunft über den Haushaltskontext<br />
gibt. Über entsprechende eindeutige Identifikationsnummern kann jede Person ihrem Haushalt eindeutig<br />
zugeordnet werden <strong>und</strong> ebenso umgekehrt jeder Haushalt den <strong>Personen</strong>, die zum Haushalt<br />
gehören. Die Stichprobe umfasste im Erhebungsjahr 2003 mehr als 12.000 Haushalte mit fast<br />
24.000 <strong>Personen</strong>.<br />
Detaillierte Informationen zum CAWIN-Datenbestand, der personen- <strong>und</strong> haushaltsbezogenen<br />
Kontextmerkmale von Klienten der Schuldnerberatungsstellen widerspiegelt, finden sich in den Ausführungen<br />
von Prof. Dr. Udo Reifner (Teilanalyse B 3.).<br />
Methodische Ansätze der Synchronisation<br />
Die Informationserweiterung bzw. Synchronisation der Datensätze wurde durch zwei methodische<br />
Vorgehensweisen geplant:<br />
• Abstimmung bzw. Vereinheitlichung von zentralen Merkmalen (Schlüsselmerkmale) hinsichtlich<br />
der Definition des Merkmals <strong>und</strong> der Merkmalsausprägungen;<br />
• Erstellung eines gemeinsamen Datensatzes durch Ergänzung der CAWIN-Daten durch Merkmale<br />
der SCHUFA <strong>und</strong> nach Anonymisierung Verknüpfung dieses Datenbestandes in aggregierter<br />
Form (Mittelwerte bzw. Häufigkeitsausprägungen festgelegter Merkmale nach Altersgruppen)<br />
mit dem SOEP.<br />
107
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1. | 2.<br />
Erreichte Ziele <strong>und</strong> offene Probleme<br />
Vollständig durchgeführt werden konnte die Abstimmung bzw. Vereinheitlichung zentraler Merkmale<br />
<strong>und</strong> deren Schlüsselvariablen wie Altersklassen, Durchschnittsrestschuld, Eidesstattliche<br />
Versicherung (Durchschnitt), Haftbefehl zur Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung<br />
(Durchschnitt), Privatinsolvenzen (Durchschnitt), Haushaltsnettoeinkommen (Durchschnitt), prozentuale<br />
Häufigkeit der <strong>Personen</strong> mit Arbeitslosenbezug, Erwerbsstatus sowie Haushaltstypus (differenziert<br />
nach eigenständigem <strong>und</strong> nicht eigenständigem Haushalt). Auf Basis dieser Schlüsselvariablen<br />
können die empirischen Ergebnisse aus den Analysen der SCHUFA-Daten mit jenen aus<br />
dem Sozioökonom-ischen Panel weitestgehend in Beziehung gesetzt werden.<br />
Die Zusammenführung der Datenbestände ist nur in einem ersten Schritt gelungen: Zwar wurden<br />
die CAWIN-Datensätze durch die SCHUFA-Merkmale erweitert <strong>und</strong> anschließend wieder anonymisiert;<br />
die in der Folge geplante Zusammenführung dieses Datensatzes mit dem SOEP scheiterte<br />
jedoch an der Nicht-Repräsentativität der Stichprobe der erhobenen CAWIN-Daten. Dieser zweite<br />
Schritt ist jedoch möglich, sobald ein repräsentativer Datenbestand von Schuldnerberatungsstellen<br />
vorliegt.<br />
2. Auswertungen auf Basis des Sozioökonomischen Panel (SOEP)<br />
Von Dr. Dr. Gunter E. Zimmermann<br />
Ziel der vorliegenden Studie ist die vergleichende Analyse der Sozialprofile verschuldeter bzw. <strong>überschuldeter</strong><br />
<strong>Personen</strong> <strong>und</strong> deren Haushalte nach Altersgruppen, woraus zentrale Merkmale (Einflussfaktoren)<br />
auf den Ver- bzw. Überschuldungsprozess der <strong>Personen</strong> der jeweiligen Altersgruppe abgeleitet<br />
werden können. Es gilt daher zu untersuchen, hinsichtlich welcher Merkmale sich das Sozialprofil<br />
unter der besonderen Berücksichtung von Verschuldeten der Altersklasse der 18- bis 24-<br />
Jährigen von anderen Altersklassen unterscheidet.<br />
Wie oben definiert, spiegelt das Sozialprofil die charakteristischen soziodemographischen <strong>und</strong> sozialstrukturellen<br />
Merkmale der Verschuldeten <strong>und</strong> ebenso ihrer Haushalte wider. Diese Kontextmerkmale<br />
sind für die Analyse zentraler Einflussfaktoren auf den Ver- bzw. Überschuldungsprozess des<br />
Kreditnehmers unerlässlich. Die repräsentativen Daten der SCHUFA enthalten jedoch neben detaillierten<br />
Informationen über die Art <strong>und</strong> Höhe der <strong>Schulden</strong> sowie die gemeldeten (Zahlungs-)<br />
Störungen nur einige wenige personenbezogene Daten der Kreditnehmer wie das Alter <strong>und</strong> die<br />
regionale Herkunft. Ziel der Studie ist es daher, neben der angeführten analytischen Zielvorgabe eine<br />
Informationserweiterung der SCHUFA-Analysen zu erreichen durch entsprechende personen- <strong>und</strong><br />
haushaltsspezifische Kontextmerkmale aus dem repräsentativen Datensatz des Sozioökonomischen<br />
Panel (SOEP) 2 sowie aus Erhebungen bei Schuldnerberatungsstellen (Datenbestand des CAWIN der<br />
gleichnamigen Schuldnerberatungssoftware des Instituts für Finanzdienstleistungen in Hamburg).<br />
2 Vgl. dazu: Gunter E. Zimmermann: Aussagekraft der Daten des SOEP sowie der EVS 2003 zur Verschuldung <strong>und</strong> Überschuldung von<br />
Privathaushalten, in: BM für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend (Hrsg.): Materialien zur Familienpolitik Nr. 19/2004, Berlin 2004, S. 383-<br />
416; Christa Fricke, Joachim R. Frick, Gert G. Wagner: Sparen <strong>und</strong> Verschuldung privater Haushalte, in: Statistisches B<strong>und</strong>esamt (Hrsg.):<br />
Datenreport 2004. Zahlen <strong>und</strong> Fakten über die B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland, Bonn 2004, S. 595-602.<br />
108
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Diese Informationserweiterung ist dahingehend gelungen, indem die Definitionen zentraler Merkmale<br />
<strong>und</strong> deren Merkmalsausprägungen vereinheitlicht (synchronisiert) wurden. So erfolgen beispielsweise<br />
die hier vorgelegten empirischen Analysen des SOEP genau nach jenen Altersgruppen, die<br />
auch bei den Analysen der SCHUFA-Daten Anwendung finden, wodurch die entsprechenden empirischen<br />
Ergebnisse aus den Analysen der beiden Datensätze aufeinander bezogen werden können.<br />
2.1 Verteilung zentraler Kontextmerkmale der Wohnbevölkerung nach Altersgruppen,<br />
unterschiedliche Ausgangsbedingungen:<br />
Im Folgenden wird anhand der zentralen Kontextmerkmale Erwerbsstatus, Wohn- <strong>und</strong> Lebensformen<br />
sowie Arbeitseinkommen, aufgezeigt, dass die Ausgangsbedingungen für einen Verschuldungsprozess<br />
nach Altersgruppen betrachtet höchst unterschiedlich sind. Die Analyse der<br />
Verteilungscharakteristiken ausgewählter Kontextmerkmale der Wohnbevölkerung dient dazu, Vergleiche<br />
zu ermöglichen hinsichtlich Übereinstimmungen bzw. Abweichungen bei der Population der<br />
Verschuldeten bzw. Überschuldeten.<br />
Verteilung des Erwerbsstatus nach Altersgruppen 3<br />
Abb. 2.1.1<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung<br />
3 Um die Darstellung in Abb. 2.1.1 nicht zu überlasten, sind die Ergebnisse nur bis zur Altersgruppe der 35- bis 39- Jährigen grafisch<br />
veranschaulicht.<br />
109
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Die erwähnte unterschiedliche Verteilung von Kontextmerkmalen bei der nach Altersgruppen unterteilten<br />
Wohnbevölkerung spiegelt sich – wie zu erwarten – am Beispiel des zentralen Merkmals<br />
Erwerbsstatus deutlich wider (vgl. Abb. 2.1.1): fast 80 Prozent der 18- bis 19-Jährigen sind Schüler<br />
bzw. noch in Ausbildung; bei den 20- bis 24-Jährigen halbiert sich dieser Anteil auf rd. 40 Prozent<br />
<strong>und</strong> etwa ebenso viele dieser Altersgruppe sind erwerbstätig; die (nicht geschlechtsspezifisch betrachteten)<br />
Anteile der Erwerbstätigen nehmen bis zum Alter von etwa 45 Jahren kontinuierlich zu,<br />
um dann wieder stetig zu Gunsten der Nicht-Erwerbstätigkeit abzunehmen; die 18- bis 19-Jährigen<br />
weisen die geringste Anzahl an gemeldeter Arbeitslosigkeit auf (4,2 Prozent), die ansonsten über die<br />
anderen Altersgruppen annähernd gleichverteilt ist, mit dem höchsten Anteil bei den 55- bis 59-<br />
Jährigen (12,6 Prozent).<br />
Verteilung der Wohn- <strong>und</strong> Lebensformen nach Altersgruppen<br />
Aus bisherigen Analysen zu Verschuldungs- bzw. Überschuldungsprozessen ist bekannt, dass der<br />
Familienstand bzw. die Wohn- <strong>und</strong> Lebensformen entscheidend den Verlauf von Verschuldungsbzw.<br />
Überschuldungsprozessen prägen, wobei bei den bisherigen Untersuchungen der Fokus traditionell<br />
immer auf den Familienstand gerichtet war. 4 Aus Abb. 2.1.2 geht hervor, dass fast alle 18- bis<br />
19-Jährigen ledig sind (99,7 Prozent) <strong>und</strong> ebenso die 20- bis 24-Jährigen (93,5 Prozent). Mit zunehmendem<br />
Alter verringert sich der Anteil der ledigen <strong>Personen</strong> zu Gunsten des Standes „verheiratet,<br />
zusammenlebend“.<br />
Familienstand nach Altersgruppen<br />
Abb. 2.1.2<br />
4 Vgl. Zimmermann, Gunter E.: Überschuldung privater Haushalte, Freiburg im Br. 2000 (siehe insbesondere Kap. 4.8 <strong>und</strong> Kap. 5.5);<br />
Ders.: Wege in die Überschuldung <strong>und</strong> Ursachen, in: SCHUFA Holding AG (Hrsg.): <strong>Schulden</strong>-<strong>Kompass</strong> 2004. Empirische Indikatoren der<br />
privaten Ver- <strong>und</strong> Überschuldung in Deutschland, Wiesbaden 2004, S. 115-146.<br />
110<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Häufigkeit des Merkmals “ ledig, bei den Eltern lebend” nach Altersgruppen<br />
Abb. 2.1.3<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung<br />
Hinsichtlich der Analyse der Verschuldungs- bzw. Überschuldungsprozesse dieser jungen<br />
Erwachsenen ist daher zu unterscheiden zwischen jenen, die noch bei den Eltern wohnen, <strong>und</strong><br />
jenen, die bereits einen eigenen Haushalt haben. Die angeführten Anteile der Familienstands- <strong>und</strong><br />
Lebensform „ledig, bei den Eltern lebend“ stimmen sehr gut mit den Ergebnissen von Kap. 2.1 überein,<br />
dass nämlich hohe Anteile der 18- bis 24-Jährigen sich noch in Schul- oder Berufsausbildung<br />
befinden bzw. ein Studium absolvieren.<br />
Die folgende Abbildung 2.1.4 zeigt die Verteilung weiterer zentraler Wohn- <strong>und</strong> Lebensformen nach<br />
Altersgruppen der Wohnbevölkerung. Sehr deutlich ist ersichtlich, dass die Altersgruppen von unterschiedlichen<br />
Wohn- <strong>und</strong> Lebensformen bestimmt sind <strong>und</strong> entsprechend auch die Wirtschaftsgemeinschaften<br />
prägen. Es wird zu untersuchen sein, ob die hier aufgezeigten Anteile zentraler<br />
Wohn- bzw. Lebensformen sich auch bei den Teilpopulationen der verschuldeten bzw. überschuldeten<br />
Wohnbevölkerung wiederfinden oder ob signifikante Abweichungen davon auftreten.<br />
111
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Wohn- <strong>und</strong> Lebensformen nach Altersgruppen<br />
Abb. 2.1.4<br />
Höhe der <strong>Personen</strong> bezogenen Einkommen nach Altersgruppen<br />
Ein weiteres zentrales Kontextmerkmal, das eng mit dem bereits diskutierten Merkmal Erwerbsstatus<br />
korrespondiert <strong>und</strong> entscheidend die soziale Lage von <strong>Personen</strong> bzw. Haushalten mitbestimmt, ist<br />
die Höhe des Einkommens einer Person bzw. die Höhe des Haushaltseinkommens insgesamt. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
setzt sich das Einkommen von <strong>Personen</strong> <strong>und</strong> insbesondere Haushalten aus verschiedenen<br />
Einkommensarten zusammen, die in folgende Einkommenskategorien unterteilt werden können:<br />
Erwerbseinkommen: Einkommen aus unselbständiger oder selbständiger Beschäftigung;<br />
Renteneinkommen: Einkommen aus Altersrente, Erwerbs-/Berufsunfähigkeitsrente, Witwen/<br />
Waisenrente, sonstige Renten;<br />
Transfereinkommen: Einkommen aus Arbeitslosengeld/-hilfe, Unterhaltsgeld (AFG), Hilfe zum<br />
Lebensunterhalt (BSHG), Hilfe in besonderen Lebenslagen (BSHG),<br />
Wohngeld, Kindergeld, Unterhalt (Kind, Ehegatte), Unterhaltsvorschuss<br />
(UVG), Erziehungsgeld, sonstige Transfereinkommen wie private<br />
Transfereinkommen usw.;<br />
Sonstige Einkommen: Einkommen aus Vermietung <strong>und</strong> Verpachtung, Vermögen usw.<br />
Betrachtet man bei den personenbezogenen Einkommen die zentrale Kategorie der Erwerbseinkommen,<br />
so ist zunächst unbestritten, dass die Frage ob <strong>und</strong> in welcher Höhe ein Erwerbseinkommen<br />
besteht, entscheidend vom Alter der Person mitbestimmt wird.<br />
112<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Durchschnittlicher Anteil der <strong>Personen</strong> je Altersgruppe mit einem (monatlichen)<br />
Erwerbseinkommen<br />
Abb. 2.1.5<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung<br />
Obwohl etwa 80 Prozent der 18- bis 19-Jährigen sich noch in schulischer bzw. beruflicher<br />
Ausbildung befinden (vgl. Abb. 2.1.1), verfügen laut Befragung des SOEP rd. 40 Prozent über ein<br />
monatliches Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit. Dies erklärt sich dadurch, dass Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler im Alter von 18 bis 19 Jahren zu einem hohen Anteil neben der Schule einer regelmäßigen<br />
„Erwerbstätigkeit“ nachgehen.<br />
Aus einer Untersuchung bei Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern im Alter von 16 bis einschließlich 19 Jahren<br />
wissen wir, dass r<strong>und</strong> ein Drittel (Durchschnitt über alle Altersstufen von 16 bis 19 Jahren) regelmäßig<br />
neben der Schule arbeitet, wobei jedoch der zeitliche Aufwand hierfür überwiegend nicht über<br />
8 St<strong>und</strong>en pro Woche beträgt. 5 Auch bei den 20- bis 24-Jährigen, die zu rd. 40 Prozent eine<br />
Erwerbstätigkeit angeben (vgl. Abb. 2.1.1), liegt der Anteil jener, die dann tatsächlich ein monatliches<br />
Erwerbseinkommen aufweisen, wesentlich höher (rd. 60 Prozent, vgl. Abb.2.1.5). Auch dies<br />
resultiert daraus, dass Studenten bzw. <strong>Personen</strong> dieser Altersgruppe, die noch in Ausbildung sind,<br />
auch ein Erwerbseinkommen haben können. Gr<strong>und</strong>sätzlich ist hervorzuheben, dass in der<br />
Altersgruppe der unter 25-Jährigen aufgr<strong>und</strong> der mehrheitlich (noch) nicht bestehenden (Haupt-)<br />
Erwerbsbeteiligung das monatliche Einkommen wesentlich durch Transferleistungen (insbesondere<br />
durch private Transferleistungen) geprägt ist.<br />
Insgesamt wird beim Merkmal der Erwerbsbeteiligung einmal mehr deutlich, dass sich die Altersgruppe<br />
der 18- bis 24-Jährigen gr<strong>und</strong>legend von den anderen Altersgruppen unterscheidet.<br />
5 Vgl. Zimmermann, Gunter E.: Erwerbstätigkeit <strong>und</strong> Verschuldungssituation von Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern, in: Informationsdienst der<br />
B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung, BAG-SB (2004), Heft 3, S. 54f.<br />
113
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Die Abb. 2.1.6 zeigt das durchschnittliche monatliche Netto-Erwerbseinkommen (ohne Sonderzahlungen)<br />
jener <strong>Personen</strong> der entsprechenden Altersgruppen, die am Erwerbsprozess zum Zeitpunkt<br />
der Befragung beteiligt sind.<br />
Durchschnittliches monatliches Netto-Erwerbseinkommen<br />
(personenbezogen) nach Altersgruppen.<br />
Abb. 2.1.6<br />
Die Ausführungen zum Erwerbsstatus <strong>und</strong> zur Erwerbsbeteiligung der 18- bis 24-Jährigen erklären<br />
die niedrigen durchschnittlichen Erwerbseinkommen in dieser Altersgruppe. Hervorzuheben ist, dass<br />
die Erwerbseinkommen der 18- bis 19-Jährigen am Geringsten streuen: die Erwerbseinkommen<br />
weichen vom ausgewiesenen Mittelwert (365 Euro) durchschnittlich nur um 160 Euro ab. Bei den<br />
anderen Altersgruppen sind die durchschnittlichen Abweichungen vom ausgewiesenen Mittelwert<br />
wesentlich höher, das heißt, dass die Erwerbseinkommen in diesen Altersgruppen eine wesentlich<br />
größere Spannweite zwischen den höchsten <strong>und</strong> niedrigsten Erwerbseinkommen aufweisen. 6<br />
114<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung<br />
6 Weiterhin kann die Aussage getroffen werden, dass die Verteilung der Erwerbseinkommen je Altersgruppe (mit Ausnahme der Altersgruppe<br />
der 65-Jährigen <strong>und</strong> älteren) annähernd einer Normalverteilung entsprechen, da Median <strong>und</strong> arithmetisches Mittel keine großen<br />
Unterschiede aufweisen.
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.1<br />
Zwischenergebnis<br />
Die diskutierte Verteilung ausgewählter Kontextmerkmale der Wohnbevölkerung zeigt große<br />
Unterschiede zwischen den Altersgruppen auf:<br />
Die 18- bis 24-Jährigen<br />
• sind mehrheitlich noch in schulischer bzw. beruflicher Ausbildung (rd. 54 Prozent, wobei dies<br />
darunter bei den 18- bis 19-Jährigen zu rd. 80 Prozent zutrifft);<br />
• sind mehrheitlich noch nicht haupterwerbstätig (haupterwerbstätig sind etwa ein Drittel);<br />
• haben ein weit unterdurchschnittliches Einkommen aus Erwerbsarbeit, sofern eine Erwerbsbeteiligung<br />
vorliegt (18 bis 24 Jahre: rd. 670 Euro, 25 bis 34 Jahre: 1.340 Euro, 35 bis 44 Jahre:<br />
1.620 Euro usw.);<br />
• wohnen mehrheitlich noch im elterlichen Haushalt bei den Eltern (18 bis 19 Jahre: 96 Prozent,<br />
20 bis 24 Jahre: rd. 60 Prozent);<br />
• sind fast alle noch ledig (18 bis 19 Jahre: 99,7 Prozent, 20 bis 24 Jahre 93,5 Prozent);<br />
• haben in der Regel noch keine Kinder.<br />
In Teilanalyse C werden die Besonderheiten der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen im Vergleich<br />
mit den anderen Altersgruppen der Wohnbevölkerung zusammenfassend dargestellt.<br />
115
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.2<br />
2.2 Anteile verschuldeter <strong>und</strong> <strong>überschuldeter</strong> Privatpersonen nach Altersgruppen<br />
Bevor empirische Ergebnisse zur privaten Verschuldung bzw. Überschuldung von <strong>Personen</strong> nach<br />
Altersgruppen vorgestellt werden, seien vorab einige Anmerkungen zu den erfassten Merkmalen der<br />
Verschuldung von <strong>Personen</strong> <strong>und</strong> Privathaushalten im Datenbestand des Sozioökonomischen Panel<br />
(SOEP) gemacht.<br />
Erfassung bankmäßiger Verschuldungsformen im SOEP<br />
Im SOEP werden bankmäßige Verschuldungsformen erhoben <strong>und</strong> gemäß dem Befragungsdesign<br />
Merkmale der genannten Verschuldungsformen sowohl auf der Haushaltsebene (Haushaltsfragebogen)<br />
als auch auf der <strong>Personen</strong>ebene (<strong>Personen</strong>fragebogen für alle Haushaltsmitglieder) erfasst.<br />
Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die Merkmale der genannten Ebenen<br />
eindeutig einander zugeordnet werden können. Das heißt, die erhobenen personenspezifischen<br />
Verschuldungsmerkmale können eindeutig dem entsprechenden Haushalt zugeordnet werden <strong>und</strong><br />
ebenso umgekehrt die Haushaltsmerkmale eindeutig jeder Person, die zum Haushalt gehört.<br />
Im Einzelnen betrachtet werden auf der Haushaltsebene der Besitz von Hypothekar- sowie von<br />
Konsumentenkrediten <strong>und</strong> weiterhin für beide Kreditarten die entsprechenden monatlichen<br />
Zahlungsbelastungen erhoben. Auf der hier im Vordergr<strong>und</strong> stehenden <strong>Personen</strong>ebene werden für<br />
jede Person der Besitz von Hypothekarkrediten erfasst, inklusive der bestehenden Restschulden<br />
daraus <strong>und</strong> weiterhin Kreditschulden (ohne Hypotheken <strong>und</strong> Baudarlehen) bei Banken oder einer<br />
sonstigen Einrichtung, für die persönlich gehaftet wird, ab einer bestehenden Restschuldhöhe (ohne<br />
Zinsen) von insgesamt Euro 2.500 <strong>und</strong> mehr. 7<br />
Auf der <strong>Personen</strong>ebene werden hinsichtlich Konsumentenkrediten also jene Verschuldeten erfasst,<br />
die eine Summe von Restschulden aus laufenden (bankmäßigen) Krediten von 2.500 Euro oder mehr<br />
aufweisen. <strong>Personen</strong> mit einer Restschuldensumme aus Konsumentenkrediten von weniger als 2.500<br />
Euro werden beim SOEP im Rahmen des <strong>Personen</strong>fragebogens nicht erhoben. 8<br />
Hervorgehoben sei, dass es sich um eine Analyse der einzelnen Kredite <strong>und</strong> deren Kredithöhen handelt<br />
(Analyse auf der Kreditebene), das heißt, es werden nicht <strong>Personen</strong> mit der Gesamtzahl ihrer<br />
Kredite bzw. der Summe der Kreditbelastungen betrachtet.<br />
7 Für eine detaillierte Darstellung hierzu sei verwiesen auf:<br />
Zimmermann, Gunter E.: Aussagekraft der Daten des SOEP sowie der EVS 2003 zur Verschuldung <strong>und</strong> Überschuldung von Privathaushalten,<br />
in: BM für Familie, Senioren, Frauen <strong>und</strong> Jugend (Hrsg.): Materialien zur Familienpolitik Nr. 19/2004, Berlin 2004, S. 383-416.<br />
8 Im Gegensatz dazu werden auf der Haushaltsebene alle Belastungen der Wirtschaftsgemeinschaft aus Krediten erhoben.<br />
116
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.2<br />
Anteile verschuldeter Privatpersonen mit bankenmäßiger Verschuldungsform<br />
nach Altersgruppen<br />
Abb. 2.2.1 zeigt die Anteile verschuldeter <strong>Personen</strong>, die Konsumenten- <strong>und</strong>/oder Hypothekarkredite<br />
besitzen, nach Altersgruppen: von allen (bankmäßig) verschuldeten (volljährigen) <strong>Personen</strong> sind 1,4<br />
Prozent im Alter von 18 bis einschließlich 24 Jahren, rd. 15 Prozent sind 25 bis einschließlich 34 Jahre<br />
alt usw.<br />
Zu beachten ist, dass neben den bankmäßigen Verschuldungsformen den <strong>Schulden</strong> bei Privatpersonen<br />
insbesondere in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen eine große Bedeutung zukommt.<br />
Verschuldete Privatpersonen nach Altersgruppen im Vergleich<br />
zur Gesamtbevölkerung<br />
Abb. 2.2.1<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung. *Volljährige Privatpersonen, die verschuldet<br />
sind mit Konsumentenkrediten mit einer bestehenden Summe von Restschulden (ohne Zinsen) ab 2500 Euro<br />
<strong>und</strong>/oder verschuldet sind mit Hypothekarkrediten oder Baudarlehen.<br />
117
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.2<br />
Die ausgewiesenen Anteile erhalten jedoch erst im Vergleich mit den entsprechenden Bevölkerungsanteilen<br />
der Altersgruppen eine Aussagekraft: die jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24<br />
Jahren <strong>und</strong> ebenso ältere <strong>Personen</strong> von 65 <strong>und</strong> mehr Jahren sind stark unterproportional verschuldet;<br />
die Verschuldetenanteile der 25- bis 34-Jährigen sowie der 55- bis 64-Jährigen entsprechen<br />
jenen ihrer Bevölkerungsanteile; die Altersgruppen der 35- bis einschließlich 54-Jährigen weisen hingegen<br />
eine überproportionale Verschuldung auf, wobei die 35- bis einschließlich 44-Jährigen etwas<br />
mit mehr als 34 Prozent am höchsten überproportional verschuldet sind.<br />
Da sich Konsumenten- <strong>und</strong> Hypothekarkredite hinsichtlich Laufzeit, Kredithöhe, Zweck der Verschuldung<br />
etc. gr<strong>und</strong>legend unterscheiden, werden im folgenden die Verschuldungsanteile differenziert<br />
nach Konsumenten- <strong>und</strong> Hypothekarkrediten dargestellt.<br />
Privatpersonen mit Konsumentenkrediten nach Altersgruppen<br />
Betrachtet man nicht alle <strong>Personen</strong> mit bankmäßigen Verschuldungsformen, sondern davon nur jene<br />
mit Konsumentenkrediten, so zeigt die Verteilung nach Altersgruppen ein von Abb. 2.2.1 abweichendes<br />
Bild.<br />
Von allen <strong>Personen</strong> mit Konsumentenkrediten mit einer Restschuldensumme (ohne Zinsen) von<br />
2.500 Euro <strong>und</strong> mehr entfallen etwas weniger als 4 Prozent auf die jungen Erwachsenen zwischen<br />
18 <strong>und</strong> 24 Jahren <strong>und</strong> wenig mehr auf die 65-Jährigen <strong>und</strong> älteren, wobei beide Altersgruppen<br />
wieder stark unterproportional verschuldet sind im Vergleich zu ihren altersgruppenspezifischen<br />
Bevölkerungsanteilen (vgl. Abb. 2.2.2).<br />
118
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.2<br />
Verschuldete Privatpersonen mit Konsumentenkrediten nach<br />
Altersgruppen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung<br />
Abb. 2.2.2<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung. *Volljährige Privatpersonen, die verschuldet<br />
sind mit Konsumentenkrediten mit einer bestehenden Summe von Restschulden (ohne Zinsen) ab 2500 Euro.<br />
Zusammenfassend sei also festgehalten, dass von allen Verschuldeten mit Konsumentenkrediten (ab<br />
einer Restschuldensumme von 2.500 Euro) 80 Prozent zwischen 25 <strong>und</strong> 54 Jahren alt sind, wobei<br />
rd. ein Viertel auf die 25- bis 34-Jährigen entfällt, ein Drittel auf die 35- bis 44-Jährigen <strong>und</strong> etwas<br />
mehr als ein Fünftel auf die 45- bis 54-Jährigen. Weiterhin sei angemerkt, dass die 18- bis 19-<br />
Jährigen bei diesen Verschuldeten mit Konsumentenkrediten nur äußerst gering vertreten sind im<br />
Vergleich zu ihrem altersspezifischen Anteil an der volljährigen Wohnbevölkerung.<br />
Privatpersonen mit Hypothekarkrediten nach Altersgruppen<br />
Erwartungsgemäß ergibt sich nochmals ein verändertes Verteilungsbild, wenn die Verschuldeten mit<br />
Hypothekarkrediten nach Altersgruppen betrachtet werden. Abb. 2.2.3 zeigt die oben diskutierten<br />
Anteile der Verschuldeten mit Konsumentenkrediten <strong>und</strong> gleichzeitig von allen volljährigen Privatpersonen<br />
mit Hypothekarkrediten bzw. Baudarlehen die entsprechenden altersspezifischen Anteile.<br />
119
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.2<br />
Verschuldete Privatpersonen mit Hypothekar- bzw. Konsumentenkrediten nach<br />
Altersgruppen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung<br />
Abb. 2.2.3<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung. *Volljährige Privatpersonen, die verschuldet sind mit<br />
Konsumentenkrediten mit einer bestehenden Summe von Restschulden (ohne Zinsen) ab 2500 Euro.<br />
Insgesamt zeigt sich, dass Hypothekarkredite bei jungen Erwachsenen bis 24 Jahre noch keine Rolle<br />
spielen. Auch die 25- bis 34-Jährigen sind noch stark unterproportional mit Hypothekarkrediten verschuldet.<br />
82 Prozent aller Hypothekarkredite entfallen auf die 35- bis 64-Jährigen, wobei darunter<br />
mit rd. 35 Prozent die 35- bis 44-Jährigen den höchsten Anteil tragen.<br />
120
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.3<br />
2.3 Anteile <strong>überschuldeter</strong> Privatpersonen nach Altersgruppen<br />
Zur Definition <strong>und</strong> Messung von Überschuldung 9<br />
Von der Überschuldung einer Person wird genau dann gesprochen, wenn nach Abzug der Lebenshaltungskosten<br />
vom Nettoeinkommen der verbleibende Einkommensrest nicht ausreicht, die bestehenden<br />
Zahlungsverpflichtungen aus Krediten fristgerecht zu tilgen. Die notwendigen Lebenshaltungskosten<br />
werden als Existenzminimum sowohl auf der Basis der Sozialhilferichtsätze als auch<br />
nach den Pfändungsfreigrenzen berechnet.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der b<strong>und</strong>eseinheitlichen Neufestlegung der Pfändungsfreigrenzen mit 1.1.2002 ist das<br />
Existenzminimum auf der Basis der Pfändungsfreigrenzen in der Regel höher als das entsprechende<br />
Existenzminimum auf der Basis der Sozialhilferichtsätze (laufende Hilfe zum Lebensunterhalt) nach<br />
dem BSHG. Wir erhalten somit eine Untergrenze <strong>überschuldeter</strong> Privatpersonen, wenn zur Berechnung<br />
des Existenzminimums die Sozialhilferegelsätze herangezogen werden bzw. eine Obergrenze<br />
<strong>überschuldeter</strong> Privatpersonen, wenn die Pfändungsfreigrenzen dem Existenzminimum zu Gr<strong>und</strong>e<br />
liegen.<br />
Aus dieser Konzeptualisierung von Überschuldung folgt originär, dass es nicht die Anzahl <strong>überschuldeter</strong><br />
<strong>Personen</strong> bzw. Haushalte gibt, sondern die Anzahl der (relativ) Überschuldeten abhängig<br />
ist von der Definition des Existenzminimums. Die Notwendigkeit der Berechnung von (relativer) Überschuldung<br />
nach beiden Existenzminima ergibt sich unter anderem auch daraus, dass <strong>Personen</strong> bzw.<br />
Haushalte freiwillig ihre Lebenshaltungskosten unter das Niveau der Pfändungsfreigrenze auf das<br />
bedarfsgewichtete Sozialhilfeniveau reduzieren können, um eine gewünschte Anschaffung zu tätigen.<br />
9 Vgl. auch die ausführliche Darstellung <strong>und</strong> Diskussion in: Gunter E. Zimmermann: Wege in die Überschuldung <strong>und</strong> Ursachen, in: SCHUFA<br />
Holding AG (Hrsg.): <strong>Schulden</strong>-<strong>Kompass</strong> 2004. Empirische Indikatoren der privaten Ver- <strong>und</strong> Überschuldung in Deutschland, Wiesbaden 2004,<br />
S. 115-146.<br />
121
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.3<br />
Überschuldete Privatpersonen mit bankmäßigen Verschuldungsformen nach<br />
Altersgruppen<br />
Abb. 2.3.1<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung. *Volljährige Privatpersonen, die verschuldet sind mit<br />
Konsumentenkrediten mit einer bestehenden Summe von Restschulden (ohne Zinsen) daraus ab 2.500 Euro <strong>und</strong>/oder verschuldet<br />
sind mit Hypothekarkrediten bzw. Baudarlehen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich ist Abb. 2.3.1 zu entnehmen, dass bis einschließlich zur Altersgruppe der 35- bis 44-<br />
Jährigen die Überschuldetenanteile höher sind im Vergleich mit den entfallenden Anteilen an<br />
Verschuldeten der entsprechenden Altersgruppen. Umgekehrt ist dies hingegen für die Altersgruppen<br />
ab 45 Jahren. Dies bedeutet, dass die Gefahr der Überschuldung für die bis 44-Jährigen<br />
höher ist als für die älteren Verschuldeten ab 45 Jahren, wenn eine Verschuldung mit Konsumenten<strong>und</strong>/oder<br />
Hypothekarkrediten vorliegt.<br />
122
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.3<br />
Überschuldete Privatpersonen mit Konsumentenkrediten nach Altersgruppen<br />
im Vergleich zum Verschuldetenanteil<br />
Abb. 2.3.2<br />
Quelle: Datenbasis: SOEP 2003, eigene Berechnungen <strong>und</strong> Darstellung.*Volljährige Privatpersonen, die verschuldet sind mit<br />
Konsumentenkrediten mit einer bestehenden Summe von Restschulden (ohne Zinsen) ab 2.500 Euro.<br />
Die angesprochene Überproportionalität der Überschuldetenanteile bei den jungen Erwachsenen ist<br />
in dieser Altersgruppe im Vergleich mit den anderen Altersgruppen relativ gesehen am höchsten: von<br />
allen überschuldeten <strong>Personen</strong> mit Konsumentenkrediten (Lebenshaltungskosten nach Pfändungsfreigrenze)<br />
entfallen rd. 6 Prozent auf die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen, was um mehr als 50<br />
Prozent höher ist im Vergleich zum auf diese Altersgruppe entfallenden Anteil an Verschuldeten mit<br />
Konsumentenkrediten, der unter 4 Prozent beträgt (vgl. Abb. 2.3.2). Das heißt, dass die jungen<br />
Erwachsenen ein im Vergleich mit den anderen Altersgruppen höheres Überschuldungsrisiko tragen,<br />
wenn sie mit Konsumentenkrediten mit einer Restschuldensumme von 2.500 Euro <strong>und</strong> mehr verschuldet<br />
sind.<br />
Hervorgehoben sei jedoch in diesem Zusammenhang, dass gr<strong>und</strong>sätzlich der Anteil der Verschuldeten<br />
mit (bankmäßigen) Konsumentenkrediten (Restschuldensumme ab 2.500 Euro) gering<br />
ist, das heißt weit unterproportional zum entsprechenden Bevölkerungsanteil (vgl. Abb. 2.2.3) von<br />
rd. 11 Prozent (bezogen auf die volljährige Wohnbevölkerung).<br />
123
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2.3 | FAZIT<br />
Fazit<br />
Da Hypothekarkredite für die Altersgruppe der jungen Erwachsenen noch keine Rolle spielen, gilt<br />
dies ebenso für Fragen der diesbezüglichen Überschuldung.<br />
Im Zusammenhang mit Konsumentenkrediten entfallen auf die Altersgruppe der jungen Erwachsenen<br />
jedoch überproportional viele Überschuldete: Von allen überschuldeten <strong>Personen</strong> mit Konsumentenkrediten<br />
(Überschuldetenpopulation mit Lebenshaltungskosten nach den Pfändungsfreigrenzen)<br />
entfallen rd. 6 Prozent auf die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen, was um mehr als 50<br />
Prozent höher ist im Vergleich zum auf diese Altersgruppe entfallenden Anteil an Verschuldeten mit<br />
Konsumentenkrediten, der unter 4 Prozent beträgt.<br />
Bezogen auf alle mit Konsumentenkrediten verschuldeten jungen Erwachsenen bedeutet dies, dass<br />
18 Prozent davon überschuldet sind, was stark überproportional zum Verschuldetenanteil dieser<br />
Altersgruppe ist, der nur etwas mehr als 4 Prozent beträgt. Gr<strong>und</strong>sätzlich finden sich erst bei den<br />
höheren Altersgruppen ab 55 Jahren unterproportionale Überschuldungsquoten.<br />
Über die diskutierten Verteilungen verschuldeter <strong>und</strong> <strong>überschuldeter</strong> <strong>Personen</strong> nach Altersgruppen<br />
sei unter besonderer Berücksichtigung der jungen Erwachsenen zusammenfassend festgehalten:<br />
• Hypothekarkredite spielen für die Altersgruppe der jungen Erwachsenen noch keine Rolle.<br />
Die überwiegende Mehrheit der Hypothekarkredite entfällt auf die Altersgruppen der 35-Jährigen<br />
<strong>und</strong> Älteren.<br />
Auch bei den Konsumentenkrediten mit einer Restschuldensumme ab 2.500 Euro sind die 18- bis<br />
19-Jährigen noch höchst marginal beteiligt. Auf die Altersgruppe der jungen Erwachsenen (18- bis<br />
24-Jährige) entfallen etwas weniger als 4 Prozent aller Konsumentenkredite mit der angeführten<br />
Rest-schuldensumme.<br />
• Gr<strong>und</strong>sätzlich kommt bei den jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 24 Jahren der Verschuldung<br />
bei Privatpersonen (Eltern, Verwandte, Fre<strong>und</strong>e usw.) noch eine große Bedeutung zu.<br />
• Sobald eine Verschuldung mit Konsumentenkrediten bei jungen Erwachsenen vorliegt, tragen<br />
sie jedoch im Vergleich zu den anderen Altersgruppen ein erhöhtes Überschuldungsrisiko:<br />
von allen verschuldeten jungen Erwachsenen mit Konsumentenkrediten mit einer Restschuldensumme<br />
von 2.500 Euro <strong>und</strong> mehr sind 18 Prozent überschuldet, was stark überproportional<br />
zum Verschuldetenanteil dieser Altersgruppe ist.<br />
124
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3.<br />
3. Auswertungen auf Basis von Schuldnerberatungsdaten (CAWIN)<br />
Von Prof. Dr. Udo Reifner<br />
Die vorliegende Untersuchung steht im Zusammenhang mit einer internen Auswertung von Daten<br />
der SCHUFA nach Alter <strong>und</strong> Wohnort, sowie einer mit weiteren persönlichen Daten angereicherten<br />
Sonderauswertung der Daten des Sozioökonomischen Panel (SOEP).<br />
Die Daten wurden durch die Schuldnerberatungsstelle des Insolvenzhilfevereins Wilhelmshaven <strong>und</strong><br />
die Schuldnerberatungsstelle des Diakonischen Werks in Hamburg nach einer vollständigen Anonymisierung<br />
aus mehreren Tausend Datensätzen zufällig ausgewählt, von den Schuldnerberatern vervollständigt<br />
<strong>und</strong> um die SCHUFA Datensätze ergänzt. Sie sind somit für die dortigen Fälle in der<br />
Schuldnerberatung repräsentativ, nicht jedoch notwendig für die Überschuldungsfälle insgesamt.<br />
Eine Teilauswertung wurde für die SOEP-Auswertung in Abstimmung mit Herrn Dr. Dr. Gunter E.<br />
Zimmermann nach Altersgruppen <strong>und</strong> Einkommensindizes bereitgestellt. Umgekehrt wurde die<br />
Gruppe, die nach den dortigen Kriterien als überschuldet gilt, mit der definitiv überschuldeten<br />
Gruppe der CAWIN-Daten verglichen.<br />
Da aus der Masse der CAWIN-Daten nur 300 in diesem Pilot ausgewählt wurden, während die<br />
SCHUFA fast alle Kreditnehmer <strong>und</strong> das SOEP eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe in ihren<br />
Datensätzen untersucht, ist der Schwerpunkt dieser Untersuchung das Aufzeigen weiterer Analysemöglichkeiten.<br />
Da sich in den einzelnen Unterkategorien teilweise nur sehr geringe Datenmengen<br />
ergeben, sind die abgeleiteten Aussagen zunächst als Hypothesen für eine erweiterte spätere Auswertung<br />
zu behandeln.<br />
Die Betreuung der Datensynchronisation sowie die Aufstellung der Tabellen erfolgten durch Herrn<br />
Matthias Cantow am iff. Prof. Wilfried Laatz von der Universität Hamburg hat die statistische<br />
Datenbearbeitung in SPSS übernommen. Wir danken Herrn Ogon vom Diakonischen Werk in<br />
Hamburg <strong>und</strong> Herrn Sommer vom Insolvenzhilfeverein Wilhelmshaven für die gute Zusammenarbeit.<br />
125
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3.<br />
Die Datenquelle CAWIN<br />
CAWIN, ein Schuldnerberatungsprogramm des Instituts für Finanzdienstleistungen e.V., ist seit etwa<br />
16 Jahren das führende Programm zur Schuldner- <strong>und</strong> Insolvenzberatung für private Schuldner <strong>und</strong><br />
Kleingewerbetreibende in Deutschland. Mit der Einführung der gesetzlichen Verbraucherinsolvenz<br />
hat CAWIN vor allem Bedeutung in der Abwicklung der formalisierten Verfahren gewonnen.<br />
Nachdem die Schuldnerberatungsstellen durch Landesgesetz zugelassen wurden, kam als weitere<br />
Aufgabe das Abrechnungssystem der Schuldnerberatungsstellen hinzu. Insgesamt wuchs damit die<br />
in CAWIN erfasste Datenmenge stark an. Hierzu gehören zum einen die persönlichen Daten der<br />
Schuldner, ferner die Daten über die soziale Lage sowie alle Einnahmen <strong>und</strong> Ausgaben, die für die<br />
Feststellung aktueller <strong>und</strong> zukünftiger Liquidität der Haushalte von Bedeutung sind. Außerdem<br />
werden Daten zum Insolvenzverfahren selbst sowie zum Verlauf der Schuldnerberatung gespeichert.<br />
Deutschlandweit enthält CAWIN über 50.000 Datensätze.<br />
Mit der vorliegenden Untersuchung sollte nun zum ersten Mal der Versuch unternommen werden,<br />
die in den ca. 600 Einsatzplätzen von CAWIN ständig gesammelten Daten für die empirische<br />
Forschung nutzbar zu machen.<br />
126
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Ergebnisse<br />
Die nachfolgenden Ergebnisse stellen eine Gr<strong>und</strong>auszählung der Datensätze geordnet nach zentralen<br />
Hypothesen der Überschuldungsforschung dar. Das Merkmal „Überschuldung“, das sich in den<br />
übrigen Untersuchungen erst aus der Dateninterpretation ergibt, ist bei der vorliegenden Auswertung<br />
der CAWIN-Daten bereits vorausgesetzt worden.<br />
Sind die Haushalte „überschuldet“?<br />
Überschuldung ist nach der gesetzlichen Definition ein Zustand, in dem die vorhandenen Mittel auf<br />
absehbare Zeit die laufenden Verpflichtungen nicht mehr decken (§17 InsO).<br />
Es wurden zwei Stichproben mit jeweils 150 Haushalten gezogen. Die eine Stichprobe betrifft die<br />
Haushalte, die bei der Schuldnerberatungsstelle in Wilhelmshaven waren, die anderen diejenigen<br />
Haushalte, die von der Schuldnerberatung Hamburg beraten wurden. Alle beratenen <strong>Personen</strong> wurden<br />
von den Schuldnerberatern als Haushaltsvorstand eingeordnet. Dass es sich dabei tatsächlich um<br />
Überschuldete handelte, lässt sich aus den Daten relativ zweifelsfrei schließen. Alle <strong>Personen</strong> streben<br />
einen Insolvenzplan an. Keine der <strong>Personen</strong> ist in der Lage, ihre <strong>Schulden</strong> auch nur annähernd zu tilgen.<br />
In allen Fällen wird diese Situation von den Schuldnerberatern als Beratungsvoraussetzung<br />
überprüft. Kein Überschuldeter bediente noch fällige Ratenzahlungen. Bis auf einen Fall waren alle<br />
Kredite gekündigt.<br />
Über 40,7 % hatten nach den von der SCHUFA übermittelten Daten zu dieser Gruppe bereits mindestens<br />
eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben (7 % mehrfach). Somit waren 59,3 % Überschuldete<br />
trotz eröffnetem Insolvenzverfahren ohne Eidesstattliche Versicherung, so dass sich dieses<br />
Merkmal als Überschuldungsindikator relativiert. Ob Überschuldete eine Eidesstattlichen Versicherung<br />
abgeben, hängt daher vom Zeitpunkt, vom K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> vor allem vom Gläubiger ab.<br />
Anzahl Eidesstattlicher Versicherungen<br />
Abb. 3.1<br />
127
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
8 % hatten einen Haftbefehl zur Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung. Nach den CAWIN-Daten<br />
war für 59,7 % ein Antrag auf St<strong>und</strong>ung der Verfahrenskosten gestellt, die sie selber nicht tragen<br />
konnten. 90 % waren in einem Verbraucherinsolvenzverfahren, 3 % in einem Regelinsolvenzverfahren.<br />
Es gab somit praktisch keine präventiven Beratungen in einem frühen Stadium der<br />
Verschuldung. Ein einziger Fall wurde im Verlaufsprotokoll als insolvenzunabhängige Schuldnerberatung<br />
angegeben.<br />
Nur in 2,7 % der Fälle wurden noch laufende Pfändungen berichtet. Es muss davon ausgegangen<br />
werden, dass bei der überwiegenden Zahl der Ratsuchenden das Moratorium für die Pfändung galt<br />
oder die Pfändungsfreigrenze erreicht war. Die Berechnungen der Schuldnerberater, die sie zur<br />
Prüfung der Sozialhilfeansprüche durchführen, ergaben, dass nur in 7,4 % der Fälle noch pfändbares<br />
Einkommen vorhanden war, so dass auch hier kein Potenzial mehr bestand.<br />
Auch bei der Höhe der Restschulden zeigt sich die Überschuldung. 60 % der Klienten der <strong>Schulden</strong>beratungsstelle<br />
hatten Restschulden, die mehr als 20.000 Euro betrugen, nur 17,7 % hatten<br />
Restschulden unter 10.000 Euro <strong>und</strong> nur 3,7 % unter 5.000 Euro. Der Median lag bei 25.393 Euro,<br />
der Mittelwert bei 43.996 Euro, da auch ehemalige Selbständige mit <strong>Schulden</strong> in Höhe von bis zu<br />
419.000 Euro zur Klientel gehörten.<br />
Die Klientel bei der Schuldnerberatungsstelle umfasst daher nach allen gängigen Definitionen überschuldete<br />
Haushalte. Dies mag auch mit dem Zugang zu tun haben. Die Mehrheit wurde zu der<br />
Beratungsstelle durch Dritte motiviert. Zählt man die Bekannten <strong>und</strong> Angehörigen hinzu, so ist die<br />
Hälfte privat zu dieser Stelle gekommen. Die andere Hälfte wurde jedoch hierhin verwiesen.<br />
Zugangsweg zur Schuldnerberatung<br />
Eigeninitiative 115 38,3<br />
Bekannte Angehörige 50 16,7<br />
Sonstige 46 15,3<br />
Ämter Behörden 44 14,7<br />
Andere Beratungsstellen 30 10,0<br />
Ärzte /Therapeuten/ Klinik 8 2,7<br />
Arbeitgeber 6 2,0<br />
B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit 1 0,3<br />
Gesamt<br />
Tab. 3.1<br />
300 100,0<br />
128<br />
Häufigkeit Prozent
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Welche persönlichen Faktoren sind typisch für überschuldete Haushalte?<br />
Die Überschuldeten, die die Schuldnerberatungsstellen aufgesucht hatten, waren mit leichter Übergewichtung<br />
der männlichen Ratsuchenden (54 %) nahezu gleich auf beide Geschlechter verteilt.<br />
Die Gruppe der zusammenlebenden Paare ist mit knapp einem Drittel unterrepräsentiert (vgl. Abb.<br />
3.2). Die Gruppe, die auf Gr<strong>und</strong> einer Scheidung oder einfach getrennt leben, einschließlich der<br />
Witwer <strong>und</strong> Witwen, lag mit nahe 40 % recht hoch, so dass Störungen in den Familienbeziehungen<br />
sich als typisch für die größte Gruppe herausstellte. Bei diesen Zahlen wurden die Wiederverheirateten<br />
unter den Eheleuten oder Zusammenlebenden noch nicht berücksichtigt, so dass der<br />
Prozentsatz der Betroffenen noch höher ausfallen könnte.<br />
Familienstand<br />
Abb. 3.2<br />
129
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Anzahl der <strong>Personen</strong> im Haushalt<br />
Abb. 3.3<br />
Unter den Überschuldeten lebten 48,3 % allein, 22 % zu zweit <strong>und</strong> nur ca. 30 % in einem größeren<br />
Haushalt.<br />
Anzahl der Kinder im Haushalt<br />
Abb. 3.4<br />
Die These, dass vor allem Kinderreiche von Überschuldung betroffen sind, lässt sich nicht belegen.<br />
Die meisten Haushalte mit Kindern hatten ein Kind, ein Drittel zwei Kinder <strong>und</strong> nur insgesamt 24<br />
von 300 Haushalten hatten mehr als zwei Kinder (vgl. Abb. 3.4).<br />
Nach Haushaltstypen zusammengefasst zeigte sich, dass 48,7 % der Überschuldeten alleine lebten,<br />
gefolgt von der Gruppe Ehepartner mit Kindern mit 25,7 %, den Alleinerziehenden mit 14,7 % <strong>und</strong><br />
den Partnern ohne Kinder im Haushalt mit 11,7%. Immerhin sind bei den Überschuldeten zu 40 %<br />
Kinder in Haushalten mit betroffen.<br />
130
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Nach den Daten der Einkommens- <strong>und</strong> Verbrauchsstichprobe bzw. des Sozioökonomischen Panel<br />
ergab sich für die hier identifizierten vier Gruppen, dass Eltern mit Kindern überdurchschnittlich <strong>und</strong><br />
Erwachsene ohne Kinder unterdurchschnittlich Konsumentenkredite aufgenommen hatten (vgl. Tab.<br />
3.2).<br />
Konsumentenkredite <strong>und</strong> Familienform<br />
Allein Erziehende 153 %<br />
Ehepaar mit Kind 151 %<br />
Ehepaar ohne Kind 88 %<br />
Allein Lebende 71 %<br />
Sonstige 126 %<br />
Durchschnitt (21,1 %) 100 %<br />
Tab. 3.2<br />
Man könnte erwarten, dass Familien mit Kindern auch eher überschuldet sind. Tatsächlich liegt die<br />
Quote der Ehepartner mit Kindern bei der Beratungsklientel zwar über ihrer Verteilung in der<br />
Gesellschaft (25,7% zu 19,1%), gleichzeitig aber unter ihrem Anteil an der Konsumentenkreditverschuldung<br />
(25,7% zu 28,9%). Die Häufigkeit der Verschuldung scheint daher das Überschuldungsrisiko<br />
dort nicht zu erhöhen. Kredite sind hier somit auch Ausdruck eines relativen Wohlstandes.<br />
Anders sieht es bei den allein lebenden <strong>Personen</strong> aus. Bei der Frage nach der Anzahl der <strong>Personen</strong><br />
im Haushalt ergab sich, dass die allein Lebenden unter den Überschuldeten mit 48,3 % überrepräsentiert<br />
waren. Einerseits überschritten sie ihren Anteil in der Gesellschaft um praktisch ein Drittel,<br />
zum anderen aber waren, da in dieser Gruppe relativ weniger Kredite aufgenommen werden, doppelt<br />
so viele Verschuldete überschuldet.<br />
Die Haushaltstypenanalyse ermöglicht daher auch eine vielleicht neue Einsicht dergestalt, dass nicht<br />
die Höhe oder die Häufigkeit der <strong>Schulden</strong> im Konsumkredit entscheidend sind. Es ist vielmehr die<br />
Fähigkeit, in angespannten Liquiditätslagen mit anderen <strong>Personen</strong> das Risiko zu teilen, die Liquidität<br />
in der Gruppe auszugleichen <strong>und</strong> die Überschuldungsrisiken zu mindern.<br />
Typisch ist ein relativ niedriges Ausbildungsniveau. Danach waren nur 3,8 % der Überschuldeten<br />
Akademiker, 31 % hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung, 65 % eine abgeschlossene Lehre.<br />
Fasst man die Daten zusammen, so könnte eine Politik die das Zusammenleben von Erwachsenen<br />
fördert, das Überschuldungsrisiko abbauen.<br />
131
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Berufsausbildung der Überschuldeten<br />
Typisch ist ein relativ niedriges Ausbildungsniveau. Danach waren nur ca. 4 % der Überschuldeten<br />
Akademiker, ca. 30 % hatten keine abgeschlossene Berufsausbildung, ca. 63 % eine abgeschlossen<br />
Lehre. Fasst man die Daten zusammen, so könnte eine Politik, die das Zusammenleben von<br />
Erwachsenen fördert, das Überschuldungsrisiko abbauen.<br />
Abb. 3.5<br />
Subjektive oder objektive Auslöser der Überschuldung?<br />
In der Debatte über die Gründe der Überschuldung stehen sich Vertreter eines subjektiven, aus dem<br />
Verhalten der Überschuldeten abgeleiteten Ansatzes (Leichtsinn, Unerfahrenheit, Überkonsum), <strong>und</strong><br />
Vertreter eines objektiven, aus den Umständen abgeleiteten Ansatzes (Arbeitslosigkeit, Trennung,<br />
Krankheit) gegenüber.<br />
Die vorliegenden Daten lassen hier kein valides Urteil für alle Überschuldeten zu, da, wie die Stichprobenanalyse<br />
gezeigt hat, der Weg zur Schuldnerberatungsstelle vor allem von denjenigen beschritten<br />
wird, die so stark von Überschuldung bedroht sind, dass keinerlei eigene Hilfe oder gar eine<br />
Refinanzierung im System selbst noch denkbar erscheint. Da Schuldnerberatungsstellen nur ca. 1%<br />
der im Sinne der Insolvenzordnung Überschuldeten erfassen, könnte in einer Felduntersuchung<br />
außerhalb der Schuldnerberatungsstellen der Anteil der subjektiven Faktoren entsprechend höher<br />
sein.<br />
Andererseits zeigt die begrenzte Anzahl von Insolvenzverfahren auch in den SCHUFA-Daten, dass die<br />
meisten <strong>Personen</strong>, die ihre Kredite <strong>und</strong> sonstigen Forderungen nicht mehr bedienen, durchaus systemimmanente<br />
Mechanismen wie Umschuldung, Ablösung, St<strong>und</strong>ung, Umzug oder auch Ratenzahlungsvereinbarung<br />
nach Kündigung nutzen. Es ist daher überhaupt fraglich, ob man diese <strong>Personen</strong>gruppen<br />
im Selbsthilfebereich mit den ausweglos Überschuldeten, die sich in der Schuldnerberatung<br />
wieder finden, gleichstellen sollte.<br />
132
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Auf die allgemeine Frage nach den Ursachen der Überschuldung im jeweiligen Fall wurde für die<br />
Hälfte der Haushalte Arbeitslosigkeit <strong>und</strong> für 26 % Einkommensarmut genannt (vgl. Abb. 3.6),<br />
gefolgt von Ehescheidung (26 %). Allerdings lassen sich diese Angaben durch die objektiven<br />
Scheidungsdaten nicht belegen. Von den 49 Fällen, bei denen ein Scheidungsdatum angegeben war,<br />
lag nur in 11 Fällen das Scheidungsdatum innerhalb der vergangenen zwei Jahre seit Aufsuchen der<br />
Beratungsstelle. Allerdings könnten die Angaben zu den Gründen, sich auch gerade auf noch nicht<br />
geschiedene Paare beziehen, da der Scheidungsprozess evtl. erheblich später als die Trennung liegt,<br />
die wirtschaftlichen <strong>und</strong> auch steuerlichen Folgen aber nicht mit der Scheidung, sondern mit der<br />
Trennung bereits eintreten.<br />
Fehlerhaftes Konsumverhalten kam mit 18 % der Nennungen als subjektiver Faktor erst an vierter<br />
Stelle. Es konnten allerdings jeweils mehrere Kategorien kumulativ angekreuzt werden. Im Durchschnitt<br />
wurden zwei der Kategorien angekreuzt. Scheitern der Existenzgründung (16 %) sowie in der<br />
Baufinanzierung (8 %) haben noch eine beachtliche Bedeutung, die aus anderen Untersuchungen<br />
bestätigt werden.<br />
Gründe der Überschuldung<br />
Abb.3.6<br />
133
SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3. | ERGEBNISSE<br />
Welche <strong>Schulden</strong> sind betroffen?<br />
Insgesamt spielen damit die <strong>Schulden</strong> aus Geldkrediten als Umschuldung aus rückständigen Waren<strong>und</strong><br />
Dienstleistungsforderungen ebenso wie als Zugang zu mehr ursprünglicher Liquidität eine wichtige<br />
Rolle. Dies spiegelt sich auch in den Gesamtzahlen. Wie die untenstehende Grafik zeigt, sind bei<br />
Überschuldeten <strong>Schulden</strong> unter 5.000 Euro relativ selten. Es beginnt mit der Klasse von 5.000 bis<br />
10.000 Euro, die am häufigsten vorkommt. Dies sollte auch bei in der Interpretation der SCHUFA-<br />
Analysen berücksichtigt werden. Die Häufigkeit nimmt dann langsam bis zur Gruppe bis 40.000 Euro<br />
ab. Danach verteilt sie sich gleich. Die letzte Gruppe ist nach oben offen <strong>und</strong> somit in der Klassengröße<br />
nicht vergleichbar.<br />
Abb. 3.7<br />
Die durchschnittliche Restschuld aller <strong>Schulden</strong>arten lag bei 44.000 Euro. Davon entfielen 14.500<br />
Euro, also etwa ein Drittel, auf sonstige Forderungen. Nimmt man den für die Kreditnehmer typischeren<br />
Zentralwert (Median), so ergibt sich ein Verhältnis von 7.300 Euro aus sonstigen<br />
Forderungen zu 25.400 Euro Gesamtsaldo, also ein Verhältnis von 29% zu 71 %. Eliminiert man die<br />
relativ kleine Gruppe der ehemals Selbständigen, die höhere <strong>Schulden</strong> haben, so ergibt sich für die<br />
typische Verbraucherverschuldung ein Mittelwert von 33.250,36 Euro <strong>und</strong> ein häufigster Wert von<br />
25.274,75 Euro. Davon entfielen 9.226,80 Euro bzw. als häufigster Wert 6.265,65 Euro auf<br />
<strong>Schulden</strong> außerhalb des Bankbereichs. Das Verhältnis bleibt somit insgesamt gleich, wenn auch die<br />
<strong>Schulden</strong> hier geringer sind.<br />
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Der Ratenkredit ist bei den Bankschulden von besonderer Bedeutung<br />
Während der Kreditkartenkredit, der in den USA die Überschuldung dominiert, noch nicht in<br />
Deutschland Fuß gefasst hat, teilen sich die Ratenkredite <strong>und</strong> die im Bereich Wilhelmshaven wichtigen<br />
Hypothekenkredite mit den nicht eingeordneten Kreditsummen das Volumen. Dabei dürften die<br />
nicht eingeordneten sonstigen Kredite wohl aus gekündigten Ratenkrediten stammen. Immerhin<br />
sind die Dispositionskredite mit fast 10 % trotz ihrer höhenmäßigen Begrenzung in der Praxis ein<br />
erstaunlich wichtiger Faktor.<br />
Die Anzahl der bestehenden Ratenkredite wurde sowohl aus den SCHUFA-Daten als auch aus den<br />
in CAWIN aufgenommenen Daten errechnet.<br />
Nach den SCHUFA-Daten hatte die Hälfte der 300 <strong>Personen</strong> aus den Schuldnerberatungsstellen<br />
einen Ratenkredit. Etwa ein Drittel davon hatten nur einen Ratenkredit, weitere 23,5 % zwei, 17,4 %<br />
drei, 10,7% vier <strong>und</strong> immer noch 8,1% fünf fällig gestellte Ratenkredite. Dies waren zusammen 95 %<br />
aller im Ratenkredit Verschuldeten.<br />
Die Schuldnerberatung hatte dagegen für dieselben <strong>Personen</strong> weniger Ratenkredite erfasst. Dies<br />
mag daran liegen, dass bei der SCHUFA noch Ratenkredite aktiv sein könnten, die wegen einer<br />
Umschuldung oder weil ihre Tilgung nicht gemeldet wurde, nicht mehr Gegenstand des<br />
Insolvenzverfahrens sind. Danach hatten 59 % keinen Ratenkredit <strong>und</strong> 72 % von denjenigen mit<br />
einem Ratenkredit hatten nur einen Kredit, während etwa ein Viertel zwei Ratenkredite hatte.<br />
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Wahrscheinlich wurden Ratenkredite, die vor längerem fällig gestellt wurden <strong>und</strong> nur noch als<br />
Gesamtforderung geltend gemacht werden, nicht immer als solche identifiziert. Bei der Angabe der<br />
Kredithöhe haben auch die CAWIN-Daten mehr Bankkredite pro Person. Seit längerem fällig gestellte<br />
Ratenkredite könnten somit als „sonstige Kredite“ erfasst werden, da ihre ursprüngliche Form<br />
für den Berater nicht mehr erkennbar ist. Dabei ist interessant, dass <strong>Personen</strong>, die mehrere Kredite<br />
haben, hier bis zum vierten Kredit relativ gleichmäßig Kredithöhen zwischen 5.000 Euro <strong>und</strong> 10.000<br />
Euro im Mittel erreichen. Der fünfte Kredit ist dann im Mittel höher, bei 12.000 Euro, während die<br />
weiteren Kredite dann geringer sind. Dies kann darauf hindeuten, dass die Haushalte mit Liquiditätsproblemen<br />
zunächst versuchen, die Probleme durch neue Kredite zu bewältigen <strong>und</strong> dabei auf eine<br />
restriktivere Vergabepraxis stoßen.<br />
Eine Auswertung der 425 erfassten Bankkredite ergab: 57 % der Kredite waren unter 10.000 Euro,<br />
14.4 % höher als 15.000 Euro:<br />
Kredite nach Größenklassen<br />
unter 2.500 79 18,6 18,6<br />
2.500 - 5.000 67 15,8 34,4<br />
5.000 - 10.000 98 23,1 57,4<br />
10.000 - 15.000 65 15,3 72,7<br />
15.000 - 20.000 55 12,9 85,6<br />
20.000- 25.000 23 5,4 91,1<br />
25.000 - 30.000 23 5,4 96,5<br />
mehr als 30.000 15 3,5 100,0<br />
Gesamt 425<br />
Tab. 3.3<br />
100,0<br />
136<br />
Kredithöhe<br />
Häufigkeit Prozent Kumuliert
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Kredite nach Größenklassen<br />
Abb. 3.8<br />
Während die höchsten Forderungen im Kreditbereich <strong>und</strong> bei wenigen Gläubigern konzentriert sind,<br />
ist die Gesamtanzahl der Gläubiger erheblich. Sie reichte von einer Verbindlichkeit in fünf Fällen bis<br />
zu einem Schuldner mit 73 Gläubigern. Die Hälfte hatte weniger als zehn Gläubiger, zwei Drittel bis<br />
15 Gläubiger <strong>und</strong> 12,7 % hatten 20 <strong>und</strong> mehr Gläubiger. Die gesetzliche Sperre bei der Gläubigerzahl<br />
für die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens von ehemals Selbständigen wirkt sich in<br />
der Schuldnerberatung selbst nicht aus, da hier auch das Regelinsolvenzverfahren durchgeführt wird.<br />
Die <strong>Schulden</strong>höhen sind dabei entsprechend geringer <strong>und</strong> bewegen sich vor allem in den Bereich<br />
unter 5.000 Euro.<br />
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Anteile der <strong>Schulden</strong>arten an der Gesamtverschuldung nach Volumen<br />
Abb. 3.9<br />
Eine Auswertung der Aufteilung nach <strong>Schulden</strong>arten <strong>und</strong> Gläubigergruppen macht die Bedeutung<br />
der Bankschulden deutlich. Auffällig ist der relativ kleine Anteil von Telefon <strong>und</strong> Handy (ca. 1,6 %)<br />
an den <strong>Schulden</strong>arten der betrachteten Überschuldeten. Würde man die betrieblich veranlassten<br />
<strong>Schulden</strong> einrechnen, so würden sie an zweiter Stelle in Erscheinung treten.<br />
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