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Die private Überschuldung im internationalen Vergleich

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Herausgeber:<br />

SCHUFA HOLDING AG<br />

2004<br />

Hagenauer Straße 44<br />

65203 Wiesbaden<br />

Telefon: +49 (0) 611 - 92 78 - 888<br />

Telefax: +49 (0) 611 - 92 78 - 887<br />

anfrage@schulden-kompass.de<br />

www.schulden-kompass.de Schulden-Kompass<br />

2 0 0 4<br />

Empirische Indikatoren der<br />

<strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong><br />

in Deutschland<br />

Herausgeber: SCHUFA HOLDING AG


Impressum<br />

Herausgeber:<br />

SCHUFA HOLDING AG<br />

Hagenauer Straße 44<br />

65203 Wiesbaden<br />

Projektleitung: SCHUFA HOLDING AG<br />

Koordination: Peter H. Goebel / Dr. Annette Frenzel<br />

Redaktion: Ulrich Siebert<br />

Layout: Peter Krause<br />

Grafik: smavicon<br />

Produktion: Index Electronic Prepress


Schulden-Kompass 2004<br />

Empirische Indikatoren der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong> in Deutschland<br />

Herausgeber: SCHUFA HOLDING AG


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort 04<br />

Rückblick: Schulden-Kompass 2003 06<br />

Kern-Ergebnisse und Kern-Thesen 2004 07<br />

Schulden-Kompass 2004<br />

Einleitung 10<br />

1. Zentrale Begriffe 13<br />

2. Teilanalysen <strong>im</strong> Überblick 21<br />

A. Repräsentative Auswertung von SCHUFA-Daten<br />

SCHUFA HOLDING AG<br />

29<br />

1. Trends bei der <strong>private</strong>n Verschuldung 33<br />

2. Regionale Auswertungen 44<br />

3. Risikostufen und Risikogruppen 77<br />

B. Repräsentative Haushaltsbefragung<br />

MANAGEMENT consult Dr. Eisele & Dr. Noll GmbH<br />

85<br />

1. Private Verschuldung - Normalität oder ein Tabu? 89<br />

2. Wer n<strong>im</strong>mt Kredit auf und wofür? 98<br />

3. Zahlungswissen und Schuldenneigung 105<br />

C. Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und Ursachen<br />

Dr. Dr. Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann<br />

115<br />

1. Operationalisierungsansätze zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> 120<br />

2. Empirische Analysen zur Verschuldung von Privathaushalten 123<br />

3. Empirische Analysen zur relativen <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten 126<br />

D. Wege aus der Verschuldung<br />

Prof. Dr. Winfried Hacker, Dr. Peggy Looks<br />

149<br />

1. Kreditbedienendes Selbstmanagement 152<br />

2. Ergänzende Analyse zu Zahlungswissen und Schuldenneigung 156<br />

Private <strong>Überschuldung</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

Prof. Dr. Udo Reifner, Helga Springeneer<br />

161<br />

A. Private <strong>Überschuldung</strong>: Definitionsansätze <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 165<br />

B. Verschuldung der Privathaushalte <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 166<br />

C. <strong>Überschuldung</strong> der Privathaushalte <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 174<br />

D. <strong>Die</strong> Schuldenspirale fördernde Ereignisse und Einflussfaktoren 184<br />

E. Lösungsansätze zur Bewältigung des modernen Schuldenturms 186<br />

F. Fazit und Ausblick für die Diskussion in Deutschland 201<br />

Projektbeirat / Diskussionsbeiträge 213<br />

Glossar 227<br />

Literatur 232


Vorwort<br />

Sehr geehrte Leser,<br />

das weit reichende Echo aus der Öffentlichkeit, der Praxis und der Forschung hat uns darin bestärkt,<br />

den Schulden-Kompass zu vertiefen und zu erweitern. Ursprünglich geplant als eine Analyse der<br />

SCHUFA-Daten zum Thema <strong>private</strong> Ver- und <strong>Überschuldung</strong>, wurde schon bei den Vorarbeiten für<br />

den Schulden-Kompass 2003 deutlich, dass für ein tieferes Verständnis vielfältige Teilaspekte auf<br />

einer breiten Datenbasis zu berücksichtigen sind.<br />

<strong>Überschuldung</strong> ist ein mehrd<strong>im</strong>ensionales und sehr komplexes Phänomen und nicht durch eine<br />

Ursache und nur einen Auslöser zu erklären. Der Schulden-Kompass verbreitert mit seinen<br />

Teilanalysen die Datengrundlage, um darauf aufbauend den <strong>Überschuldung</strong>sgrad und die <strong>Überschuldung</strong>sgefahr<br />

in der deutschen Gesellschaft weiter untersuchen zu können. Für diese Untersuchungen<br />

sind institutionelle Faktoren wie politische, juristische und kreditwirtschaftliche<br />

Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. Genauso nehmen sozialstrukturelle Faktoren wie Alter,<br />

Einkommen, Bildungsstand, Erwerbssituation, Wertesysteme und individuelle Verhaltensmuster der<br />

Kreditnehmer entscheidenden Einfluss auf das Eingehen von Krediten und deren Bedienung. Folglich<br />

können die „typischen“ Indikatoren der <strong>Überschuldung</strong> nur schwierig best<strong>im</strong>mt werden.<br />

Im Mittelpunkt des vorliegenden Schulden-Kompass 2004 steht zwar weiterhin die Frage, welches<br />

Ausmaß die Ver- und <strong>Überschuldung</strong> von Privatpersonen und Privathaushalten angenommen hat,<br />

und welche Trends erkennbar sind. Doch eine abschließende Antwort dürfte, wenn überhaupt, wohl<br />

erst in einigen Jahren möglich sein. Schwierige Vorraussetzungen hierfür sind dadurch gegeben,<br />

dass die vielfältigen und in unregelmäßigen Abständen veröffentlichten Erhebungen über gemeinsame<br />

definitorische Grundlagen verfügen, miteinander verzahnbare Indikatoren messen und darüber<br />

hinaus ein gleichsam aktuelles, bundesweit repräsentatives Daten-Niveau aufweisen, um so eine<br />

relevante Verknüpfung der verschiedenen Erhebungen zu ermöglichen.<br />

Als kontinuierlich angelegte Studie erhebt der Schulden-Kompass mit seinen interdisziplinären<br />

Teilanalysen empirisch gestützte Momentaufnahmen verschiedener Indikatoren und erprobt, welche<br />

dieser messbaren Indikatoren relevanten Einfluss auf die <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong> haben können.<br />

Eine Besonderheit des Schulden-Kompasses ist sicherlich die Repräsentativität der Daten: <strong>Die</strong><br />

anonymisierte Analyse der SCHUFA-Daten setzt auf einem Gesamtbestand von 340 Millionen<br />

Datensätzen von rund 62 Millionen volljährigen Personen auf. Zu betonen ist aber, dass die<br />

SCHUFA trotz ihres umfangreichen Datenbestands lediglich einige Teilaspekte der Ver- und <strong>Überschuldung</strong><br />

beleuchten kann.<br />

04


Weitere relevante Daten, die nicht <strong>im</strong> Bestand der SCHUFA enthalten sind – wie Einkommensinformationen<br />

oder der Verwendungszweck von Krediten – müssen daher aus zusätzlichen, anonymen<br />

und unabhängigen Pr<strong>im</strong>ärerhebungen bzw. aus geeigneten öffentlichen wissenschaftlichen<br />

Statistiken bezogen werden. So hat die SCHUFA wie <strong>im</strong> Vorjahr eine Haushaltsbefragung in Auftrag<br />

gegeben, worin 1.200 Haushalte über das Zahlungswissen, die persönliche Schuldenneigung und<br />

erstmals auch über ihre allgemeinen Einstellungen zu Krediten befragt worden sind.<br />

Des Weiteren wurde das sozioökonomische Panel, herausgegeben vom Deutschen Institut für<br />

Wirtschaftsforschung, auf Basis von rund 12.700 Haushalten hinsichtlich der Wege in die <strong>Überschuldung</strong><br />

analysiert und auch die Einkommens- und Verbrauchstichprobe des Statistischen<br />

Bundesamtes mit rund 60.000 Haushalten einbezogen.<br />

Ein weiteres Novum <strong>im</strong> Schulden-Kompass 2004 ist die Aufnahme eines <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong>s.<br />

Er soll helfen, die Teilanalysen des Schulden-Kompass 2004 in internationale Trends der <strong>private</strong>n Verund<br />

<strong>Überschuldung</strong> einzuordnen.<br />

Der Schulden-Kompass präsentiert sich auch in seiner zweiten Ausgabe als Plattform und Anregung<br />

für weitere Untersuchungen in der <strong>Überschuldung</strong>sforschung. Ziel des Schulden-Kompasses ist es,<br />

die Datengrundlage zu verbreitern, neue Orientierungsmöglichkeiten in der deutschen Kreditlandschaft<br />

aufzuzeigen und das Verständnis über die <strong>private</strong> Ver- und <strong>Überschuldung</strong> in der öffentlichen<br />

Diskussion zu vertiefen.<br />

Nun wünschen wir Ihnen eine informative Lektüre.<br />

Prof. Dr. Johannes Hoffmann<br />

Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates des Schulden-Kompass 2004<br />

Rainer Neumann<br />

Vorstandsvorsitzender der SCHUFA HOLDING AG<br />

Wiesbaden, November 2004<br />

05


Rückblick<br />

Rückblick: Schulden-Kompass 2003<br />

Anlässlich des 4. Wiesbadener Symposions am 4. November 2003 hat die SCHUFA den ersten<br />

Schulden-Kompass vorgestellt – eine Untersuchung von empirischen Indikatoren der <strong>private</strong>n<br />

Ver- und <strong>Überschuldung</strong> in Deutschland.<br />

<strong>Die</strong> Untersuchung des SCHUFA-Datenbestands hinsichtlich der Zahlungsstörungen und Kreditausfälle<br />

in Deutschland ergab für den Beobachtungszeitraum 1999 bis 2002, dass über sämtliche<br />

Altersgruppen, Branchen, Kredithöhen und Kreise hinweg keine signifikante Zunahme der<br />

Zahlungsstörungen und Kreditausfälle zu beobachten war. Gleichwohl ließen sich auffällige<br />

Zahlungsstörungen insbesondere in jüngeren Altersgruppen, in den neuen Bundesländern,<br />

bei Kleinkrediten und in der Telekommunikationsbranche feststellen. In den Folgejahren wird zu<br />

überprüfen sein, in wie fern sich die beobachteten Ereignisse und Trends verändern.<br />

Neben der statistischen Analyse von Zahlungsstörungen, die Vertragspartner der SCHUFA melden,<br />

gab die SCHUFA eine repräsentative Umfrage in Auftrag, um individuelle Einstellungen zu Schulden<br />

und die Verbreitung eines relevanten Zahlungswissens in Deutschland zu untersuchen. Ziel war es,<br />

aussagefähige <strong>Überschuldung</strong>sindikatoren <strong>im</strong> wissenschaftlichen Beirat des Schulden-Kompass und<br />

in der Veranstaltungsreihe Wiesbadener Symposion mit der Öffentlichkeit zu diskutieren.<br />

In den Diskussionen wurde deutlich, dass eine <strong>Überschuldung</strong> wohl <strong>im</strong>mer Zahlungsstörungen mit<br />

sich bringt, aber eine Zahlungsstörung nicht zwangsläufig <strong>Überschuldung</strong> bedeutet. <strong>Die</strong>s führt zu<br />

der Aufgabenstellung, in wie fern die Zahlungsstörung ein Indiz für kurzzeitige oder dauerhafte<br />

Liquiditätsschwierigkeiten ist, welche Faktoren einen Einfluss auf die Zahlungsstörung einer Person<br />

haben und welche Instrumente bzw. Indikatoren-Bündel geeignet sind, die <strong>Überschuldung</strong>ssituation<br />

und den Grad der <strong>Überschuldung</strong>sgefahr deutscher Privathaushalte zu erkennen.<br />

06


KERN-ERGEBNISSE | SCHULDEN-KOMPASS 2004<br />

Kern-Ergebnisse und Kern-Thesen 2004<br />

Im Folgenden sind zentrale Ergebnisse und Thesen aus der aktuellen Auswertung des SCHUFA-<br />

Datenbestands 2003 (Teilanalyse A) und der in Auftrag gegebenen repräsentativen Haushaltsbefragung<br />

<strong>im</strong> Juni 2004 (Teilanalyse B) aufgeführt. <strong>Die</strong> Teilanalysen C und D sowie der internationale<br />

<strong>Vergleich</strong> dienen als ergänzende Expertisen und zeigen weitere Zusammenhänge<br />

und Aspekte der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong> auf.<br />

Auswertung des SCHUFA-Datenbestands<br />

<strong>Die</strong> <strong>im</strong> SCHUFA-Datenbestand registrierten, neu gemeldeten Zahlungsstörungen auf Personenbasis<br />

haben 2003 gegenüber dem Vorjahr in allen Bundesländern durchschnittlich um ca. 19% zugenommen.<br />

Allerdings ist die Zahl der bei der SCHUFA gespeicherten Personen <strong>im</strong> Berichtszeitraum um<br />

ca. fünf Prozent auf rund 62 Millionen Personen gestiegen. Auch dieser Effekt trägt dazu bei,<br />

dass das Potenzial von Zahlungsstörungen und die tatsächlich eingetretenen Fälle absolut<br />

zugenommen haben.<br />

Insbesondere in der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen und der 25- bis 29-Jährigen finden sich mit<br />

über 10% bzw. über 11% anteilig die meisten Personen mit einem weichen oder harten<br />

Negativmerkmal. <strong>Die</strong> Zahlungsstörungen als weiches Negativmerkmal haben deutlich stärker zugelegt<br />

als die so genannten harten Negativmerkmale, wie sie die Abgabe einer Eidesstattlichen<br />

Versicherung oder das Eröffnen eines Privatinsolvenzverfahrens darstellen. Hier betrug die durchschnittliche<br />

Zunahme der neu gemeldeten harten Negativmerkmale auf Personenbasis rund 8%. <strong>Die</strong><br />

heterogene Verteilung der Zahlungsstörung über alle Kreise lässt keine interpretierbare Grundstruktur<br />

erkennen.<br />

Bei Interpretationen zur Entwicklung der weichen und harten Negativmerkmale ist zu beachten, dass<br />

die Entwicklung auf Personenbasis betrachtet wurde und nicht die Entwicklung der absoluten<br />

Anzahl der Negativmerkmale. <strong>Die</strong>s bedeutet: Verglichen wird auf Kreisebene die Anzahl der<br />

Personen, zu denen 2002 ein oder mehrere Negativmerkmale gemeldet wurden, mit der Anzahl der<br />

Personen, zu denen 2003 ein oder mehrere Negativmerkmale gemeldet wurden.<br />

Trotz der signifikanten Zunahme insbesondere der weichen Negativmerkmale sind die Ausfallquoten<br />

von Konsumentenkrediten in den Altersgruppen von 20 bis 64 Jahren zwischen 2002 und 2003 nur<br />

marginal gestiegen. Sämtliche Ausfallquoten aller bei der SCHUFA gemeldeten Kredite beliefen<br />

sich 2003 auf unter 2,5%.<br />

Berechnungen ergeben, dass knapp 2,78 Millionen Personen in Deutschland mindestens eines der<br />

harten Negativmerkmale aufweisen. <strong>Die</strong>s kann nicht unmittelbar mit einer <strong>Überschuldung</strong>ssituation<br />

gleichgesetzt werden, da z.B. die Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung nicht zwangsläufig auf<br />

eine <strong>Überschuldung</strong> hindeutet. Ebenso kann von dieser Personen bezogenen Zahl nicht direkt auf<br />

knapp 2,78 Millionen überschuldete Haushalte geschlossen werden.<br />

07


Kern-Ergebnisse <strong>im</strong> Überblick:<br />

08 0<br />

KERN-ERGEBNISSE | SCHULDEN-KOMPASS 2004<br />

• Zunahme der Zahlungsstörungen auf Personenbasis von 19% für Gesamtdeutschland.<br />

• Zahlungsstörungen haben stärker zugenommen als Privatinsolvenzen und Eidesstattliche<br />

Versicherungen.<br />

• 20- bis 29-Jährige haben die meisten Zahlungsschwierigkeiten.<br />

• Zahlungsstörungen sind in der Telekommunikation und <strong>im</strong> Handel leicht gestiegen. 1<br />

• Zahlungsstörungen gegenüber Kreditinstituten treten eher in älteren als in jüngeren<br />

Altersgruppen auf.<br />

• Neu aufgenommene Konsumentenkredite betragen <strong>im</strong> Westen (Osten) durchschnittlich<br />

8.533 (7.129) Euro.<br />

• Mehr als zwei Drittel der Konsumentenkredite sind niedriger als 11.000 Euro.<br />

• Kreditausfallquote weniger als 2,5%.<br />

• Über 22% der ausgefallenen Kredite betrugen weniger als 2.000 EUR.<br />

• Ausgefallene Kredite betragen <strong>im</strong> Westen (Osten) durchschnittlich 8.717 (7.280) Euro.<br />

• Abnahme der ausgefallenen Kredite bis zu 5.000 Euro von 44,0% auf 42,8%.<br />

• In Bayern ist der prozentuale Anteil der Personen mit mindestens einem Negativmerkmal<br />

am geringsten.<br />

• In Nordrhein-Westfalen, Berlin und in Brandenburg ist der prozentuale Anteil der Personen<br />

mit mindestens einem Negativmerkmal vergleichsweise hoch.<br />

Repräsentative Haushaltsbefragung<br />

61,5% der ca. 1.200 befragten Haushalte hatten <strong>im</strong> Befragungszeitraum keine Kreditbelastung.<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit plant auch für die Zukunft keine Kreditaufnahme. Etwas mehr als ein Drittel der befragten<br />

Personen zahlt zur Zeit einen (27,5%) oder mehrere Kredite (8,2%) zurück.<br />

<strong>Die</strong> Liste möglicher Kreditverwendungszwecke führt die Anschaffung bzw. Sanierung einer<br />

Immobilie an: Fast 66% der Kreditnehmer geben dies als Grund für die Kreditaufnahme an. Bereits<br />

deutlich dahinter, aber als zweitwichtigster Grund für einen Kredit, rangiert der Kauf eines Autos<br />

bzw. Motorrads (21,5%). Eher nachrangig erscheinen Verwendungszwecke wie der Erwerb einer<br />

neuen Wohnungseinrichtung (5,6%) oder die Geschäftseröffnung/Selbstständigkeit (1,9%). 2,1%<br />

der Kreditnehmer nutzen Kredite zur Überbrückung finanzieller Engpässe.<br />

1 Vgl. Erläuterung in Teilanalyse A, S. 36.


KERN-ERGEBNISSE | SCHULDEN-KOMPASS 2004<br />

Des Weiteren wurde untersucht, in wie fern sich soziodemografische Einflussfaktoren wie<br />

Geschlecht, Alter, Bildungsabschluss und Haushaltsnettoeinkommen aktuell auf die Einstellung zur<br />

Verschuldung auswirken.<br />

Kern-Thesen <strong>im</strong> Überblick:<br />

• Frauen und Männer betrachten die Einkommensverknappung und wirtschaftlichen Nöte<br />

nahezu gleichermaßen als Ursachen für die Verschuldung.<br />

• Jüngere Menschen (bis 29 Jahre) sind bei der Verschuldung Konsum orientierter.<br />

• Je geringer der formale Bildungsgrad, desto stärker werden Ursachen der Verschuldung in<br />

wirtschaftlichen Zwängen gesehen.<br />

• Je geringer das Haushaltsnettoeinkommen, desto stärker werden Ursachen der<br />

Verschuldung in wirtschaftlichen Zwängen gesehen.<br />

Der <strong>Vergleich</strong> zwischen 2003 und 2004 zeigt, dass sowohl das Zahlungswissen als auch die<br />

Schuldenneigung weitestgehend stabil geblieben sind. Auffällig ist allerdings, dass der Anteil der<br />

Haushalts-Finanzvorstände, die über ein mittleres bis hohes Zahlungswissen verfügen, gegenüber<br />

2003 von 42,9% auf 47,9% zugenommen hat. Außerdem ist der Anteil der Haushalte mit geringem<br />

Zahlungswissen von 14,9% auf 9,1% gesunken.<br />

Eine mittlere bis hohe Schuldenneigung weisen 27,8 (Vorjahr 30,0)% der Haushalte auf. Personen<br />

mit höherer Schuldenneigung st<strong>im</strong>men insbesondere stark Konsum orientierten Aussagen („wenn<br />

mir etwas wichtig ist, dann kaufe ich es auch“) zu. Des Weiteren n<strong>im</strong>mt bei Aussagen, wonach die<br />

Schuldenaufnahme infolge der schlechten Wirtschaftslage eine Notwendigkeit sei, der Grad der<br />

Zust<strong>im</strong>mung mit Ausprägung der Schuldenneigung zu.<br />

Kern-Thesen <strong>im</strong> Überblick:<br />

• Jüngere Menschen verfügen über ein geringeres Zahlungswissen und zeigen eine<br />

tendenziell höhere Schuldenneigung.<br />

• Je höher der Bildungsgrad, desto höher das Zahlungswissen und geringer die<br />

Schuldenneigung.<br />

• Mit wachsendem Einkommen steigt das Zahlungswissen und sinkt die Schuldenneigung.<br />

• Nicht-Berufstätige haben geringeres Zahlungswissen und eine höhere Schuldenneigung.<br />

• Auszubildende haben ein niedriges Zahlungswissen.<br />

• Personen mit höherer Schuldenneigung st<strong>im</strong>men insbesondere den Aussagen zu,<br />

wonach die Schuldenaufnahme infolge der schlechten Wirtschaftslage eine Notwendigkeit<br />

sei.<br />

09


SCHULDEN-KOMPASS | EINLEITUNG<br />

Einleitung<br />

Spätestens seit Ende der 50er Jahre ist der Konsumentenkredit aus der modernen, auch als<br />

Kreditgesellschaft bezeichneten Volkswirtschaft nicht mehr wegzudenken. Bereits Ende der 50er<br />

Jahre wurden 15% des Einzelhandelsumsatzes in Deutschland über Kreditkäufe abgewickelt. Bis<br />

heute steigt die Zahl der Raten- und Konsumentenkredite kontinuierlich an. Betrug das<br />

Gesamtvolumen der Konsumentenkredite 1999 rund 215,7 Mrd. Euro, so hat sich dieses Volumen<br />

<strong>im</strong> dritten Quartal 2004 auf rund 230,9 Mrd. Euro erhöht. 1 Nach Angaben der Einkommens- und<br />

Verbrauchsstichprobe (EVS 2003, siehe Glossar) und des sozioökonomischen Panels (SOEP 2002,<br />

siehe Glossar) haben 33% der deutschen Haushalte einen Dispositionskredit, 21,1% einen<br />

Konsumentenkredit und/oder 23,8% eine Hypothek oder ein Baudarlehen aufgenommen. 2<br />

Nach Meinung von Verbraucherverbänden wird der Zugang zu Fremdkapital für untere<br />

Einkommensschichten mit geringem Bar-Vermögen <strong>im</strong>mer wichtiger, um beispielsweise den<br />

Arbeitsplatz durch den Betrieb von Pkw, Computer und Internetanschluss zu sichern. So würden<br />

Finanzdienstleistungen in Form von Krediten und Ratenzahlungen zunehmend unentbehrlich und<br />

könnten <strong>im</strong> produktiven Einsatz die Existenz finanziell absichern oder auch eine Wohlstandssteigerung<br />

ermöglichen. Hingegen sind mit der Verschuldung zweifelsohne Risiken verbunden.<br />

Kredite können bei eingeschränkten Handlungsspielräumen des Schuldners den Prozess bis hin zu<br />

einer prekären Finanzsituation beschleunigen – bis zu dem Punkt, an dem auch eine zusätzliche<br />

Kreditaufnahme nicht mehr möglich ist, um die Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Auch wenn in<br />

absoluten Zahlen vor allem Hypothekenkredite zur höchsten Kreditbelastung von Privathaushalten<br />

führen, nehmen sie bei Untersuchungen zur <strong>Überschuldung</strong> insgesamt eine nachrangige Rolle ein,<br />

da sie in der Regel durch Werterhalt bzw. die Wertsteigerung des Objekts abgesichert sind. 3<br />

Mit steigender Verschuldung der Privathaushalte scheint aber auch die Zahl der überschuldeten<br />

Haushalte zuzunehmen. Berechnungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend gehen <strong>im</strong> 2. Armuts- und Reichtumsbericht (2004) von rund 3,1 Millionen überschuldeten<br />

Haushalten aus, während 1999 noch rund 2,8 Millionen überschuldete Haushalte beziffert wurden. 4<br />

Überschuldete Haushalte könnten mit ihrem laufenden Einkommen (nach Auflösung ihrer Reserven)<br />

den Zahlungsverpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen, selbst wenn sie ihre<br />

Lebenshaltung einschränkten. 1989 hat die Zahl der überschuldeten Haushalte Schätzungen zufolge<br />

noch bei 1,2 Millionen gelegen.<br />

1 Vgl. Prof. Dr. Udo Reifner, Helga Springeneer: Internationaler <strong>Vergleich</strong> der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong>, Schulden-Kompass 2004.<br />

2 Vgl. Wege in die <strong>Überschuldung</strong> in Teilanalyse C. Sekundärstatistische Analysen auf Basis der EVS und des SOEP.<br />

3 Vgl. Eine repräsentative Haushaltsbefragung in Teilanalyse C.<br />

4 Vgl. Diskussionsbeitrag von Adelheid Braumann für den Schulden-Kompass 2004.<br />

10


SCHULDEN-KOMPASS | EINLEITUNG<br />

Der Themenkomplex <strong>private</strong> Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong> hat sich von den ersten Anfängen<br />

der <strong>Überschuldung</strong>sforschung durch David Caplovitz 5 in 1967 von einem individuellen Problem zu<br />

einem sozialen Problem entwickelt und ist so mit kontinuierlicher Verstärkung in den Mittelpunkt des<br />

öffentlichen Interesses gerückt. Spätestens aber seit Vorlage des ersten Armuts- und<br />

Reichtumsbericht der Bundesregierung 1999 ist die Öffentlichkeit in eine intensive Diskussion<br />

eingestiegen, nicht ohne gewisse emotionale Aufladung in den Publikumsmedien. Überschriften<br />

lauteten z.B. „Der Fluch des schnellen Geldes“ (Süddeutsche Zeitung), „Leben auf Pump“ (<strong>Die</strong> Zeit)<br />

oder „Sind Schulden eine Krankheit?“ (<strong>Die</strong> Welt). 6<br />

In Deutschland – aber auch international 7 – gibt es keine Statistik über den Verschuldungsgrad<br />

<strong>private</strong>r Haushalte. Daher sind Rückschlüsse auf die Verschuldung, die <strong>Überschuldung</strong>sgefahr und<br />

schließlich die <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten nur indirekt über Indikatoren möglich wie die<br />

Vergabe von Konsumentenkrediten, Kreditkarten, Dispositionskrediten oder über Konsumquoten,<br />

Sparquoten und die noch jungen, seit 1999 geführten Statistiken zu Privatinsolvenzen. <strong>Die</strong> Zahl der<br />

tatsächlich überschuldeten Privathaushalte in Deutschland verlässlich zu erheben, ist methodisch<br />

nicht möglich. Zahlreiche Parameter spielen hinein wie Branchenregelungen der Kreditwirtschaft,<br />

das individuelle Konsumverhalten, die Haushaltsführung von Personen und Wirtschaftsgemeinschaften<br />

sowie konjunkturelle Rahmenbedingungen, die wiederum in komplexer Wechselbeziehung<br />

zu einander stehen. Folglich kann die Betrachtung von Ver- und <strong>Überschuldung</strong> aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln sowie an vielfältigen Abstraktionsstufen ansetzen: an der gesamtwirtschaftlichen Lage,<br />

am Kreditsystem, am Rechtssystem, an der Konsumkultur, an institutionellen Rahmenbedingungen,<br />

am Bildungssystem, an der Erziehung etc. Entsprechend heterogen präsentiert sich auch der<br />

Forschungsstand mit einer Reihe von Teildarstellungen. 8<br />

Der Schulden-Kompass 2004 versucht, relevante Indikatoren aus unterschiedlichen Blickwinkeln aufzuzeigen,<br />

sie zu überprüfen und schließlich miteinander in Beziehung zu setzen. Auf repräsentativer<br />

Ebene über die deutsche Gesamtbevölkerung wird eine verlässliche Datenlage zur Situation der <strong>private</strong>n<br />

Verschuldung in Deutschland angestrebt. Hierfür ist der SCHUFA-Datenbestand mit<br />

340 Millionen Datensätzen von über 60 Millionen volljährigen Personen eine einzigartige Quelle.<br />

Möglich ist die kontinuierliche, anonymisierte Vollerhebung über die bankenmäßige Verschuldung,<br />

die Verteilung von neu aufgenommenen und ausgefallenen Krediten sowie die Zahl und Entwicklung<br />

von Zahlungsstörungen aus den Branchen Telekommunikation und Handel (inkl. Versandhandel).<br />

Neben der Zahlungsstörung und dem Kreditausfall als so genannte weiche Negativmerkmale enthält<br />

der SCHUFA-Datenbestand ebenso harte Negativmerkmale wie die Eidesstattliche Versicherung<br />

(früher Offenbarungseid), Privatinsolvenz oder den Haftbefehl zur Abgabe einer Eidesstattlichen<br />

Versicherung.<br />

5 Caplovitz, David: The poor pay more. Consumer practices of low-income families, New York 1967.<br />

6 Hirseland, Andreas: Schulden in der Konsumgesellschaft, Eine soziologische Analyse, Amsterdam 1999, S. 3.<br />

7 Vgl. Prof. Dr. Udo Reifner, Helga Springeneer: Internationaler <strong>Vergleich</strong> der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong>, Schulden-Kompass 2004.<br />

8 Hirseland, Andreas: a.a.O., S.15.<br />

11


SCHULDEN-KOMPASS | EINLEITUNG<br />

Daten und Summen zur Gesamtverschuldung haben als absolute Beträge für die <strong>Überschuldung</strong>sforschung<br />

eine stark eingeschränkte Aussagekraft, wenn sie nicht zu den jeweiligen Lebensverhältnissen<br />

der Schuldner, insbesondere zu deren Einkommens- und Erwerbssituation und zu<br />

Haushaltstypen in Beziehung gesetzt werden.<br />

Da der SCHUFA-Datenbestand außer Alter, Geschlecht und Wohnort keine soziodemografischen<br />

Daten (Einkommen, Vermögensverhältnisse, Erwerbsstatus etc.) enthält, fließen mit der<br />

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und dem sozioökonomischen Panel zwei weitere Quellen in<br />

den Schulden-Kompass ein, die sekundärstatistisch ausgewertet wurden.<br />

Das Statistische Bundesamt erhebt mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) <strong>im</strong> fünfjährigen<br />

Turnus haushaltsbezogene, soziodemografische und strukturelle Daten über die <strong>private</strong> Verund<br />

<strong>Überschuldung</strong> von rund 60.000 Haushalten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW) bringt jährlich mit dem sozioökonomischen Panel (SOEP) soziodemografische Daten von rund<br />

12.700 Haushalten heraus.<br />

Im Schulden-Kompass 2004 wird nicht nur der Versuch unternommen, die Population der<br />

Verschuldeten und Überschuldeten repräsentativ zu berechnen, auch wird auf Basis der EVS und des<br />

SOEP nach soziodemografischen Teilaspekten differenziert, um Aussagen über Ursachen und<br />

Auslöser der <strong>Überschuldung</strong> treffen zu können. 9 Wahrscheinlichkeitsberechnungen zu den Übergängen<br />

von der Verschuldung in die <strong>Überschuldung</strong> sollen zentrale Ergebnisse über die „Wege in<br />

die <strong>Überschuldung</strong>“ liefern.<br />

Um die statistischen Befunde mit Pr<strong>im</strong>ärbeobachtungen abzusichern, wurde auch für den Schulden-<br />

Kompass 2004 wieder eine repräsentative Haushaltsbefragung durchgeführt und wie <strong>im</strong> Vorjahr die<br />

Merkmale Schuldenneigung und Zahlungswissen erhoben. Außerdem umfasst die diesjährige<br />

Befragung D<strong>im</strong>ensionen des persönlichen Wertesystems sowie persönliche Einstellungen über den<br />

Umgang mit Krediten. Des Weiteren wurden typische Verwendungszwecke für Kredite erhoben.<br />

Der Schulden-Kompass 2004 wird in seiner zweiten Ausgabe keine Analyse aller Aspekte der <strong>private</strong>n<br />

Ver- und <strong>Überschuldung</strong> in Deutschland liefern können. Auch ist zu betonen, dass die erhobenen<br />

Indikatoren Näherungswerte sind und keine Volldeckung für sich beanspruchen können.<br />

Allerdings strebt der Schulden-Kompass 2004 in seinen Erhebungen und dem gegenseitigen<br />

Spiegeln der Ergebnisse ein hohes Maß an Repräsentativität und Validität an.<br />

9 Vgl. Teilanalyse C, Dr. Dr. Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann: Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und Ursachen, Schulden-Kompass 2004,<br />

S. 115 ff.<br />

12


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1. Zentrale Begriffe<br />

Der Themenkomplex der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong> hat sich in den Industrieländern seit den<br />

70er Jahren zu einem bedeutenden und interdisziplinären Forschungsgegenstand entwickelt.<br />

Sozialwissenschaftler, Juristen, Volkswirtschaftler, Betriebswirtschaftler, Psychologen, Pädagogen,<br />

Theologen, Mathematiker und Statistiker arbeiten auf Basis teilweiser divergierender Grunderfahrungen<br />

an unterschiedlichen Erhebungen und Auswertungen, um die jeweiligen D<strong>im</strong>ension<br />

ihres Untersuchungsgegenstands messbar zu machen. <strong>Die</strong>s erschwert eine Zusammenführung der<br />

Auswertungen. Auch werden die jeweils verwendeten Begriffe vom Verständnis der jeweiligen<br />

Teild<strong>im</strong>ension beeinflusst.<br />

<strong>Die</strong> definitorischen Schwierigkeiten bestehen international mangels einer eigenen umfassenden<br />

Theorie zur Ver- und <strong>Überschuldung</strong>. 10 Mit wachsendem öffentlichen Interesse und der Relevanz der<br />

abgeleiteten Hypothesen und Aussagen zur Situation der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> wächst der<br />

Anspruch aller beteiligten Disziplinen, den komplexen Forschungsgegenstand weiter definitorisch<br />

einzugrenzen und die verschiedenen Grunderfahrungen zu klassifizieren. Ziel ist es, verlässliche<br />

Indikatoren der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong> abzuleiten.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Überschuldung</strong>sforschung hat das Grundproblem, dass die Klassifizierungen der Untersuchungsgegenstände<br />

oft auf Legaldefinitionen basieren. So führen die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten und<br />

die USA juristische Definitionen für ihr Begriffsverständnis von <strong>private</strong>r <strong>Überschuldung</strong> an, worauf<br />

das Institut für Finanzdienstleistungen in einer <strong>internationalen</strong> Einordnung der <strong>Überschuldung</strong>sproblematik<br />

hinweist. 11 Für weiterführende Aussagen gilt es jedoch, die juristische Form einer Schuld<br />

von dem wirtschaftlichen Inhalt zu trennen, um so ein weiter gefasstes Spektrum der sozialen<br />

Realität, basierend auf verschiedenen Indikatoren, abbilden zu können.<br />

Von einem einzelnen Indikator kann nicht auf <strong>Überschuldung</strong> geschlossen werden, da <strong>Überschuldung</strong><br />

stets aus der Kombination struktureller, institutioneller und individueller Faktoren resultiert. Im<br />

Folgenden sind einige zentrale Begriffe <strong>im</strong> Schulden-Kompass 2004 mit kurzen Erläuterungen<br />

aufgeführt. Es wird betont, dass keine dieser Erläuterungen eine abschließende Sachverhaltsklärung<br />

ist, sondern der sachlichen, öffentlichen Diskussion als Beitrag für weitere Differenzierungen<br />

dienen mag.<br />

10 Z<strong>im</strong>mermann, Gunter, E.: <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte, Freiburg 2000, insbes. Kapitel zur definitorischen<br />

Eingrenzung von <strong>Überschuldung</strong>, S. 5.<br />

11 Vgl. Private <strong>Überschuldung</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong>, Schulden-Kompass 2004, S. 161 ff.<br />

13


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1.1 Private Schulden und Kredite<br />

Im Schulden-Kompass bezieht sich der Begriff Verschuldung auf die <strong>private</strong> Kreditaufnahme.<br />

Verschuldung ist das bloßes Eingehen von Geldverbindlichkeiten auch zu Klein- und Kleinstbeträgen.<br />

Schulden bzw. Kredite sind sämtliche ökonomisch oder juristisch geregelte Zahlungsverpflichtungen,<br />

die bei einer Einzelperson oder bei einem Haushalt entstehen können. <strong>Die</strong> Aufnahme von<br />

Finanzkrediten wird allgemein als Schuldenaufnahme bzw. Verschuldung bezeichnet. Finanzkredite<br />

sind daher <strong>im</strong>mer Schulden. Jedoch müssen Schulden nicht zwangsläufig Finanzkredite sein.<br />

<strong>Die</strong>nstleistungskredite in Form von Telekommunikationsschulden oder Warenkredite bei<br />

Warenversendungen auf Rechnung werden umgangssprachlich nicht als Schulden benannt, gleichwohl<br />

sind sie aber als solche zu bezeichnen.<br />

Differenzierungen aus Forschung und Praxis:<br />

1) Pr<strong>im</strong>ärschulden sind bankneutrale Schulden, deren Bezahlung die Funktionsfähigkeit des<br />

Haushalts voraussetzen. Hierunter fallen Miet- und Energieschulden, offene Telefonrechnungen,<br />

Unterhaltsschulden, Versicherungsschulden, Schulden <strong>im</strong> Freundeskreis, Spielschulden,<br />

Pfandleihen etc.<br />

2) Sekundärschulden sind bankmäßige Kredite wie Konsumentenkredite (z.B. Dispositionskredit,<br />

Ratenkäufe, Leasing, Kreditkartenkredite), Versicherungsschulden, Schulden bei öffentlichen<br />

Gläubigern sowie Hypotheken.<br />

3) Kredit ist die befristete, gewerbliche Bereitstellung von Kaufkraft in Form von Konsumentenkrediten<br />

oder Hypotheken.<br />

4) Produktive Kredite haben investiven Charakter. Es sind Kredite, die für den Verbraucher einen<br />

unmittelbaren Gegenwert (z.B. Kredit finanzierte Anschaffungen wie Kfz, PC, Wohnungseinrichtungen<br />

etc.) darstellen. Zu unterscheiden ist hier zwischen besicherten und unbesicherten<br />

Krediten.<br />

5) Unproduktive Kredite sind solche, die aus dem Lebenseinkommen nicht mehr zurückgezahlt<br />

werden können oder der Umschuldung bzw. Ablösung anderer Kredite dienen.<br />

Der wissenschaftliche Beirat des Schulden-Kompasses hat sich auf folgendes Begriffsverständnis von<br />

Verschuldung, der Aufnahme eines Kredits, geeinigt:<br />

„Verschuldung ist jede Form des Eingehens von Zahlungsverpflichtungen und stellt ein normales,<br />

in vielen Haushalten unvermeidliches Verbraucherverhalten dar.“<br />

14


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1.2 Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong><br />

<strong>Die</strong> wichtigste begriffliche Unterscheidung bei Untersuchungen zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> ist die<br />

strikte Trennung von „Verschuldung“ und „<strong>Überschuldung</strong>“. Der in diesem Zusammenhang häufig<br />

genutzte populäre Begriff der Zahlungsmoral ist nicht Gegenstand des Schulden-Kompasses.<br />

Verschuldung ist <strong>im</strong>mer die Voraussetzung für eine <strong>Überschuldung</strong>ssituation, aber mit ihr keinesfalls<br />

von vornherein gleichzusetzen. Abschließende Definitionen zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> sind aufgrund<br />

des komplexen und von kontinuierlichen gesellschaftlichen Änderungsprozessen beeinflussten<br />

Untersuchungsgegenstandes nicht möglich. Gleichwohl versucht der Schulden-Kompass<br />

sich über interdisziplinäre Ansätze dem Themenkomplex zu nähern. Das Phänomen <strong>Überschuldung</strong><br />

ließe sich wohl am verlässlichsten mit einem Modell erfassen, das sich aus einem Bündel von relevanten<br />

juristischen, demografischen, konjunkturellen, soziologischen und psychologischen<br />

Indikatoren zusammensetzt. Werden jedoch aus einzelnen Einflussfaktoren ohne Berücksichtigung<br />

ihrer gegenseitigen Wechselwirkung Schlüsse auf die <strong>Überschuldung</strong> gezogen, kann dies schnell zu<br />

Fehlinterpretationen führen.<br />

Formalisierte Kategorien auf Basis amtlicher Statistiken und auch der SCHUFA-Daten sind zwar<br />

trennscharf und lassen sich vollständig erheben. Aber auch diese Daten können nur einen Teil der<br />

<strong>Überschuldung</strong>sindikatoren abdecken. Wolfhard Kothe 12 gibt zu bedenken, dass jede formale<br />

Kategorie als Legaldefinition <strong>im</strong>plizite Grenzen hat und daher auch als Indikator für die <strong>Überschuldung</strong>sforschung<br />

nur eingeschränkt aussagefähig sein kann. Beispielsweise erfolgt nicht jede<br />

Zahlungsverweigerung aus <strong>Überschuldung</strong>sgründen und nicht jede Kreditkündigung bedeutet einen<br />

manifesten Gläubiger-/Schuldnerkonflikt, zumal auch die Kredithöhe eine wichtige Einflussgröße ist.<br />

<strong>Die</strong>ter Korczak führt in einem von der SCHUFA veranstalteten Experten-Hearing 13 weiter aus, dass<br />

nur 30% der Klienten von Schuldnerberatungsstellen eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben<br />

haben und ca. 50% bis 70% Kredite gekündigt haben. Würde man sich demnach nur auf die<br />

juristisch formalisierten Konflikte – wie die Kreditkündigung, die Abgabe einer Eidesstattlichen<br />

Versicherung, die Eröffnung des Privatinsolvenzverfahrens oder der Mahnbescheid – beschränken,<br />

blieben jene prekären Finanzlagen unberücksichtigt, die nicht in einen juristisch formalisierten<br />

Konflikt münden. Auch müsse bei Indikatoren auf Basis Personen bezogener Daten bedacht werden,<br />

dass <strong>Überschuldung</strong> nach Ansicht von Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann 14 in der Regel ein Problem des<br />

Haushalts ist.<br />

12 Prof. Dr. Wolfhard Kothe, Jurist an der Martin Luther Universität in Halle Wittenberg, Kommentator des Verbraucherinsolvenzrechts,<br />

Mitglied des Beratergremiums der Bundesregierung zum zweiten Armuts- und Reichtumsbericht.<br />

13 Von der SCHUFA HOLDING AG veranstaltetes Experten-Hearing zum Thema Schulden-Kompass und <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong>,<br />

Juni 2004. Teilnehmer: Prof. Dr. Hugo Grote, Dr. Günter Hörmann, Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Dr. <strong>Die</strong>ter Korczak,<br />

Prof. Dr. Udo Reifner, Dr. Dr. Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann.<br />

14 Vgl. Teilanalyse C: Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und Ursachen, Schulden-Kompass 2004, S. 115 ff.<br />

15


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

<strong>Die</strong> folgenden definitorischen Versuche dienen zur Eingrenzung des Phänomens <strong>Überschuldung</strong>:<br />

15 Groth, Ulf: Schuldnerberatung. Praktischer Leitfaden für die Sozialarbeit, Frankfurt a.M. 1984, S. 16.<br />

16 <strong>Die</strong>se Beschreibungen wurden u.a. auf den Wiesbadener Symposien 2002 und 2004 diskutiert.<br />

17 Diskussionsbeiträge auf den Wiesbadener Symposien 2002 und 2004.<br />

18 Vgl. Korczak, <strong>Die</strong>ter: Definitionen der Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong> <strong>im</strong> europäischen Raum. Literaturrecherche <strong>im</strong><br />

Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, München April 2003, S. 26.<br />

16<br />

• Bei einer überschuldeten Person reicht der verbleibende Rest des monatlichen<br />

Einkommens nach Abzug der fixen Lebenshaltungskosten (Miete, Energie, Versicherung<br />

etc. zzgl. Ernährung) nicht aus, um Kreditraten zu bedienen. 15<br />

• <strong>Überschuldung</strong> ist mit Armut gleichzusetzen. In der Kreditgesellschaft ist arm,<br />

wer kreditunwürdig ist und damit keinen Zugang mehr zu Finanzdienstleistungen hat.<br />

Oftmals ist damit auch eine psychosoziale Destabilisierung sowie eine Ausgrenzung aus<br />

der Gesellschaft verbunden. 16<br />

• <strong>Überschuldung</strong> liegt vor, wenn das aktuelle und absehbare Vermögen und das absehbar<br />

gesicherte Erwerbspotenzial die aktuellen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr decken<br />

und damit eine dauerhafte Liquiditätsschwäche auslösen. 17<br />

Der wissenschaftliche Beirat des Schulden-Kompass 2003 hat sich auf folgende Annäherung des<br />

<strong>Überschuldung</strong>sbegriffs als eine Prozessbeschreibung geeinigt: 18<br />

• Subjektive <strong>Überschuldung</strong>: <strong>Die</strong> Person fühlt sich psychisch und finanziell überfordert,<br />

Schulden zurückzuzahlen.<br />

• Relative <strong>Überschuldung</strong>: Trotz Reduzierung des Lebensstils reicht der Einkommensrest<br />

nach Abzug der Lebenshaltungskosten (Miete, Energie, Versicherung,<br />

Grundnahrungsmittel, öffentliche Verkehrsmittel, Telefon, Kleidung etc.) nicht zur<br />

fristgerechten Schuldentilgung aus.<br />

• Absolute <strong>Überschuldung</strong> (Insolvenz): Einkommen und Vermögen des Schuldners reichen<br />

nicht mehr, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken.<br />

Mit dieser Definition, die einer Verlaufshypothese folgt, konnte der Schulden-Kompass 2004<br />

insbesondere mit der Teilanalyse C weiter ausgebaut werden. Doch trotz eines mittlerweile recht<br />

umfangreichen Konsens in der Wissenschaft steht die abschließende rechtliche, soziologische und<br />

ökonomische Definition von „<strong>Überschuldung</strong>“ weiterhin aus.


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1.3 Schuldenneigung<br />

Zur Best<strong>im</strong>mung und Anwendbarkeit eines individuellen Indikators wird die psychologische<br />

D<strong>im</strong>ension „Schuldenneigung“ <strong>im</strong> Schulden-Kompass erprobt. <strong>Die</strong> Schuldenneigung ist erstmalig <strong>im</strong><br />

Schulden-Kompass 2003 erhoben worden und war bis dahin ein wenig beachtetes Merkmal bei<br />

Forschungsarbeiten zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong>. 19 Hintergrund ist die Frage, in wie fern die<br />

Schuldenneigung als persönliche Disposition unabhängig von äußeren Einflussfaktoren auf das<br />

Kreditverhalten wirkt? Schuldenneigung bedeutet die Bereitschaft oder die Neigung, auf Kredit zu<br />

kaufen oder zu mieten, ohne die völlige Gewissheit darüber zu haben, dass der Verpflichtung nachkommen<br />

werden kann. <strong>Die</strong>se Bereitschaft ist gemäß der Hypothese unveränderlicher persönlicher<br />

Einstellungen unterschiedlich ausgeprägt. Bei sehr geringer Ausprägung wird nach Möglichkeit ganz<br />

vermieden, Kredit aufzunehmen. Bei sehr starker Ausprägung werden Kreditmöglichkeiten auch<br />

dann genutzt, wenn deren Rückzahlung nicht gesichert ist.<br />

Für den Schulden-Kompass und die Konstruktion der Umfrage zur Schuldenneigung wurde die<br />

Hypothese formuliert, dass ein best<strong>im</strong>mter Teil der Kreditnehmer die besondere Disposition<br />

(Schuldenneigung) besitzt, <strong>im</strong> Augenblick des Handelns einzugehende oder eingegangene<br />

Verpflichtungen zu verharmlosen und/oder deren mögliche Konsequenzen auszublenden. <strong>Die</strong>se<br />

Disposition könnte durch einen Mangel an Wissen (aus Bildung oder Erfahrung) bedingt sein, aber<br />

auch durch eine Dominanz best<strong>im</strong>mter Handlungsstrategien (aus Erfahrung und Übung).<br />

Auf einer Gegenhypothese baut die Modernisierungstheorie der soziologischen Forschung auf,<br />

wonach in Abhängigkeit der Situation finanzielle Risiken dem Kreditnehmer fallweise transparent<br />

oder eher intransparent erscheinen, und sich daher seine Neigung je nach Situation ändert. Nach<br />

dieser Theorie hängen die Schuldenneigung und das Kreditverhalten somit von exogenen Faktoren<br />

ab. Darüber hinaus ist zu hinterfragen, wie sich eine mehr oder minder ausgeprägte<br />

Schuldenneigung zu Ansätzen der <strong>Überschuldung</strong>sprävention und der Schuldnerberatung verhält.<br />

Hierfür zeigt der Schulden-Kompass 2004 in einer Pilotuntersuchung Aspekte und Möglichkeiten<br />

eines verhaltensorientierten Ansatzes. 20<br />

19 Hirseland, Andreas: a.a.O. Hirseland führt aus, dass Handeln und Situationsdefinitionen <strong>im</strong>mer auf subjektiven Deutungsmustern<br />

beruhen; in so fern, als der Handelnde die Situation aufgrund bereits bestehender Einstellungen interpretiert.<br />

S. 90 ff.<br />

20 Vgl. Teilanalyse D: Prof. Dr. Winfried Hacker zeigt, welche verhaltensseitigen Bedingungen für die Bedienung von<br />

Krediten beobachtbar sind und in wie fern sich diese operationalisieren lassen. Untersucht wird, ob die <strong>im</strong> Schulden-Kompass<br />

2003 und 2004 erhobene D<strong>im</strong>ension Schuldenneigung Ansätze für eine Ermittlung von Wegen aus der Verschuldung <strong>im</strong><br />

Sinne eines kreditbedienenden Selbstmanagements bietet.<br />

17


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1.4 Zahlungsstörungen<br />

<strong>Die</strong> Zahlungsstörung ist eine von der SCHUFA erfasste D<strong>im</strong>ension der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong>.<br />

Zahlungsstörungen speichert die SCHUFA als so genanntes weiches Negativmerkmal. Das sind<br />

offene, ausreichend gemahnte und nicht bestrittene Forderungen, die als vertragswidriges Verhalten<br />

von den Vertragspartnern aus den Bereichen Banken, Telekommunikation und Handel (inkl.<br />

Versandhandel) der SCHUFA fallweise mitgeteilt werden.<br />

Werden die offenen Forderungen beglichen, bleibt das Negativmerkmal Zahlungsstörung drei Jahre<br />

<strong>im</strong> Datenbestand der SCHUFA gespeichert. Zwar bringt eine <strong>Überschuldung</strong> wohl <strong>im</strong>mer<br />

Zahlungsstörungen mit sich. Aber Zahlungsstörungen weisen nicht zwangsläufig auf eine <strong>Überschuldung</strong><br />

hin. Im Zusammenhang mit Zahlungsstörungen ergänzend ausgewertete „harte“<br />

Merkmale sind Eidesstattliche Versicherungen (früher Offenbarungseid), Haftbefehle zur Abgabe<br />

einer Eidesstattlichen Versicherung sowie Privatinsolvenzen.<br />

<strong>Die</strong> Zahlungsstörung ist Ausdruck eines Gläubiger/Schuldner-Konflikts und es gilt, die<br />

Einflussfaktoren der Zahlungsstörung weiter zu erforschen; in wie fern sie ein Indiz für kurzzeitige<br />

oder dauerhafte Liquiditätsschwierigkeiten 21 sind und welchen Erklärungsbeitrag sie für eine <strong>Überschuldung</strong>ssituation<br />

leisten oder eine erhöhte <strong>Überschuldung</strong>sgefahr bedeuten. 22 Zu berücksichtigen<br />

ist, dass die von der SCHUFA erfassten Zahlungsstörungen Personen bezogene Daten sind, während<br />

das Phänomen der <strong>Überschuldung</strong> auch <strong>im</strong> Kontext des Haushalts zu untersuchen ist.<br />

1.5 Zahlungswissen und Finanzielle Allgemeinbildung<br />

Zahlungswissen ist ein Teil des Finanzwissens, das wiederum der ökonomischen Allgemeinbildung<br />

zugeordnet wird. Während die ökonomische Allgemeinbildung Kenntnisse über die Funktionsweise<br />

der Marktwirtschaft umfasst, beinhaltet die finanzielle Allgemeinbildung die wichtigsten persönlichen<br />

Vorrausetzungen für die individuell sinnvolle Nutzung von Finanzdienstleistungen. 23 Das<br />

Finanz- und Zahlungswissen, wie es in der Pr<strong>im</strong>ärerhebung des Schulden-Kompass 2003 und 2004<br />

erhoben wird, stellt zunächst auf die Nutzung von Finanzdienstleistungen ab und <strong>im</strong>pliziert dort ein<br />

Wissen über Grundtypen von Geld- und Kreditgeschäften und einzelne Randbedingungen. 24<br />

Bei Untersuchungen zum Finanz- und Zahlungswissen und deren Wechselwirkung gilt es insgesamt<br />

zu prüfen, welche Defizite <strong>im</strong> Produkt- und Handlungswissen bei der <strong>Überschuldung</strong> eine Rolle<br />

spielen. Schwierigkeiten jedoch bereitet die Operationalisierung von Produkt- bzw. Faktenwissen für<br />

Testzwecke in so fern, als die unüberblickbare Vielzahl von Finanzprodukten wohl kein Verbraucher<br />

komplett beherrschen dürfte und es daher auch nicht das „absolute“ Finanzwissen gibt. Außerdem<br />

unterliegt das Produkt- oder Faktenwissen gegenüber dem Handlungswissen einer schnelleren<br />

Alterung, was die Messung eines sich ggf. verändernden Faktenwissen erschwert. Zu berücksichtigen<br />

ist auch, dass best<strong>im</strong>mte Einstellungen und persönliche Lebensmax<strong>im</strong>en ein Produkt- und<br />

Handlungswissen dominieren und dieses Wissen bewusst ausblenden können. Dann folgt die<br />

Handlung nicht einem Wissen, sondern dient vielmehr der Erfüllung einer persönlichen, faktisch<br />

gelebten Überzeugung. 25<br />

Siehe Fußnoten Seite 19<br />

18


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1.6 <strong>Überschuldung</strong>skarrieren<br />

Karriere bezeichnet ursprünglich eine erfolgreiche, lang andauernde und mit Aufstieg verbundene<br />

berufliche Laufbahn. Der Begriff wurde von der Arbeitswelt auch auf andere soziale Bereiche übertragen:<br />

man spricht heute von einer Sportkarriere, Armutskarriere, Drogenkarriere usw. Der Begriff<br />

Karriere bezeichnet somit aufwärts- und abwärtsmobile Wege innerhalb sozialer Bereiche. Ein Weg<br />

in die <strong>Überschuldung</strong> kann in zeitlicher Abfolge dieser sein: Aufnahme eines Kredits (Verschuldung),<br />

erste Zahlungsstörung, fortgesetzte Zahlungsstörungen bis zur <strong>Überschuldung</strong> und schließlich die<br />

Zahlungsunfähigkeit.<br />

Bei Analysen zur sozialen Mobilität werden die Verlaufsmuster von (insbesondere beruflichen) individuellen<br />

Karrieren und ihre sozialen Bindungen untersucht. Üblicherweise zählen hierzu Merkmale<br />

der Person (z.B. soziale Herkunft, Bildung) und der Sozialstruktur (z.B. Berufsgruppe, Erwerbsstatus<br />

o.ä.).<br />

Deterministische Karrierekonzepte betrachten die Karrieren der Individuen durch ihre soziale<br />

Herkunft, Bildung bzw. Bildungszugänge usw. als weitestgehend vorgegeben und gehen von einer<br />

geringen individuellen Beeinflussung aus. Im Gegensatz dazu berücksichtigen handlungstheoretische<br />

Karrierekonzepte ebenso das Verhalten der Individuen und deren Einfluss auf den<br />

Karriereverlauf. Handlungstheoretische Karrierekonzepte gehen somit von einer größeren möglichen<br />

Dynamik der individuellen Karriereverläufe aus, denen jedoch u.a. durch Arbeitslosigkeit, Armut und<br />

<strong>Überschuldung</strong> Begrenzungen gesetzt werden können.<br />

In Anlehnung an das handlungstheoretische Konzept der Armuts- und Sozialhilfekarriere lässt sich<br />

diese durch folgenden Verlauf typisieren: 26<br />

• Wege in die <strong>Überschuldung</strong>: Es lassen sich sozialstrukturelle Merkmale überschuldeter<br />

Personen und Haushalte identifizieren sowie Auslöser und Ursachen der <strong>Überschuldung</strong>,<br />

bedingt durch subjektive Handlungskompetenz, Einfluss von Institutionen etc.<br />

• Wege durch die <strong>Überschuldung</strong>: Lebenslagen der überschuldeten Personen und<br />

Haushalte, Verarbeitungsmuster und -möglichkeiten durch die Betroffenen etc.<br />

• Wege aus der <strong>Überschuldung</strong>: Einkommensorientiertes Konsumverhalten, Reduzierung<br />

vermeidbarer Ausgaben, Teil- bzw. Gesamtregulierung (Raten-, <strong>Vergleich</strong>szahlungen) mit<br />

professioneller Hilfe (z.B. Schuldnerberatung), Privatinsolvenz, Leben an der<br />

Pfändungsfreigrenze etc.<br />

21 Vgl. die definitorischen Eingrenzungen der Begriffe Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong>.<br />

22 Experten-Hearing, a.a.O.: Dr. Dr. Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann verwies darauf, dass bei einem überschuldeten Haushalt<br />

zahlreiche Gründe für die <strong>Überschuldung</strong> vorliegen, die nicht allein auf die von der SCHUFA gespeicherten<br />

Zahlungsstörungen rückführbar sind.<br />

23 Reifner, Udo: Finanzielle Allgemeinbildung, Bildung als Mittel der Armutsprävention in der Kreditgesellschaft,<br />

Baden-Baden 2003. S. 15-24.<br />

24 Vgl. Teilanalyse D.: Prof. Dr. Winfried Hacker analysiert in einer ergänzenden Untersuchung das <strong>im</strong><br />

Schulden-Kompass 2003 erhobene Zahlungswissen.<br />

25 Vgl. Beitrag „Sozialethische Aspekte von Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong>“ des Beirats Prof. Dr. Johannes Hoffmann für<br />

den Schulden-Kompass 2003.<br />

26 Vgl. Teilanalyse C: Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und ihre Ursachen.<br />

19


SCHULDEN-KOMPASS | 1. ZENTRALE BEGRIFFE<br />

1.7 Kreditbedienendes Selbstmanagement<br />

Der Schuldnerberatungspraxis zufolge gibt es Schuldner, die aus eigenem Antrieb und hoher<br />

Handlungskompetenz aktiv ihre <strong>Überschuldung</strong>slage selbst bewältigen und solche, die passiv durch<br />

ein singuläres Ereignis wie Erbschaft ihre <strong>Überschuldung</strong>ssituation lösen. Für das aktive, kreditbedienende<br />

Selbstmanagement wird auf Basis eines verhaltensorientierten Ansatzes davon ausgegangen,<br />

dass der Mensch selbständig zur Lebensbewältigung befähigt und lernfähig ist. Im Unterschied<br />

zu einer stabilen Persönlichkeitseigenschaft, wie sie die Schuldenneigung darstellt, umfasst das<br />

Selbstmanagement die situationsabhängigen, veränderlichen Beweggründe (Motive) des Handelns.<br />

Differenziert wird nach der „momentanen Strategie“ und der „planenden Strategie“: Momentane<br />

Strategien sind auf die Bewältigung des augenblicklichen Ereignisses konzentriert. Bei den planenden<br />

Strategien handelt es sich um längerfristige, antizipative und damit prophylaktische Vorgehensweisen,<br />

die oftmals nicht nur auf das spezielle auslösende Ereignis, sondern auf das Gesamtvorgehen,<br />

beispielsweise auf die Lebensführung insgesamt, ausgelegt sind. 27<br />

1.8 Existenzmin<strong>im</strong>um<br />

Seit dem 1. Januar 2002 gibt es eine neue Pfändungstabelle, die bundeseinheitlich gültig ist. 28<br />

Sie stellt das Existenzmin<strong>im</strong>um der Schuldnerinnen/Schuldner sicher und soll zugleich deren<br />

Arbeitsmotivation aufrecht erhalten. <strong>Die</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt für einen Haushalt errechnet sich<br />

aus den haushaltsspezifischen Regelsätzen einschließlich einmaliger Leistungen und Warmmiete<br />

(ohne Strom). Insgesamt zeigt sich, dass die nach den Pfändungsfreigrenzen berechneten<br />

Untergrenzen in der Regel höher sind als die nach den Richtlinien des BSHG (Lfd. Hilfe zum<br />

Lebensunterhalt). <strong>Die</strong> Schuldnerberatung spricht aber auch von Fällen, in denen Überschuldeten<br />

weniger Geld als nach dem BSHG vorgesehen zur Verfügung stand. 29<br />

27 Vgl. Teilanalyse D: Prof. Dr. Winfried Hacker und Dr. Peggy Looks stellen mit einer Pilotuntersuchung die Konzeption und<br />

Hypothesen für das kreditbedienende Selbstmanagement vor.<br />

28 Vgl. Teilanalyse C enthält Eckdaten des BMFSFJ (Hrsg.): Was mache ich mit meinen Schulden?, 10. Aufl., Berlin 2003,<br />

S. 68ff.<br />

29 Z<strong>im</strong>mermann, Gunter E.: <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte, a.a.O., S. 8.<br />

20


SCHULDEN-KOMPASS | 2. TEILANALYSEN<br />

2. Teilanalysen <strong>im</strong> Überblick<br />

Im Schulden-Kompass 2004 sind die Teilanalysen des Vorjahres auf Grundlage der dort bezeichneten<br />

vier Kompassfeldern (Risiko, Wissen, Einstellungen und Umfeld) intensiviert und mit Analysen<br />

weiterer Aspekte bereichert worden. <strong>Die</strong> Untersuchungen folgen zwar nicht mehr der Vierfelder-<br />

Systematik des Schulden-Kompass 2003, doch finden sie in den aktuellen Teiluntersuchungen<br />

weiterhin ihren Niederschlag. <strong>Die</strong>se Anpassung ermöglicht, die Wechselbeziehungen verschiedener<br />

Indikatoren bereits innerhalb einer Teilanalyse stärker berücksichtigen zu können.<br />

Zentrale Aufgabenstellung des Schulden-Kompass 2004 ist es, die Liste verlässlicher Indikatoren der<br />

<strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> weiterzuführen. Durch die regelmäßige und zeitnahe Erfassung wesentlicher<br />

sozioökonomischer/soziodemografischer Daten soll der Schulden-Kompass die Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sstatistiken<br />

aus Deutschland komplettieren.<br />

Der SCHUFA-Datenbestand (Teilanalyse A) wurde hinsichtlich der von Vertragspartnern gemeldeten<br />

Kredite, Kreditausfälle und Zahlungsstörungen aus den Bereichen Banken, Telekommunikation und<br />

Handel (inkl. Versandhandel) statistisch und anonymisiert ausgewertet. Trends hinsichtlich der<br />

Kredithöhen, Zahlungsstörungen und Risikogruppen können deutlich gemacht und bundesweit auf<br />

Kreisebene herunter gebrochen werden.<br />

Zwar bringt eine <strong>Überschuldung</strong> wohl <strong>im</strong>mer auch Zahlungsstörungen mit sich, die <strong>im</strong> Falle von ausgefallenen<br />

Krediten auch an die SCHUFA gemeldet werden. Aber der Indikator Zahlungsstörung<br />

weist – wie bereits in der Einleitung und <strong>im</strong> Kapitel „Zentrale Begriffe“ erläutert – nicht zwangsläufig<br />

auf eine <strong>Überschuldung</strong>ssituation hin. Auch lassen sich aus Aussagen über die Gesamtverschuldung<br />

<strong>private</strong>r Haushalte noch keine Informationen über die Auslöser und Ursachen von<br />

Ver- und <strong>Überschuldung</strong> ableiten. Zu betonen ist, dass die SCHUFA mit ihrer Datenanalyse formalisierte<br />

und juristisch geregelte Teilaspekte der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> beleuchtet. Deshalb werden<br />

auf Basis weiterer repräsentativer Untersuchungen für den Schulden-Kompass zusätzliche<br />

Perspektiven aus der <strong>Überschuldung</strong>sforschung berücksichtigt, die ein unabhängiger wissenschaftlicher<br />

Beirat beaufsichtigt.<br />

<strong>Die</strong> in Auftrag gegebenen zusätzlichen Untersuchungen sollen <strong>im</strong> Folgenden kurz dargestellt werden:<br />

Für Untersuchungen in der Teilanalyse B hat das Marktforschungsinstitut MANAGEMENT consult<br />

eine repräsentative Haushaltsbefragung durchgeführt. Ziel der Befragung ist es, nicht nur die auch<br />

<strong>im</strong> Vorjahr erhobenen Merkmale Zahlungswissen und Schuldenneigung neu abzufragen und ggf.<br />

Veränderungen festzustellen, sondern darüber hinaus zusätzliche strukturelle Aspekte zum Thema<br />

Wertwandel und Konsumwünsche zu erheben. Hintergrund ist, Erkenntnisse über die Risikolagen<br />

einer modernen Kreditgesellschaft zu sammeln und Einblicke in den Umgang mit Privatkrediten zu<br />

erlangen.<br />

21


SCHULDEN-KOMPASS | 2. TEILANALYSEN<br />

Aufgabenstellung der Teilanalyse C von Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann ist, den schwierig zu fassenden<br />

Begriff <strong>Überschuldung</strong> zu operationalisieren, um so eine absolute Anzahl überschuldeter<br />

Privathaushalte best<strong>im</strong>men und diese künftig in den Folgejahren miteinander – aber auch mit den<br />

Daten der SCHUFA – vergleichen zu können. Des Weiteren sollen an Hand typischer soziodemografischer<br />

und struktureller Merkmale Wege in die <strong>Überschuldung</strong> aufgedeckt und schließlich auch<br />

erste Ansätze für einen gangbaren Weg aus der <strong>Überschuldung</strong> geboten werden. Hierfür wurde <strong>im</strong><br />

Schulden-Kompass 2004 der Aspekt der „<strong>Überschuldung</strong>skarriere“ aufgenommen. Er basiert auf<br />

einem handlungstheoretischen Karrierekonzept und soll in den Folgejahren durch Pr<strong>im</strong>ärerhebungen<br />

untersucht werden.<br />

Winfried Hacker und Peggy Looks führen in der Teilanalyse D den Begriff des kreditbedienenden<br />

Selbstmanagements als eine zentrale Kategorie für die Untersuchung von Wegen aus der<br />

Verschuldung ein. Grundlage seiner Untersuchung sind prinzipielle Handlungsstrategien zur<br />

Problembewältigung. Vor diesem Hintergrund werden die bereits <strong>im</strong> Schulden-Kompass 2003<br />

erhobenen Daten zur Schuldenneigung und zum Zahlungswissen ergänzend ausgewertet.<br />

Der abschließende internationale <strong>Vergleich</strong> von Udo Reifner und Helga Springeneer soll helfen, die<br />

Teilanalysen des Schulden-Kompass 2004 aus dem nationalen Kontext zu lösen, um so die für<br />

Deutschland beobachtbaren Zusammenhänge international verlässlich einordnen zu können.<br />

Berücksichtigte Quellen des Schulden-Kompass 2004:<br />

22<br />

• SCHUFA: Gesamtdatenbestände von 2002 und 2003, ca. 340 Mio. Datensätze von über<br />

60 Millionen volljährigen Personen.<br />

• Von der SCHUFA beauftragte Haushaltsbefragung <strong>im</strong> Juni 2004 mit ca. 1.200 Haushalten.<br />

• Sozioökonomisches Panel (SOEP): Haushaltsbefragung von 2002 des DIW auf Basis von<br />

ca. 12.700 Haushalten mit rund 23.500 Personen.<br />

• Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS): Befragung des Statistischen Bundesamtes<br />

auf Basis von ca. 60.000 Haushalten.


SCHULDEN-KOMPASS | 2. TEILANALYSEN<br />

2.1 Teilanalyse A: Auswertung des Gesamtdatenbestands der SCHUFA<br />

Zahlungsstörungen sowie Kreditausfälle können als Risiko-Indikator auf eine <strong>Überschuldung</strong>sgefahr<br />

hindeuten. Mit dieser Arbeitshypothese ist der SCHUFA-Datenbestand hinsichtlich der von<br />

Vertragspartnern gemeldeten Kredite, Kreditausfälle und Zahlungsstörungen aus den Bereichen<br />

Banken, Telekommunikation und Handel (inkl. Versandhandel) statistisch und anonymisiert ausgewertet<br />

worden. Zahlungsstörungen sind offene, ausreichende gemahnte und nicht bestrittene<br />

Forderungen. <strong>Die</strong>se werden der SCHUFA von ihren Vertragspartnern mitgeteilt.<br />

Mit den Zahlungsstörungen ergänzend ausgewertete so genannte harte Merkmale sind<br />

Eidesstattliche Versicherungen (früher Offenbarungseid), Haftbefehle zur Abgabe einer Eidesstattlichen<br />

Versicherung sowie Privatinsolvenzen. Harte sowie weiche Negativmerkmale wurden für den<br />

Schulden-Kompass 2004 nach Altersgruppen, Branchenverteilung, Kredithöhe sowie nach regionaler<br />

Verteilung auf Kreisebene untersucht.<br />

Als zusätzliche Analyse wurde erstmals das „Risikostufen-Modell“ entwickelt. Es umfasst vier für die<br />

SCHUFA erkennbare Risikostufen und beschreibt einen diskreten Verlauf von grün, gelb über<br />

orange bis rot. Im grünen Bereich sind auf Kreisebene diejenigen Personen anonym erfasst, die bei<br />

der SCHUFA kein Negativmerkmal sowie keine aktuelle Kreditverpflichtung haben und deren<br />

Risikoquote nach Score sich auf unter 10% beläuft. Im roten Bereich sind Personen erfasst mit mindestens<br />

einem der harten Negativmerkmale Eidesstattliche Versicherung, Haftbefehl zur Abgabe<br />

einer Eidesstattlichen Versicherung, Privatinsolvenz und Suchauftrag.<br />

Der ausgewertete Gesamtbestand 2003 umfasst über 340 Millionen Datensätze von über<br />

60 Millionen volljährigen Personen in Deutschland. Für die Verlaufsuntersuchungen, wie sie z.B. die<br />

Zunahme der Kreditausfälle in best<strong>im</strong>mten Regionen darstellen, wurden die Gesamtbestände 2002<br />

und 2003 miteinander verglichen. Das „Risikostufen-Modell“ ist eine Personen bezogene und keine<br />

Haushalts bezogene Betrachtung.<br />

23


SCHULDEN-KOMPASS | 2. TEILANALYSEN<br />

2.2 Teilanalyse B: Repräsentative Haushaltsbefragung<br />

Das Marktforschungsinstitut MANAGEMENT consult wurde mit der wiederholten Durchführung<br />

einer repräsentativen Befragung von 1.200 Haushalten in Deutschland beauftragt. Grundlage der<br />

Telefonumfrage waren jeweils acht bzw. zehn Fragen zum Bereich Zahlungswissen und<br />

Schuldenneigung, die auch <strong>im</strong> Vorjahr bereits erhoben worden sind.<br />

Auf Basis nondirektiver Interviews wurden trennscharfe Aufgaben und Fragen zu Wissen und<br />

Einstellungen entwickelt und teststatistisch validiert. Um das Zahlungswissen abzubilden, wurden<br />

einfache Fragen aus dem Schul-Unterrichtsstoff, aus Unterlagen der kaufmännischen Ausbildung<br />

sowie aus Beobachtungen von Kreditberatern abgeleitet. Um die Einstellung zu Kredit und<br />

Zahlungsverpflichtungen abzubilden, wurden umgangssprachlich bearbeitete Bewertungen einschlägiger<br />

Auffassungen und Handlungsmax<strong>im</strong>en abgeleitet und bei der Umfrage zur Beurteilung<br />

vorgelegt. Im Unterschied zu der bereits für den Schulden-Kompass 2003 durchgeführten Haushaltsbefragung<br />

sind zusätzlich noch D<strong>im</strong>ensionen des Wertewandels sowie des Umgangs mit<br />

Krediten und deren typischen Verwendungszwecke erhoben worden. Mit Berücksichtigung dieser<br />

neuen Aspekte soll ein tieferer Einblick in die Motivlagen bei der Aufnahme von Krediten gewonnen<br />

werden, um so auch Aussagen darüber abzuleiten, in wie fern der Konsumentenkredit zur Alltagsbewältigung<br />

eingesetzt wird.<br />

<strong>Die</strong> Befragungsdauer belief sich durchschnittlich auf 28 Minuten und fiel durch die Zusatzfragen<br />

gegenüber 2003 um acht Minuten länger aus. 2004 wurden insgesamt 1.200 Interviews realisiert.<br />

<strong>Die</strong> Stichprobe war daher kleiner als 2003 (2.000 Interviews), gewährleistet aber weiterhin eine<br />

statistische Sicherheit und Repräsentativität für die Interpretation der Gesamtergebnisse.<br />

24


SCHULDEN-KOMPASS | 2. TEILANALYSEN<br />

2.3 Teilanalyse C: Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und ihre Ursachen<br />

Eine von Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann gewählte Normierung erlaubt die Quantifizierung des Phänomens<br />

<strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten in Deutschland. Der Autor bietet eine Grundlage, auf deren<br />

Basis die so genannte <strong>Überschuldung</strong>skarriere untersucht werden kann. Mit Berechnungen auf Basis<br />

der Pfändungsfreigrenzen und des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) liefert der Autor eine nachvollziehbare<br />

und messbare Antwort auf die Frage: „Wann ist jemand überschuldet?“<br />

Grundlegend ist die Definition der relativen <strong>Überschuldung</strong> (Negative Haushaltsbilanz der Einnahmen<br />

und Ausgaben, inkl. Kreditbelastungen) sowie zwei Konstruktionen des Existenzmin<strong>im</strong>ums<br />

<strong>im</strong> Sinne der Pfändungsfreigrenzen und des BSHG. Dort wird das Existenzmin<strong>im</strong>um restriktiver<br />

gefasst als in den Pfändungsfreigrenzen. <strong>Die</strong> Notwendigkeit der Berechnung relativer <strong>Überschuldung</strong><br />

nach beiden Existenzmin<strong>im</strong>a ergibt sich unter anderem daraus, dass Haushalte für eine gewünschte<br />

Anschaffung freiwillig ihre Lebenshaltungskosten unter das Niveau der Pfändungsfreigrenze auf das<br />

Sozialhilfe-niveau reduzieren können. In der Folge wird die errechnete Anzahl überschuldeter<br />

Haushalte sinken, wenn das Existenzmin<strong>im</strong>um auf den Sozialhilferichtsätzen basiert, gegenüber dem<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um auf Basis der Pfändungsfreigrenzen. Es entsteht eine Ober- und Untergrenze des<br />

Anteils relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten. Zu betonen<br />

ist, dass aus dieser Konzeptualisierung von <strong>Überschuldung</strong> nach absoluten und relativen Kriterien<br />

zwangsläufig nicht die abschließend ermittelte Anzahl überschuldeter Haushalte folgt, sondern <strong>im</strong><br />

Fall der relativen <strong>Überschuldung</strong> die Anzahl abhängig ist vom festzulegenden Existenzmin<strong>im</strong>um für<br />

die Lebenshaltungskosten des Haushalts.<br />

Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann trifft anhand der Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP 2002) und der<br />

Einkommens- und Verbrauchstichprobe (EVS 2003) und auf Basis sekundärstatistischer Analysen<br />

erstmals repräsentative Aussagen zur Größe und Merkmalsverteilung verschuldeter Personen und<br />

Haushalten mit bankmäßigen Krediten. Ermöglicht werden nicht nur repräsentative Aussagen<br />

darüber, wie viele Haushalte in Deutschland überschuldet sind, sondern auch eine Quantifizierung<br />

derjenigen Haushalte, die sich an der Schwelle zur <strong>Überschuldung</strong> befinden.<br />

Darüber hinaus lässt sich für weiterführende Untersuchungen zu <strong>Überschuldung</strong>skarrieren ein typisiertes<br />

Sozialprofil des überschuldeten Haushalts skizzieren. <strong>Die</strong>s bietet eine theoretische Grundlage<br />

für die Schuldnerberatung und die weitere Ausgestaltung von Präventionsmaßnahmen.<br />

25


SCHULDEN-KOMPASS | 2. TEILANALYSEN<br />

2.4 Teilanalyse D: Wege aus der Verschuldung<br />

<strong>Die</strong> Pilotuntersuchung von Winfried Hacker und Peggy Looks dient der Erprobung einer Konzeption,<br />

um Wege zur Bedienung von Krediten und ihre verhaltensseitigen Bedingungen aufzudecken.<br />

<strong>Die</strong> Untersuchung bildet die Grundlage, den Nutzen eines verhaltensorientierten Ansatzes erproben<br />

zu können. Der handlungstheoretische Ansatz ist unabhängig von der Einkommenssicherheit oder<br />

dem Vermögen des Kreditnehmers. Grundlage des Ansatzes ist ein Menschenbild, wonach das<br />

Individuum zur selbstständigen Lebensbewältigung befähigt und lernfähig ist. Ferner wird davon<br />

ausgegangen, dass die Verhaltensregulation beeinflusst wird vom Wissen um geeignete<br />

Vorgehensweisen, vom Wissen um Auswahlkriterien für opt<strong>im</strong>ale Vorgehensweisen sowie von<br />

Motivationen zur tatsächlichen Nutzung dieser Wissensvoraussetzung.<br />

Im Unterschied zu hypothetischen langzeitigen Einstellungen, <strong>im</strong> Sinne von stabilen Persönlichkeitseigenschaften<br />

(z.B. Schuldenneigung), geht es hierbei um die situationsabhängigen, veränderlichen<br />

Beweggründe (Motive) des Handelns. Hintergrund ist die Frage, welches Vorgehen des<br />

Kreditnehmers zu einer gelingenden Kreditbedienung oder zu einer misslingenden Kreditbedienung<br />

führt. Hierzu werden aus dem Schulden-Kompass 2003 die Untersuchungen zum Zahlungswissen<br />

und zur Schuldenneigung ergänzend ausgewertet, um zu prüfen, in wie fern die beiden Indikatoren<br />

Aussagen über ein kreditbedienendes Selbstmanagement erlauben.<br />

Ziel der Untersuchung ist es, Grundlagen für die Unterstützung des selbstverantwortlichen<br />

Verhaltens be<strong>im</strong> Selbstmanagement in finanziell kritischen Lebenssituationen zu entwickeln.<br />

26


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A<br />

A. Repräsentative Auswertung von SCHUFA-Daten<br />

SCHUFA HOLDING AG<br />

29


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A<br />

Inhalt<br />

1. Trends bei der <strong>private</strong>n Verschuldung 33<br />

2. Regionale Auswertungen 44<br />

2.1 Kredithöhe der ausgefallenen Kredite nach Bundesländern 44<br />

2.2 Durchschnittliche Höhe aller neu aufgenommenen und ausgefallenen Kredite 52<br />

2.3 Entwicklung der „weichen“ und „harten“ Negativmerkmale 68<br />

3. Risikostufen und Risikogruppen 77<br />

3.1 Stufen des SCHUFA-Risikomodells und Risikogruppen 78<br />

3.2 Regionale Betrachtung der Risikostufen 79<br />

31


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A<br />

<strong>Die</strong> repräsentative, anonymisierte Analyse der SCHUFA-Daten ist eine entscheidende Ergänzung der<br />

Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sstatistiken in Deutschland. <strong>Die</strong> Auswertung der SCHUFA-Daten gibt<br />

nicht nur Auskunft über Gesamtbestandsveränderungen, sondern weist darüber hinaus u.a.<br />

Entwicklungen über die durchschnittliche Höhe neu aufgenommener sowie ausgefallener Kredite<br />

aus und dokumentiert Trends der Zahlungsstörungen.<br />

Zahlungsstörungen sowie Kreditausfälle können als Risiko-Indikator für die <strong>Überschuldung</strong>sgefahr<br />

dienen – eine zentrale Arbeitshypothese mit der die SCHUFA-Daten hinsichtlich der von<br />

Vertragspartnern gemeldeten Kredite, Kreditausfälle und Zahlungsstörungen aus den Bereichen<br />

Banken, Telekommunikation und Handel (inkl. Versandhandel) statistisch und anonymisiert ausgewertet<br />

worden sind.<br />

<strong>Die</strong> mit den Zahlungsstörungen ergänzend analysierten so genannten harten Negativmerkmale<br />

umfassen Eidesstattliche Versicherungen (früher Offenbarungseid), Haftbefehle zur Abgabe einer<br />

Eidesstattlichen Versicherung sowie Privatinsolvenzverfahren oder ein Suchverfahren. Harte und<br />

weiche Negativmerkmale wurden für den Schulden-Kompass 2004 nach Altersgruppen,<br />

Branchenverteilung, Kredithöhe sowie nach regionaler Verteilung auf Kreisebene untersucht.<br />

Zusätzlich wurde für den Schulden-Kompass erstmals das „Risikostufen-Modell“ entwickelt. Es umfasst<br />

vier für die SCHUFA erkennbare Risikostufen und beschreibt einen diskreten Verlauf von grün,<br />

gelb über orange bis rot. Im grünen Bereich sind auf Kreisebene diejenigen Personen anonym erfasst,<br />

die bei der SCHUFA sowohl kein Negativmerkmal als auch keine aktuelle Kreditverpflichtung haben.<br />

Der rote Bereich beschreibt Personen mit mindestens einem der harten Negativmerkmale.<br />

Der ausgewertete Gesamtbestand 2003 umfasst über 340 Millionen Datensätze von über<br />

60 Millionen volljährigen Personen in Deutschland. Zu beachten ist, dass die Auswertungen der<br />

SCHUFA eine Personen bezogene und keine Haushalts bezogene Betrachtung darstellen. Für die<br />

Verlaufsuntersuchungen wie z.B. die Zunahme der Kreditausfälle in best<strong>im</strong>mten Regionen wurden<br />

die Gesamtbestände 2002 und 2003 miteinander verglichen.<br />

32


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

1. Trends bei der <strong>private</strong>n Verschuldung<br />

Ausfallquoten der Kredite beträgt weniger als 2,5%<br />

Abb.1.1<br />

Am Gesamtbestand aller bei der SCHUFA gemeldeten Kredite, ganz gleich ob laufend oder erledigt,<br />

liegen über alle Altersgruppen sämtliche Ausfallquoten unter 2,5%. In der Untersuchung sind die<br />

Altersgruppen ab 64 Jahren nicht berücksichtigt worden, da die Fallzahlen für verlässliche, repräsentative<br />

Aussagen zu gering sind.<br />

Auffällig ist, dass Kredite, wenn sie ausfallen, verstärkt in der Altersgruppe zwischen 20 und 34<br />

Jahren ausfallen. Des Weiteren ist ein Anstieg der Ausfallquoten bis zur Altersgruppe von 25 bis 29<br />

Jahren und danach ein Rückgang zu beobachten. <strong>Die</strong> Ausfallquoten haben in den Altersgruppen von<br />

20 bis 64 Jahren zwischen 2002 und 2003 äußerst geringfügig zugenommen.<br />

33


In allen Altersgruppen hat sich der Anteil derjenigen Personen, die mit einem Negativmerkmal bei<br />

der SCHUFA <strong>im</strong> Datenbestand 2003 gemeldet sind, gegenüber dem Vorjahr erhöht. Negativeintrag<br />

bedeutet ein weiches oder ein hartes Negativmerkmal. Ein weiches Negativmerkmal ist eine<br />

Zahlungsstörung, d.h. eine offene, ausreichend gemahnte und nicht bestrittene Forderung. <strong>Die</strong><br />

harten Negativmerkmale beinhalten die Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung (früher<br />

Offenbarungseid), den Haftbefehl zur Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung sowie die<br />

Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens.<br />

Insbesondere in der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen und in der Altersgruppe der 25- bis<br />

29-Jährigen findet sich mit über 10% bzw. über 11% der höchste Anteil von Personen mit einer<br />

Zahlungsstörung. Im Verlauf n<strong>im</strong>mt der prozentuale Anteil der Personen mit einem Negativeintrag<br />

ab: bis rund 3% in der Altersgruppe der 60- bis 64-Jährigen.<br />

34<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

20- bis 29-Jährige haben die meisten Zahlungsstörungen<br />

Abb.1.2


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Zahlungsstörungen in der Telekommunikation und <strong>im</strong> Handel leicht gestiegen<br />

Abb.1.3<br />

Abb.1.4<br />

35


Abb. 1.3 und Abb. 1.4 zeigen die Entwicklung der Zahlungsstörungen, die Vertragspartner der<br />

SCHUFA zwischen 2002 und 2003 erstmals gemeldet haben. <strong>Die</strong>se neu gemeldeten Personen<br />

hatten zuvor kein Negativmerkmal. <strong>Die</strong> Auswertungen basieren auf absoluten Fallzahlen, aufgeschlüsselt<br />

nach den Branchen Banken, Handel (inkl. Versandhandel), Kreditkarten, Telekommunikation<br />

sowie nach Altersgruppen.<br />

Aus der Telekommunikationsbranche wurden 2003 deutlich mehr erstmalige Zahlungsstörungen an<br />

die SCHUFA gemeldet als <strong>im</strong> Vorjahr. <strong>Die</strong>s ließ sich über einen Großteil der Altersgruppen von 20 bis<br />

49 Jahren beobachten. <strong>Die</strong> aus der Telekommunikationsbranche gemeldeten Zahlungsstörungen<br />

sind vor dem Hintergrund zu bewerten, dass insbesondere in der Mobilfunkbranche die Kundenzahl<br />

<strong>im</strong> Beobachtunszeitraum um knapp 10% von 59,3 Millionen auf 65 Millionen signifikant gestiegen<br />

ist. 1 Durch den Anstieg der Kundenzahl hat folglich auch das Potenzial von Zahlungsstörungen<br />

zugenommen.<br />

In der Branche Banken ist in der Altersgruppe der 18- bis 34-Jährigen keine Zunahme, bei den 35bis<br />

64-Jährigen eine leichte Zunahme erkennbar. Der Handel (inkl. Versandhandel) weist eine leichte<br />

Zunahme der Zahlungsstörungen über alle Altersgruppen auf.<br />

Da die Untersuchung auf absoluten Zahlen der erstmals zu einer Person <strong>im</strong> Beobachtungszeitraum<br />

gemeldeten Zahlungsstörung basiert, ist zu berücksichtigen, dass die Zahl der bei der SCHUFA<br />

gespeicherten Personen von 2002 auf 2003 um ca. 5% auf rund 62 Millionen gestiegen ist. <strong>Die</strong>s<br />

erhöht infolge der Mengenausweitung das Potenzial von Zahlungsstörungen und führt schließlich<br />

auch zu einer größeren Anzahl absolut messbarer Zahlungsstörungen.<br />

36<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

1 Vgl. Informationszentrum Mobilfunk e.V., www.izmf.de.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Ein Großteil der Konsumentenkredite beträgt weniger als 11.000 Euro<br />

Abb.1.5<br />

Untersucht wurden alle laufenden bei der SCHUFA 2003 gemeldeten Kredite. <strong>Die</strong> Kredite umfassen<br />

nur Konsumenten- bzw. Teilzahlungskredite, keine Hypotheken- und keine Überziehungskredite.<br />

Mehr als zwei Drittel der Kredite weisen eine Höhe von unter 11.000 Euro auf. Ab einer Kredithöhe<br />

von 11.000 Euro ist bei höhervolumigen Krediten eine deutliche Abnahme zu beobachten. Der<br />

Ausschlag bei 20.000 Euro (9,15%) ist darauf zurückzuführen, dass hier eine Summenposition gebildet<br />

worden ist, worin alle Kredite mit Volumina von über 20.000 Euro erfasst sind.<br />

Es zeigt sich, dass alle Größenklassen relativ gleich verteilt sind. So bewegt sich die Verteilung <strong>im</strong><br />

Durchschnitt bei etwas über 6% relativ konstant. Der kleine Ausreißer bei 6.000 Euro (8,1%) lässt<br />

sich möglicherweise mit der „Beliebtheit“ des 5.000-Euro- bzw. 10.000-DM-Kredits erklären.<br />

37


Knapp 43% der ausgefallenen Kredite betrugen bis 5.000 Euro<br />

Es zeigt sich, dass vor allem relativ kleinvolumige Kredite zwischen 2002 und 2003 ausgefallen sind.<br />

So hatten 42,9% der Kredite, die 2003 ausgefallen sind, ein Kreditvolumen von bis zu 5.000 Euro.<br />

Gegenüber 2002 ist in dieser Größenklasse eine leichte Abnahme von 44,0% auf 42,9% zu<br />

beobachten. <strong>Die</strong> nachfolgende Abb. 1.7 differenziert die obige Größenklasse bis 5.000 Euro noch<br />

weiter aus.<br />

68,6 (Vorjahr 70)% der ausgefallenen Kredite haben ein Kreditvolumen von bis zu 10.000 Euro.<br />

Insgesamt fällt auf, dass Kreditausfälle insbesondere bei niedrigeren Kredithöhen zu beobachten<br />

sind. Kreditvolumina von über 35.000 Euro haben nur noch einen sehr geringen Anteil an den ausgefallenen<br />

Krediten.<br />

<strong>Die</strong> Untersuchung zeigt nur min<strong>im</strong>ale Veränderungen zwischen den Datenbeständen 2002 und<br />

2003. Insgesamt ist eine sehr geringe Abnahme der Kreditausfälle in den Größenklassen bis<br />

11.000 Euro und eine kleine Zunahme ab 11.000 Euro zu beobachten.<br />

38<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Abb.1.6


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Kreditausfälle, meist bei Krediten bis 2.000 Euro<br />

Abb.1.7<br />

Eine gegenüber Abb. 1.6 weitere Ausdifferenzierung von Größenklassen ausgefallener (negativer)<br />

Kredite gibt Aufschluss darüber, dass vor allem Kredite mit Volumina bis 2.000 Euro bei<br />

Kreditausfällen überproportional (22,4%) beteiligt sind. <strong>Die</strong> Spitze bei Kredithöhen bis 2.000 Euro<br />

deutet auf eine Konsumfinanzierung für Möbel, TV, Hifi-Geräte etc. hin, da <strong>im</strong> Handel (inkl.<br />

Versandhandel) der Ratenkauf meistens über eine Bank abgewickelt wird und diese den Abschluss<br />

des Konsumentenkredits der SCHUFA meldet.<br />

Der <strong>Vergleich</strong> der Datenbestände 2002 und 2003 zeigt marginale, eher zu vernachlässigende<br />

Veränderungen: eine leichte Abnahme der Kreditausfälle in den Größenklassen bis 11.000 Euro<br />

sowie eine leichte Zunahme ab 11.000 Euro.<br />

Folgende Abbildung 1.8 stellt die Kredithöhe der ausgefallenen Kredite auf kumulierter Basis dar.<br />

39


Kredithöhe der ausgefallenen Kredite, kumuliert<br />

40<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Abb.1.8


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Im Westen sind die ausgefallenen Kredite tendenziell höher<br />

Abb.1.9<br />

Grundsätzlich sind bei der Verteilung der Kredithöhen ausgefallener Kredite zwischen Ost- und<br />

Westdeutschland in 2003 nur marginale Unterschiede festzustellen. Tendenziell ist der Anteil der<br />

ausgefallenen Kredite bis 12.000 Euro in Ostdeutschland höher als in Westdeutschland. Ab 12.000<br />

Euro dreht sich dieser schwach ausgeprägte Trend um, und in Westdeutschland nehmen die ausgefallenen<br />

Kredite ab 12.000 Euro einen leicht höheren Anteil als in Ostdeutschland ein.<br />

Auf kumulierter Basis haben die ausgefallenen Kredite aus Ostdeutschland (Westdeutschland) bis<br />

5.000 Euro einen Anteil von 47,4 (41,8)% und bei Kreditvolumina bis 10.000 Euro einen Anteil von<br />

75,2 (66,9)%.<br />

41


Ausgefallene Kredite durchschnittlich höher als neu aufgenommene Kredite<br />

<strong>Die</strong> Darstellung zeigt, dass in den Altersgruppen ab 30 Jahren die ausgefallenen Kredite <strong>im</strong><br />

Durchschnitt höher waren als die neu aufgenommenen. Über alle Altersgruppen hinweg waren die<br />

ausgefallenen Kredite 2003 in gesamt Deutschland mit 8.378 Euro etwas höher als die neu aufgenommenen<br />

Kredite mit 8.233 Euro. In den Altersgruppen zwischen 18 und 29 Jahren reicht die<br />

Spanne neu aufgenommener Kredite von ca. 4.000 bis ca. 7.300 Euro. Hingegen liegt bei den Altersgruppen<br />

von 35 bis 59 Jahren das Volumen neuer Kredite zwischen ca. 8.300 und ca. 9.400 Euro.<br />

Hier ist ebenso mit steigendem Alter auch eine kontinuierliche aber deutlich schwächere Zunahme<br />

der Höhe von neu aufgenommenen und ausgefallenen Kredite zu beobachten.<br />

42<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Abb.1.10


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 1<br />

Kredite <strong>im</strong> Westen höher als <strong>im</strong> Osten<br />

Abb.1.11<br />

In Westdeutschland sind über alle Altersgruppen hinweg in 2003 höhere Kredite als in Ostdeutschland<br />

aufgenommen worden. Auch ist das durchschnittliche Volumen der ausgefallenen<br />

Kredite in Westdeutschland mit 8.717 Euro höher als in Ostdeutschland mit 7.280 Euro. Beide<br />

Beobachtungen gelten insbesondere für die Altersgruppen ab 30 Jahren. Eine Durchschnittsbildung<br />

der Kredithöhe neu aufgenommener Kredite über alle Altersgruppen zeigt einen geringeren<br />

Unterschied.<br />

Für Westdeutschland liegt der Durchschnitt bei 8.534 Euro und für Ostdeutschland bei 7.129 Euro.<br />

Hingegen sind innerhalb der Altersgruppen zwischen 40 und 64 Jahren die Volumina neu aufgenommener<br />

Kredite in Westdeutland rund ein Viertel größer als in Ostdeutschland.<br />

43


2. Regionale Auswertungen<br />

2.1 Kredithöhe der ausgefallenen Kredite nach Bundesländern<br />

44<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.1<br />

Abb. 2.1.2


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.3<br />

Abb. 2.1.4<br />

45


46<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.5<br />

Abb. 2.1.6


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.7<br />

Abb. 2.1.8<br />

47


48<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.9<br />

Abb. 2.1.10


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.11<br />

Abb. 2.1.12<br />

49


50<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.13<br />

Abb. 2.1.14


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2<br />

Abb. 2.1.15<br />

Abb. 2.1.16<br />

51


2.2 Durchschnittliche Höhe aller neu aufgenommenen und ausgefallenen Kredite<br />

Abb. 2.2.1 bis 2.2.16 zeigen für alle Bundesländer die Höhe aller neu aufgenommenen und ausgefallenen<br />

Kredite in 2003, untersucht nach Altersgruppen von 18 Jahren bis 64 Jahren. Das Alter<br />

bezieht sich auf den Start des Kredits, sowohl bei den neu aufgenommenen als auch bei den ausgefallenen<br />

Krediten.<br />

52<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.1


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.2<br />

53


54<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.3


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.4<br />

55


56<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.5


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.6<br />

57


58<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.7


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.8<br />

59


60<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.9


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.10<br />

61


62<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.11


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.12<br />

63


64<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.13


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.14<br />

65


66<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.15


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.2<br />

Abb. 2.2.16<br />

67


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

2.3 Entwicklung der „weichen“ und „harten“ Negativmerkmale<br />

Im Folgenden wird die regionale Verteilung der so genannten weichen und harten Negativmerkmale<br />

in den Kreisen des jeweiligen Bundeslands untersucht. Das weiche Negativmerkmal bedeutet eine<br />

Zahlungsstörung, d.h. eine offene, ausreichend gemahnte und unbestrittene Forderung, die von<br />

einem der Vertragspartner an die SCHUFA gemeldet worden ist. <strong>Die</strong> harten Negativmerkmale beinhalten<br />

die Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung (früher Offenbarungseid), den Haftbefehl zur<br />

Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung sowie die Eröffnung eines Privatinsolvenzverfahrens.<br />

<strong>Die</strong> nachfolgende Deutschlandkarte 2.3.1 beschreibt für 2003 als Statusbetrachtung den Prozentanteil<br />

derjenigen Personen mit mindestens einem Negativmerkmal an allen Personen (über 18<br />

Jahren) in den Kreisen des jeweiligen Bundeslands.<br />

Insgesamt zeigt sich, dass bundesweit in Bayern die meisten Kreise zu beobachten sind, in denen<br />

das Verhältnis der Personen mit mindestens einem Negativmerkmal zu Personen ohne<br />

Negativmerkmal mit Quoten von meist unter 3,75% am geringsten ist. Hingegen sind in Nordrhein-<br />

Westfalen und in Brandenburg zahlreiche Kreise mit deutlich höheren Quoten (7,5% und mehr)<br />

zu beobachten, was an den orangen und rötlichen Einfärbungen ablesbar ist.<br />

68


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Karte 2.3.1<br />

69


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

<strong>Die</strong> folgenden Deutschlandkarten (Karte 2.3.2 bis 2.3.4) vergleichen auf Kreisebene die Anzahl der<br />

Personen, zu denen 2002 ein oder mehrere Negativmerkmale gemeldet wurden, mit der Anzahl der<br />

Personen, zu denen 2003 ein oder mehrere Negativmerkmale gemeldet wurden. In den jeweils dazugehörenden<br />

Durchschnitts- und Entwicklungsbetrachtungen (Abb. 2.3.2 bis Abb. 2.3.4) ist der Grad<br />

der prozentualen Zunahme für jedes Bundesland gesondert dargestellt.<br />

Insgesamt ist in allen Bundesländern, trotz eines zurückhaltenden Konsumverhaltens, eine signifikante<br />

Zunahme der neu gemeldeten weichen und harten Negativmerkmale von 2002 auf 2003<br />

festzustellen. <strong>Die</strong> heterogene Verteilung lässt keine interpretierbare Grundstruktur erkennen.<br />

Bei der Zunahme der Negativmerkmale ist zu berücksichtigen, dass die Zahl der bei der SCHUFA<br />

gespeicherten Personen von 2002 auf 2003 von 59 Millionen auf rund 62 Millionen um ca. 5%<br />

gestiegen ist, so dass allein aus der Mengenausweitung auch das Potenzial von Zahlungsstörungen<br />

zun<strong>im</strong>mt und somit auch die Zahl der tatsächlich eingetretenen Fälle.<br />

70


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Karte 2.3.2<br />

71


72<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Abb. 2.3.2


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Karte 2.3.3<br />

73


74<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Abb. 2.3.3


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Karte 2.3.4<br />

75


76<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 2.3<br />

Abb. 2.3.4


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3<br />

3. Risikostufen und Risikogruppen<br />

Als eine erweiterte Analyse hat die SCHUFA erstmals das „Risikostufen-Modell“ entwickelt. Es<br />

umfasst vier für die SCHUFA erkennbare Risikostufen und beschreibt einen diskreten Verlauf von<br />

grün, gelb über orange bis rot. Im grünen Bereich sind diejenigen Personen anonym erfasst, die bei<br />

der SCHUFA kein Negativmerkmal, keine aktuelle Kreditverpflichtung und eine Risikoquote nach<br />

Score von unter 10% haben. Der rote Bereich beinhaltet Personen mit mindestens einem der harten<br />

Negativmerkmale: Eidesstattliche Versicherung, Haftbefehl zur Abgabe einer Eidesstattlichen<br />

Versicherung, Privatinsolvenz und Suchauftrag.<br />

Hervorzuheben ist, dass das Risikostufen-Modell auf Basis der SCHUFA-Daten keine typischen<br />

Verschuldungsverläufe oder <strong>Überschuldung</strong>skarrieren erklärt. Es dient als zusätzliches Instrument,<br />

um sich mit weiteren Berechnungen dem Anteil derjenigen Personen und Haushalte in Deutschland<br />

zu nähern, die überschuldet sind bzw. in einer prekären Finanzsituation leben.<br />

Hervorzuheben ist außerdem, dass das „Risikostufen-Modell“ eine Personen bezogene Auswertung<br />

ist und daher nicht ohne Weiteres auf eine Haushaltsebene geschlossen werden kann.<br />

77


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3.1<br />

3.1 Stufen des SCHUFA-Risikomodells<br />

- Kein negatives Merkmal und ohne jede aktuelle Kreditverpflichtung<br />

- Kein negatives Merkmal und mit aktueller Kreditverpflichtung und SCHUFA-Risikoquote nach<br />

Score < 10 %<br />

<strong>Die</strong> Risikoquote bezeichnet für die bewertete Personengruppe innerhalb einer Ratingstufe den<br />

prozentualen Anteil der Personen, die nach einer definierten Zeitspanne von 15 Monaten einen<br />

Negativstatus erhalten werden.<br />

- Nur noch erledigte Negativmerkmale<br />

- Kein negatives Merkmal und mit aktueller Kreditverpflichtung und SCHUFA-Risikoquote nach<br />

Score > 10 %<br />

- Ein aktuelles Negativmerkmal nur aus der Branche Nichtbanken<br />

- Mehr als ein aktuelles Negativmerkmal aus der Branche Nichtbanken<br />

Bei den so genannten Nichtbanken handelt es sich um folgende Branchen: Handel,<br />

Versandhandel, Internethandel, Telekommunikation etc.<br />

- Offenes Negativmerkmal von einer Bank jünger als 1 Jahr<br />

- Offenes Negativmerkmal von einer Bank jünger als 1 Jahr und Branche Nichtbanken<br />

- Offene Negativmerkmale von mindestens einer Bank jünger als 1 Jahr<br />

- Negativmerkmal-Historie bei mindestens einer Bank von 1-3 Jahren<br />

Offene Negativmerkmale sind Zahlungsstörungen, d.h offene, ausreichend gemahnte und<br />

unbestrittene Forderungen, die noch nicht durch Zahlungen erledigt wurden.<br />

- Merkmal Eidesstattliche Versicherung (EV) oder Haftbefehl zur Abgabe einer EV<br />

- Merkmal der Privatinsolvenz<br />

- Personen mit Suchauftrag<br />

Suchauftrag bedeutet: Ein Vertragspartner der SCHUFA besitzt eine offene, ausreichend<br />

gemahnte und unbestrittene Forderung gegenüber einem Kunden, der unbekannt verzogen ist.<br />

78


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3.1 | 3.2<br />

Abb. 3.1.1 zeigt die Zuordnung des Gesamtdatenbestands der SCHUFA zu den einzelnen<br />

Risikostufen für 2003.<br />

<strong>Die</strong> Stufe Rot ist <strong>im</strong> Rahmen der <strong>private</strong>n Verschuldung sicherlich als ein sehr kritischer Bereich zu<br />

werten. <strong>Die</strong>ser Bereich kann nicht unmittelbar mit einer <strong>Überschuldung</strong>ssituation gleichgesetzt<br />

werden, da z. B. die Abgabe einer Eidesstattlichen Versicherung nicht zwangsläufig auf eine <strong>Überschuldung</strong><br />

hindeutet. 1 Ebenso kann von dieser Personen bezogenen Zahl nicht gleichsam auf knapp<br />

2,78 Millionen überschuldete Haushalte geschlossen werden.<br />

Risikostufe Anzahl Prozent<br />

Grün 56.080.820 91,59<br />

Gelb 1.421.294 2,32<br />

Orange 946.812 1,55<br />

Rot 2.778.574 4,54<br />

Summe 61.227.500 100,00<br />

Abb. 3.1.1: Zuordnung der Risikostufen<br />

3.2 Regionale Betrachtung der Risikostufen<br />

<strong>Die</strong> folgenden Deutschlandkarten 3.2.1 bis 3.2.4 zeigen die regionale Ausprägung der einzelnen<br />

Risikostufen. Wieder sind die Kreise des jeweiligen Bundeslands dargestellt. <strong>Die</strong> Prozentangaben<br />

beschreiben den Anteil der bei der SCHUFA gemeldeten Personen aus der jeweiligen Risikostufe an<br />

allen bei der SCHUFA gemeldeten Personen in dem jeweiligen Kreis.<br />

Der in der Karte 3.2.1 (Stufe Grün) gewählte grüne Farbverlauf von hell nach dunkel bedeutet eine<br />

Abnahme der Anteile. Hingegen bedeutet in den übrigen Karten (3.2.2 bis 3.2.4) der Farbverlauf von<br />

hell nach dunkel eine Zunahme der Anteile.<br />

1 Gerichtsvollzieher schätzten in einem von der SCHUFA veranstalteten Workshop (28.10.2004), dass bei Abgabe einer<br />

Eidesstattlichen Versicherung in 70% bis 80% der Fälle auch eine <strong>Überschuldung</strong> vorliegt.<br />

79


80<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3.2<br />

Karte 3.2.1


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3.2<br />

Karte 3.2.2<br />

81


82<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3.2<br />

Karte 3.2.3


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE A | 3.2<br />

Karte 3.2.4<br />

83


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B<br />

B. Repräsentative Haushaltsbefragung<br />

MANAGEMENT consult Dr. Eisele & Dr. Noll GmbH<br />

85


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B<br />

Inhalt<br />

Studienhintergrund 88<br />

1. Private Verschuldung – Normalität oder gesellschaftliches Tabu? 89<br />

2. Wer n<strong>im</strong>mt heute Kredit auf und wofür? 98<br />

3. Zahlungswissen und Schuldenneigung 105<br />

87


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B<br />

Studienhintergrund<br />

<strong>Die</strong> repräsentative Haushaltsbefragung zur Erhebung von Daten über das Zahlungswissen und die<br />

Schuldenneigung wurde 2004 wiederholt und mit den Ergebnissen von 2003 verglichen. Darüber<br />

hinaus ist das Befragungsinstrument inhaltlich erweitert worden. In enger Abst<strong>im</strong>mung mit dem<br />

wissenschaftlichen Beirat des Schulden-Kompass 2004 sind zusätzlich folgende Aspekte in die<br />

Befragung aufgenommen worden:<br />

88<br />

• Einstellungen zum Thema Wertewandel <strong>im</strong> Bereich <strong>private</strong>r Verschuldung<br />

• Inanspruchnahme und Verwendungszwecke von Krediten<br />

• Zusammenhang zwischen Einkommen und Inanspruchnahme / Verwendungszwecken<br />

von Krediten<br />

Wie bereits 2003 wurden auch 2004 Computer gestützte telefonische Befragungen während des<br />

Monats Juni (Vorjahr August) durchgeführt. Der Schulden-Kompass 2004 ist als Längsschnittuntersuchung<br />

angelegt. Wichtige Prämisse von Längsschnittuntersuchungen sind identische<br />

Stichprobenziehungs- sowie Rekrutierungsverfahren, wofür 2004 wieder eine repräsentative<br />

bundesweite Haushaltsstichprobe gezogen wurde. Auch blieb das Rekrutierungsverfahren der<br />

Ansprechpartner in den Haushalten unverändert. Es wurde nach dem Haushaltsfinanzvorstand – der<br />

Person, die die finanziellen Angelegenheiten des Haushaltes regelt – gefragt. Abweichend gegenüber<br />

2003 war jedoch die Befragungsdauer mit 28 Minuten durchschnittlich 8 Minuten<br />

länger ausgefallen. Ursache war die Aufnahme des oben genannten zusätzlichen Frageblocks zum<br />

Wertesystem.<br />

2004 wurden 1.200 Interviews geführt – die Stichprobe war damit kleiner als 2003 (2.000<br />

Interviews). Sie gewährleistet aber bei der Interpretation der Gesamtergebnisse trotz der geringeren<br />

Basis eine ausreichende statistische Sicherheit.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

1. Private Verschuldung – Normalität oder gesellschaftliches Tabu?<br />

Welches St<strong>im</strong>mungsbild herrscht in Deutschland 2004 zum Thema <strong>private</strong> Verschuldung? Gibt es<br />

eine gesamtgesellschaftlich einheitliche Bewertung oder lassen sich einzelne Teilgruppen mit besonderen<br />

Einstellungen erkennen?<br />

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden in Abst<strong>im</strong>mung mit dem wissenschaftlichen Beirat sechs<br />

Aussagen zum Thema <strong>private</strong> Verschuldung formuliert und erstmals für den Schulden-Kompass<br />

2004 in die Haushaltsumfrage einbezogen:<br />

• Der Lebensunterhalt wird <strong>im</strong>mer teurer, das Einkommen reicht heute für größere<br />

Anschaffungen oder Sonderbelastungen meist nicht mehr aus.<br />

• <strong>Die</strong> Wünsche sind größer geworden; man ist heute nicht mehr so bescheiden wie früher.<br />

• <strong>Die</strong> schlechte wirtschaftliche Lage (Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen, Steuererhöhungen,<br />

Gesundheitsreform etc.) zwingt die Menschen zum Schuldenmachen.<br />

• Traditionelle Werte werden heute ersetzt durch Konsum und Statussymbole.<br />

• Wenn ich etwas haben will, dann kaufe ich es. <strong>Die</strong> Schulden sind mir dann zunächst egal.<br />

• Wenn mir etwas wichtig ist, dann nehme ich auch Schulden in Kauf.<br />

Den Probanden wurden die Aussagen in zufälliger Reihenfolge mit der Bitte vorgelesen, den Grad<br />

ihrer Zust<strong>im</strong>mung mit Hilfe einer 5-stufigen Skala anzugeben: Der Skalenpunkt 1 bedeutet „st<strong>im</strong>me<br />

voll und ganz zu“. Der Skalenpunkt 5 bedeutet: „st<strong>im</strong>me ganz und gar nicht zu“.<br />

89


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

Ein Großteil klagt über gestiegene Lebenshaltungskosten<br />

Abb. 1.1<br />

<strong>Die</strong> Aussage „Der Lebensunterhalt wird <strong>im</strong>mer teurer, das Einkommen reicht heute für größere<br />

Anschaffungen oder Sonderbelastungen meist nicht mehr aus“ hat bei den deutschen Haushalts-<br />

Finanzvorständen die höchste Zust<strong>im</strong>mung erfahren.<br />

<strong>Die</strong> geringste Zust<strong>im</strong>mung erhält dagegen das Statement „Wenn ich etwas haben will, dann kaufe<br />

ich es, die Schulden sind mir dann zunächst egal“. Mit einem Mittelwert von 4,4 liegt diese Aussage<br />

damit zwar auf dem letzen Platz der Zust<strong>im</strong>mung; auffallend ist aber, dass dieser Aussage dennoch<br />

knapp 10% der Haushalts-Finanzvorstände zust<strong>im</strong>men und diese eine eher „leichtfertige<br />

Einstellung“ gegenüber der Kreditaufnahme aufweisen.<br />

90


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

Zur Informationsverdichtung wurden die vorgegebenen Aussagen in einem weiteren Analyseschritt<br />

einer Faktorenanalyse unterzogen. Bei diesem multivariaten Analyseverfahren wird geprüft, ob und<br />

in welcher Weise die Einzelaussagen zusammenwirken. Es wird also nach so genannten Variablen –<br />

in Form von Einzelaussagen – gesucht, die auf die Faktoren wirken.<br />

<strong>Die</strong> Faktorenanalyse brachte unter Einbeziehung der sechs Einzelaussagen drei unterschiedliche<br />

Faktoren hervor, auf die sich die Aussagen repräsentativ zurückführen lassen.<br />

Der Faktor 1, der mit „Verschuldung als Trend einer modernen Gesellschaft" beschieben wird,<br />

basiert auf folgenden Einzelaussagen bzw. Variablen:<br />

• <strong>Die</strong> Wünsche sind größer geworden; man ist heute nicht mehr so bescheiden wie früher.<br />

• Traditionelle Werte werden heute ersetzt durch Konsum und Statussymbole.<br />

Der Faktor 2 „Verschuldung aus wirtschaftlichen Zwängen" setzt sich aus folgenden Einzelaussagen<br />

zusammen:<br />

• Der Lebensunterhalt wird <strong>im</strong>mer teurer, das Einkommen reicht heute für größere<br />

Anschaffungen oder Sonderbelastungen meist nicht mehr aus.<br />

• <strong>Die</strong> schlechte wirtschaftliche Lage (Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen, Steuererhöhungen,<br />

Gesundheitsreform etc.) zwingt die Menschen zum Schuldenmachen.<br />

Der Faktor 3 „Verschuldung als Folge hoher Konsumneigung" setzt sich aus folgenden Einzelaussagen<br />

zusammen:<br />

• Wenn ich etwas haben will, dann kaufe ich es. <strong>Die</strong> Schulden sind mir dann zunächst egal.<br />

• Wenn mir etwas wichtig ist, dann nehme ich auch Schulden in Kauf.<br />

91


Bei Betrachtung der Einstellungen zur Verschuldung zeigt sich auf der aggregierten Faktorebene,<br />

dass Faktor 2<br />

"<br />

Verschuldung aus wirtschaftlichen Zwängen" <strong>im</strong> Durchschnitt die höchste<br />

Zust<strong>im</strong>mung auf sich vereint (Mittelwert 2,3), dicht gefolgt vom ersten Faktor<br />

"<br />

Verschuldung<br />

als Trend einer modernen Gesellschaft" (Mittelwert 2,4). <strong>Die</strong> Aussagen hinter Faktor 3<br />

" Verschuldung als Folge hoher Konsumneigung" erfahren die vergleichsweise geringste<br />

Zust<strong>im</strong>mung (Mittelwert 3,8).<br />

92<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

D<strong>im</strong>esionen des Wertewandels (1)<br />

Ergebnisse einer Faktorenanalyse<br />

Abb. 1.2


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

D<strong>im</strong>esionen des Wertewandels (2)<br />

Ergebnisse einer Faktorenanalyse<br />

Abb. 1.3<br />

93


94<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

Soziodemografische Einflussfaktoren<br />

Zentral ist die Fragestellung, in wie fern sich soziodemografische Einflussfaktoren wie Geschlecht,<br />

Alter, Bildungsabschluss und Haushaltsnettoeinkommen auf die Einstellung zur Verschuldung auswirken<br />

(vgl. Abb. 1.4 bis Abb. 1.7). Zu betonen ist, dass die genannten Einflussfaktoren nicht das<br />

gesamte Spektrum potenzieller Einflussfaktoren abbilden. Gleichwohl bieten sie eine verlässliche<br />

Grundlage zur Analyse zentraler Aspekte der <strong>private</strong>n Verschuldung.<br />

Gesellschaftliche Einstellungen zur Verschuldung (1)<br />

Untersucht nach Geschlecht<br />

Abb. 1.4<br />

Frauen und Männer sehen insbesondere die Einkommensverknappung aufgrund gestiegener<br />

Lebenshaltungskosten und wirtschaftlicher Nöte als Ursachen für die Verschuldung. Bei Aussagen<br />

über einen leichtfertigeren Umgang mit Schulden – z.B. „wenn mir etwas wichtig ist, dann nehme<br />

ich auch Schulden in Kauf“ – ist bei Männern durchschnittlich eine etwas höhere Zust<strong>im</strong>mung<br />

zu beobachten als bei Frauen.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

Gesellschaftliche Einstellungen zur Verschuldung (2)<br />

Untersucht nach Alter<br />

Abb. 1.5<br />

Auffällig ist, dass zwischen den verschiedenen Altersgruppen keine signifikanten Einstellungsunterschiede<br />

zu bestehen scheinen. Einerseits besteht bei allen Probanden ein hoher<br />

Zust<strong>im</strong>mungsgrad darüber, dass die Konsumwünsche größer geworden seien und man nicht mehr<br />

so bescheiden sei. Andererseits st<strong>im</strong>men alle Probanden nahezu gleichsam zu, dass die schlechte<br />

Wirtschaftslage öfters zur Kreditaufnahme zwinge.<br />

95


96<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

Gesellschaftliche Einstellungen zur Verschuldung (3)<br />

Untersucht nach Bildungsabschluss<br />

Abb. 1.6<br />

Der formale Bildungsgrad übt Einfluss auf die Einstellung zur Aufnahme von Schulden aus. So lässt<br />

sich feststellen: je geringer der formale Bildungsgrad, desto stärker die tendenzielle Zust<strong>im</strong>mung bei<br />

Aussagen zur angespannten Wirtschaftslage wie “die schlechte wirtschaftliche Lage zwingt die<br />

Menschen zum Schuldenmachen”.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 1<br />

Gesellschaftliche Einstellungen zur Verschuldung (4)<br />

Untersucht nach Haushaltsnettoeinkommen<br />

Abb. 1.7<br />

Personen, die nur über ein geringes Haushaltsnettoeinkommen verfügen, st<strong>im</strong>men stärker den<br />

Aussagen zum “ wirtschaftlichen Druck” zu als solche Personen bzw. Haushalte mit höherem<br />

Einkommen.<br />

97


98<br />

SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

2. Wer n<strong>im</strong>mt heute Kredit auf und wofür?<br />

Für qualitative Analysen des Gesamtverschuldungsstands <strong>private</strong>r Haushalte wurde neben den<br />

Thesen zum Wertesystem außerdem der hauptsächliche Verwendungszweck von Krediten untersucht.<br />

Des Weiteren wurde der Versuch einer Charakter-Typologisierung unternommen.<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit hat keine aktuelle Kreditbelastung<br />

Abb. 2.1<br />

61,5% der befragten Haushalte hatten <strong>im</strong> Befragungszeitraum keine Kreditbelastung. Etwas mehr<br />

als ein Drittel der befragten Personen (Haushaltsvorstände) zahlt zur Zeit einen (27,5%) oder<br />

mehrere Kredite (8,2%) zurück. Der in der Haushaltsbefragung verwendete Begriff Kredit umfasst:<br />

Bankkredite, Darlehen wie z.B. Hypothekendarlehen, Ratenkäufe oder das Leihen von Geld bei<br />

Freunden, Bekannten und Verwandten.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

Kredite meistens für Immobilien<br />

Abb. 2.2<br />

<strong>Die</strong> Liste möglicher Kreditverwendungszwecke wird angeführt von der Anschaffung bzw. Sanierung<br />

einer Immobilie: Fast 66% der Kreditnehmer geben dies als Grund für die Kreditaufnahme an.<br />

Bereits deutlich dahinter, aber als zweitwichtigster Grund für die Kreditaufnahme, rangiert der Kauf<br />

eines Autos bzw. Motorrads (21,5%). Eher nachrangig erscheinen Verwendungszwecke wie Erwerb<br />

einer neuen Wohnungseinrichtung (5,6%), Geschäftseröffnung/Selbstständigkeit (1,9%) oder die<br />

Unterstützung anderer Personen (0,9%). 2,1% der Kreditnehmer nutzen Kredite für die Überbrückung<br />

finanzieller Engpässe.<br />

99


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

Kreditbelastungen steigen mit der Einkommensgruppe<br />

Abb. 2.3<br />

<strong>Die</strong> Analyse von Haushalten, die zur Zeit Kredite zurückzahlen, zeigt hinsichtlich des Nettoeinkommens:<br />

Haushalte mit höherem Haushaltsnettoeinkommen haben meist infolge von<br />

Immobilienfinanzierungen höhere monatliche Kreditbelastungen. Bis zum Haushaltsnettoeinkommen<br />

von 4.000 Euro ist für Kfz- oder Motorradfinanzierungen etwa eine Gleichverteilung der<br />

Kreditbelastungen über die verschiedenen Einkommensgruppen zu beobachten. Bei Haushalten mit<br />

einem Nettoeinkommen von über 4.000 Euro sind keine statistisch validen Angaben mehr über die<br />

Finanzierungen für Kfz und/oder Motorrad zu beobachten.<br />

100


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit plant auch für die Zukunft keine Kreditaufnahme<br />

Abb. 2.4<br />

<strong>Die</strong> meisten Kredite auch künftig für Immobilien und Kfz<br />

Von den Befragten, die derzeit keine Kreditbelastung haben, kann sich mit 70,3% die überwiegende<br />

Mehrheit auch für die Zukunft nicht vorstellen, eine Kreditverpflichtung einzugehen. Fast 22%<br />

der aktuellen Kreditnehmer können sich vorstellen, weitere Kredite aufzunehmen.<br />

Abb. 2.5<br />

101


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

Werden die Kriterien „aktuelle Kreditbelastung“, „Bereitschaft zur Aufnahme zukünftiger Kredite“<br />

und „monatliche Kreditbelastung“ ins Verhältnis zum „Haushaltsnettoeinkommen“ gesetzt, lassen<br />

sich drei unterschiedliche Personengruppen idealtypisch ausdifferenzieren: „Kreditverzichter“,<br />

„Kreditnutzer“ und „Starke Kreditnutzer“.<br />

Bei der Typenverteilung ist anzumerken, dass nicht alle Befragten einem der drei Typen zugeordnet<br />

werden konnten, da sie entweder keine Angabe zu ihrem Einkommen oder zu ihrer Kreditbelastung<br />

gemacht hatten, entsprechend ergeben die Prozentzahlen zur anteilsmäßigen Typenverteilung nicht<br />

100%.<br />

Kreditverzichter, Kreditnutzer, Starke Kreditnutzer<br />

Abb. 2.6<br />

102


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

• Typ1: „Kreditverzichter“<br />

Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie weder aktuell einen Kredit abzahlen noch geneigt sind, sich<br />

auch künftig mit einem Kredit zu belasten. 43,3% der befragten Personen können diesem Typus<br />

zugeordnet werden.<br />

• Typ 2: „Kreditnutzer“<br />

Zu diesem Typus zählen Personen, die bereits aktuell einen Kredit abzahlen und/oder bereit sind,<br />

einen Kredit in Zukunft aufzunehmen. <strong>Die</strong> monatliche Kreditbelastung darf bei diesem Typ nicht die<br />

"Grenze" von 50% des Haushaltsnettoeinkommens überschreiten. 12,3% der befragten Personen<br />

können diesem Typ zugeordnet werden.<br />

• Typ 3: „Starke Kreditnutzer“<br />

Im Gegensatz zum Typ 2 können sich „starke Kreditnutzer“ eine Kreditbelastung vorstellen, die 50%<br />

des Haushaltsnettoeinkommens übersteigt. <strong>Die</strong>se Gruppe, vorwiegend jünger und männlich, ist<br />

allerdings deutlich in der Minderheit: nur 2,8% der Befragten können diesem Typ zugeordnet<br />

werden. Starke Kreditnutzer nehmen hohe Kreditbelastungen nicht aus Gründen der falschen<br />

Risikoeinschätzung in Kauf. Vielmehr repräsentiert dieser Typ eher Personen mit einem formal hohen<br />

Bildungsgrad und eher höherem Zahlungswissen.<br />

103


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 2<br />

Finanzinstitute sind die wichtigste Informationsquelle<br />

Abb. 2.7<br />

Personen, die einen Kredit aufnehmen, informieren sich vor der Kreditaufnahme in erster Linie bei<br />

Banken und sonstigen Kreditinstituten (77,4%). Bereits zweitwichtigste Informationsquelle ist das<br />

Internet. Fast ein Viertel der Befragten gibt an, dass es sich <strong>im</strong> Internet über Kredite informiert hat<br />

bzw. sich dort <strong>im</strong> Falle einer künftigen Kreditaufnahme informieren würde.<br />

104


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

3. Zahlungswissen und Schuldenneigung<br />

Ein weiteres Untersuchungsgebiet ist die von 2003 fortgesetzte Erhebung über die Verbreitung des<br />

Zahlungswissens sowie über Tendenzen der individuellen Schuldenneigung. Wie <strong>im</strong> Vorjahr wurde<br />

eine von dem psychologischen Institut Intelligenz System Transfer entwickelte Methode eingesetzt.<br />

Sie basiert auf Fragen und Aufgaben zum „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“.<br />

<strong>Die</strong> D<strong>im</strong>ension „Zahlungswissen“ wurde anhand von acht Multiple-Choice-Fragen zum Thema<br />

Geldverkehr und Finanzen analysiert. Basierte die Erhebung zum Schulden-Kompass 2003 zur<br />

Klassifizierung des Zahlungswissens noch auf zehn Multiple-Choice-Fragen, so hat sich <strong>im</strong><br />

Studienverlauf herausgestellt, dass zwei Fragen zum Thema „Scheck“ und „Offenbarungseid“ nicht<br />

mehr <strong>im</strong> modernen Sprachgebrauch sind und daher auch nicht ausreichend verstanden wurden.<br />

Deshalb wurden diese Fragen für den Schulden-Kompass 2004 nicht mehr berücksichtigt und<br />

künftig durch zwei neue Fragen ersetzt.<br />

Für jede richtige Antwort wird ein Punkt vergeben. Erreicht ein Proband max<strong>im</strong>al drei Punkte, wird<br />

sein Zahlungswissen als gering eingestuft; Punktzahlen zwischen 4 und 5 ergeben ein mittleres<br />

Zahlungswissen. Ein mittleres bis großes Zahlungswissen besitzt ein Proband, wenn er zwischen 6<br />

und 7 Punkten erreicht. Werden alle acht Fragen korrekt beantwortet, kann das Zahlungswissen als<br />

entsprechend groß bezeichnet werden.<br />

<strong>Die</strong> D<strong>im</strong>ension Schuldenneigung wird mit Einstellungsmustern auf Basis von Verschuldungsbiographien<br />

für den Bereich Kredit evaluiert und anschließend in entsprechende Fragen umgesetzt.<br />

<strong>Die</strong>se Einstellungsmuster lassen sich in die vier, bereits <strong>im</strong> Schulden-Kompass 2003 beschriebenen<br />

Prinzipien Reversibilität, Disengagement, kalkulierte Mindestleistung und Reaktanz (siehe Glossar)<br />

untergliedern. Jedes dieser Muster wird durch typische Statements repräsentiert. Den Probanden<br />

werden 31 Einstellungs-Statements bezüglich <strong>private</strong>r Verschuldung und des Umgangs mit Geld zur<br />

Beurteilung vorgestellt. <strong>Die</strong> Beurteilung erfolgt auf einer Skala von 1 (Einstellung halte ich für sehr<br />

angemessen) bis 5 (Einstellung halte ich für sehr unangemessen). Entsprechend reicht die<br />

Punkteskala von min<strong>im</strong>al 31 Punkten (stark schuldengeneigt) bis max<strong>im</strong>al 155 Punkten (neutral<br />

schuldengeneigt).<br />

105


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Auswertungen zum Zahlungswissen und Schuldenneigung<br />

Der <strong>Vergleich</strong> zwischen 2003 und 2004 zeigt, dass sowohl das Zahlungswissen als auch die<br />

Schuldenneigung weitestgehend stabil geblieben sind. Allerdings ist zu beobachten, dass der Anteil<br />

der Haushalts-Finanzvorstände, die über ein mittleres bis hohes Zahlungswissen verfügen, gegenüber<br />

2003 von 42,9% auf 47,9% zugenommen hat. Auffällig ist auch, dass der Anteil der Haushalte<br />

mit geringem Zahlungswissen in 2004 gegenüber dem Vorjahr von 14,9% auf 9,1% gesunken ist.<br />

Eine mittlere bis hohe Schuldenneigung weisen 27,8% (Vorjahr 30,0%) der Haushalte auf.<br />

<strong>Die</strong> folgenden Abbildungen (Abb. 3.1 bis 3.6) veranschaulichen die Ergebnisse hinsichtlich der<br />

D<strong>im</strong>ensionen „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“, ausdifferenziert nach Geschlecht, Alter,<br />

Bildungsabschluss, Haushaltsnettoeinkommen und Erwerbsstatus (Berufstätig und Nicht-<br />

Berufstätig). Abb. 3.7 ist eine isolierte Betrachtung der Schuldenneigung, die in Beziehung zu<br />

einzelnen Wertetrends (siehe Kapitel 1) gesetzt wurde.<br />

106


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Frauen haben ein geringeres Zahlungswissen und sind weniger schuldengeneigt als Männer<br />

Abb. 3.1<br />

Frauen zeigen sich <strong>im</strong> Umgang mit Geld und Finanzen bedächtiger und zeigen zurückhaltendere<br />

Einstellungen als Männer. <strong>Die</strong>ses Ergebnis war bereits <strong>im</strong> Vorjahr zu beobachten und kann bestätigt<br />

werden.<br />

107


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Jüngere Menschen verfügen über geringeres Zahlungswissen und zeigen eine<br />

tendenziell höhere Schuldenneigung<br />

Personen unter 30 Jahren haben in Geld- und Kreditangelegenheiten ein deutlich niedrigeres<br />

Zahlungswissen als Personen zwischen 30 und 60 Jahren. Des Weiteren liegt die Schuldenneigung<br />

bei den jüngeren Menschen signifikant höher. Auch dieser Zusammenhang wurde bereits <strong>im</strong><br />

Schulden-Kompass 2003 beobachtet und kann daher bestätigt werden.<br />

108<br />

Abb. 3.2


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Je höher der Bildungsgrad, desto höher das Zahlungswissen und geringer die Schuldenneigung<br />

Abb. 3.3<br />

Personen, die einen höheren formalen Bildungsgrad aufweisen, besitzen auch höhere Kenntnisse <strong>im</strong><br />

Zahlungsverkehr. Des Weiteren zeigen Akademiker eine deutlich geringere Schuldenneigung als<br />

Personen mit niedrigerem Bildungsgrad. Auch diese These konnte bereits in der Untersuchung 2003<br />

beobachtet werden.<br />

109


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Mit wachsendem Einkommen steigt das Zahlungswissen und sinkt die Schuldenneigung<br />

Personen mit hohem Zahlungswissen gehören eher höheren Einkommensklassen an und die<br />

Schuldenneigung ist eher geringer als in unteren Einkommensklassen. Wie in 2003 ist ein grundsätzlich<br />

enger Zusammenhang zwischen Bildungsniveau und Einkommen zu vermuten: Je höher der<br />

Bildungsgrad, desto eher ist von einem höheren Haushaltsnettoeinkommen auszugehen.<br />

110<br />

Abb. 3.4


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Nicht-Berufstätige haben geringeres Zahlungswissen und eine höhere Schuldenneigung<br />

Abb. 3.5<br />

Berufstätige haben gegenüber Nicht-Berufstätigen ein tendenziell höheres Zahlungswissen und eine<br />

niedrigere Schuldenneigung. In der Gruppe der Nicht-Berufstätigen hat sich von 2003 auf 2004 der<br />

Anteil derjenigen mit geringem Zahlungswissen von 21,2% auf 11,7% nahezu halbiert. Eine<br />

Entwicklung, die insbesondere <strong>im</strong> nächsten Jahr zu überprüfen sein wird.<br />

111


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Auszubildende haben unter den Nicht-Berufstätigen ein niedriges Zahlungswissen<br />

Abb. 3.6<br />

Es zeigt sich, dass in der Gruppe der Nicht-Berufstätigen die Arbeitslosen und Auszubildenden ein<br />

vergleichsweise niedriges Zahlungswissen haben. Auffällig ist jedoch, dass sich das Zahlungswissen<br />

in der Gruppe der Arbeitslosen von 2003 auf 2004 signifikant verbessert zu haben scheint: Der<br />

Anteil derjenigen mit mittlerem bis hohem Zahlungswissen ist von 34,2% auf 48,5% gestiegen.<br />

112


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE B | 3<br />

Konsum orientierte Personen haben eine tendenziell höhere Schuldenneigung<br />

Abb. 3.7<br />

Abb. 3.7 ist eine isolierte Betrachtung der Schuldenneigung, die in Beziehung zu einzelnen<br />

Wertetrends gesetzt wurde. Auffällig ist, dass Personen mit höherer Schuldenneigung insbesondere<br />

den stark Konsum orientierten Aussagen wie „wenn mir etwas wichtig ist, dann kaufe ich es auch“<br />

zust<strong>im</strong>men: Je ausgeprägter die Schuldenneigung desto stärker ist bei diesen Aussagen auch der<br />

Grad der Zust<strong>im</strong>mung. Des Weiteren n<strong>im</strong>mt bei der Aussage, wonach die Schuldenaufnahme<br />

infolge der schlechten Wirtschaftslage eine Notwendigkeit sei, der Grad der Zust<strong>im</strong>mung mit Ausprägung<br />

der Schuldenneigung zu. Anzumerken ist, dass die zwei stark Konsum orientierten<br />

Wertetrends (Mittelwerte 3,7 bzw. 4,4) jedoch insgesamt, mit Blick auf alle sechs Wertetrends,<br />

eine vergleichsweise geringe Zust<strong>im</strong>mung erfahren.<br />

113


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C<br />

C. Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und Ursachen<br />

Dr. Dr. Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann<br />

115


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C<br />

Inhalt<br />

Einleitung 118<br />

1. Operationalisierungsansätze zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> 120<br />

1.1 Operationalisierung der Definition von relativer <strong>Überschuldung</strong> 121<br />

1.2. Aussagekraft der Daten des SOEP sowie der EVS zur Analyse 122<br />

der Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten<br />

2. Empirische Analysen zur Verschuldung von Privathaushalten 123<br />

3. Empirische Analysen zur relativen <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten 126<br />

3.1 Relative <strong>Überschuldung</strong> und <strong>Überschuldung</strong>sgefährdung von Privathaushalten 126<br />

3.2 Relative <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten nach Kreditarten 127<br />

3.3 Risiko der relativen <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten in Abhängigkeit 132<br />

von soziodemografischen und sozialstrukturellen Merkmalen<br />

3.4 Sozialprofil relativ überschuldeter Privathaushalte und die Ursachen 144<br />

der <strong>Überschuldung</strong><br />

3.4.1 Sozialprofil relativ überschuldeter Privathaushalte 144<br />

3.4.2 Ursachen der <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte 145<br />

117


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | EINLEITUNG<br />

Einleitung<br />

<strong>Die</strong> vorliegende Studie basiert auf dem handlungstheoretischen Karrierekonzept, das den Einfluss<br />

sozialstruktureller Faktoren auf die <strong>Überschuldung</strong>skarrieren ebenso berücksichtigt wie institutionelle<br />

und individuelle. Bevor <strong>Überschuldung</strong>skarrieren untersucht werden können, muss jedoch<br />

definiert werden, was <strong>Überschuldung</strong> ist. Zunächst ist aber auf den Begriff <strong>Überschuldung</strong>skarriere<br />

näher einzugehen.<br />

In Anlehnung an die entsprechende handlungstheoretische Konzeptualisierung von Armuts- und<br />

Sozialhilfekarrieren 1 sind unter dem Terminus der „<strong>Überschuldung</strong>skarriere“ Verschuldungs- und in<br />

der Folge <strong>Überschuldung</strong>sverläufe von Personen bzw. Wirtschaftsgemeinschaften (Haushalten) zu<br />

verstehen, das heißt die<br />

• Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und deren Ursachen: sozialstrukturelle Merkmale überschuldeter<br />

Personen und Haushalte, individuelles Verhalten und subjektive Handlungskompetenz,<br />

Einfluss von Institutionen etc.<br />

• Wege durch die <strong>Überschuldung</strong>: Lebenslagen der überschuldeten Personen und Haushalte,<br />

Verarbeitungsmuster und -möglichkeiten durch die Betroffenen etc.<br />

• Wege aus der <strong>Überschuldung</strong>: Einkommensorientiertes Konsumverhalten, Reduzierung<br />

vermeidbarer Ausgaben, Teil- bzw. Gesamtregulierung (Raten- und <strong>Vergleich</strong>szahlungen)<br />

mit professioneller Hilfe, Privatinsolvenz etc.<br />

Im Folgenden wird das Augenmerk auf den ersten Teilbereich der <strong>Überschuldung</strong>skarrieren gelegt,<br />

nämlich auf die Wege in die <strong>Überschuldung</strong> und deren Ursachen. <strong>Die</strong> Wege in die <strong>Überschuldung</strong><br />

können in zeitlicher Abfolge nach folgenden objektiven Ereignissen strukturiert werden: Aufnahme<br />

eines Kredites (Verschuldung), erste Zahlungsstörung, fortgesetzte Zahlungsstörungen bis zur <strong>Überschuldung</strong><br />

und schließlich die Zahlungsunfähigkeit.<br />

Hervorzuheben ist, dass die Aufnahme eines Kredites in der überwiegenden Mehrheit der Fälle zu<br />

keiner Zahlungsstörung führt und weiterhin natürlich aufgrund einer Zahlungsstörung keinesfalls<br />

eine <strong>Überschuldung</strong> erfolgen muss.<br />

1 Vgl. Ludwig, Monika: Armutskarrieren. Zwischen Abstieg und Aufstieg <strong>im</strong> Sozialstaat, Opladen 1996; <strong>Die</strong>s.:<br />

Sozialhilfekarrieren. Ein neues Konzept in der Armutsforschung, in Neue Praxis, 22Jg. (1992), S. 130-140.<br />

118


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | EINLEITUNG<br />

Ausgehend von einem handlungstheoretischen Karrierekonzept stehen die Wege in die <strong>Überschuldung</strong><br />

allgemein <strong>im</strong> Spannungsfeld mehrerer Einflussebenen: man denke in diesem Zusammenhang<br />

beispielsweise an den Arbeitsmarkt bzw. die Erwerbssituation des Individuums/der Wirtschaftsgemeinschaft;<br />

weiterhin kommt der Beratungsfunktion der Kreditgeber eine wesentliche Rolle zu<br />

und schließlich ebenso dem Verhalten des Individuums (Haushaltsführung und -planung, Konsumverhalten<br />

etc.). <strong>Die</strong>sen Einflussfaktoren kommt je <strong>Überschuldung</strong>sfall eine unterschiedliche<br />

Gewichtung zu.<br />

<strong>Die</strong> genannten Einflussebenen bzw. -faktoren auf den <strong>Überschuldung</strong>sprozess und in der Folge dessen<br />

Ursachen sind jedoch nicht nur isoliert voneinander zu betrachten (die Differenzierung ist wie<br />

angeführt idealtypisch), sondern insbesondere auch hinsichtlich ihrer Wechselwirkung und<br />

Zusammenhänge, was bei den bisherigen Untersuchungen weitgehend fehlt. So vielfältig und individuell<br />

die <strong>Überschuldung</strong>sverläufe (Wege in die <strong>Überschuldung</strong>) auch sind, die betroffenen<br />

Personen und Haushalte weisen typische Gemeinsamkeiten auf, die es aufzuzeigen gilt:<br />

• soziodemografische Merkmale (Alter des Haupteinkommensbeziehers,<br />

Haushaltszusammensetzung, Einkommen etc.);<br />

• strukturelle Merkmale (Berufsgruppenzugehörigkeit, Erwerbsstatus etc.);<br />

• Merkmale institutioneller Einflussfaktoren, hier: Merkmale der Beratungsqualität und<br />

-leistung der Kreditgeber vor Kreditabschluss und während des laufenden Kredites;<br />

• Merkmale des individuellen Verhaltens und der subjektiven Handlungskompetenz<br />

(Konsumverhalten, Haushaltsführung und -planung etc.).<br />

119


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 1<br />

1. Operationalisierungsansätze zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong><br />

Während hinsichtlich der Definition von Verschuldung als jede Form des Eingehens von<br />

Geldverbindlichkeiten, die ökonomisch und juristisch geregelt sind, weit gehend Konsens besteht,<br />

bildet sich dieser erst hinsichtlich der Definition von <strong>Überschuldung</strong>. Grundsätzlich können<br />

Definitionen der <strong>Überschuldung</strong> (in Anlehnung an die Konzeptualisierung von Armutsdefinitionen 2 )<br />

unterschieden werden nach subjektiven, relativen und absoluten Ansätzen.<br />

120<br />

Subjektive <strong>Überschuldung</strong>: <strong>Die</strong> Person fühlt sich psychisch und finanziell überfordert,<br />

Schulden zurückzuzahlen.<br />

Relative <strong>Überschuldung</strong>: Trotz Reduzierung des Lebensstiles reicht der Einkommensrest<br />

nach Abzug der Lebenshaltungskosten nicht zur fristgerechten Schuldentilgung aus.<br />

Absolute <strong>Überschuldung</strong> (Insolvenz): Einkommen und Vermögen des Schuldners reichen<br />

nicht mehr aus, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken.<br />

<strong>Die</strong>se Definition wurde auch bereits <strong>im</strong> Schuldenkompass 2003 verwendet. 3<br />

Im Mittelpunkt des Interesses der letzten Jahre steht nicht nur das Ausmaß absoluter, sondern vor<br />

allem jenes von relativer <strong>Überschuldung</strong>, wobei besondere Aufmerksamkeit der <strong>Überschuldung</strong> von<br />

Privathaushalten gilt. Letzteres liegt darin begründet, dass von <strong>Überschuldung</strong> und den resultierenden<br />

Folgen nicht nur der Kreditnehmer betroffen ist, sondern auch die weiteren Haushaltsmitglieder.<br />

Weiterhin zeigen Modellrechnungen auf der Basis des SOEP (sozioökonomische Panel) für 2002,<br />

dass zur Bemessung des Gesamtkreditvolumens und deren Tilgung mehrheitlich das Haushaltsnettoeinkommen<br />

dient.<br />

<strong>Die</strong> oben zitierte Definition relativer <strong>Überschuldung</strong> ist entsprechend haushaltsbezogen dahingehend<br />

zu adaptieren, dass einerseits das Einkommen des Haushaltes (Haushaltsnettoeinkommen)<br />

<strong>im</strong> Sinne einer Wirtschaftsgemeinschaft zur Schuldentilgung herangezogen wird und sich andererseits<br />

die Lebenshaltungskosten auf den Haushalt (die Wirtschaftsgemeinschaft) beziehen. 4<br />

2 Vgl. Z<strong>im</strong>mermann, Gunter E.: Armut: Konzepte, Definitionen und Operationalisierungsansätze in der BRD. Wider ein<br />

Ende der Grundsatzdiskussion, in: Soziale Probleme 4 (1993), S. 193-228; Ders.: Ansätze zur Operationalisierung von<br />

Armut und Unterversorgung <strong>im</strong> Kindes- und Jugendalter, in: Ch. Butterwegge (Hrsg.): Kinderarmut in Deutschland.<br />

Ursachen, Erscheinungsformen und Gegenmaßnahmen, Frankfurt a. M./New York: Campus-Verlag 2000, S. 59-77. Ders.:<br />

Armut, in: B. Schäfers, W. Zapf (Hrsg.): Handwörterbuch zur Gesellschaft Deutschlands, 2. Aufl., Opladen: Leske+Budrich,<br />

2001, S. 36-52.<br />

3 Vgl. SCHUFA HOLDING AG (Hrsg.): Schulden-Kompass 2003. Empirische Indikatoren der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong><br />

in Deutschland, Wiesbaden 2003, S. 17.<br />

4 Modellrechnungen zeigen, dass die Kreditvolumina (bestehende Gesamtschuld) und die daraus resultierenden monatlichen<br />

Tilgungsbelastungen mehrheitlich nach dem Gesamteinkommen des Haushaltes (Haushaltesnettoeinkommen)<br />

bemessen und folglich die Kredithaftungen in Haushalten mit mehr als einem Einkommensbezieher mehrheitlich nicht ausschließlich<br />

von einer Person getragen werden. Was für Hypothekarkredite naheliegend ist, gilt mehrheitlich auch für<br />

Konsumentenkredite: Unter der Annahme, dass ausschließlich der Haupteinkommensbezieher in einem Haushalt der<br />

Kreditnehmer ist und entsprechend auch nur er mit seinem pfändbaren Einkommensanteil für die Schuldentilgung herangezogen<br />

werden kann, würde man das unrealistische Ergebnis erhalten, dass drei Viertel aller Haushalte, die nur<br />

Konsumentenkredite besitzen (also keine laufenden Hypothekarkredite haben), überschuldet wären, das heißt, der pfändbare<br />

Anteil des (bereinigten) Nettolohnes reichte nicht aus, die bestehenden monatlichen Belastungen aus<br />

Konsumentenkreditverpflichtungen zu erfüllen.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 1.1<br />

1.1 Operationalisierung der Definition relativer <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte<br />

Bevor nach der oben genannten Definition relative <strong>Überschuldung</strong> gemessen werden kann, muss<br />

sie noch einer Operationalisierung zugeführt werden. Das heißt, es sind die Lebenshaltungskosten<br />

zu definieren, die dem Haushalt nach Reduzierung des Lebensstiles in Abhängigkeit von der<br />

Haushaltszusammensetzung zugestanden werden. In diesem Zusammenhang bietet sich an, die<br />

notwendigen Lebenshaltungskosten nach dem bedarfsgewichteten Sozialhilferichtsatz (entsprechend<br />

den geltenden Best<strong>im</strong>mungen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt gem. BSHG) bzw.<br />

nach den Pfändungsfreigrenzen (Pfändungstabellen gem. § 850 ZPO) festzulegen.<br />

<strong>Die</strong> Operationalisierung erfolgt also nach dem Subsistenzkonzept, und folglich werden die notwendigen<br />

Lebenshaltungskosten des Haushaltes als Existenzmin<strong>im</strong>um nach den (bedarfsgewichteten)<br />

Sozialhilferichtsätzen bzw. nach den Pfändungsfreigrenzen definiert. Da die Pfändungsfreigrenzen<br />

<strong>im</strong> Gegensatz zur Sozialhilfe (hier: laufende Hilfe zum Lebensunterhalt) personenspezifisch<br />

definiert sind (pfändungsfreier Anteil des bereinigten Nettolohnes des Kreditnehmers), wurde die<br />

Pfändungsfreigrenze für einen allein Stehenden auf den entsprechenden Bedarf aller Haushaltsmitglieder<br />

erweitert und weiterhin wurden auch bestehende Unterhaltspflichten gegenüber<br />

Personen außerhalb des Haushaltes berücksichtigt.<br />

Relative <strong>Überschuldung</strong> eines Haushaltes besteht also genau dann, wenn trotz Reduzierung des<br />

Lebensstiles auf das Existenzmin<strong>im</strong>um nach Sozialhilferichtsätzen (bedarfsgewichtete laufende Hilfe<br />

zum Lebensunterhalt) 5 bzw. nach Pfändungsfreigrenzen (Pfändungstabellen vom 1.1.2002 gem.<br />

§ 850 ZPO) der verbleibende Einkommensrest nicht zur fristgerechten Schuldentilgung ausreicht.<br />

Aufgrund der bundeseinheitlichen Neufestlegung der Pfändungsfreigrenzen mit 1.1.2002 ist das<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um für einen Haushalt in der Regel höher als das entsprechende Existenzmin<strong>im</strong>um auf<br />

der Basis der bedarfsgewichteten Sozialhilferichtsätze (laufende Hilfe zum Lebensunterhalt) nach<br />

dem BSHG (siehe Tab. 1.1.1). In der Folge erhalten wir eine geringere Anzahl an überschuldeten<br />

Haushalten, wenn das Existenzmin<strong>im</strong>um auf den bedarfsgewichteten Sozialhilferichtsätzen basiert,<br />

als wenn das Existenzmin<strong>im</strong>um mittels der Pfändungsfreigrenzen festgelegt wird. Wir erhalten somit<br />

eine Ober- und Untergrenze des Anteils relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten<br />

Privathaushalten.<br />

Aus der Konzeptualisierung von <strong>Überschuldung</strong> nach absoluten und relativen Kriterien folgt<br />

originär, dass es nicht die Anzahl überschuldeter Haushalte gibt, sondern <strong>im</strong> Falle relativer <strong>Überschuldung</strong><br />

die Anzahl abhängig ist vom festzulegenden Existenzmin<strong>im</strong>um für die Lebenshaltungskosten<br />

des Haushaltes. <strong>Die</strong> Notwendigkeit der Berechnung relativer <strong>Überschuldung</strong> nach<br />

beiden Existenzmin<strong>im</strong>a ergibt sich unter anderem auch daraus, dass Haushalte freiwillig ihre<br />

Lebenshaltungskosten unter das Niveau der Pfändungsfreigrenze auf das bedarfsgewichtete<br />

Sozialhilfeniveau reduzieren können, um eine gewünschte Anschaffung tätigen zu können.<br />

5 <strong>Die</strong> Berechnung des Existenzmin<strong>im</strong>ums für einen Haushalt nach Sozialhilferichtsätzen wurde unter Beibehaltung der<br />

bestehenden Wohnkosten (Miete etc.) vorgenommen.<br />

121


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 1.1 | 1.2<br />

Tab. 1.1.1: Pfändungsfreigrenzen und Regelsätze zur laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

Pfändungsfreigrenzen seit 1. Januar 2002<br />

Seit dem 1. Jan. 2002 gibt es eine neue Pfändungstabelle, die bundeseinheitlich gültig ist. Sie stellt das<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um der Schuldneriinnen/Schuldner sicher und soll zugleich deren Arbeitsmotivation aufrecht erhalten.<br />

Nicht pfändbare Netto-Lohn-Summen bei Unterhaltspflicht für Anzahl der Personen: 0 939,99 EUR<br />

1 1279,99 EUR<br />

2 1479,99 EUR<br />

usw.<br />

Regelsätze für die Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach BSHG (Stand 1. Juli 2003)<br />

Rechnerischer Durchschnitt für Deutschland<br />

Haushaltsvorstand/Alleinstehender 291,00 EUR<br />

Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres 146,00 EUR<br />

Haushaltsangehörige vom 8. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 289,00 EUR<br />

Haushaltsangehörige vom 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 262,00 EUR<br />

Haushaltsangehörige von Beginn des 19. Lebensjahres 233,00 EUR<br />

<strong>Die</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt für einen Haushalt errechnet sich aus den haushaltsspezifischen Regelsätzen<br />

einschließlich einmaliger Leistungen und Warmmiete (ohne Strom).<br />

Quelle: BMFSFJ (Hrsg.): Was mache ich mit meinen Schulden?, 10. Aufl., Berlin 2003, S. 68ff.<br />

1.2 Aussagekraft der Daten des SOEP sowie der EVS zur Analyse der Verschuldung<br />

und <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten.<br />

Da empirische Analysen und Ergebnisse nur so gut sein können wie die zu Grunde liegenden Daten<br />

der Stichprobe, seien einige wenige Anmerkungen zur Datenbasis des Sozioökonomischen Panels<br />

(SOEP) sowie der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) gemacht. 6<br />

Grunddesign der Datensätze:<br />

<strong>Die</strong> Datensätze der EVS sowie des SOEP weisen ein völlig unterschiedliches Grunddesign auf: während<br />

die EVS ein Querschnittdatensatz ist, der nur alle fünf Jahre erhoben wird, wurde das SOEP als<br />

Längsschnittdatensatz konzipiert (jährliche Befragung derselben Haushalte), wobei mit dem SOEP<br />

auch repräsentative Querschnittanalyen gemacht werden können. Das unterschiedliche Grunddesign<br />

ist jedoch keinesfalls ein Nachteil: durch den Panelcharakter des SOEP sind zusätzlich zu den<br />

Querschnittanalysen auch Untersuchungen zur Verweildauer <strong>private</strong>r Haushalte in Ver- bzw. <strong>Überschuldung</strong>slagen<br />

möglich.<br />

Stichprobenumfang und Repräsentativität:<br />

Da der Stichprobenumfang der EVS mit rd. 60.000 Privathaushalten <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> zum SOEP mit<br />

rd. 12.700 erfassten Haushalten mehr als viermal so groß ist, sind grundsätzlich mit der EVS vielfältigere<br />

Differenzierungen der ver- und überschuldeten Haushalte nach regionalen und/oder soziodemografischen<br />

Merkmalen möglich als mit dem Datensatz des SOEP. Hervorgehoben sei jedoch,<br />

6 Für eine detaillierte Darstellung hierzu sei verwiesen auf: Z<strong>im</strong>mermann, Gunter E.: Aussagekraft der Daten des SOEP<br />

sowie der EVS 2003 zur Verschuldung und <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten. Expertise <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Karlsruhe Juli 2004.<br />

122


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 1.2 | 2<br />

dass ein großer Stichprobenumfang wie bei der EVS keine generelle Repräsentativität garantiert:<br />

in der Stichprobe der EVS 2003 (ebenso wie in der EVS 1998) sind Ausländer- und Sozialhilfeempfängerhaushalte<br />

stark untererfasst, das heißt, sie sind vielfach unterproportional in der<br />

Stichprobe vertreten; durch diese Untererfassung <strong>im</strong> unteren Einkommensbereich ist in der Folge der<br />

mittlere Einkommensbereich überproportional enthalten, was zu entsprechenden Verzerrungen<br />

führt, die auch durch den bereitgestellten Hochrechnungsfaktor bzw.-vektor nicht ausgeglichen<br />

werden. Weiterhin werden in der EVS Haushalte mit sehr hohen Einkommen (18.000 Euro und mehr<br />

monatliches Haushaltsnettoeinkommen) <strong>im</strong> Stichprobenplan nicht berücksichtigt.<br />

Erfasste Merkmale der Verschuldung von Personen und Privathaushalten:<br />

Zum Grunddesign der Datensätze gehört weiterhin, dass die EVS ein haushaltsbezogener Datensatz<br />

ist, und entsprechend werden die Merkmale der Verschuldung ausschließlich haushaltsbezogen<br />

erhoben. Im Gegensatz dazu werden be<strong>im</strong> SOEP Merkmale der Verschuldung sowohl auf der<br />

Haushaltsebene (Haushaltsfragebogen) wie auch auf der Personenebene (Personenfragebogen<br />

für alle Haushaltsmitglieder, die 16 Jahre und älter sind) erfasst. Wesentlich ist in diesem<br />

Zusammenhang, dass von den erhobenen personenspezifischen Verschuldungmerkmalen auf die<br />

entsprechende Verschuldungssituation der zugehörigen Haushalte geschlossen werden kann,<br />

da jede Person eindeutig dem entsprechenden Haushalt zugeordnet werden kann.<br />

2. Empirische Analysen zur Verschuldung von Privathaushalten<br />

Bevor auf die Thematik der relativen <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten näher eingegangen wird,<br />

seien zunächst die Verschuldungsquoten der Privathaushalte nach Kreditarten kurz dargestellt.<br />

Tab. 2.1 zeigt die Verschuldungsquoten von Privathaushalten in 2002 differenziert nach Dispositions-,<br />

Konsumenten- und Hypothekarkrediten unter Verwendung der Daten des SOEP (2002) sowie der<br />

EVS (2003, Einführungsinterview).<br />

Tab. 2.1<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, EVS 2003 (Einführungsinterview); Eigene Berechnungen.<br />

123


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 2<br />

Während des Jahres 2002 hatten ein Drittel der Privathaushalte mindestens einmal einen<br />

Dispositionskredit inne; etwa ein Fünftel aller Privathaushalte Deutschlands hatte zum<br />

Befragungszeitpunkt in 2002 einen Konsumentenkredit laufen, wobei der Anteil in den neuen<br />

Bundesländern mit 26% über jenem der alten Länder liegt. <strong>Die</strong> monatlichen Zahlungsverpflichtungen<br />

eines Haushaltes aus Konsumentenkrediten sind <strong>im</strong> Durchschnitt jedoch in den<br />

neuen Bundesländern geringer als in den alten Bundesländern: 25% (1. Quartil) der Haushalte mit<br />

Konsumentenkrediten haben eine monatliche Belastung daraus von 150 Euro (alte Bundesländer)<br />

bzw. 130 Euro (neue Bundesländer); 50% (2. Quartil) aller Haushalte mit Konsumentenkreditverpflichtungen<br />

haben monatliche Belastungen, die 250 Euro in den alten bzw. 200 Euro in den<br />

neuen Ländern nicht übersteigen usw. (vgl. Tab. 2.2).<br />

124<br />

Tab. 2.2<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen.<br />

Weiterhin besitzt fast jeder vierte Haushalt (zum Zeitpunkt der Befragung) in 2002 einen<br />

Hypothekarkredit (vgl. Tab. 2.1), wobei in den alten Bundesländern (25,5%) der Anteil wesentlich<br />

höher liegt als in den neuen (18% der Haushalte).<br />

Zu Tab. 2.1 sei nochmals angemerkt, dass in der EVS 2003 die Frage nach dem Besitz eines<br />

Dispositionskredites eine Retrospektiverhebung darstellt, die den Zeitraum des gesamten Jahres<br />

2002 umfasst. Eine Zeitpunkterhebung, das heißt die Frage nach dem Besitz eines<br />

Dispositionskredites zum Zeitpunkt der Erhebung, würde ergeben, dass dies für einen geringeren<br />

Anteil der Privathaushalte zutrifft.<br />

<strong>Die</strong> Quote der Dispositionskredite, die sich auf einen Zeitraum bezieht, ist daher mit den Quoten der<br />

Konsumenten- bzw. Hypothekarkredite, die sich einen Zeitpunkt beziehen, nicht vergleichbar. Im<br />

vorangegangenen Kapitel wurde bereits ausgeführt, dass in der EVS auf Grund einer Untererfassung<br />

der Privathaushalten des unteren Einkommensbereiches, die Anzahl der Haushalte mit einem<br />

Dispositionskredit ebenfalls untererfasst sind, was in der vorliegenden Darstellung durch entsprechende<br />

<strong>Vergleich</strong>sberechnungen mit Hilfe des SOEP korrigiert wurde.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 2<br />

In der Folge können die Privathaushalte, die mit best<strong>im</strong>mten Kreditarten verschuldet sind, hinsichtlich<br />

soziodemografischer oder sozialstruktureller Merkmale differenziert und näher untersucht<br />

werden. Als Beispiel seien die Haushalte mit Konsumentenkreditverpflichtungen nach dem<br />

Haushaltstyp analysiert (vgl. Tab. 2.3).<br />

Tab. 2.3<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, EVS 2003 (Einführungsinterview); Eigene Berechnungen.<br />

Tab. 2.3 zeigt, dass Haushalte mit Kindern (Paare mit Kindern, allein Erziehende) überproportional<br />

häufig (gemessen an ihrem Anteil an allen Privathaushalten) mit Konsumentenkrediten verschuldet<br />

sind. Haushalte mit Kindern tätigen Anschaffungen also häufiger mit Konsumentenkrediten als<br />

andere Haushaltstypen. Was das für das Risiko der <strong>Überschuldung</strong> bedeutet, wird <strong>im</strong> Folgenden<br />

noch untersucht werden.<br />

125


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3 | 3.1<br />

3. Empirische Analysen zur relativen <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten<br />

Da sich Konsumenten- und Hypothekarkredite hinsichtlich Laufzeit, Kredithöhe, Zweck der<br />

Verschuldung etc. grundlegend unterscheiden, wurde bei den folgenden Analysen zur relativen<br />

<strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten differenziert nach Haushalten, die nur einen bzw. mehrere<br />

Konsumentenkredite besitzen (also keine Hypothekarkredite aufweisen) und nach Privathaushalten,<br />

die mit Konsumentenkrediten und/oder Hypothekarkrediten verschuldet sind.<br />

3.1 Relative <strong>Überschuldung</strong> und <strong>Überschuldung</strong>sgefährdung von Privaterhaushalten<br />

Entsprechend der diskutierten Definition relativer <strong>Überschuldung</strong> (vgl. Kap. 1) wurde für jeden Haushalt<br />

berechnet, ob nach Abzug der Lebenshaltungskosten (Existenzmin<strong>im</strong>um nach BSHG bzw.<br />

Pfändungsfreigrenzen) vom Haushaltsnettoeinkommen der verbleibende Rest zur Tilgung der<br />

monatlichen Belastungen aus Kreditverpflichtungen ausreicht. Es wurde also für jeden Haushalt<br />

eine Bilanz der Einnahmen und Ausgaben (inkl. Kreditbelastungen) erstellt:<br />

• Relative <strong>Überschuldung</strong> eines Haushaltes liegt dann vor, wenn die Bilanz der Einnahmen<br />

und Ausgaben (inkl. Kreditbelastungen) negativ ist.<br />

In diesem Zusammenhang wurde <strong>im</strong> Schulden-Kompass 2003 hinsichtlich der „D<strong>im</strong>ensionierung des<br />

<strong>Überschuldung</strong>sproblems“ wie <strong>im</strong> 1. Armuts- und Reichtumsbericht (1999) die Forderung<br />

erhoben, dass „auch Haushalte berücksichtigt werden, die ihre Zahlungsverpflichtungen aus<br />

Krediten nur mit größten Schwierigkeiten leisten können (...), denn für diese besteht angesichts<br />

einer prekären Finanzsituation eine akute <strong>Überschuldung</strong>sgefahr“ 7 . <strong>Die</strong>se Forderung kann mit<br />

der vorgestellten Konzeption des Messens von relativer <strong>Überschuldung</strong> (das heißt der<br />

Operationalisierung der Definition) erfüllt werden, da auch die Anteile jener Haushalte aufgezeigt<br />

werden, die sich an der Schwelle zur <strong>Überschuldung</strong> befinden, da sie entsprechend gering positiv<br />

bilanzieren.<br />

Für die empirischen Analysen zur relativen <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte wurden folgende<br />

Kategorien der <strong>Überschuldung</strong>sgefährdung festgelegt:<br />

• Stark überschuldungsgefährdet ist ein Haushalt genau dann, wenn die Bilanz der<br />

Einnahmen und Ausgaben (inkl. Kreditbelastungen) des Haushaltes einen positiven<br />

Saldo ergibt, der kleiner als 100 Euro ist.<br />

• <strong>Überschuldung</strong>sgefährdet ist ein Haushalt genau dann, wenn die Bilanz der Einnahmen<br />

und Ausgaben (inkl. Kreditbelastungen) des Haushaltes einen positiven Saldo<br />

ergibt, der größer oder gleich 100 Euro und kleiner als 200 Euro ist.<br />

7 Vgl. SCHUFA HOLDING AG (Hrsg.): Schulden-Kompass 2003. Empirische Indikatoren der <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong><br />

in Deutschland, Wiesbaden 2003, S. 9.<br />

126


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.2<br />

3.2 Relative <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten nach Kreditarten<br />

<strong>Die</strong> Tabellen 3.2.1 und 3.2.2 zeigen die entsprechenden Berechnungen zur <strong>Überschuldung</strong> von<br />

Privathaushalten, die mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkreditverpflichtungen belastet<br />

(verschuldet) sind. Auf diese Tabellen beziehen sich die folgenden Abbildungen (Abb. 3.2.1 und<br />

3.2.2).<br />

Werden die notwendigen Lebenshaltungskosten der Haushalte nach den bedarfsgewichteten<br />

Sozialhilferichtsätzen bemessen (vgl. Tab. 3.2.1), dann ist etwa jeder fünfte dieser Haushalte überschuldet,<br />

wobei Haushalte mit einer hohen Negativbilanz (das monatliche Defizit beträgt mehr als<br />

200 Euro) in den alten Bundesländern etwas häufiger vorkommen als in den neuen Bundesländern,<br />

was sich unter anderem daraus erklärt, dass in den neuen Bundesländern wesentlich weniger<br />

Haushalte mit Hypothekarkrediten verschuldet sind. Stark überschuldungsgefährdet sind rund<br />

4% der Haushalte, und nochmals rd. 4% sind als überschuldungsgefährdet zu bezeichnen (vgl. Tab.<br />

3.2.1). Weder überschuldet noch an der Schwelle zur <strong>Überschuldung</strong> befinden sich 73% der<br />

Privathaushalte, die einen Konsumenten- und/oder Hypothekarkredit aufweisen unter<br />

Zugrundelegung eines Existenzmin<strong>im</strong>ums für die Lebenshaltungskosten nach dem BSHG (vgl. Tab.<br />

3.2.1, Abb. 3.2.1).<br />

<strong>Die</strong> angeführten Anteile überschuldeter Haushalte erhöhen sich, wenn das Existenzmin<strong>im</strong>um der<br />

Haushalte mittels der Pfändungsfreigrenzen berechnet wird (vgl. Tab. 3.2.2 und Abb. 3.2.2): rund<br />

ein Drittel der Privathaushalte, die einen Konsumenten- und/oder Hypothekarkredit besitzen, sind<br />

demnach überschuldet, wobei der entsprechende Anteil in den neuen Bundesländern geringfügig<br />

höher ist <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit den alten Bundesländern. Eine hohe <strong>Überschuldung</strong> (Negativbilanz des<br />

Haushaltes liegt über 200 Euro) weist jeder fünfte verschuldete Haushalt auf (vgl. Tab. 3.2.2). Nicht<br />

überschuldet und auch nicht an der Schwelle zur <strong>Überschuldung</strong> befinden sich bundesweit 55% der<br />

ver-schuldeten Haushalte (in den neuen Bundesländern liegt deren Anteil bei nur 51%).<br />

<strong>Die</strong> Tabellen 3.2.3 und 3.2.4 zeigen die entsprechenden Berechnungen für Haushalte, die ausschließlich<br />

durch Konsumentenkreditverpflichtungen belastet sind, also keinen (laufenden)<br />

Hypothekarkredit aufweisen. Zur Veranschaulichung vgl. Abb. 3.2.3 und 3.2.4.<br />

Werden die notwendigen Lebenshaltungskosten nach bedarfsgewichteten Sozialhilferichtsätzen<br />

berechnet (vgl. Tab. 3.2.3, Abb. 3.2.3), dann ist etwa jeder neunte Haushalt ausschließlich mit<br />

Konsumentenkreditverpflichtungen überschuldet (in den neuen Bundesländern trifft dies auf jeden<br />

siebten Haushalt zu). Etwa 80% der Privathaushalte mit monatlichen Belastungen nur aus Konsumentenkrediten<br />

sind weder überschuldet, noch befinden sie sich an der Schwelle zur <strong>Überschuldung</strong><br />

(vgl. Tab. 3.2.3). Der Anteil der überschuldeten Haushalte erhöht sich wieder, wenn als<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um für die Lebenshaltungskosten des Haushaltes die Pfändungsfreigrenzen herangezogen<br />

werden (vgl. Abb. 3.2.4 und Tab. 3.2.4).<br />

127


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.2<br />

Abb. 3.2.1 Anteile überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten mit<br />

Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002,<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Lebenshaltungskosten nach BSHG<br />

Abb. 3.2.2 Anteile überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten mit<br />

Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002,<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

128<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.2<br />

Tab. 3.2.1<br />

Quelle: Daten des SOEP 2002, eigene Berechnungen.<br />

Tab. 3.2.2<br />

Quelle: Daten des SOEP 2002, eigene Berechnungen.<br />

129


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.2<br />

Abb. 3.2.3 Anteile überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002,<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Lebenshaltungskosten nach BSHG<br />

Abb. 3.2.4 Anteile überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002,<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

130<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.2<br />

Tab. 3.2.3<br />

Quelle: Daten des SOEP 2002, eigene Berechnungen.<br />

Tab. 3.2.4<br />

Quelle: Daten des SOEP 2002, eigene Berechnungen.<br />

131


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

3.3 Risiko der relativen <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten in Abhängigkeit von soziodemografischen<br />

und sozialstrukturellen Merkmalen<br />

Zur Charakterisierung überschuldeter Haushalte für die Analyse von <strong>Überschuldung</strong>skarrieren ist die<br />

Frage nach dem Risiko der <strong>Überschuldung</strong> in Abhängigkeit von soziodemografischen bzw. sozialstrukturellen<br />

Merkmalen des Haushaltes von großer Bedeutung. Das Risiko der <strong>Überschuldung</strong> entspricht<br />

in diesem Zusammenhang dem Anteil der überschuldeten Haushalte an allen verschuldeten<br />

Haushalten mit einem best<strong>im</strong>mten Merkmal.<br />

Betrachtet werden dazu u.a. folgende Merkmale:<br />

• Haushaltstyp (Zusammensetzung des Haushaltes): Abb. 3.3.1 bis Abb. 3.3.4<br />

• Alter des Haupteinkommensverdieners des Haushaltes: Abb. 3.3.5 bis Abb. 3.3.8<br />

• Betroffenheit des Haushaltes mit gemeldeter Arbeitslosigkeit: Abb. 3.3.9<br />

und Abb. 3.3.10<br />

• Betroffenheit des Haushaltes mit Sozialhilfe (Bezug von laufender Hilfe zum<br />

Lebensunterhalt, HLU), Abb. 3.3.9 und Abb. 3.3.10<br />

• Höhe des äquivalenzgewichteten Haushaltsnettoeinkommens, Abb. 3.3.11<br />

und Abb. 3.3.12<br />

• Berufsgruppenzugehörigkeit des Haupteinkommensverdieners des Haushaltes,<br />

Abb. 3.3.13 und Abb. 3.3.14<br />

In den folgenden Auswertungen wurden verschuldete Haushalte differenziert nach den genannten<br />

Merkmalen hinsichtlich des entsprechenden Anteils an relativer <strong>Überschuldung</strong> bzw. <strong>Überschuldung</strong>sgefährdung<br />

untersucht. <strong>Die</strong> Analysen wurden wiederum getrennt nach den eingegangenen<br />

Verschuldungsformen – Verschuldung ausschließlich durch Konsumentenkredite bzw. durch<br />

Konsumenten- und/oder Hypothekarkredite – durchgeführt.<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse sind graphisch in den genannten Abbildungen veranschaulicht. An Hand der<br />

Diskussion und Interpretationen der Ergebnisse wird auch nochmals die methodische<br />

Vorgehensweise am Anschluss der Abbildungen verdeutlicht.<br />

132


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.1 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002 nach Haushaltstypen.<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Lebensunterhalt nach BSHG<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Abb. 3.3.2 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002 nach Haushaltstypen,<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

133


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.3 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002 nach Haushaltstypen<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Lebensunterhalt nach BSHG<br />

Abb. 3.3.4 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002 nach Haushaltstypen<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

134<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Quelle: Datenbasis SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.5 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002<br />

nach dem Alter des Haupteinkommensbeziehers<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Lebensunterhalt nach BSHG<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Abb. 3.3.6 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002<br />

nach dem Alter des Haupteinkommensbeziehers<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

135


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.7 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002 nach<br />

dem Alter des Haupteinkommensbeziehers<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Lebensunterhalt nach BSHG<br />

Abb. 3.3.8 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002<br />

nach Alter des Haupteinkommensbeziehers<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

136<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.9 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002<br />

nach den Merkmalen Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Abb. 3.3.10 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002<br />

nach den Merkmalen Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

137


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.11 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002<br />

nach dem Äquivalenzeinkommen<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Abb. 3.3.12 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002<br />

nach dem Äquivalenzeinkommen<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

138<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.13 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten<br />

Privathaushalten mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten in 2002<br />

nach Berufsgruppen<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Legende:<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.<br />

Arbeiter 1: Ungelernte und angelernte Arbeiter<br />

Arbeiter 2: Facharbeiter, Vorarbeiter, Kolonnenführer, Meister, Polier<br />

Selbständige 1: Freie Berufe, selbständige Akademiker<br />

Selbständige 2: Selbst. Landwirte, mithelfende Familienangehörige, sonst. Selbständige<br />

Angestellte 1: Angestellte mit einfacher Tätigkeit<br />

Angestellte 2: Angestellte mit qualifizierter und hochqualifizierter Tätigkeit<br />

Beamte: Einfacher bis höherer <strong>Die</strong>nst<br />

139


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Abb. 3.3.14 Anteile relativ überschuldeter Privathaushalte an allen verschuldeten Privathaushalten<br />

ausschließlich mit Konsumentenkrediten in 2002<br />

nach Berufsgruppen<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um: Pfändungsfreigrenze<br />

Legende:<br />

Arbeiter 1: Ungelernte und angelernte Arbeiter<br />

Arbeiter 2: Facharbeiter, Vorarbeiter, Kolonnenführer, Meister, Polier<br />

Selbständige 1: Freie Berufe, selbständige Akademiker<br />

Selbständige 2: Selbst. Landwirte, mithelfende Familienangehörige, sonst. Selbständige<br />

Angestellte 1: Angestellte mit einfacher Tätigkeit<br />

Angestellte 2: Angestellte mit qualifizierter und hochqualifizierter Tätigkeit<br />

Beamte: Einfacher bis höherer <strong>Die</strong>nst<br />

140<br />

Quelle: Datenbasis: SOEP 2002, eigene Berechnungen und Darstellung.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Interpretation der Ergebnisse:<br />

Differenziert man die verschuldeten Haushalte nach Haushaltstypen, das heißt nach der Zusammensetzung<br />

der Haushalte, dann zeigt sich, dass die Haushalte von allein Erziehenden <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

mit allen anderen Haushaltstypen den höchsten Anteil an <strong>Überschuldung</strong> 8 aufweisen und zwar<br />

unabhängig von der Verschuldungsform und dem zugrunde gelegten Existenzmin<strong>im</strong>um: Mehr als<br />

60% der allein Erziehenden-Haushalte, die ausschließlich Konsumentenkredite besitzen, sind –<br />

bemessen am Existenzmin<strong>im</strong>um der Pfändungsfreigrenze – überschuldet (vgl. Abb. 3.3.4). Im<br />

<strong>Vergleich</strong> dazu sind die <strong>Überschuldung</strong>santeile von allein lebenden Personen (etwas weniger als<br />

40%) und (Ehe-)Paaren mit Kindern (rd. 33%) wesentlich niedriger, auch wenn die Anteile für sich<br />

betrachtet natürlich nicht gering sind (vgl. Abb. 3.3.4). Bezieht man in die Betrachtungen die Anteile<br />

der Haushalte ein, die überschuldungsgefährdet sind, dann ergibt sich, dass die Haushalte von allein<br />

Erziehenden, die ausschließlich Konsumentenkredite haben, nur zu 30% nicht überschuldet und<br />

nicht überschuldungsgefährdet sind (vgl. Abb. 3.3.4). Bei (Ehe-)Paaren ohne Kinder beträgt der<br />

Anteil der nicht überschuldeten (und nicht überschuldungsgefährdeten) Haushalte hingegen fast<br />

80% (vgl. Abb. 3.3.4).<br />

Berechnet man die notwendigen Lebenshaltungskosten nach Sozialhilferichtsätzen (laufende Hilfe<br />

zum Lebensunterhalt), dann verringern sich die genannten haushaltstypspezifischen Anteile der<br />

<strong>Überschuldung</strong>, wobei sich gleichzeitig die Abstände zwischen den Haushaltstypen noch vergrößern<br />

(vgl. Abb. 3.3.3): der Anteil der überschuldeten allein Erziehenden-Haushalte, die ausschließlich mit<br />

Konsumentenkrediten verschuldet sind, beträgt rund 30% und ist etwa dre<strong>im</strong>al so groß wie die entsprechenden<br />

Anteile der anderen Haushaltstypen (vgl. Abb. 3.3.3). Das Risiko der <strong>Überschuldung</strong><br />

von allein Erziehenden-Haushalten ist also um ein Mehrfaches höher <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit den anderen<br />

Haushaltstypen.<br />

An dieser Stelle sei angeführt, dass der Anteil der allein Erziehenden unter den Haushalten, die mit<br />

Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten verschuldet sind, nur rd. 4% beträgt; dieser Anteil entspricht<br />

auch etwa dem Anteil, den allein Erziehende-Haushalte unter allen Haushalten in<br />

Deutschland einnehmen: ihr Anteil unter den verschuldeten Haushalten ist also proportional zum<br />

Anteil in der Gesamtpopulation aller Haushalte. <strong>Die</strong> Mehrheit der verschuldeten Haushalte mit<br />

Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten bilden Ein-Personen-Haushalte (21%), (Ehe-)<br />

Paarhaushalte ohne Kinder (28%) und (Ehe-)Paarhaushalte mit Kinder (34%). Das höchste Risiko der<br />

relativen <strong>Überschuldung</strong> tragen jedoch, wie aufgezeigt, allein Erziehende-Haushalte.<br />

8 Bei allein Erziehenden in der hier getroffenen Unterscheidung handelt es sich um Personen, die mit ihren Kindern ohne<br />

Partner bzw. ohne weitere erwachsene Personen in einem Haushalt leben.<br />

141


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Im <strong>Vergleich</strong> dazu sind die Unterschiede zwischen den Anteilen an <strong>Überschuldung</strong> nach den<br />

Altersgruppen der Haupteinkommensbezieher wesentlich geringer. Das heißt, dass der Einfluss<br />

best<strong>im</strong>mter Altersgruppen auf das Risiko der <strong>Überschuldung</strong> nicht so ausgeprägt ist, wie beispielsweise<br />

bei den vorhin diskutierten Haushaltstypen.<br />

Hervorzuheben ist zunächst, dass bei der Mehrheit der verschuldeten Haushalte mit Konsumentenund/oder<br />

Hypothekarkrediten das Alter des Haupteinkommensbeziehers zwischen 29 und 49 Jahre<br />

liegt (58%); bei 8% der Haushalte mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten ist der<br />

Haupteinkommensbezieher bis unter 29 Jahre alt, bei 20% zwischen 49 und 59 Jahre, bei<br />

11% zwischen 59 und 69 Jahre und nur rund 3% der Haushalte mit Konsumenten- und/oder<br />

Hypothekarkrediten haben einen Haupteinkommensbezieher der 69 Jahre und älter ist.<br />

Das Risiko der <strong>Überschuldung</strong> ist bemessen an den Lebensunterhaltskosten nach dem BSHG in den<br />

Altergruppen zwischen 29 und 49 Jahren mit rund 20% am höchsten (vgl. Abb. 3.3.5);<br />

verwendet man die Pfändungsfreigrenze als Bemessungsgrundlage, dann n<strong>im</strong>mt auch das Risiko der<br />

Altergruppe bis 29 Jahre zu und beträgt ebenso wie in der Altergruppe bis 39 Jahre rund 40%<br />

(vgl. Abb. 3.3.6).<br />

Hinzuweisen ist, dass die Ergebnisse in den Altergruppen der Haupteinkommensbezieher von 59 und<br />

mehr Jahren auf Grund von teilweise geringen Fallzahlen mit Unsicherheiten behaftet sind. Man<br />

kann jedoch die Aussage treffen, dass die Privathaushalte mit Hauptein-kommensbeziehern von 59<br />

und mehr Jahren zunächst wesentlich seltener von Verschuldung betroffen sind (siehe oben), wenn<br />

jedoch eine der betrachteten Verschuldungsformen vorliegt (Konsumenten- und/oder<br />

Hypothekarkreditverschuldung bzw. ausschließlicher Besitz von Konsumentenkrediten), dann ist das<br />

Risiko der <strong>Überschuldung</strong> bzw. <strong>Überschuldung</strong>sgefährdung <strong>im</strong> Durchschnitt kaum geringer als<br />

beiden anderen Altersgruppen.<br />

Interessante Ergebnisse zeigt auch die Differenzierung der verschuldeten Privathaushalte nach dem<br />

Merkmal gemeldete Arbeitslosigkeit, das heißt, dass mindestens eine gemeldete Arbeitslosigkeit<br />

<strong>im</strong> verschuldeten Haushalt vorliegt (vgl. Abb. 3.3.9 und Abb. 3.3.10).<br />

Vorab sei wieder die grundsätzliche Betroffenheit verschuldeter Haushalte mit dem Merkmal<br />

„gemeldete Arbeitslosigkeit“ wiedergegeben: Der Anteil der Privathaushalte, die eine Verschuldung<br />

mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten aufweisen und durch mindestens eine gemeldete<br />

Arbeitslosigkeit <strong>im</strong> Haushalt belastet sind, beträgt für<br />

142<br />

Deutschland: 7%<br />

alte Bundesländer: 5%<br />

neue Bundesländer: 14%


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3<br />

Bei jenen Haushalten, die durch Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten verschuldet sind und<br />

mindestens eine gemeldete Arbeitslosigkeit aufweisen, beträgt die <strong>Überschuldung</strong>squote rd. 55 %<br />

unter Bezugnahme auf die Lebenshaltungskosten nach der Pfändungsfreigrenze (vgl. Abb. 3.3.9).<br />

Allerdings sind von der überwiegenden Mehrheit der mit Konsumenten- und/oder Hypothekarkrediten<br />

verschuldeten Privathaushalte, die keine gemeldete Arbeitslosigkeit aufweisen, rund 30%<br />

überschuldet, wenn die Bemessungsgrundlage die Pfändungsfreigrenze ist (vgl. Abb. 3.3.9). <strong>Die</strong><br />

Betroffenheit durch Arbeitslosigkeit innerhalb eines Haushaltes erhöht also das Risiko der <strong>Überschuldung</strong><br />

um das 1,5-fache (unter Zugrundelegung der Pfändungsfreigrenze).<br />

Betrachtet man die Verschuldungsform, dass die Haushalte ausschließlich durch Konsumentekredite<br />

belastet sind, dann verringert sich der Anteil der Überschuldeten Haushalte auf unter 30%, wenn<br />

die Haushalte nicht durch eine gemeldete Arbeitslosigkeit betroffen sind und erhöht sich auf fast<br />

60% <strong>im</strong> Falle der Betroffenheit (vgl. Abb. 3.3.10).<br />

Insgesamt zeigt sich, dass eine gemeldete Arbeitslosigkeit das Risiko der <strong>Überschuldung</strong> eines<br />

Privathaushaltes in Abhängigkeit von der Verschuldungsform auf das 1,5- bis 2-fache erhöht <strong>im</strong><br />

<strong>Vergleich</strong> mit Privathaushalten, die nicht davon betroffen sind.<br />

Bei der Interpretation der <strong>Überschuldung</strong>squoten von Privathaushalten, die auf Sozialhilfe<br />

(laufende Hilfe zum Lebensunterhalt) angewiesen sind (vgl. Abb. 3.3.9 und 3.3.10),<br />

ist eine gewisse Vorsicht geboten, da die Fallzahl der verschuldeten Privathaushalte, die Sozialhilfe<br />

(laufende Hilfe zum Lebensunterhalt) beziehen, gering ist, und in der Folge basieren auch die Quoten<br />

der überschuldeten Haushalte auf geringen Fallzahlen. <strong>Die</strong> Anzahl der Privathaushalte, die in 2002<br />

auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (außerhalb von Einrichtungen) angewiesen waren, betrug<br />

rund 1,5 Millionen, was einem Anteil von rund 3,8% an allen <strong>private</strong>n Haushalten entspricht. Der<br />

ausgewiesene Anteil der Sozialhilfeempfängerhaushalte an allen Privathaushalten, die ausschließlich<br />

durch Konsumentenkredite verschuldet sind, beträgt auf der Datenbasis des SOEP 2,9% (bezogen auf<br />

das gesamte Bundesgebiet) und liegt entsprechend niedriger bei 1,4%, wenn der Anteil der Sozialhilfeempfängerhaushalte<br />

an der größeren Gesamtheit der Privathaushalte berechnet wird, die einen<br />

Konsumenten- und/oder Hypothekarkredite besitzen.<br />

<strong>Die</strong>se Ergebnisse sind sehr gut nachvollziehbar, müssen jedoch wie angeführt noch durch entsprechende<br />

<strong>Vergleich</strong>srechungen verifiziert werden. Hervorzuheben ist weiterhin, dass die hohen <strong>Überschuldung</strong>santeile<br />

von Sozialhilfeempfängerhaushalten in Abb. 3.3.9 und Abb. 3.3.10 bemessen am<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um Pfändungsfreigrenze auch definitionsbedingt sind, da die Einkommen der<br />

Sozialhilfeempfängerhaushalte mehrheitlich bereits unterhalb der entsprechenden Pfändungsfreigrenzen<br />

liegen (vgl. Kap. 1.1, Tab. 1.1.1).<br />

143


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.3 | 3.4<br />

Der Zusammenhang zwischen der Höhe des Äquivalenzeinkommens 9 eines verschuldeten<br />

Haushaltes und dessen <strong>Überschuldung</strong>srisiko ist sehr ausgeprägt: je niedriger das Äquivalenzeinkommen<br />

eines verschuldeten ist, desto so größer ist das <strong>Überschuldung</strong>srisiko (vgl. Abb. 3.3.11 und<br />

3.3.12). 10 <strong>Die</strong>ser Zusammenhang spiegelt sich auch in den Analysen des <strong>Überschuldung</strong>srisikos verschuldeter<br />

Privathaushalte nach der Berufsgruppenzugehörigkeit des Haupteinkommensbeziehers<br />

wider (vgl. Abb. 3.3.13). Entsprechend haben verschuldete Haushalte, deren Haupteinkommensbezieher<br />

der Berufsgruppe der ungelernten und angelernten Arbeiter zuzuordnen ist,<br />

das höchste <strong>Überschuldung</strong>srisiko; das geringste <strong>Überschuldung</strong>srisiko entfällt auf die Haushalte der<br />

freien Berufe und selbständigen Akademiker (vgl. Abb. 3.3.13). Der Zusammenhang ist sicherlich<br />

auch vor dem Hintergrund des Schul- bzw. Berufsausbildungsabschlusses zu interpretieren.<br />

3.4 Sozialprofil relativ überschuldeter Privathaushalte und die Ursachen der <strong>Überschuldung</strong><br />

Aus den dargestellten Analysen in Kap. 3.3 wird deutlich, dass <strong>Überschuldung</strong> mehrheitlich nicht<br />

durch ein Merkmal charakterisiert werden kann, sondern ein mehrd<strong>im</strong>ensionales Phänomen ist. Im<br />

Folgenden seien jene soziodemografischen und sozialstrukturellen Merkmale <strong>private</strong>r Haushalte<br />

zusammengefasst, die mehrheitlich bei relativer <strong>Überschuldung</strong> auftreten bzw. ein hohes <strong>Überschuldung</strong>srisiko<br />

verursachen. <strong>Die</strong> Zusammenfassung der charakteristischen soziodemografischen<br />

und sozialstrukturellen Merkmale wird auch als das Sozialprofil relativ überschuldeter Haushalte<br />

bezeichnet.<br />

3.4.1 Sozialprofil relativ überschuldeter Privathaushalte<br />

Das Sozialprofil relativ überschuldeter Privathaushalte ist u.a. geprägt durch<br />

9 Gewichtetes Haushaltsnettoeinkommen in Abhängigkeit vom Alter der Haushaltsmitglieder und deren Stellung zum<br />

Haushaltsvorstand; die Berechnung des Äquivalenzeinkommen eines Haushaltes ist erforderlich, um Haushalte unterschiedlicher<br />

Zusammensetzung und Einkommen miteinander vergleichen zu können.<br />

10 Zu beachten ist, dass verschuldete Haushalte, deren Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegt, definitionsbedingt<br />

als überschuldet ausgewiesen werden, wenn als Bemessungsgrundlage die Pfändungsfreigrenze herangezogen wird (vgl.<br />

in Abb. 3.3.11 und 3.3.12 die Ergebnisse für Haushalte mit einem Äquivalenzeinkommen, das weniger als 500 beträgt).<br />

144<br />

• die Haushaltszusammensetzung:<br />

<strong>Die</strong> überwiegende Mehrheit relativ überschuldeter Haushalte bilden<br />

Ein-Personen-Haushalte, (Ehe-) Paarhaushalte mit Kindern und allein Erziehende,<br />

wobei letztgenannte das höchste <strong>Überschuldung</strong>srisiko haben;<br />

• das Alter des Haupteinkommensbeziehers:<br />

Das Hauptrisiko der <strong>Überschuldung</strong> tragen Personen, die <strong>im</strong> beruflichen und<br />

familiären Aufbauprozess stehen.<br />

• das Haushaltsnetto-Äqivalenzeinkommen:<br />

Der untere Einkommensbereich ist überproportional vertreten.<br />

• die Berufsgruppenzugehörigkeit des Haupteinkommensverdieners:<br />

Arbeiter und Angestellte des unteren Einkommensbereiches prägen<br />

überproportional das Sozialprofil relativ überschuldeter Privathaushalte.<br />

• Arbeitslosigkeit bzw. Sozialhilfebezug:<br />

<strong>Die</strong> Betroffenheit eines Privathaushaltes mit einem der beiden Merkmale erhöht<br />

das <strong>Überschuldung</strong>srisiko des Haushaltes um ein Vielfaches.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.4<br />

<strong>Die</strong> aufgezeigten Merkmale stellen zentrale Merkmale des Sozialprofils überschuldeter Haushalte<br />

dar, erheben jedoch keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit. Zweifellos wird das Sozialprofil<br />

(relativ) überschuldeter Privathaushalte noch durch weitere Merkmale geprägt wie den<br />

Familienstand, den Schulbildungs- bzw. Berufsbildungsabschluss, das Sparverhalten und die finanziellen<br />

Vorsorgemöglichkeiten, den Erwerbsstatus (Voll-, Teilerwerbstätigkeit, geringfügige<br />

Beschäftigung etc.) und andere mehr. Teilweise stehen die genannten Merkmale jedoch in enger<br />

Korrespondenz mit den bereits dargestellten und diskutierten Merkmalen: beispielsweise steht die<br />

aufgezeigte Berufsgruppenzugehörigkeit in engem Zusammenhang mit dem Schulbildungs- bzw.<br />

Berufsbildungsabschluss. Weiterführende Analysen zur Vervollständigung des Sozialprofils überschuldeter<br />

Privathaushalte können dadurch natürlich nicht ersetzt werden.<br />

Das Sozialprofil bietet ein statisches Bild des <strong>Überschuldung</strong>sprozesses, der durch unterschiedliche<br />

Einflussfaktoren (multifaktorieller Prozess) der strukturellen, institutionellen und individuellen Ebene<br />

best<strong>im</strong>mt wird, und der bei Haushalten mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit von der Verschuldung<br />

zur <strong>Überschuldung</strong> führt. Das Risiko, von der Verschuldung in <strong>Überschuldung</strong> zu gelangen,<br />

wurde für Privathaushalte differenziert nach spezifischen Merkmalen dargestellt und diskutiert.<br />

3.4.2 Ursachen der <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte<br />

Das Sozialprofil, das heißt die charakteristischen Merkmale relativ überschuldeter Privathaushalte,<br />

bietet gleichzeitig einen Einblick in die Ursachen der <strong>Überschuldung</strong>. Wie einleitend skizziert, korrespondieren<br />

die Merkmale des Sozialprofils eng mit den Ursachen der <strong>Überschuldung</strong>sprozesse, da<br />

das Sozialprofil jene Merkmale überschuldeter Privathaushalte wiedergibt, die einerseits häufig auftreten<br />

und andererseits bei verschuldeten Haushalten, die diese Merkmale besitzen, mit erhöhter<br />

Wahrscheinlichkeit zur <strong>Überschuldung</strong> führen.<br />

Als eine Ursache der <strong>Überschuldung</strong>sprozesse <strong>private</strong>r Haushalte ist sicherlich der Verlust von<br />

Erwerbsarbeit anzusehen. Mehr als die Hälfte aller verschuldeten Haushalte, die von Arbeitslosigkeit<br />

betroffen sind, sind überschuldet, wenn als Existenzmin<strong>im</strong>um für die Lebenshaltungskosten die<br />

Pfändungsfreigrenze herangezogen wird. Allerdings kann dadurch nur ein kleiner Teil der <strong>Überschuldung</strong>sprozesse<br />

erklärt werden, da wie angeführt (vgl. die Interpretation der Ergebnisse in Kap.<br />

3.3) „nur“ 7% aller verschuldeten Haushalte (verschuldet durch Konsumenten und/oder Hypothekarkredite)<br />

von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Ganz entscheidend ist in diesem Zusammenhang<br />

die Zusammensetzung des Haushaltes: Generell haben die Haushalte von allein Stehenden, (Ehe)<br />

Paarhaushalten mit Kindern sowie die Haushalte von allein Erziehenden ein wesentlich höheres<br />

Risiko von Verschuldung in <strong>Überschuldung</strong> zu gelangen (vgl. die Ausführungen in Kap. 3.3) als<br />

(Ehe-) Paarhaushalte ohne Kinder. <strong>Die</strong>s liegt u.a. darin begründet, dass bei Haushalten mit Kindern<br />

das durchschnittliche Haushaltsnetto-Äquivalenzeinkommen geringer ist <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit<br />

Haushalten ohne Kindern und weiterhin bei Haushalten mit Kindern seltener beide Elternteile vollerwerbstätig<br />

sind <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit (Ehe-) Paarhaushalten ohne Kinder. Aus den Analysen von überschuldeten<br />

Haushalten, die bei Schuldnerberatungsstellen betreut werden, ist weiterhin bekannt,<br />

dass bei allein Erziehenden-Haushalten, die von allen Haushaltstypen das höchste <strong>Überschuldung</strong>srisiko<br />

tragen (vgl. Abb. 3.3.1 bis Abb. 3.3.4), der Anteil von Transferleistungen am Haushaltsnettoeinkommen<br />

mehr als zwei Drittel beträgt (vgl. Abb. 3.4.1). Transferleistungen bestehen aus öffentlichen<br />

Transferleistungen (Kindergeld, Wohngeld, Sozialhilfe, Arbeitslosengeld etc.) und <strong>private</strong>n<br />

Transferleistungen wie Unterhaltszahlungen.<br />

145


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE C | 3.4<br />

Abb. 3.4.1 Überschuldete Haushalte bei Schuldnerberatungsstellen<br />

Mittlere Anteile von Einkommenskategorien am Haushaltsnettoeinkommen<br />

nach Haushaltstypen<br />

Neben den genannten und in Kap. 3.3 diskutierten Merkmalen überschuldeter Privathaushalte ergibt<br />

sich ein erstes Bild zu den Ursachen der <strong>Überschuldung</strong>. Gleichzeitig sei hervorgehoben, dass das<br />

Sozialprofil nur einen Teil der <strong>Überschuldung</strong>sursachen abbildet, da es „nur“ soziodemografische<br />

und sozialstrukturelle Merkmale wiedergibt. Einflussfaktoren und Merkmale der institutionellen<br />

(z.B. Einfluss der Banken und Kreditgeber) sowie der individuellen Ebene (Haushaltsführung der<br />

Individuen etc.) sind daraus nicht ersichtlich.<br />

146<br />

Quelle: Gunter E. Z<strong>im</strong>mermann: <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte, Freiburg 2000, S. 73.


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D<br />

D. Wege aus der Verschuldung<br />

Beratungsansätze auf Grundlage des Konzepts<br />

des kreditbedienenden Selbstmanagements<br />

Prof. Dr. Winfried Hacker, Dr. Peggy Looks<br />

149


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D<br />

Inhalt<br />

1. Kreditbedienendes Selbstmanagement 152<br />

1.1 Konzeption und Hypothesen 152<br />

1.2 Einzelhypothesen 154<br />

2. Ergänzende Analyse zu Zahlungswissen und Schuldenneigung<br />

2.1 Abhängigkeit von soziodemografischen Merkmalen 156<br />

2.2 Art der Beziehungen 157<br />

151


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 1. | 1.1<br />

1. Kreditbedienendes Selbstmanagement<br />

<strong>Die</strong> Pilotuntersuchung soll Wege zur Bedienung von Krediten und ihre verhaltensseitigen<br />

Bedingungen aufdecken. Hintergrund ist die Frage, was eine gelingende Kreditbedienung von einer<br />

misslingenden be<strong>im</strong> Vorgehen der Kreditnehmer unterscheidet. <strong>Die</strong>ses Vorgehen grenzt sich ab von<br />

der Abhängigkeit der Kreditbedienung von der Einkommenssicherheit oder dem vorhandenen eigenen<br />

Vermögen. <strong>Die</strong> Untersuchung soll Grundlagen für die Unterstützung des selbstverantwortlichen<br />

Verhaltens be<strong>im</strong> Selbstmanagement in finanziell kritischen Lebenssituationen legen.<br />

Im weiteren Verlauf werden Daten zum kreditbedienenden Selbstmanagement zunächst auf Basis<br />

bereits vorliegender Untersuchungen analysiert. Dazu werden die Untersuchungen des Schulden-<br />

Kompass 2003 zum Zahlungswissen und zur Einstellung zu Schulden („Schuldenneigung“) ausgewertet.<br />

1.1 Konzeption und Hypothesen<br />

Zunächst soll der Nutzen eines verhaltensorientierten Ansatzes erprobt werden. Er baut auf dem<br />

Menschenbild eines zu selbständiger Lebensbewältigung befähigten lernfähigen Subjekts auf (krankhafte<br />

Verhaltensstörungen ausgenommen). Er geht davon aus, dass folgende Grundlagen der<br />

Verhaltensregulation gegeben sind:<br />

1. Wissen um geeignete Vorgehensweisen<br />

2. Wissen um Auswahlkriterien für opt<strong>im</strong>ale Vorgehensweisen<br />

3. Motivationen zur tatsächlichen Nutzung dieser Wissensvoraussetzung<br />

Im Unterschied zu hypothetischen langzeitigen Einstellungen, <strong>im</strong> Sinne von stabilen Persönlichkeitseigenschaften<br />

(z.B. „Schuldenneigung“), werden hierbei die situationsabhängigen, veränderlichen<br />

Beweggründe (Motive) des Handelns beleuchtet.<br />

Auf der Grundlage von psychologischen Erkenntnissen über prinzipielle Handlungsstrategien zur<br />

Problembewältigung wurde eine Serie von Arbeitshypothesen entwickelt. <strong>Die</strong>se Arbeitshypothesen<br />

betreffen unterschiedliche Strategien, die sich in ihrer Eignung zur Bewältigung von Problemen<br />

unterscheiden.<br />

152


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 1.1<br />

Es werden drei Hauptgruppen von Strategien unterschieden:<br />

0. Reaktives Verhalten. Be<strong>im</strong> reaktiven Verhalten handelt es sich um keine Strategie <strong>im</strong> eigentlichen<br />

Sinne, weil weder augenblickliche noch längerfristige Verhaltensvornahmen entwickelt<br />

werden. Vielmehr werden globale Einstellungen ohne praktische Verhaltenskonsequenzen entwickelt,<br />

die teilweise eine entschuldigende Rolle spielen sollen („ich bin eben leichtsinnig, ...<br />

vertrauensselig, ... ein Unglücksrabe“). Das Charakteristische dieses Verhaltens ist das Fehlen situationsbezogener<br />

eigener konkreter Vornahmen und Maßnahmenpläne.<br />

1. Momentane Strategien. <strong>Die</strong>se Strategien sind lediglich auf das zu bewältigende augenblickliche<br />

Ereignis zentriert. Sie versuchen bildlich „das jeweils größte Loch zu stopfen“, wobei dies bei Bedarf<br />

durch „das Öffnen anderer Löcher“ geschieht.<br />

2. Planende Strategien. Bei den planenden Strategien handelt es sich um längerfristige, antizipative<br />

und damit prophylaktische Vorgehensweisen, die oftmals nicht nur auf das spezielle auslösende<br />

Ereignis, sondern auf das Gesamtvorgehen, beispielsweise die Lebensführung insgesamt, ausgelegt<br />

sind (vgl. Hacker & Loebman, 1990; Heisig, 1996). Sie sind eine Komponente psychischer<br />

Gesundheit.<br />

Das folgende Schaubild (Abb. 1.1.1) gibt einen Überblick über die drei Strategien, wobei das reaktive<br />

Verhalten streng genommen keine Strategie kennzeichnet. <strong>Die</strong> Übersicht verdeutlicht das Zusammenwirken<br />

der drei Hauptgruppen des kreditbedienenden Verhaltens. Grundsätzlich kann gesagt<br />

werden, dass <strong>im</strong> Verlauf vom reaktiven Verhalten bis zur langfristig planenden Strategie die<br />

Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen und aktiven Schuldenabbaus zun<strong>im</strong>mt.<br />

0. REAKTIVES Verhalten 1. MOMENTANE Strategie<br />

1.1.<br />

Verlagerung auf<br />

andere<br />

Globale<br />

Vorsätze<br />

1.2.<br />

eigene Aktivität<br />

ohne<br />

Vorkehrungen<br />

2.1.1. ... zum<br />

Schulden-ABBAU<br />

2.1.1.1 2.1.1.2. 2.1.1.3. 2.1.1.4. 2.1.2.1. 2.1.2.4. 2.2.1.1. 2.2.1.4. 2.2.2.1.<br />

Teilziele Teilziele +<br />

Maßnahmenpläne<br />

1.3.<br />

1.2. + Ratsuche<br />

Längerfristiges FINANZ-<br />

Selbstmanagement<br />

2.1.2. ... ABBAU +<br />

Prävention<br />

Teilziele, Pläne +<br />

externe Hilfsmittel<br />

2. LÄNGERFRISTIGE Strategien,<br />

inkl. PLANENDE<br />

analog 2.1.1<br />

Von 0. nach 2.2.2.4 wachsende Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen, aktiven Schuldenabbaus.<br />

Abb. 1.1.1.: Hypothetische Ordnung kreditbedienenden Verhaltens<br />

1.4.<br />

1.3. +<br />

Management<br />

anderer<br />

Längerfristiges UMFASSENDES<br />

Vorgehen (Lebensführung)<br />

2.2.1. ... zum<br />

Schulden-ABBAU<br />

2.2.2. ... ABBAU +<br />

Prävention<br />

2.2.2.4.<br />

153


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 1.1 | 1.2<br />

Folgende Grundannahmen sind zu berücksichtigen:<br />

• Auch das Verhalten gegenüber Schulden ist diesen drei Hauptklassen von Strategien<br />

der Problembewältigung zuordenbar; es gibt keine von den Strategien der allgemeinen<br />

Lebensführung isolierten, spezifischen Strategien der Kreditbedienung.<br />

• <strong>Die</strong> Strategien unterscheiden sich in der Wahrscheinlichkeit ihres Beitrages zur<br />

erfolgreichen Kreditbedienung.<br />

• Wirkungsvolle Beratungsvorschläge müssen effiziente Strategien eines<br />

Selbstmanagements zur Kreditbedienung darstellen und durch Darlegung ihrer Ausführungsbedingungen<br />

sowie von Hilfsmitteln u.a. für die Selbstmotivierung unterstützen.<br />

1.2 Einzelhypothesen<br />

Aus den Basishypothesen lassen sich eine Reihe von Einzelhypothesen ableiten, die <strong>im</strong> Folgenden auf<br />

die Strategien <strong>im</strong> engeren Sinne, also die momentanen und planenden Strategien beschränkt werden.<br />

Da das reaktive Verhalten keine Strategie ist, wird diese ausgeklammert. <strong>Die</strong> folgenden Hypothesen<br />

bauen auf Erkenntnissen der Tätigkeitspsychologie, insbesondere des Zielsetzens und Planens, sowie<br />

auf Erkenntnissen zum Nutzen der Selbstreflexion für die zielgerichtete Verhaltensregulation auf<br />

(vgl. beispielsweise Hacker 1998, 2003).<br />

1. Momentane, ereignisbezogene Strategien<br />

<strong>Die</strong> momentanen, ereignisbezogenen Strategien umfassen mehrere Verhaltensweisen mit einer unterschiedlichen<br />

Erfolgswahrscheinlichkeit der Bedienung von Krediten:<br />

1.1. Verlagerung der Verbindlichkeiten auf andere, ohne eigene Aktivitäten<br />

1.2. aktuelle eigene Abzahlungsbemühungen, aber ohne selbst entwickelte systematische<br />

Vorkehrungen zu deren Absicherung<br />

1.3. zusätzlich zu 1.2 wird Rat bei anderen zur Realisierung des momentanen Abzahlens<br />

gesucht<br />

1.4. zusätzlich zu 1.3 erfolgt die Inanspruchnahme des Managements anderer für die<br />

Abzahlungen (momentanes Fremdmanagement).<br />

Es wird angenommen, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit der Kreditbedienung von 1.1. nach 1.4.<br />

zun<strong>im</strong>mt.<br />

2. Längerfristige, einschließlich planende Selbstmanagementstrategien<br />

Längerfristige Strategien erfordern ein Selbstmanagement, d.h. das zielgerichtete, selbstständige,<br />

willensgestützte Bewältigen von über einem längeren Zeitraum verteilter Aufgaben. <strong>Die</strong> längerfristigen<br />

Strategien des Selbstmanagements von Kreditverpflichtungen können gleichfalls eine Mehrzahl<br />

von einzelnen Vorgehensweisen umfassen:<br />

154


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 1.2<br />

2.1. Längerfristiges Vorgehen konzentriert auf ein finanzielles Selbstmanagement<br />

2.1.1. Längerfristiges finanzielles Selbstmanagement zum Abbau bestehender Zahlungsverpflichtungen<br />

2.1.1.1. nur globale Vornahmen zum Abbau bestehender Schulden (globale<br />

Vorsatzbildung)<br />

2.1.1.2. Vornahmen mit konkreten Teil- bzw. Zwischenzielen und Selbstkontrollpunkten<br />

(teilzielsetzende Strategie)<br />

2.1.1.3. wie 2.1.1.2. plus Festlegung von Einzelschritten/Maßnahmen, evtl. einschließlich<br />

von Ausweichmaßnahmen für mögliche Fehlschläge (zielsetzende und planende<br />

Strategie)<br />

2.1.1.4. wie 2.1.1.3. mit Entwickeln/Nutzen externer Hilfen zur Selbstmotivierung und<br />

Planrealisierung (z.B. Haushaltbuchführung).<br />

<strong>Die</strong> Vorgehensweisen 2.1.1.2. bis 2.1.1.4. und analog die entsprechenden später aufgeführten<br />

Vorgehensweisen schließen eine Selbstbewertung der Bewährung bzw. des Verbesserungsbedarfs des<br />

eigenen Vorgehens ein (Selbstreflexion zum Entschuldungsmanagement).<br />

2.1.2. Längerfristiges finanzielles Selbstmanagement zum Abbau bestehender Schulden sowie zum<br />

künftigen Vermeiden kritischer finanzieller Situationen<br />

<strong>Die</strong> Unterteilungen entsprechen denen in 2.1.1.<br />

2.2. Längerfristiges und umfassendes Vorgehen<br />

<strong>Die</strong>ses Vorgehen betrifft über das finanzielle Selbstmanagement hinausgehend<br />

die gesamte Lebensführung mit Bezug auf finanzielle Aspekte:<br />

2.2.1. Umfassendes Selbstmanagement einschließlich finanzieller Aspekte bezüglich<br />

des Schuldenabbaus<br />

Zu dieser Strategie sind mehrere spezielle Vorgehensweisen zu zählen:<br />

2.2.1.1. globale Lebensführungsvornahmen ohne Teilziele und Festlegungen von<br />

Kontrollpunkten (globale Vorsatzbildung)<br />

2.2.1.2. Vornahmen mit konkreten Teil-/Zwischenzielen und zeitlichen Selbstkontrollpunkten<br />

(teilzielsetzende Strategien)<br />

2.2.1.3. wie 2.2.1.2 plus Festlegung von Einzelschritten/Einzelmaßnahmen evtl. einschließlich<br />

Ausweichmaßnahmen bei eventuellen Fehlschlägen (zielsetzende und<br />

planende Strategien)<br />

2.2.1.4. wie 2.2.1.3 mit zusätzlichem Entwickeln und Nutzen externer Hilfe zur Planrealisierung<br />

(z.B. Bildung von Teilkassen, Führung von Haushaltbuch)<br />

2.2.2. Umfassendes Selbstmanagement einschließlich seiner finanziellen Aspekte bezüglich des<br />

Schuldenabbaus sowie des Vermeidens künftiger kritischer finanzieller Situationen.<br />

<strong>Die</strong> Unterteilungen entsprechen denen in 2.2.1.<br />

Es wird angenommen, dass die Erfolgswahrscheinlichkeit der Kreditbedienung bei den planenden<br />

Strategien höher ist als bei den momentanen, sowie dass innerhalb der planenden Strategien diese<br />

Wahrscheinlichkeit in der Darstellungsreihenfolge steigt.<br />

155


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 2 | 2.1<br />

2. Ergänzende Analyse zu „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“<br />

<strong>Die</strong> Zusatzauswertung des Datensatzes des Schulden-Kompass 2003 zum Testverfahren<br />

„Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“ soll prüfen, in wie fern bei einer Untersuchung zu<br />

Wegen aus der Verschuldung diese Wissens- und Neigungsmerkmale mit erfolgreichen Wegen aus<br />

der Verschuldung in Beziehung gesetzt werden können. Gegebenenfalls lassen sich weitere<br />

Abhängigkeiten von erfolgreichen Wegen aus der Verschuldung aufdecken und zur Beratung<br />

bzw. für Ausbildungszwecke nutzen.<br />

2.1 Abhängigkeit von soziodemografischen Merkmalen<br />

Es wird erwartet, dass „Zahlungswissen“ seinerseits von soziodemografischen Merkmalen abhängig<br />

und daher möglicherweise bereits aus diesen – also ohne zusätzlichen Test – vorhersagbar ist.<br />

Das Gleiche wird erwartet für die Testd<strong>im</strong>ension „Schuldenneigung“.<br />

Schuldenneigung Zahlungswissen Bildungsabschluss Nettoeinkommen Arbeitslosigkeit Alter Geschlecht<br />

Schuldenneigung -.24** -.18** -.23** .06** -.07** -.01<br />

Zahlungswissen .35** .34** 10** -.01 -.15**<br />

Bildungsabschluss .28** 05* -.17** -.08**<br />

Nettoeinkommen .27** .10** -.09**<br />

Arbeitslosigkeit .04 -.01<br />

Alter<br />

Geschlecht<br />

.02<br />

** p < .01; * p < .05<br />

Tab. 2.1.1: Zusammenwirken von Schuldenneigung und Zahlungswissen mit soziodemografischen Merkmalen,<br />

Korrelationen (Spearman-Rho); N = 1827 ... 2000<br />

„Zahlungswissen“ (Zeile 2 der Tabelle) steht mit nennenswerter, mittlerer Effektstärke (r � 0.3;<br />

Cohen) in Beziehung zu Bildungsabschluss und dem Netto-Einkommen der Befragten.<br />

„Schuldenneigung“ steht mit schwacher Effektstärke (r < 0.3) in Beziehung zum Netto-Einkommen.<br />

<strong>Die</strong>se schwache Beziehung ist ungefähr ebenso schwach wie die zwischen den beiden<br />

Testd<strong>im</strong>ensionen „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“ (je nach Rechenweg mit r = – 0.24<br />

bzw. r = – 0.29).<br />

Trennt man aus der Beziehung zwischen den beiden Testd<strong>im</strong>ensionen deren soziodemografische<br />

Abhängigkeiten heraus, so bleibt zwischen beiden eine noch schwächere Beziehung (r = - 0.2) übrig.<br />

Korrelation<br />

Schuldenneigung –<br />

Zahlungswissen<br />

-.29**<br />

** p < .01<br />

Tab. 2.1.2: Beziehung Schuldenneigung – Zahlungswissen unter Ausschluss soziodemografischer Variablen (Korrelationen<br />

und partielle Korrelationen nach Pearson)<br />

156<br />

Bildungsabschluss<br />

Netto-<br />

Einkommen<br />

Auspartialisierung von<br />

Arbeitslosigkeit<br />

Alter Geschlecht Bildung und<br />

Einkommen<br />

-.24** -.23** -.29** -.29** -.29** -.20**


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 2.1 | 2.2<br />

Weitere Analysen zeigen, dass Arbeitslosigkeit, Lebensalter und Geschlecht zur Vorhersage von<br />

Schuldenneigung keine Relevanz (p > .01) haben. Vorhersagekraft haben eher die Testd<strong>im</strong>ension<br />

„Zahlungswissen“ sowie die soziodemografischen Variablen Bildungsabschluss und Nettoeinkommen.<br />

Ein Grund dieser schwachen Beziehungen könnten nicht-lineare Zusammenhänge sein. Beispielsweise<br />

ist es nicht zwingend, dass mit zunehmendem „Zahlungswissen“ die „Schuldenneigung“ linear<br />

steigt. Es könnte bei sehr niedrigem und bei sehr hohem „Zahlungswissen“ hohe „Schuldenneigung“<br />

vorliegen, aber bei mittlerem Wissen nur eine geringe Neigung. Daher soll die Art der<br />

Beziehungen geprüft werden:<br />

2.2 Art der Beziehungen<br />

Wir prüfen zunächst die Beziehung von „Zahlungswissen“ und von „Schuldenneigung“ mit den<br />

oben als relevant ermittelten soziodemografischen Variabeln durch Funktionendarstellungen. <strong>Die</strong><br />

Abbildungen 2.2.1 bis 2.2.5 zeigen, dass sich die „Schuldenneigung“ mit höherem Bildungsabschluss<br />

und mit höherem Netto-Einkommen annähernd linear verringert (kleinere Abweichungen<br />

können aufgrund der Streuungen vernachlässigt werden).<br />

Schuldenneigung<br />

Bildungsabschluss<br />

Abb. 2.2.1 Abb. 2.2.2<br />

Mit höherem Bildungsabschluss steigt „Zahlungswissen“ linear; ein Sprung besteht zwischen keinem<br />

Bildungsabschluss und vorliegenden Abschlüssen.<br />

Auch mit dem Netto-Einkommen steigt „Zahlungswissen“, was unter anderem mit den Beziehungen<br />

des Einkommens zum Bildungsstand zusammenhängt. <strong>Vergleich</strong>sweise höheres „Zahlungswissen“<br />

bei fehlendem Netto-Einkommen wird u.a. durch die Beziehungen zur Arbeitslosigkeit erklärbar, die<br />

keine Beziehung zu „Zahlungswissen“ aufweist.<br />

Schuldenneigung<br />

Netto-Einkommen in Euro<br />

157


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 2.2<br />

<strong>Die</strong> Beziehung zwischen den beiden Testd<strong>im</strong>ensionen „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“<br />

ist linear negativ.<br />

Wir schließen:<br />

a) <strong>Die</strong> linearen Beziehungen zwischen soziodemografischen Variablen und den beiden<br />

Testd<strong>im</strong>ensionen ermöglichen einfache Prädiktionen der Testergebnisse der Art<br />

„je ausgeprägter desto stärker“.<br />

b) <strong>Die</strong> kleine Effektstärke der Beziehung zwischen „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“<br />

ist nicht durch eine nicht-lineare Beziehung erklärbar. Sie muss inhaltliche<br />

Gründe haben.<br />

c) Effektstarke Beiträge zur Erklärung der Wahl bzw. der Entwicklung erfolgreicher Wege<br />

aus Krediten bzw. Schulden würden in einer Folgeuntersuchung mit geringer Wahrscheinlichkeit<br />

durch den Einsatz des vorliegenden Testverfahrens zu erwarten sein.<br />

158<br />

Zahlungswissen<br />

Schuldenneigung<br />

Bildungsabschluss Netto-Einkommen in Euro<br />

Abb. 2.2.3 Abb. 2.2.4<br />

Abb. 2.2.5<br />

Zahlungswissen<br />

Zahlungswissen


SCHULDEN-KOMPASS | TEILANALYSE D | 2.2<br />

<strong>Die</strong> Aussagekraft der Merkmale „Zahlungswissen“ und „Schuldenneigung“ ist für einen verhaltensorientierten<br />

Ansatz eingeschränkt. In einer Folgeuntersuchung sollte verglichen werden, was nach<br />

Aussagen von Befragten, die selbst Kreditnehmer (Betroffene) sind, das erfolgreiche und das nicht<br />

erfolgreiche Bedienen von Krediten kennzeichnet und welche verhaltenseitigen Bedingungen dafür<br />

existieren. Des Weiteren sollten Personen ohne Kreditnahme (Nichtbetroffene) ebenso nach erfolgreichen<br />

und nicht erfolgreichen Wegen des Abbaus von Krediten befragt und die Aussagen dieser<br />

beiden Personenkreise verglichen werden. In der Pilotstudie wurden der Stichprobe (Betroffene,<br />

Nichtbetroffene sowie Kreditgebern) drei typische Szenarien zur Verschuldung mit einhergehender<br />

Zahlungsstörung vorgelegt. Es wurde geprüft, in wie fern sich die Szenarientechnik sowie deren<br />

Auswertung als Herangehensweise eignet.<br />

<strong>Die</strong> Szenarientechnik erweist sich als geeignet zum Ermitteln von Wissens- und Vorgehenserfahrungen<br />

sowie Defiziten zum Umgang mit Krediten:<br />

• <strong>Die</strong> Szenarien und die darauf fußenden Fragen werden verstanden und akzeptiert.<br />

• Das gilt für Betroffene, Nichtbetroffene sowie Kreditgeber/-vertreter (hier Banker).<br />

• <strong>Die</strong> handlungsbezogenen Unterteilungen in Handlungsnotwendigkeit und<br />

Handlungswahrscheinlichkeit und ihre Erfassungsform werden verstanden und werden<br />

als entscheidend bewertet.<br />

• <strong>Die</strong> Szenarienuntersuchung ist sensitiv für lebenspraktisch bedeutsame konkrete<br />

Situationsmerkmale, die zu unterschiedlichen Handlungskonsequenzen führen (beispielsweise<br />

werden das Ablösen von Schuldenquellen bei dem Jugendlichen (Handyvertrag)<br />

anders behandelt als bei der Familie (Auto)).<br />

• Be<strong>im</strong> Bearbeiten der Szenarien können Wissensunterschiede und Wissensdefizite <strong>im</strong><br />

Umgang mit geliehenem Geld identifiziert werden (beispielsweise mangelnde<br />

Vorstellung zur Schuldenentwicklung gemäß Zinseszins).<br />

• Be<strong>im</strong> Bearbeiten der Szenarien können Unterschiede und Defizite in Handlungsstrategien<br />

zum Finanzmanagement und zur generellen geldrelevanten Lebensführung<br />

identifiziert werden (beispielsweise zur geldbezogenen Lebens- und Haushaltsplanung).<br />

• <strong>Die</strong> Szenarienbearbeitung kann das Wissen um und das Können bezüglich kognitiver<br />

und volitiver Hilfsmittel zur geldbezogenen Lebensführung und diesbezügliche Defizite<br />

ermitteln.<br />

Insgesamt erweist sich dieses Vorgehensprinzip bei notwendigen Detailverbesserungen als geeignet<br />

zum Ermitteln zweckmäßiger Inhalte von Handlungsempfehlungen sowie der Entwicklung von<br />

Beratungsmaterialien hinsichtlich des erfolgreichen Umgangs mit Krediten sowohl für Kreditnehmer<br />

als auch für Kreditgeber.<br />

159


INTERNATIONALER VERGLEICH<br />

<strong>Die</strong> <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong> <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> –<br />

Trends, Probleme, Lösungsansätze<br />

Prof. Dr. Udo Reifner, Helga Springeneer<br />

161


INTERNATIONALER VERGLEICH<br />

Inhalt<br />

Einleitung 164<br />

A. Private <strong>Überschuldung</strong>: Definitionsansätze <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 165<br />

B. Verschuldung der Privathaushalte <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 166<br />

I. Konsumentenkredite 167<br />

II. Kreditkartenkredite 171<br />

III. <strong>Die</strong> Verschuldung Jugendlicher und junger Erwachsener 172<br />

C. <strong>Überschuldung</strong> der Privathaushalte <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> 174<br />

I. Der Anteil überschuldeter Privathaushalte an der Gesamtpopulation 174<br />

II. Verbraucherinsolvenzen 175<br />

1. Eröffnete Insolvenz- bzw. Schuldenregulierungsverfahren 175<br />

2. Profile insolventer Schuldnerhaushalte 177<br />

III. Zahlungsurteile und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen 179<br />

IV. <strong>Überschuldung</strong>sgefährdete Privathaushalte 180<br />

V. Ausschluss aus der Kreditgesellschaft – Ausschluss von Lebenschancen 181<br />

1. Ausschluss vom unbaren Zahlungsverkehr 181<br />

2. Ausschluss vom „mainstream credit“ 182<br />

D. Schuldenspirale befördernde Ereignisse und Einflussfaktoren 184<br />

E. Lösungsansätze zur Bewältigung des modernen Schuldturms 186<br />

I. Verbraucherinsolvenz- bzw. -sanierungsverfahren: Ein Systemvergleich 186<br />

1. Typologisierung der judiziellen Entschuldungsverfahren 186<br />

2. <strong>Die</strong> grundlegenden Verfahrensstrukturen 188<br />

3. Entschuldungsdauer und Entschuldungsumfang 190<br />

4. Der Umgang mit dauerhaft zahlungsunfähigen Schuldnern 192<br />

II. Beratungsangebote zur Unterstützung der wirtschaftlichen Reintegration 193<br />

1. Schulden- und Insolvenzberatung 193<br />

2. Finanzielle Allgemeinbildung 196<br />

F. Fazit und Ausblick für die Diskussion in Deutschland 201<br />

Anmerkungen 204<br />

163


INTERNATIONALER VERGLEICH<br />

Einleitung<br />

Ähnlich wie in Deutschland stehen sich auch in den Europäischen Nachbarländern und in den USA<br />

<strong>im</strong> wesentlichen zwei Meinungen zu den Ursachen der zunehmenden <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong><br />

gegenüber: Meinung 1 – Leichtfertiges Konsumverhalten und voreilige Kreditaufnahme der<br />

Verbraucher lösen die Schuldenspirale aus; Meinung 2 – Ver- und <strong>Überschuldung</strong> ist ein soziales<br />

Phänomen der modernen Kreditgesellschaft.<br />

Während Vertreter der ersten Meinung Lösungskonzepte mit dem Ziel entwickeln, das individuelle<br />

Verhalten der Verbraucher zu verändern, beziehen Vertreter der zweiten Meinung alle Beteiligten<br />

der modernen Kreditgesellschaft – Verbraucher, Kreditwirtschaft, Verbraucherverbände, Staat<br />

(in seiner Funktion als Sozialstaat) – ein und favorisieren mehrd<strong>im</strong>ensionale Lösungsansätze<br />

und Handlungsoptionen.<br />

In einigen öffentlich geführten Debatten ist derzeit zu beobachten, dass der Meinungsaustausch<br />

noch zu wenig der Herausbildung einer kooperativen Strategie für einen rationalen Umgang mit<br />

dem modernen Schuldturm dient. 1 Stattdessen bleibt die Diskussion bei der Frage stehen, „whose<br />

vision of social reality will be made to stick in society.“ 2 Nur: „Moralisms are not a substitute” 3 für<br />

notwendig ausdifferenzierte und nachhaltige Lösungen.<br />

<strong>Die</strong> nachfolgende Darstellung bereitet für ausgewählte EU-Mitgliedstaaten und die USA empirische<br />

Daten zur dortigen <strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong> kompr<strong>im</strong>iert auf und gibt einen Einblick in die<br />

rechtlichen und tatsächlichen Bewältigungsstrategien dieser Länder für die Probleme des modernen<br />

Schuldturms. Neben den USA und Großbritannien, die die am weitesten fortgeschrittene<br />

Kreditgesellschaft repräsentieren, geht die Studie auf die Situation in Kontinentaleuropa ein (vertreten<br />

durch Frankreich, Belgien und die Niederlande), beleuchtet Skandinavien (Finnland und<br />

Schweden) und bezieht Portugal ein, das als vergleichsweise junges EU-Mitglied erste Erfahrungen<br />

mit der Öffnung des freien Kapitalmarkts hinter sich hat und nun ebenfalls mit den Problemen der<br />

modernen Kreditgesellschaft konfrontiert ist.<br />

<strong>Die</strong> Studie, die mit dem Stand 2. August 2004 endet, stützt sich auf öffentlich zugängliche<br />

Statistiken und Untersuchungen sowie auf die Ergebnisse einer eigens durchgeführten<br />

Expertenbefragung. 4 Da die Erhebungszeiträume, die Aktualität und das Volumen der jeweiligen<br />

nationalen Datenbestände nicht <strong>im</strong>mer deckungsgleich sind, ist ihre <strong>Vergleich</strong>barkeit begrenzt. Sie<br />

ermöglichen aber das Identifizieren aktueller Trends. Um diese mit der Situation in Deutschland vergleichen<br />

zu können, bezieht die Studie Daten für Deutschland mit ein. Kapitel A. widmet sich dem<br />

Begriffsverständnis von <strong>Überschuldung</strong> in den jeweiligen Ländern, das ein erstes Indiz für den<br />

Umgang mit den Problemen des modernen Schuldturms gibt. Kapitel B. zeichnet am Beispiel des<br />

Konsumentenkredits die Entwicklung der <strong>private</strong>n Verschuldung nach. Der Entwicklung der <strong>Überschuldung</strong>,<br />

den <strong>Überschuldung</strong>srisiken und den Tendenzen, Privathaushalte von Finanzdienstleistungen<br />

auszuschließen, geht Kapitel C. nach. Kapitel D. stellt Ereignisse und Faktoren zusammen,<br />

die den Prozess der <strong>Überschuldung</strong> auslösen bzw. beeinflussen. Kapitel E. beschreibt Grundzüge der<br />

Entschuldungsmodelle und gibt Einblick in die Beratungsinfrastruktur der Länder. Kapitel F. schließt<br />

mit einem Fazit und Anregungen ab, die Grundlage für eine weitere Diskussion in Deutschland sein<br />

können.<br />

164


INTERNATIONALER VERGLEICH A<br />

A. Private <strong>Überschuldung</strong>: Definitionsansätze <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

Private <strong>Überschuldung</strong> bezeichnet die Situation, in der ein Schuldner auf absehbare Zeit nicht mehr<br />

in der Lage ist, seine finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Situation des<br />

Schuldners und seiner Angehörigen verschlechtert sich nachhaltig, zieht höhere (Konsum-)<br />

Ausgaben nach sich („the poor pay more“ 5 ) und begrenzt die ökonomischen Aktivitäten auf ein<br />

Maß, dass sich schrittweise auch eine soziale Ausgrenzung vollzieht.<br />

<strong>Die</strong> Legaldefinitionen der Begriffe „Konkurs“ und „Insolvenz“ greifen diese soziale Realität nicht auf.<br />

Sie spiegeln pr<strong>im</strong>är die Gläubigerperspektive als die (drohende) wirtschaftliche Unmöglichkeit wider,<br />

be<strong>im</strong> Schuldner die ausstehende Forderung eintreiben zu können. 6 Gleichwohl zieht die Mehrheit<br />

der EU-Mitgliedstaaten und die USA die Legaldefinitionen für ihr Begriffsverständnis von <strong>private</strong>r<br />

<strong>Überschuldung</strong> heran.<br />

Land Legaldefinition „Konkurs“ oder „Insolvenz“<br />

Belgien Unfähigkeit/Unmöglichkeit des Schuldners, seine Schulden zu begleichen.<br />

Großbritannien Das Unvermögen des Schuldners,<br />

• die Schulden zu begleichen, die Gegenstand seines Konkursantrags sind, oder<br />

• die Schulden kurzfristig zurückzahlen zu können, oder<br />

• die Schulden auf absehbare Zeit ausgleichen zu können.<br />

Portugal Unmöglichkeit des Schuldners, seinen Zahlungspflichten fristgerecht nachzukommen.<br />

USA Wer nicht <strong>im</strong>stande ist, seine Schulden bei seinen Gläubigern zu zahlen, oder diese<br />

Schulden durch Verwertung seines Vermögens zu begleichen.<br />

Tabelle 1: Private <strong>Überschuldung</strong> - Konkursrechtliche Definitionsansätze (Beispielhafte Auswahl)<br />

Frankreich und die Skandinavischen Länder begreifen die <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong> hingegen als soziales<br />

Phänomen der modernen Kreditgesellschaft und haben ihre Legaldefinition für „Insolvenz“ angepasst<br />

bzw. den Rechtsterminus der „<strong>Überschuldung</strong>“ eingeführt.<br />

Land Legaldefinition „<strong>Überschuldung</strong>“<br />

Frankreich Eine natürliche Person ist überschuldet, wenn sie – unter Berücksichtigung von Treu und Glauben –<br />

nicht mehr in der Lage ist, all ihre fälligen und fällig werdenden Schulden nicht beruflichen Ursprungs<br />

zu begleichen. 7<br />

Finnland Insolvenz ist mehr als nur die temporäre Unmöglichkeit des Schuldners, seine Zahlungspflichten fristgerecht<br />

zu erfüllen. Bei der Feststellung seiner Zahlungsfähigkeit ist folgendes zu berücksichtigen<br />

(es folgt eine beispielhafte Auswahl):<br />

• das aktuelle Einkommen des Schuldners und seine Einkommensaussichten vor dem Hintergrund<br />

seines Alters, seiner Arbeitsfähigkeit und sonstiger Umstände;<br />

• die notwendigen Ausgaben des Schuldners für die Lebenshaltung;<br />

• die Unterhaltspflichten des Schuldners;<br />

• andere Umstände, die den finanziellen Status des Schuldners beeinflussen.<br />

Schweden Bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sind die Auslöser der Zahlungsprobleme<br />

und ihre Dauer sowie die bislang unternommenen Anstrengungen des Schuldners zur<br />

Schuldenregulierung zu berücksichtigen.<br />

Tabelle 2: Private <strong>Überschuldung</strong> - Neue Definitionsansätze (Beispielhafte Auswahl)<br />

<strong>Die</strong>ses unterschiedliche Begriffsverständnis von <strong>private</strong>r <strong>Überschuldung</strong> – und damit ein unterschiedlicher<br />

Regelungsansatz 8 – drückt sich bereits in den Gesetzesbezeichnungen für die jeweiligen<br />

judiziellen Entschuldungsverfahren aus.<br />

165


INTERNATIONALER VERGLEICH A | B<br />

Land Gesetzesbezeichnung Schlüsselbegriff<br />

Belgien Loi du 5 juillet 1998 sur le règlement collectif des dettes Regulierung<br />

Finnland Act on the Adjustment of Debts of Private Individuals Angleichung / Anpassung<br />

Frankreich 1989: Loi relative à la prévention et au règlement des difficultés<br />

liées au surendettement des particuliers et des familles; Prävention / soziale<br />

1998: Loi d’orientation relative à la lutte contre les exclusions<br />

2003: Loi d’orientation et de programmation pour la ville et la<br />

rénovation urbaine<br />

Ausgrenzung<br />

Großbritannien Insolvency Act 1986 / Enterprise Act 2002; County Court Act 1881 Insolvenz<br />

Niederlande Wet schuldsanering natuurlijke personen, Fallissementswet<br />

(artt.284-362 Dutch Bankruptcy Act) bestehend aus drei Teilen:<br />

(1) fallissementen (Konkurs), (2) surceance van betaling<br />

(Aussetzung der Zahlungen) und (3) schuldsanering (Schuldensanierung)<br />

Rehabilitation<br />

Portugal Código dos Processos Especiais de Recuperação da Empresa e de<br />

Falência, 1993 (art. 27)<br />

Konkurs<br />

9<br />

Schweden Skuldsaneringslag Rehabilitation<br />

USA Federal Bankruptcy Code – Title 11 of the U.S. Code Konkurs<br />

Tabelle 3: Titel judizieller Entschuldungsverfahren (Beispielhafte Auswahl)<br />

B. Verschuldung der Privathaushalte <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

<strong>Die</strong> Verschuldung – das Eingehen finanzieller Verpflichtungen – geht einer <strong>Überschuldung</strong> notwendig<br />

voraus. Nicht jede Verschuldung mündet aber in eine <strong>Überschuldung</strong>. Verschuldung prägt das<br />

Bild der modernen Kreditgesellschaft. Der Wandel in den Sozialstrukturen (Aufweichung familiärer<br />

Versorgungsstrukturen), die Instabilität in den Haushaltslebenszyklen (flexible Erwerbsbiografien<br />

mit Einkommensschwankungen) und die Zunahme finanzieller Eigenverantwortung als Folge der<br />

einbrechenden öffentlichen Daseinsvorsorge (Gesundheits- und Altersvorsorge) lassen den Bedarf an<br />

Finanzdienstleistungen steigen. Sie bieten in diesem Strukturwandel die Kompensationsinstrumente,<br />

indem sie die erforderliche Ausgabenliquidität sichern. Dem Kredit kommt hierbei eine besondere<br />

Rolle zu. <strong>Die</strong> Mehrheit der Haushaltsvorstände erwirtschaftet ab dem 40. Lebensjahr Überschüsse. 10<br />

<strong>Die</strong>se können mittels Kredit bereits vor dem 40. Lebensjahr aktiviert werden. Der Kredit gleicht die<br />

unterschiedliche Liquiditätslage verschiedener Haushaltslebenszyklen aus. <strong>Die</strong> Inanspruchnahme von<br />

Kredit ist repräsentativ für die Verschuldungssituation der Privathaushalte.<br />

166


INTERNATIONALER VERGLEICH B | I<br />

I. Konsumentenkredite<br />

Um die Entwicklung der Konsumentenkreditverschuldung innerhalb eines Landes einschätzen und<br />

darüber hinaus mit den anderen Ländern vergleichen zu können, ist die jeweilige Gesamtpopulation<br />

zu berücksichtigen: 11<br />

Land Gesamtpopulation (2003) Privathaushalte (2003)<br />

Belgien 10,346 Mio. 4,360 Mio.<br />

Finnland 5,207 Mio. 2,300 Mio.<br />

Frankreich 59,637 Mio. 23,954 Mio. (2001)<br />

Großbritannien 59,088 Mio. 25,000 Mio.<br />

Niederlande 16,195 Mio. 6,500 Mio.<br />

Portugal 10,409 Mio . 3,650 Mio.<br />

Schweden 8,943 Mio. 4,576 Mio. (2001)<br />

USA 294,000 Mio. (Schätzung 2004) 104,705 Mio. (2001)<br />

Deutschland 82,500 Mio. 38,944 Mio.<br />

Tabelle 4: Bevölkerung der untersuchten Länder<br />

Das Volumen der an Privathaushalte ausgereichten ungesicherten Konsumentenkredite ist in allen<br />

untersuchten Ländern in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen und hat Höchststände erreicht.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Gesamtvolumen Konsumentenkredit<br />

1999: 11,958 Mrd. €<br />

2001: 13,231 Mrd. €<br />

2002: 13,505 Mrd. €<br />

1980: 1,8 Mrd. €<br />

2002: 7,2 Mrd. € 12<br />

2002: 108,2 Mrd. € (+ 2,8% gegenüber 2001)<br />

2003: 113,4 Mrd. € (+ 4,8%)<br />

1995: 78,479 Mrd. £ (= ca. 117,886 Mrd. €)<br />

2001: 141,157 Mrd. £ (= ca. 212,037 Mrd. €) 15<br />

1995: 10,128 Mrd. €<br />

2001: 15,938 Mrd. €<br />

2002: 16,437 Mrd. €<br />

2003: 17,1 Mrd. € 17<br />

1991: 1,0 Mio. €<br />

1996: 4,0 Mio. €<br />

2000: 8,8 Mio. € 18<br />

1/2003: 18,252 Mio. €<br />

3/2004: 18,310 Mio. € 19<br />

2003: 10,98 Mrd. €<br />

(durchschnittliche jährliche Steigerungsrate 10%)<br />

(ausstehender Konsumentenkredit) 22<br />

1999: 1512,8 Mrd. $<br />

2000: 1686,2 Mrd. $<br />

2001: 1822,2 Mrd. $<br />

2002: 1902,7 Mrd. $<br />

2003: 1998,5 Mrd. $<br />

3/2004: Anstieg um 3,5% gegenüber 3/200323 Gesamtzahl Kreditnehmer<br />

2002: 3,398 Mio. (ca. 32% Gesamtpopulation)<br />

2001-2004: 1,3 Mio. 13 (ca. 26% Gesamtpopulation)<br />

2002: 33,1%<br />

2003: 33,2% 14<br />

2001: 19% (Kreditkarte), 17% (Ratenkredit),<br />

15% (Personal loan), 13% (Teilzahlungskauf),<br />

9% (Überziehungskredit), 8% (Kredit bei<br />

Handelsunternehmen) 16<br />

2002: 8,112 Mio.<br />

2003: 8,394 Mio. (ca. 51% der Gesamtpopulation)<br />

2001: 1,168 Mio. der Haushalte20 (ca. 11% der<br />

Gesamtpopulation)<br />

4/2003: 71% der Privathaushalte 21<br />

1998: 43,7% (Instalment loan), 44,1%<br />

(Kreditkartenkredit), 2,3% (andere Kreditlinien);<br />

2001: 45,2% (Instalment loan), 44,4%<br />

(Kreditkartenkredit), 1,5% (andere Kreditlinien) 24<br />

…<br />

167


INTERNATIONALER VERGLEICH B | I<br />

Land Gesamtvolumen Konsumentenkredit Gesamtzahl Kreditnehmer<br />

Deutschland 1999: 215,695 Mrd. €<br />

2000: 222,554 Mrd. €<br />

2001: 222,405 Mrd. € 2001: 22,4% der Privathaushalte26 Tabelle 5: Volumen ungesicherter Konsumentenkredite<br />

Auf den ersten Blick scheint die Kreditinanspruchnahme (Tabellenspalte „Gesamtzahl<br />

Kreditnehmer“) in Schweden, den Niederlanden und in den USA am höchsten zu sein, gefolgt vom<br />

Mittelfeld bestehend aus Großbritannien, Finnland, Belgien und Frankreich (auch Deutschland reiht<br />

sich hier ein) und – mit noch weitem Abstand – schließlich Portugal. Allerdings gibt Tabelle 5 die<br />

Verschuldung in Großbritannien und den USA insofern verkürzt wieder, als das die Daten nur<br />

Konsumentenkredite des „ersten Kreditmarkts“ (mainstream credit market) betreffen. Nicht ausgewiesen<br />

sind die Konsumentenkredite, die der „zweite Kreditmarkt“ (sub-pr<strong>im</strong>e lending market)<br />

vergibt. Da die unteren Einkommensschichten in den Angloamerikanischen Ländern signifikant vom<br />

„ersten Kreditmarkt“ ausgeschlossen sind und nur Zugang zum „zweiten Kreditmarkt“ haben 27 ,<br />

weist Tabelle 5 für die USA und Großbritannien pr<strong>im</strong>är die Kreditinanspruchnahme der Mittelschicht<br />

und der höheren Einkommensschichten aus.<br />

<strong>Die</strong> Gesamtbestandsveränderungen der Kreditvolumina geben keine Auskunft über den individuellen<br />

Verschuldungsgrad. Das Gesamtverschuldungsniveau lässt z.B. weder die Zahl der Kreditnehmer<br />

mit erstmaligen Kreditengagements erkennen, noch die durchschnittliche Kredithöhe pro<br />

Kreditnehmer. <strong>Die</strong> aggregierten Daten verbergen auch die Zahl der Kredite, die zur Abwendung<br />

einer <strong>Überschuldung</strong>/Insolvenz umgeschuldet wurden. Soweit Daten zumindest zur durchschnittlichen<br />

Höhe der Kreditverbindlichkeiten pro Kreditnehmer, seiner monatlichen Belastung und zum<br />

Anteil seines monatlichen Bruttoverdienstes für die Kreditrückzahlung vorliegen, ergibt sich für den<br />

individuellen Verschuldungsgrad folgendes – allerdings vorsichtig zu bewertendes – Bild. 28<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

168<br />

Kreditschulden pro<br />

Kreditnehmer (Mittelwert)<br />

2002: 4.609 €<br />

(Mittelwert pro Nettokredit)<br />

2002: 3.100 €<br />

2002: 224,343 Mrd. €<br />

2003: 230,913 Mrd. €<br />

3/2004: 230,874 Mrd. € 25<br />

Kreditrate pro<br />

Monat<br />

(keine Auswertung)<br />

Anteil des Bruttoeinkommens<br />

pro Monat<br />

für Kreditrückzahlung<br />

1999: 8%; 2000: 8,17%;<br />

2001: 8,16%; 2002: 8,08%<br />

1999-2003: 20% (Mittelwert<br />

für Konsumenten- und<br />

Hypothekenkreditzahlungen),<br />

10% (Mittelwert für Konsumentenkreditzahlungen)<br />

30 ;<br />

2002: 560 € (davon 84 €<br />

Zinsanteil) 31<br />

Kreditausfallquote<br />

(Gesamt)<br />

2003: 507.145<br />

Verträge (7,92%) 29<br />

2002:<br />

Zahlungsprobleme bei<br />

1/8 der Kreditnehmer;<br />

2003: Zahlungsverzug<br />

bei 100.000<br />

Kreditkartenkonten =<br />

4% aller<br />

Kreditkarteninhaber 32


INTERNATIONALER VERGLEICH B | I<br />

Land<br />

Frankreich<br />

Niederlande (keine Auswertung)<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Deutschland<br />

Kreditschulden pro<br />

Kreditnehmer<br />

(Mittelwert)<br />

2003: 4.554 €<br />

Großbritan- 1995: 2.088 £ (= ca. 3.157 €)<br />

nien 2001: 3.500 £ (= ca. 5.256 €) 33<br />

(keine Auswertung)<br />

2003: 6.464 € (= 9.776 €) 34<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine Auswertung)<br />

Ratenkredit: (keine aktuelle<br />

Auswertung);<br />

Kreditkartenkredit (1998 und<br />

2001): 1.900 $ 42 ;<br />

sonstige Kreditlinie: 3.900 $ 43<br />

Kreditkartenkredit:<br />

200 $<br />

(keine aktuelle Auswertung)<br />

Kreditrate pro<br />

Monat<br />

Rate / Einkommen:<br />

< 10% / 25%<br />

10 < 20% / 33%<br />

20 < 30% / 25%<br />

30 < 40% / 11%<br />

> 40% / 6%<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine öffentlich zugänglichen<br />

Daten)<br />

(keine Auswertung)<br />

194,00 € 47<br />

Tabelle 6: Individueller bankenmäßiger Verschuldungsgrad<br />

Anteil des Bruttoeinkommens<br />

pro Monat<br />

für Kreditrückzahlung<br />

(Mittelwerte)<br />

2002: 56,0% des<br />

Einkommens<br />

2003: 58,7%<br />

Kreditausfallquote<br />

(Gesamt)<br />

2%<br />

Zahlungsausfälle – 1 bis<br />

6 Monate – auf Kreditkonten<br />

für 1. Hj. 2002:<br />

4,78% (seit 1996 weitgehend<br />

konstant) 36 2001:


INTERNATIONALER VERGLEICH B | I<br />

<strong>Die</strong> in den letzten Jahren in allen Ländern zu beobachtende Zunahme der Kreditzugangsmöglichkeiten<br />

– auch durch die in Umlauf gebrachten Kreditkarten, Kundenkarten mit Kreditfunktion und<br />

die eingeräumten Überziehungskredite 48 – scheint insgesamt, d.h. ohne Differenzierung nach dem<br />

jeweiligen Kreditprodukt, nicht bewirkt zu haben, dass signifikant mehr Privathaushalte erstmals<br />

oder wiederholt 49 Kreditverbindlichkeiten eingegangen sind. 50 Erhöht hat sich hingegen häufiger die<br />

Kreditsumme bei neuen Kreditengagements, was auf niedrige Kreditzinsen und gestiegene Haushaltseinkommen<br />

zurückgeführt wird. 51 In Großbritannien sind (1) Familien mit 2 Kindern, die eine<br />

Immobilie kreditfinanziert erworben haben, (2) Haushalte mit durchschnittlichem oder niedrigem<br />

Einkommen sowie (3) Haushalte, die innerhalb der zurückliegenden 12 Monate Einkommensschwankungen<br />

(positiv wie negativ) erfahren haben, die Haushaltstypen mit den meisten<br />

Kreditverbindlichkeiten, den höchsten Kreditsummen und dem höchsten Anteil der Kreditrate am<br />

monatlichen Bruttoeinkommen. 52 Ein Anteil der Kreditrate am Bruttoeinkommen, der sich unter 25%<br />

bewegt, gilt als <strong>im</strong> Durchschnitt noch bewältigbar 53 ; die überwiegende Mehrheit der Britischen<br />

Kreditnehmer überschreitet diesen Taxwert nicht. Auffällig sind die Kreditausfallquoten einzelner<br />

Länder. Sie führen aber nicht zu einer Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe. Für keines<br />

der untersuchten Länder war eine restriktive Vergabepolitik zu konstatieren. In Finnland verlangen<br />

Kreditgeber von den Kreditnehmern aktuell lediglich detailliertere Finanzstatus. Portugiesische<br />

Banken übertragen seit dem 2. Halbjahr 2003 das Kreditausfallrisiko auf ihre Kunden und verlangen<br />

umfassendere Kreditsicherheiten bzw. den Abschluss einer Ausfallversicherung.<br />

Bei der individuellen Nutzung der Konsumentenkredite gibt es in den verschiedenen Ländern stark<br />

voneinander abweichende Motive. Während der Konsumentenkredit in Portugal pr<strong>im</strong>är dem Erwerb<br />

langlebiger Konsumgüter (Wohnungseinrichtung, PKW) dient 54 , eröffnet er U.S.-Bürgern den<br />

Zugang zum Gesundheitswesen. 55 So hatten 56,2% der Ehepaare, die 2000 einen gemeinsamen<br />

Antrag auf Eröffnung des Privatkonkursverfahrens stellten, Kredite zur Finanzierung ihrer medizinischen<br />

Behandlungskosten aufgenommen. In 11,1% dieser Fälle beliefen sich die Verbindlichkeiten<br />

auf mindestens 5.000 $. In 4,4% der Fälle machte der Anteil dieser Schulden mindestens 50% der<br />

Gesamtschulden aus. 56<br />

170


INTERNATIONALER VERGLEICH B | II<br />

II. Kreditkartenkredite<br />

Der Umlauf von Kreditkarten und Kundenkarten mit Kreditfunktion hat die individuelle<br />

Verschuldungsstruktur insbesondere in den Angloamerikanischen Ländern in den letzten Jahren<br />

deutlich verändert.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Niederlande (keine Auswertung)<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Kreditschulden <strong>im</strong> Umlauf<br />

(Gesamt)<br />

(keine aktuellen Daten,<br />

aber Trend: stetig steigende<br />

Umlaufzahlen)<br />

1987: 1,6 Mio.<br />

2002: 2,6 Mio. 57<br />

(keine statistische Erhebung)<br />

Großbritan- 1991: 26,8 Mio.<br />

nien 2001: 55,0 Mio. 58<br />

2001: 25,3% der Population62 (keine Auswertung)<br />

(keine statistische Erhebung) (keine statistische<br />

Erhebung)<br />

2001: 76,2% der Privathaushalte63<br />

; 60% nutzen<br />

die Kreditfunktion64 Deutschland 2002: 21,0 Mio. (+ 8,7%<br />

gegenüber 2001; Vervierfachung<br />

gegenüber 1990) 69<br />

Tabelle 7: Kreditekartenkredite<br />

Kreditkarten <strong>im</strong><br />

Umlauf (pro<br />

Karteninhaber)<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine Auswertung 65 )<br />

(keine Auswertung)<br />

Ausstehendes<br />

Kreditvolumen (Gesamt)<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine statistische<br />

Erhebung)<br />

mindestens 2 (50%) 59<br />

(keine aktuellen Daten, aber<br />

Trend: stetig steigendes<br />

Volumen)<br />

1992: 0,95 Mrd. €<br />

2002: 1,9 Mrd. €<br />

(keine statistische Erhebung)<br />

1995: 15,920 Mrd. £<br />

(= ca. 23,910 Mrd. €)<br />

2001: 42,802 Mrd. £<br />

(= ca. 64,284 Mrd. €) 60<br />

Der Anteil der Schulden aus<br />

Kreditkartenkrediten hat sich<br />

<strong>im</strong> Verhältnis zu den sonstigen<br />

Kreditschulden in den<br />

letzten 5 Jahren um 10%<br />

erhöht (von 15 auf 25%).<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine statistische Erhebung)<br />

(Daten beziehen sich auf<br />

revolvierende Kredite, d.h.<br />

Kreditkarten-, Überziehungsund<br />

Kontokorrentkredit)<br />

1999: 590,5 Mrd. $<br />

2000: 658,9 Mrd. $<br />

2001: 703,9 Mrd. $<br />

2002: 716,7 Mrd. $<br />

2003: 744,9 Mrd. $ 66<br />

(Daten der PaySys Consultancy<br />

GmbH und der Datamonitor<br />

lagen bei Projektende<br />

noch nicht vor.)<br />

Ausstehender Kreditbetrag<br />

pro Karteninhaber<br />

(Mittelwert)<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine statistische<br />

Erhebung)<br />

1995: 1.594 £ (= ca.<br />

2.394 €)<br />

2000: 1.770 £ (= ca.<br />

2.658 €)<br />

2001: 1.662 £ (= ca.<br />

2.496 €) 61<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine Auswertung)<br />

(keine statistische<br />

Erhebung); zunehmende<br />

Beträge nach<br />

Auswertung der<br />

Fallakten von<br />

Schuldnerberatern<br />

Mehr als ein Jahreseinkommen<br />

Schulden aus<br />

Kreditkartenkrediten<br />

hatten 1983 z.B. 4,6%<br />

der Haushalte mit einem<br />

Einkommen unterhalb<br />

der offiziellen Armutsgrenze;<br />

1995 lag der<br />

Anteil bei 23,2%. 67<br />

2001: durchschnittlich<br />

ausstehender Kreditbetrag<br />

8.000 $ 68<br />

(nur Umsatz70 , keine<br />

Debetsalden recherchierbar)<br />

171


INTERNATIONALER VERGLEICH B | II | III<br />

Da Kreditkartenkredite in Kontinentaleuropa und Skandinavien an das Girokonto gekoppelt sind und<br />

sich gegebenenfalls als Überziehungskredit darstellen 71 , sind die Daten nicht mit den Angloamerikanischen<br />

Daten vergleichbar, wo Kreditkarten ein eigenständiges Kreditmittel darstellen.<br />

Nur die Daten für Großbritannien und die USA lassen die D<strong>im</strong>ension der Kreditkartenverschuldung<br />

erkennen. 72 Für beide Länder ist aber zu berücksichtigen, dass der Kreditkarte eine komplexe<br />

Gebrauchsd<strong>im</strong>ension zukommt. So substituiert die Kreditkarte, wenn sie eingesetzt wird, um<br />

existenzielle Ausgaben zu finanzieren, das fehlende oder schwach ausgeprägte öffentliche<br />

Gesundheits- und Wohlfahrtswesen. 60% der U.S.-amerikanischen Antragsteller eines<br />

Privatkonkursverfahrens mit signifikanten Kreditkartenschulden waren 24 Monate vor<br />

Antragstellung arbeitslos geworden und hatten die Kreditkarte zur Deckung der Lebenshaltungskosten<br />

73 eingesetzt. In Großbritannien nutzen 14% die Karte, um <strong>im</strong> Notfall finanzielle<br />

Engpässe überbrücken zu können. 74 Damit werden über die Kreditkarte die Folgen von Arbeitslosigkeit,<br />

Krankheit u.ä. privat geregelt. Das Angloamerikanische Kreditkartensystem verschleiert den<br />

<strong>Überschuldung</strong>szeitpunkt, denn anstatt den Kredit fällig zu stellen, werden ausstehende Beträge<br />

durch neu eingeräumten Kredit umgeschuldet. Hält die vom Girokonto abgekoppelte Kreditkarte<br />

Einzug in Kontinentaleuropa und Skandinavien, n<strong>im</strong>mt die Schwierigkeit zu, die <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong><br />

zu „messen“.<br />

Kreditkartenkredite spielen in Deutschland bisher eine geringe Rolle. So wurden 2002 nur 4,8% aller<br />

Zahlungen <strong>im</strong> Einzelhandel per Kreditkarte abgewickelt (+ 0,3% gegenüber 2001). 75 <strong>Die</strong> Zahl der<br />

Transaktionen liegt deutlich unter dem <strong>internationalen</strong> Durchschnitt. 76 Der Grund hierfür liegt in der<br />

Dominanz der EC-Karte. Ihr Anteil an den bargeldlosen Zahlungen lag 2002 bei 23,3%. 77<br />

III. <strong>Die</strong> Verschuldung Jugendlicher und junger Erwachsener<br />

18- bis 25-Jährige können anhand der zur Verfügung stehenden Daten in keinem der untersuchten<br />

EU-Länder als Risikogruppe für <strong>Überschuldung</strong> identifiziert werden. Ihr individueller Verschuldungsgrad<br />

fällt <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit den übrigen Altersklassen nicht aus dem Rahmen. Soweit sie<br />

Zahlungsrückstände haben, symbolisieren sie die typischen Anlaufprobleme dieser Altersgruppe <strong>im</strong><br />

Umgang mit Geld.<br />

20% der jungen Erwachsenen (18 bis 25 Jahre) in Belgien mit Kreditverpflichtungen haben<br />

Zahlungsrückstände. In Finnland betreffen die Zahlungsrückstände Jugendlicher und junger<br />

Erwachsener nahezu ausschließlich Handyschulden. Sie hatten ihren Höhepunkt in den 90er Jahren.<br />

Mit Einführung von Informations- und Aufklärungskampagnen hat sich das Volumen der<br />

Handyschulden seit 2000 kontinuierlich reduziert. Der Anteil junger Erwachsener (18 bis 25 Jahre),<br />

die in Frankreich wegen akuter Zahlungsprobleme eine Schuldnerberatungsstelle aufsuchen, beträgt<br />

durchschnittlich 5%. Junge Erwachsene in Großbritannien fallen bei der Kreditverschuldung bislang<br />

nicht überdurchschnittlich auf. 78 In den Niederlanden weisen nur junge Erwachsene Kreditschulden<br />

auf, die einen eigenen Hausstand gegründet haben; die Höhe des aufgenommenen Kredits ist mit<br />

der Höhe der sonstigen Altersgruppen vergleichbar. <strong>Die</strong>se jungen Erwachsenen verfügen zudem<br />

über ein regelmäßiges Einkommen. Insgesamt haben 50% der 21- bis 25-Jährigen Kreditverpflichtungen,<br />

davon 21% mit einer durchschnittlichen Höhe von 4.500 €. Portugal, das sich auf dem Weg<br />

in eine moderne Kreditgesellschaft befindet, kennt bislang keine Zahlungsprobleme bei Jugendlichen<br />

und jungen Erwachsenen. Das in Schweden zuständige „Enforcement service register“ führte 2003<br />

172


INTERNATIONALER VERGLEICH B | III<br />

6.000 Jugendliche unter 18 Jahre mit offenen Zahlungspflichten. <strong>Die</strong> Zahl ist gegenüber 2002 um<br />

2% gesunken; die Höhe der ausstehenden Schulden hat sich um 15% erhöht. Den deutlichsten<br />

Hinweis darauf, dass Zahlungsprobleme Jugendlicher und junger Erwachsener ein temporäres<br />

Problem sind, liefert das „Handyland“ Finnland. <strong>Die</strong> 18- bis 25-Jährigen stehen damit EU-weit für<br />

Anpassungs- und Lernbedarf an pünktliches Zahlen.<br />

<strong>Die</strong> Zahlungsrückstände der jungen Erwachsenen in Deutschland fügen sich in die Untersuchungsergebnisse<br />

für die EU-Länder <strong>im</strong> Wesentlichen ein. Der Schulden-Kompass 2003 bezifferte für 2001<br />

die Schuldenhöhe der 18- bis 19-Jährigen mit durchschnittlich 3.200 € und der 20- bis 24-Jährigen<br />

mit durchschnittlich 4.800 €. 79 Nach dem Institut für Jugendforschung betrug die Schuldenhöhe der<br />

13- bis 24-Jährigen 2003 durchschnittlich 1.550 €. 80 Der DGB (Jugend München) kommt für<br />

Auszubildende in 2003 auf einen Durchschnittswert von 1.104 €. 81 <strong>Die</strong> Schufa registrierte 2002<br />

für die 18- bis 19-Jährigen 8.000 Negativ-Erstmeldungen und für die 20- bis 24-Jährigen 90.000<br />

Meldungen (jeweils Meldungen der Banken). 82<br />

<strong>Die</strong> Situation in den USA grenzt sich deutlich von der in Europa ab. <strong>Die</strong> Altersgruppe 18- bis 25-Jahre<br />

hat durch „student loans“ und Kreditkarten 83 vergleichsweise hohe Zahlungsverpflichtungen. 1996<br />

waren Graduierte nach ihrem Universitätsabschluss mit durchschnittlich 11.950 $ Schulden aus<br />

ihrem Studentendarlehen belastet. 1998 verfügten Studenten vor ihrem Abschluss über durchschnittlich<br />

3,5 Kreditkarten mit einem Saldo von 1.879 $. 84 Der individuelle Verschuldungsgrad der<br />

Studenten und Graduierten steigt seit den 90er Jahren kontinuierlich. Nachdem der Kongress 1992<br />

die Anhebung des zulässigen Kreditl<strong>im</strong>its bei „student loans“ beschlossen hatte, stieg das<br />

Kreditvolumen 1993 um 38%. 85 Unaufgefordertes Telefonmarketing der Kreditkartenunternehmen<br />

ab dem 18. Lebensjahr, Kooperationsabkommen der Universitäten mit Kreditkartenunternehmen<br />

und die Ausgabe von „store cards“ durch Einzelhandelsketten haben den Anteil der Studenten mit<br />

wenigstens einer Kreditkarte auf 78% (2000) ansteigen lassen. Der Saldo betrug 2000 durchschnittlich<br />

2.800 $ pro Kreditkarte. 86 Aktuell wird die durchschnittliche Gesamtverschuldung eines<br />

Graduierten auf 20.000 $ geschätzt. Im übrigen haben junge Erwachsene Zahlungsrückstände bei<br />

den Rechnungen für ihre medizinischen Behandlungen. 50% der nicht krankenversicherten 87 19- bis<br />

29-Jährigen hatten 2003/2004 Zahlungsrückstände. 88<br />

173


INTERNATIONALER VERGLEICH C | I<br />

C. <strong>Überschuldung</strong> der Privathaushalte <strong>im</strong> <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong><br />

<strong>Überschuldung</strong> bedeutet, dass das für die Schuldenrückführung ursprünglich eingeplante<br />

Haushaltseinkommen ganz oder teilweise nicht mehr verfügbar ist. Zahlungsstörungen, die durch<br />

den (teilweisen) Wegfall eines Einkommens oder durch erhöhte Ausgaben eintreten, müssen<br />

bei – der typischen – Fälligstellung des Gesamtkredits in eine <strong>Überschuldung</strong> münden, weil der<br />

Schuldner, der schon eine Rate nicht zahlen kann, auf jeden Fall nicht den Restkredit sofort tilgen<br />

kann. Ist die Minderung des verfügbaren Einkommens temporär, kann die <strong>Überschuldung</strong><br />

durch Kreditanpassungsmaßnahmen – als ult<strong>im</strong>a ratio auch durch die Entschuldung in einem<br />

Verbraucherinsolvenzverfahren – überwunden werden. <strong>Überschuldung</strong> kann daher bei geringer<br />

Verschuldung ebenso eintreten, wie hohe Verschuldung nicht per se zur <strong>Überschuldung</strong> führen muss.<br />

I. Der Anteil überschuldeter Privathaushalte an der Gesamtpopulation<br />

<strong>Überschuldung</strong> ist ein komplexer Sachverhalt und lässt sich nicht mit einer Kennzahl messen. <strong>Die</strong><br />

untersuchten Länder schätzen daher den Anteil überschuldeter Privathaushalte an der Gesamtbevölkerung<br />

oder rechnen ihn hoch. Dabei werten sie z.B. Fallakten von Beratungsstellen, die Schuldner<br />

auf ein Entschuldungsverfahren vorbereiten, aus oder ordnen – stichprobenartig – Privathaushalte<br />

vordefinierten Merkmalen zu, die eine <strong>Überschuldung</strong>ssituation wahrscheinlich werden lassen.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Deutschland<br />

Tabelle 8: Zahl überschuldeter Privathaushalte (Schätzungen, Hochrechnungen)<br />

Bei aller Vorsicht, die bei Schätzungen und Hochrechnungen angebracht ist, ist zumindest zu erkennen,<br />

dass der Anteil überschuldeter Privathaushalte in den Ländern am höchsten ist, die die<br />

Probleme des modernen Schuldturms pr<strong>im</strong>är ökonomisch lösen wollen (USA, Großbritannien,<br />

Deutschland). Finnland, Schweden und Frankreich, die die soziale Realität des Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sprozesses<br />

in ihre judiziellen Entschuldungsverfahren stärker einbinden, weisen niedrigere<br />

Quoten aus, wenngleich auch für diese Länder kein Anzeichen für eine Entspannung erkennbar ist. 95<br />

174<br />

Anteil überschuldeter Privathaushalte (geschätzt)<br />

1-4% 89<br />

2002: 2% 90<br />

Schätzung der Französischen Regierung (2003): 700.000 Haushalte (ca. 3%)<br />

Schätzung der Bank von Frankreich (2003): 500.000 Haushalte (ca. 2%)<br />

2001: 1,715 Mio. (7%)<br />

<strong>Die</strong> Einstufung als überschuldet erfolgte, weil die Haushalte mindestens eines der folgenden drei<br />

Merkmale erfüllten:<br />

• 4 oder mehr Kreditverbindlichkeiten;<br />

• Anteil der Kreditrate (nur Konsumentenkredit) am Bruttoeinkommen > 25%;<br />

• Anteil der Kreditrate (Konsumenten- und Hypothekenkredit) am Bruttoeinkommen > 50%. 91<br />

250.000 Haushalte (ca. 4%)<br />

(bislang keine Hochrechnung)<br />

2003: 140.000 (ca. 3%) 92<br />

3/2004: 1,67%, wenn nur die für „bankrupt“ erklären Schuldner (1.618.062 U.S. Bürger) berücksichtigt<br />

werden. Zieht man die offizielle Armutsrate heran, da Statusarmut und prozedurale<br />

Armut (Ausschluss vom „ersten Kreditmarkt“) zumindest das Risiko einer <strong>Überschuldung</strong> signifikant<br />

erhöhen, konnten 2002 12,1% der U.S.-Bürger (34,6 Mio.) als vermutlich überschuldet<br />

gelten. <strong>Die</strong> Berufung auf die Armutsrate ist insofern sogar noch lückenhaft, als das ca. 10,5%<br />

der US-Bürger keine Bankverbindung haben und damit nicht einmal mehr verschuldet sind.<br />

1999: 2,77 Mio. 94 (ca. 7%)


INTERNATIONALER VERGLEICH C | II | 1<br />

II. Verbraucherinsolvenzen<br />

<strong>Die</strong> Verbraucherinsolvenzen 96 machen den Bruchteil der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> sichtbar, der die<br />

Entschuldung in einem öffentlichen und formalen Verfahren sucht.<br />

1. Eröffnete Insolvenz- bzw. Schuldenregulierungsverfahren<br />

In allen Ländern nutzt nur ein Bruchteil der als überschuldet eingestuften Privathaushalte die<br />

Möglichkeit eines judiziellen Entschuldungsverfahrens und beantragt die Eröffnung eines<br />

Verbraucherinsolvenz-, Privatkonkurs- oder eines gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens. 97<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

Eröffnete gerichtliche<br />

Schuldenregulierungsverfahren<br />

2003: 31.912<br />

1993: 10.300<br />

1994: 13.900<br />

1995: 14.000<br />

2002: 2.150<br />

2003: 4.300 98<br />

Sanierungsverfahren vor Gütekommissionen:<br />

1990-31.8.1999: 826.000 Anträge (davon ca.<br />

10% als unzulässig zurückgewiesen)<br />

Administration Order100 :<br />

6.000-7.000 Verfahren p.a. 101<br />

Individual Voluntary Arrangement102 :<br />

1997: 4.545<br />

2000: 7.978<br />

2003: 8.307<br />

3/2004: 2.141<br />

1999: 6.528<br />

2000: 8.754<br />

2001: 8.791<br />

2002: 9.600<br />

2003: 10.750<br />

3/2004: + 10% gegenüber 3/2003<br />

-<br />

Anträge auf Restschuldbefreiung bei zuständiger<br />

Vollzugsbehörde:<br />

1994-2001: ca. 29.000 Anträge, davon ca.<br />

11.000 gewährte Restschuldbefreiungen<br />

seit 2002: 3.000-3.500 Anträge p.a.<br />

Verfahren, die die Vollzugsbehörde an das<br />

Gericht weiterleitet:<br />

1994-1999: 4.744, davon 3.615 gerichtlich<br />

bestätigte Schuldenregulierungen106 Eröffnete Insolvenz- bzw.<br />

Konkursverfahren<br />

Für die Nutzung des seit dem 2.8.2003 für<br />

„hoffnungslos und dauerhaft Überschuldete“<br />

geltenden gerichtlichen Verfahrens „retablissement<br />

personnelle“ liegen noch keine Daten<br />

vor.<br />

1997: 19.892<br />

2000: 21.550<br />

2003: 28.021<br />

3/2004: 8.524103 (nicht ausgewertet 104 )<br />

1995-2002 (für Porto und Lissabon): 2.475 105<br />

2003: 387 (+ 2% gegenüber 2002) 107<br />

…<br />

175


INTERNATIONALER VERGLEICH C | II | 1<br />

Land<br />

USA<br />

Deutschland<br />

<strong>Die</strong> Gründe für die moderaten Verfahrenszahlen liegen u.a.<br />

• in der generellen psychologischen Hemmschwelle, sich für „bankrott“ erklären zu lassen;<br />

• in dem stigmatisierenden Effekt des Verfahrens, das öffentlich bekannt gemacht wird;<br />

• in den befürchteten beruflichen Nachteilen nach Verfahrenseröffnung;<br />

• in der Zurückweisung von Eröffnungsanträgen;<br />

• in hohen Verfahrenskosten, die mittellosen Schuldnern den Zugang verwehren;<br />

• in einer Verfahrensstruktur, die auf die Bedürfnisse der Unternehmensinsolvenz abstellt.<br />

176<br />

Eröffnete gerichtliche<br />

Schuldenregulierungsverfahren<br />

Verfahren nach Chapter 13<br />

U.S. Bankruptcy Code108 :<br />

1990: 208.666 (ca. 29% der für<br />

„bankrupt“ erklärten Schuldner)<br />

1995: 276.225 (ca. 31%)<br />

2000: 378.366 (ca. 30%)<br />

2003: 467.908 (ca. 28%)<br />

3/2004: 110.939 (ca. 29%) 109<br />

Tabelle 9: Nutzung judizieller Entschuldungsverfahren<br />

Eröffnete Insolvenz- bzw.<br />

Konkursverfahren<br />

Verfahren nach Chapter 7 U.S.<br />

Bankruptcy Code110 :<br />

1990: 506.940 (ca. 70% der für<br />

„bankrupt“ erklärten Schuldner)<br />

1995: 597.048 (ca. 68%)<br />

2000: 838.576 (ca. 69%)<br />

2003: 1.155.081 (ca. 71%)<br />

3/2004: 285.787 (ca. 72%)<br />

1999: 3.357<br />

2000: 10.479<br />

2001: 13.277<br />

2002: 21.441<br />

2003: 33.609<br />

3/2004: 11.504111


INTERNATIONALER VERGLEICH C | II | 2<br />

2. Profile insolventer Schuldnerhaushalte<br />

<strong>Die</strong> Schuldner, die ein judizielles Entschuldungsverfahren betreiben, weisen in den verschiedenen<br />

Ländern weitgehend ähnliche soziodemografische Merkmale auf. Betroffen sind pr<strong>im</strong>är Alleinerziehende<br />

und Singles 112 mittleren Alters, die arbeitslos sind oder aus anderen Gründen ein Niedrigeinkommen<br />

beziehen.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Verschuldung<br />

Gesamt, Mittelwert<br />

13.551,82 €<br />

(Konsumentenkredit);<br />

43.151,15 €<br />

(Hypothekenkredit)<br />

5.629,94 €<br />

(Sonstiges)<br />

36.200 € (mean);<br />

10.000 €<br />

(median) 113<br />

(keine Auswertung)<br />

(siehe Kapitel C.IV.)<br />

17.000 €<br />

(keine Auswertung)<br />

a) 23.000 € 119<br />

b) 50.000 € 120<br />

(siehe unten)<br />

Deutschland 2000: > 50.000 €<br />

(17%); 25.000 <<br />

50.000 € (16%);<br />

10.000 < 25.000 €<br />

(30%); bis <<br />

10.000 € (22%) 123<br />

Tabelle 10: Profile insolventer Schuldner<br />

Alter<br />

25-44 Jahre<br />

35-44 Jahre<br />

(31,4%)<br />

(siehe Kapitel<br />

C.IV.)<br />

37 Jahre<br />

25-45 Jahre 118<br />

a) 40-50 Jahre<br />

b) 40-59 Jahre<br />

(siehe unten)<br />

2000: 29-29<br />

Jahre (20%); 30-<br />

39 Jahre (36%);<br />

40-49 Jahre<br />

(25%) 124<br />

Familienstand<br />

Single; Alleinerziehend<br />

Alleinerziehend 114<br />

2000: Single<br />

(35%), Familien<br />

mit Kindern<br />

(30%); Alleinerziehend<br />

(13%) 125<br />

Beruflicher<br />

Status<br />

Arbeitslos (geringe<br />

berufliche<br />

Qualifikation)<br />

Arbeitslos 115<br />

2000: Arbeiter<br />

und Angestellte<br />

(43%); arbeitslos<br />

(30%) 126<br />

Einkommen<br />

(Mittelwert)<br />

(keine<br />

Auswertung)<br />

Niedrig-<br />

einkommen 116<br />

Single; Allein- Arbeiter,<br />

erziehend Angestellter (55%)<br />

Alleinerziehend; (siehe Kapitel C.IV.)<br />

Familien mit 2<br />

und mehr Kindern<br />

(siehe ergänzend<br />

Kapitel C.IV.)<br />

Alleinerziehend<br />

(40%); Single<br />

(40%)<br />

Arbeitslos (60%)<br />

Familien<br />

Arbeitslos (durchschnittliche<br />

Ausbildung)<br />

a) Alleinerziehend a) Arbeiter und<br />

b) nicht erfasst Angestellte (50%);<br />

Arbeitslose (50%)<br />

b) nicht erfasst<br />

(siehe unten) 2001: Arbeitslos,<br />

Kurzarbeit o.ä. (68%) 121<br />

< 1.500 €/Monat<br />

(72%)<br />

< 7.500 £ p.a.<br />

(= ca. 11.300 €) 117<br />

(siehe ergänzend<br />

Kapitel C.IV.)<br />

2000:<br />

968 €/Monat<br />

750 - 1.500 €<br />

a) 1.350 €/Monat<br />

b) 1.500 €/Monat<br />

2001: 24.108 $<br />

p.a. 122<br />

(keine<br />

Auswertung)<br />

177


INTERNATIONALER VERGLEICH C | II | 2<br />

Drei in den USA in 10-Jahres-Abständen durchgeführte Untersuchungen von Schuldnern mit rechtshängigen<br />

Privatkonkursverfahren identifizieren neben statusarmen Privathaushalten vor allem die<br />

Mittelschicht (91,8% in 2001) als von Insolvenz betroffen. 127 Auch wenn das Einkommen zum<br />

Zeitpunkt des Konkurseröffnungsantrags (Tabelle 10) den beiden untersten Einkommenskategorien<br />

in den USA zuzurechnen ist, gehörten diese Schuldner ursprünglich der Mittelschicht an. Der<br />

Einkommensstatus zum Zeitpunkt der Antragstellung reflektiert bereits den Insolvenzauslöser,<br />

nämlich Einkommensverluste als Folge von Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und vergleichbaren<br />

Einkommensunterbrechungen (68% aller Fälle in 2001). 128 <strong>Vergleich</strong>t man die berufliche Ausbildung<br />

der Antragsteller mit der der sonstigen U.S. Population, lässt sich nicht feststellen, dass pr<strong>im</strong>är die<br />

wenig, schlecht oder gar nicht Ausgebildeten die typischen Antragsteller von Privatkonkursverfahren<br />

sind. <strong>Die</strong> Antragsteller spiegeln vielmehr weitgehend den typischen US-Bildungsbürger wider. Mit<br />

einer Ausnahme: <strong>Die</strong> Anzahl der Antragsteller mit College-Abschluss liegt um ca. 1/3 unter der sonstigen<br />

Abschlussquote. Hier wird aber vermutet, dass die finanziellen Schwierigkeiten den College-<br />

Abschluss verhindert haben. 129 Der Anteil insolventer Wohneigentümer (einschließlich<br />

Wohneigentum in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung) lag 2001 bei 58,3% - auch dies ein<br />

Indiz dafür, dass Angehörige der Mittelschicht von Insolvenz bedroht sind. 130<br />

178


INTERNATIONALER VERGLEICH C | III<br />

III. Zahlungsurteile und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen<br />

Zahlungsklagen und -urteile sowie Zwangsmaßnahmen zur Durchsetzung von Gläubigerforderungen<br />

können Indizien für eine bereits eingetretene bzw. bevorstehende <strong>Überschuldung</strong> sein.<br />

Außerdem entscheidet sich am Einsatz dieser Rechtsmittel, ob dem Schuldner noch ermöglicht wird,<br />

seinen Zahlungspflichten nachzukommen, oder ob Vollstreckungsmaßnahmen bewirken, dass<br />

die finanzielle Krise nicht mehr bewältigbar ist. <strong>Die</strong> Untersuchung kann hier mangels ausreichend<br />

verfügbarer und vergleichbarer Daten nur nationale Momentaufnahmen wiedergeben.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA 137<br />

Deutschland<br />

Zahlungsurteile<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

1991: 3,388 Mio.<br />

Zahlungsklagen<br />

und 2,214 Mio.<br />

Zahlungs-urteile;<br />

2000: 1,631 Mio.<br />

Zahlungsklagen<br />

und 1,013 Mio.<br />

Zahlungsurteile 133<br />

(keine Angabe)<br />

2000: 100.680<br />

2001: 86.554<br />

2002: 91.298136 2003: 688.010<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

Tabelle 11: Vollstreckungsmaßnahmen<br />

Vollstreckungsmaßnahmen<br />

(Gesamt)<br />

(keine Angabe)<br />

2003: 270.000131 15% der Überschuldeten<br />

sind von<br />

Vollstreckungsmaßnahmen<br />

betroffen<br />

1999: 43,9% der<br />

Ratsuchenden des<br />

MAT angeschlossenenBeratungsstellen<br />

waren von<br />

Vollstreckungsmaßnahmen<br />

betroffen134 (keine Angabe)<br />

2000: 25.784<br />

2001: 26.224<br />

2002: 33.125<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

Lohnpfändungen<br />

(keine Angabe)<br />

2003: 70.000132 (bezogen auf<br />

15%)<br />

Lohn: 42,1%<br />

Konto: 10,0%<br />

Inbesitznahme<br />

kreditfinanzierter<br />

Immobilien:<br />

1997: 32.770<br />

2002: 11.970135 (keine Angabe)<br />

(keine weitere<br />

Differenzierung)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

1999: 27% (alte<br />

Bundesländer),<br />

15% (neue<br />

Bundesländer) 138<br />

Pfändungsmaßnahmen<br />

in (Im-)<br />

Mobilien<br />

(keine Angabe)<br />

2003: 1.000<br />

(bezogen auf<br />

15%)<br />

Mobilien: 39,3%<br />

Immobilien: 8,6%<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine weitere<br />

Differenzierung)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

Zwangsversteigerungstermine:<br />

2000: 57.600<br />

2003: 91.686139 Zwangsräumungen<br />

(keine Angabe)<br />

2002: 7.600<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

(keine weitere<br />

Differenzierung)<br />

2003: 11.636<br />

(keine Angabe)<br />

(keine Angabe)<br />

Soweit sich die Zahlungsklagen und Vollstreckungsmaßnahmen in Großbritannien nach ihrem<br />

Höhepunkt zu Beginn der 90er Jahre nunmehr um ca. 50% reduziert haben, ist dies weniger ein<br />

Zeichen der Entspannung als die Reaktion der Gläubiger auf ineffektive und überteuerte<br />

Vollstreckungsverfahren. Demzufolge ist zu beobachten, dass Gläubiger verstärkt informellen Druck<br />

auf Schuldner ausüben, damit diese zumindest die Forderung des Druck ausübenden Gläubigers<br />

(teilweise) befriedigen. 140<br />

179


INTERNATIONALER VERGLEICH C | IV<br />

IV. <strong>Überschuldung</strong>sgefährdete Privathaushalte<br />

Aktuelle Untersuchungen in Großbritannien versuchen, das Potenzial überschuldungsgefährdeter<br />

britischer Privathaushalte zu quantifizieren. Ein Haushalt gilt danach als überschuldungsgefährdet,<br />

wenn er aktuell oder wiederkehrend von ernsthaften Zahlungsschwierigkeiten betroffen ist.<br />

Das Personal Finance Research Centre stufte 2001 44% der Britischen Haushalte als überschuldungsgefährdet<br />

ein. Ihre Zahlungsprobleme äußerten sich bei 13% in einem aktuellen<br />

Zahlungsverzug mit wenigstens einer Verbindlichkeit (a.) und bei 18% in einem Zahlungsverzug in<br />

den letzten 12 Monaten (b.). 141 Bei 33% der betroffenen Haushalte währte der Verzug länger als 12<br />

Monate. Ordnet man beiden Verzugstatbeständen (a. und b.) soziodemografische Merkmale zu,<br />

waren folgende Haushaltstypen pr<strong>im</strong>är betroffen: 142<br />

180<br />

• Alter: 20- bis 29-Jährige Haushaltsvorstände (a.: 30% / b.: 40%);<br />

• Familienstand: Alleinerziehend (a.: 36% / b.: 48%);<br />

• Berufsstand: Arbeitslos (a.: 28% / b.: 43%);<br />

• Einkommen: Bezieher von Niedriglohn und mittleren Einkommen<br />

(


INTERNATIONALER VERGLEICH C | IV | V<br />

<strong>Die</strong> durchschnittliche Schuldenhöhe betrug 2002 10.700 £ 153 ; 1/3 hatte Gesamtschulden von mehr<br />

als 15.000 £. Legt man für alle Ratsuchenden das durchschnittlich verfügbare Jahreseinkommen und<br />

ihre durchschnittliche Gesamtverschuldung zugrunde, war letztere um 14 Mal höher als das<br />

Einkommen. 154 Bei ca. 50% der Klienten betrug die durchschnittliche Schuldenhöhe infolge von<br />

Umschuldungen 14.589 £; diese Klienten verfügten <strong>im</strong> Durchschnitt über ein etwas höheres monatliches<br />

Nettoeinkommen von 980 £. 155 CA weist für seine Klienten einen Zusammenhang zwischen<br />

Statusarmut und best<strong>im</strong>mten Verschuldungsformen nach, die die Statusarmut noch verfestigen und<br />

damit das Risiko einer <strong>Überschuldung</strong> erhöhen. So sind bei Arbeitslosen, Mietern von<br />

Sozialwohnungen und Frauen doppelt so häufig „non-mainstream“-Kreditverbindlichkeiten (insbesondere<br />

bei „home-collected credit providers“ 156 ) anzutreffen mit effektiven Jahreszinsen zwischen<br />

25 und 360%. Überdurchschnittlich häufig sind hier Verbindlichkeiten aus Überziehungskrediten,<br />

bei Energieversorgern und Versandhäusern anzutreffen. 157<br />

V. Ausschluss aus der Kreditgesellschaft – Ausschluss von Lebenschancen<br />

Für Privathaushalte, die sich in einer finanziell prekären Lebenslage befinden, bedeutet der<br />

Ausschluss von der Teilhabe an Finanzdienstleistungen, die der wirtschaftlichen Daseinsvorsorge<br />

zuzurechnen sind, einen Schritt in die prozedurale Armut und die soziale Ausgrenzung. 158<br />

1. Ausschluss vom unbaren Zahlungsverkehr<br />

Verbraucher mit Liquiditätsproblemen beklagen <strong>im</strong>mer wieder die Kündigung ihres Girokontos bzw.<br />

die Ablehnung ihres Antrages, ein Girokonto eröffnen zu wollen. Kontolosen Verbrauchern entstehen<br />

erhebliche Kosten für Bareinzahlungen und -überweisungen. 159 <strong>Die</strong> Zunahme dieser Problemfälle<br />

hat dazu geführt, dass einzelne Länder natürlichen Personen ein subjektives Recht auf Eröffnung<br />

eines Guthabenkontos (ohne Überziehungsfunktion) gesetzlich eingeräumt haben. Für diese Länder<br />

liegen noch keine Erfahrungswerte vor, ob und inwieweit der gesetzliche Anspruch genutzt wird.<br />

181


INTERNATIONALER VERGLEICH C | V | 2<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Deutschland<br />

182<br />

Gesetzlicher Anspruch auf<br />

Guthabenkonto?<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

Nein<br />

Nein. <strong>Die</strong> Banken haben sich 2000 auf eine<br />

freiwillige Selbstverpflichtungserklärung<br />

verständigt, kontolosen Verbrauchern auf<br />

Anfrage ein Guthabenkonto einzurichten.<br />

Ja<br />

Ja<br />

Nein<br />

Tabelle 12: Zugang zum Girokonto<br />

Nein. 163 <strong>Die</strong> <strong>im</strong> Zentralen Kreditausschuss (ZKA)<br />

zusammengeschlossenen Bankenverbände<br />

haben sich 1995 auf eine freiwillige<br />

Selbstverpflichtungserklärung verständigt, kontolosen<br />

Verbrauchern auf Anfrage ein<br />

Guthabenkonto einzurichten, soweit keiner<br />

der vordefinierten Ausnahmetatbestände<br />

erfüllt ist.<br />

2. Ausschluss vom „mainstream credit“<br />

Probleme mit Kontokündigungen und<br />

-verweigerungen<br />

Es gibt keine Evaluation über die Effizienz des 2003<br />

eingeführten gesetzlichen Anspruchs.<br />

Einzelne Problemfälle sind bekannt, aber statistisch<br />

nicht erfasst.<br />

Banque de France ist für Beschwerden zuständig.<br />

2000 gab es 8.225 Beschwerden. <strong>Die</strong> Banque de<br />

France vermittelt dem Beschwerdeführer eine Bank,<br />

die ihm ein Guthabenkonto eröffnet. Das<br />

Beschwerdeverfahren ist in der Öffentlichkeit wenig<br />

bekannt.<br />

15-23% der Erwachsenen sind ohne Girokonto. 160<br />

<strong>Die</strong> Zahl der Problemfälle hat sich seit 2000 reduziert.<br />

Es gibt keine Evaluation über die Effizienz der<br />

Selbstverpflichtung.<br />

<strong>Die</strong> Zahl der Problemfälle hat sich seit der Einführung<br />

des gesetzlichen Anspruchs (2000) reduziert.<br />

Problemfälle sind bekannt, aber statistisch nicht erfasst.<br />

2003: ca. 10,5% der Privathaushalte sind ohne<br />

Girokonto; davon gehören 59% dem<br />

Niedrigeinkommenssektor an; 161<br />

1998: 9,5% von ca. 10 Mio. U.S.-Familien sind ohne<br />

Girokonto. 162<br />

Stichprobenuntersuchung der AG SBV165 bei ca. 8%<br />

der Schuldnerberatungsstellen in Deutschland<br />

(10/2002-7/2003): 1.231 abgelehnte Kontoeröffnungsanträge<br />

und 640 Kontokündigungen<br />

waren mit dem Wortlaut der Selbstverpflichtungserklärung<br />

nicht vereinbar. ZKA: Keine konkreten<br />

Angaben zur Zahl der Beschwerden; BaFin: 166<br />

Ca. 100 Beschwerden p.a.; Bundesministerien:<br />

Ca. 10 Petitionen p.a. 167<br />

Kredite können entscheidende Vorsorgeinstrumente für Privathaushalte sein, um Liquiditätsengpässe<br />

zu überbrücken, wenngleich ihre Zusatzkosten (Zinsen, Gebühren) nicht durch materielle Vorteile in<br />

der Zukunft kompensiert werden. <strong>Die</strong> Kreditkosten für Privathaushalte mit Niedrigeinkommen sind<br />

hoch. <strong>Die</strong>ser Trend verstärkt sich, seitdem Banken teilweise dazu übergehen, ihre Kunden nach<br />

Umsatz, Risiko und Profitabilität zu segmentieren. Damit entscheidet <strong>im</strong>mer weniger das individuelle<br />

Kreditrisiko eines Kunden über die konkrete Preisgestaltung, sondern seine Zugehörigkeit zu einer<br />

vordefinierten Kunden- oder Risikoklasse. Mag auch das individuelle Zahlungsverhalten vorbildlich<br />

und damit das individuelle Kreditausfallrisiko niedrig sein, ist ein Kreditnehmer gleichwohl<br />

Gefangener seiner Kundengruppe, wenn diese insgesamt für ein höheres Ausfallrisiko steht. In den<br />

Angloamerikanischen Ländern bewirkt diese Geschäftspolitik den weitgehenden Ausschluss der


INTERNATIONALER VERGLEICH C | V | 2<br />

unteren Einkommensschichten vom „ersten Kreditmarkt“ (mainstream credit market) und die<br />

Überlassung dieser überschuldungsgefährdeten Gruppe einem unreglementierten „zweiten<br />

Kreditmarkt“ (sub-pr<strong>im</strong>e lending market), dessen Konditionen für die <strong>Überschuldung</strong> von Privathaushalten<br />

mit verantwortlich gemacht werden. 168<br />

Untersuchungen haben für Großbritannien den Ausschluss einkommensschwacher Privathaushalte<br />

von mainstream-Finanzdienstleistungen quantifiziert:<br />

• 7% der Privathaushalte verfügen über kein „mainstream“-Finanzprodukt (Konto,<br />

Kredit, Sparprodukt u.ä.); 169<br />

• 35% der Privathaushalte, die öffentliche Einkommensbeihilfen beziehen,<br />

verfügen über kein Finanzprodukt; 170<br />

• 29% der Privathaushalte haben keinen Zugang zu „mainstream“-Kreditprodukten; 171<br />

• 31-37% der Privathaushalte verfügen über keine Spar- oder Anlageprodukte. 172<br />

Betroffen sind pr<strong>im</strong>är Arbeitslose, Erwerbsunfähige, Niedrigeinkommensbezieher, Alleinerziehende,<br />

alleinlebende Rentner und Einwanderer. Datamonitor identifizierte für das Jahr 1999 8,3 Mio. Briten,<br />

denen der Zugang zum „ersten Kreditmarkt“ wegen ihres Einkommensstatus oder ihrer<br />

Kredithistorie verwehrt war. 173<br />

In den USA 174 sind Privathaushalte mit Niedrigeinkommen 175 wegen ihrer fehlenden oder beeinträchtigten<br />

Kredithistorie weitgehend vom „ersten Finanzdienstleistungsmarkt“ ausgeschlossen. 1999 hatten<br />

nur 33% aller U.S.-Privathaushalte, die einen „mainstream“-Kredit beantragen wollten, einen<br />

Kredit-Score von mehr als 200 Punkten, so dass sie von Anbietern des „ersten Kreditmarkts“ 176<br />

akzeptiert wurden. 1998 wurden bei 45,5% der Privathaushalte mit einem Einkommen von weniger<br />

als 50% des U.S.-Medianwertes die Anträge für einen „mainstream“-Hypothekenkredit pr<strong>im</strong>är<br />

wegen der Kredithistorie (43%) abgelehnt. Bei Haushalten mit einem durchschnittlichen Einkommen<br />

(100-119% des Medianwertes) waren es auch noch 16,6%. Dementsprechend hoch ist der Anteil<br />

von Hypothekenkrediten des „sub-pr<strong>im</strong>e lending“-Markts bei Niedrigeinkommensbeziehern. 177 Im<br />

Gegensatz zum sonstigen Umlauf von Kreditkarten verfügten 1998 nur 7,7% der Privathaushalte<br />

mit Niedrigeinkommen über eine Kreditkarte eines Anbieters, der dem „ersten Kreditmarkt“ zuzuordnen<br />

ist. 178<br />

Kontinentaleuropa kennt wegen der strengeren Reglementierung des Finanzdienstleistungsmarktes<br />

nicht die Trennung zwischen „erstem“ und „zweitem“ Kreditmarkt. <strong>Die</strong> zu beobachtende<br />

Kundensegmentierung befördert allerdings die Entstehung spezifischer, kostenintensiver<br />

Armutsprodukte. Dazu gehören z.B. Mikrokredite (Kleinstkredite), wie sie in Frankreich und Portugal<br />

solchen Privathaushalten angeboten werden, denen ansonsten der diskr<strong>im</strong>inierungsfreie Zugang<br />

zum Kredit versperrt bleibt. <strong>Die</strong> Vergabe- und Preiskonditionen für Mikrokredite sind aber selbst nicht<br />

frei von Diskr<strong>im</strong>inierung und bieten keinen ökonomisch-rationalen Ausweg aus der Schuldenspirale<br />

oder prozeduralen Armut. 179 Einige Skandinavische Länder bieten staatliche „social loans“ zur Überbrückung<br />

von Liquiditätsengpässen an. So hat Finnland einen solchen Anspruch 2003 gesetzlich<br />

formuliert; Erfahrungen mit der Vergabe und den Vergabekonditionen liegen noch nicht vor.<br />

183


INTERNATIONALER VERGLEICH D<br />

D. <strong>Die</strong> Schuldenspirale befördernde Ereignisse und Einflussfaktoren<br />

Auswertungen von Beratungsfällen und Gerichtsakten überschuldeter Privathaushalte lassen über<br />

die Landesgrenzen hinweg unisono die Arbeitslosigkeit, dauerndes Niedrigeinkommen und den<br />

Wegfall eines Einkommens als Folge einer Trennung oder Scheidung als Ereignisse identifizieren,<br />

die dauernde Liquiditäts- und damit Zahlungsprobleme auslösen.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Auslöser für anhaltende finanzielle Krisen<br />

• zu hohe Kreditverpflichtungen <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zum verfügbaren Einkommen, insbesondere<br />

dann, wenn der Kredit notwendig ist, um<br />

Lebenshaltungskosten finanzieren zu können<br />

• Arbeitslosigkeit, Scheidung<br />

• Unausgewogenes Verhältnis zwischen<br />

Konsumausgaben und verfügbarem Einkommen<br />

• Arbeitslosigkeit<br />

• Scheidung<br />

• Krankheit180 • Arbeitslosigkeit: 26,5%<br />

• zu hohe Kreditverpflichtungen <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zum verfügbaren Einkommen: 19,39%<br />

• Einkommensverluste durch<br />

Trennung/Scheidung: 15,54%<br />

• Krankheit (z.B. als Unfallfolge): 9,13% 181<br />

• Einkommensverluste durch<br />

Arbeitslosigkeit: 26% 183<br />

• dauerndes Niedrigeinkommen: 23% 184<br />

• unerwarteter Anstieg der Ausgaben (z.B. für<br />

Krankheitskosten)<br />

• zu hohe Verpflichtungen <strong>im</strong> Verhältnis zum<br />

verfügbaren Einkommen185 (keine aktuelle statistische Auswertung)<br />

• Arbeitslosigkeit<br />

• Niedrigeinkommen<br />

• Krankheit<br />

• Krankheit<br />

• Scheidung<br />

• Arbeitslosigkeit186 • Niedrigeinkommen (Niedriglohnsektor)<br />

• Einkommensschwankungen<br />

• Arbeitslosigkeit<br />

• Kosten für medizinische Behandlungen<br />

• Scheidung187 Deutschland • Arbeitslosigkeit: 38%<br />

• Trennung/Scheidung: 22%<br />

• Unerfahrenheit gegenüber Kredit-,<br />

Konsumangebot: 20%<br />

• Dauerhaftes Niedrigeinkommen: 19%<br />

• Missverhältnis Kredithöhe - Einkommen: 14% 190<br />

Tabelle 13: Auslöser dauernder Zahlungsprobleme<br />

184<br />

Weitere Erkenntnisse<br />

Bericht des Conseil Économique et Social (2000):<br />

<strong>Überschuldung</strong> ist weniger ein Dauerphänomen in<br />

Niedrigeinkommensgruppen als vielmehr typische<br />

Begleiterscheinung negativer Lebensereignisse wie<br />

Arbeitslosigkeit. 182<br />

Einkommensschwankungen gehen z.B. auf kurzzeitige<br />

Arbeitsverhältnisse zurück. 25% der Arbeiter<br />

hatten 2000 Arbeitsverträge, die nicht älter als 12<br />

Monate waren. 188<br />

Gesundheitliche und finanzielle Probleme gehen<br />

Hand in Hand. Kranke sind aktive Nutzer von<br />

Konsumentenkrediten. 189


INTERNATIONALER VERGLEICH D<br />

In den Ländern mit einem „zweiten Kreditmarkt“ beschleunigt das „irresponsible lending“<br />

(„verantwortungslose Kreditvergabe“) die Schuldenspirale. Zwei Geldverleihertypen prägen den<br />

Britischen „sub-pr<strong>im</strong>e lending“-Markt 191 :<br />

• „non-status lenders“, die sich auf Privathaushalte mit schlechtem Kredit-Scoring und<br />

auf Hausbesitzer mit Niedrigeinkommen konzentrieren;<br />

• „alternative lenders“ (Geld- 192 , Pfandleiher), die Kleinstkredite (25-1.000 £) mit kurzen<br />

Laufzeiten für Privathaushalte anbieten, die kurzfristig Liquidität zur Deckung ihrer<br />

Lebenshaltungskosten benötigen.<br />

Das Volumen des „sub-pr<strong>im</strong>e lending“-Markts in Großbritannien wurde 1999 auf 16 Mrd. £ p.a.<br />

geschätzt. 193 Typische Kreditvergabepraktiken sind<br />

• das „doorstep lending“, bei dem die fällige Kreditrate wöchentlich be<strong>im</strong> Kreditnehmer<br />

persönlich eingezogen wird. 194 Der effektive Jahreszins für „doorstep“-Kredite kann bis<br />

zu 2.000% betragen; ein typischer effektiver Jahreszins für einen 60 £-Kredit mit einer<br />

Laufzeit von 6 Monaten liegt bei 500%. 195<br />

• Gewährung von Kleinstkrediten gegen Hinterlegung eines vordatierten Schecks („payday<br />

loan“); <strong>im</strong> Falle der Scheckeinlösung werden mindestens 10% der Schecksumme als<br />

Gebühr einbehalten. 196<br />

• Gewährung von Kleinstkrediten durch lizenzierte alternative Geldverleiher zu effektiven<br />

Jahreszinsen zwischen 100 und 500%. 197<br />

• Soweit Verleiher auch gesicherten Kredit vergeben, lassen sie sich hierzu – unabhängig<br />

von den Vollstreckungsschutzvorschriften – Haushaltsgegenstände jeglicher Art als<br />

Sicherheit einräumen. Viele „non-status lenders“ vergeben bevorzugt an Hausbesitzer<br />

mit Niedrigeinkommen „second mortgages“; der effektive Jahreszins beträgt durch<br />

schnittlich mindestens 32%. Zwischen 1990 und 1998 haben diese Kreditgeber in 454.280<br />

Fällen das Haus von Kreditnehmern mit Zahlungsproblemen in Besitz („repossession“)<br />

genommen. 198<br />

Fehlende oder ineffektive Normen zu Sittenwidrigkeit, Wucher und Zinsobergrenzen haben dazu<br />

geführt, dass es in Großbritannien bis 2002 nur 29 rechtshängige Gerichtsverfahren gab, von denen<br />

zwei den Kreditgeber wegen überhöhter Kreditzinsen verurteilten. 199 Das Personal Finance Research<br />

Centre hat für Großbritannien folgende Praktiken der Kreditkartenausgeber als „irresponsible lending“<br />

eingestuft:<br />

• Kunden – auch solchen mit Zahlungsproblemen – wird ungefragt das Kreditl<strong>im</strong>it erhöht;<br />

• Kunden mit niedrigen Guthabenzinsen werden dazu an<strong>im</strong>iert, Guthaben auf anderen<br />

Konten auf das Kreditkartenkonto zu transferieren unter gleichzeitiger Anhebung des<br />

Kreditl<strong>im</strong>its;<br />

• die Höhe der monatlichen Mindestrate wird gesenkt, um den Kunden Zahlungsvorteile<br />

vorzuspiegeln;<br />

• Verzugszinsen werden kurzfristig erhöht. 200<br />

„Sub-pr<strong>im</strong>e“-Geldverleiher in den USA sind beispielsweise „payday lender“, „rent-to-own-shop<br />

lender“, „car-title lender“ und Verleiher von „second mortgages“. 201 <strong>Die</strong> Mehrkosten für Kredite, die<br />

diese Geldverleiher an Hausbesitzer mit Niedrigeinkommen vergeben, wurden 2002 auf insgesamt<br />

9,1 Mrd. $ geschätzt. 202 Der effektive Jahreszins für Kredite des „sub-pr<strong>im</strong>e lending“-Markts liegt in<br />

den U.S.-Bundesstaaten ohne Wuchergesetzgebung bei durchschnittlich 200%. 203<br />

185


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 1<br />

E. Lösungsansätze zur Bewältigung des modernen Schuldturms<br />

I. Verbraucherinsolvenz- bzw. -sanierungsverfahren: Ein Systemvergleich<br />

<strong>Die</strong> Probleme überschuldeter Privathaushalte verlangen nach einer Form der Schuldenregulierung,<br />

die eine Rückführung in eigenverantwortliche Wirtschaftsbeziehungen erlaubt. <strong>Die</strong> wirtschaftliche<br />

Reintegration vollzieht sich in einem längeren Prozess. Das Verbraucherinsolvenz- bzw. -sanierungsverfahren<br />

ist Teil dieses Prozesses. Seine Funktion beschränkt sich bislang weitgehend in einer ökonomischen<br />

Lösung der <strong>Überschuldung</strong> und setzt mit der Restschuldbefreiung konsequent den formalen<br />

Endpunkt. <strong>Die</strong> Restschuldbefreiung bleibt aber ohne nachhaltigen Effekt, wenn dem Haushalt<br />

anschließend ein diskr<strong>im</strong>inierungsfreier Zugang zu Finanzdienstleistungen verwehrt bleibt, die heute<br />

der wirtschaftlichen Daseinsvorsorge zuzurechnen sind.<br />

Während der Restschuldenerlass traditioneller Bestandteil des Angloamerikanischen Privatkonkursrechts<br />

ist 204 , haben sich Kontinentaleuropa und Skandinavien 205 erst unter dem Eindruck eines<br />

massiven Anstiegs der Privatüberschuldung als Folge der globalen Rezession Ende der 80er Jahre 206<br />

vom Grundsatz der „lebenslangen Haftung“ abgewendet. So verkündeten nacheinander Frankreich<br />

(1989), Norwegen (1992), Finnland (1993), Österreich (1994), Schweden (1994), die Niederlande<br />

(1997) und Belgien (1998) Gesetze, die überschuldeten Privatpersonen die Möglichkeit zur<br />

Schuldensanierung einräumen. 207<br />

1. Typologisierung der judiziellen Entschuldungsverfahren<br />

<strong>Die</strong> in den USA, Großbritannien, Skandinavien und Kontinentaleuropa praktizierten Verfahren lassen<br />

sich nach ihrer ideologischen Ausrichtung <strong>im</strong> wesentlichen wie folgt klassifizieren:<br />

• das Verfahrensmodell des „(quick) fresh start”,<br />

• das Wohlfahrtsmodell,<br />

• das Modell der staatlichen Schuldenverwaltung,<br />

• das Modell der Schuldnererziehung.<br />

Das U.S.-amerikanische „(quick) fresh start“-Modell sieht einen weitgehend unbürokratischen,<br />

unkonditionierten, kostengünstigen und schnellen Restschuldenerlass vor. So gewährt das „straight<br />

liquidation“-Verfahren unter Chapter 7 U.S. Bankruptcy Code die Restschuldbefreiung am Ende<br />

eines nur mehrwöchigen Konkursverfahrens, in dem lediglich gesetzlich best<strong>im</strong>mte Vermögensgegenstände<br />

des Schuldners zu verwerten sind; sein Einkommen bleibt hingegen unangetastet. Das<br />

„fresh start“-Modell ist vor dem Hintergrund einer „open credit economy“ zu begreifen. In ihr gilt<br />

der Kredit als Instrument, das dem Wohlstand des Verbrauchers dient. <strong>Die</strong> Risikobereitschaft zur <strong>private</strong>n<br />

Kreditaufnahme soll gefördert und nicht durch ein restriktives Konkursmodell behindert<br />

werden. <strong>Die</strong> <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong> ist lediglich Ausdruck eines Marktscheiterns; der Privatkonkurs<br />

ist das Mittel, um die Funktionsfähigkeit des Marktes wieder herzustellen. Der Zugang zum Konkursverfahren<br />

ist daher offen. <strong>Die</strong> Verfahrensbeteiligten werden auch in der Konkurssituation als<br />

Marktakteure verstanden. Das Angelsächsische Modell (England und Wales) nähert sich der „fresh<br />

start“-Idee an. Hier ist in Verfahren, die ab dem 1. April 2004 eröffnet werden, die Restschuldbefreiung<br />

spätestens 12 Monate nach Konkurseröffnung zu gewähren. 208 Das pfändbare Vermögen<br />

des Schuldners wird verwertet. Ergänzend kann das Gericht Schuldnern mit verfügbarem<br />

Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze aufgeben, bis zur Dauer von max<strong>im</strong>al 3 Jahren<br />

monatlich Zahlungen an den Konkursverwalter zu leisten. 209<br />

186


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 1<br />

<strong>Die</strong> in den Skandinavischen Ländern vorherrschenden Schuldenregulierungsverfahren sind von<br />

einem Wohlfahrtsgedanken geprägt. Nicht die Marktregulierung steht <strong>im</strong> Vordergrund, sondern<br />

der Schutz des Individuums vor unverschuldeten sozialen und ökonomischen Risiken. <strong>Die</strong> für die<br />

Schuldenregulierung zuständige Institution 210 hat daher vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens<br />

die Gründe der Verschuldung einzelfallbezogen zu analysieren. Vorrangiges Ziel des eröffneten<br />

Verfahrens ist die Rehabilitation des Schuldners, nicht die Gläubigerbefriedigung. Trotz des<br />

Einflusses von Prinzipien des sozialen Vertragsrechts haftet den Skandinavischen Verfahrensordnungen<br />

ein „moral flavour“ 211 an. <strong>Die</strong> vor Verfahrenseröffnung vorzunehmende Überprüfung der<br />

Verschuldungsgründe hat sich in der Praxis zu einer moralischen Zugangssperre entwickelt, indem<br />

Schuldnern voreilig verantwortungslose Kreditaufnahme unterstellt wird. Hinter diesem moralischen<br />

Konservativismus verbirgt sich allerdings weniger die Abneigung, überschuldeten Privatpersonen die<br />

Schuldensanierung zu ermöglichen, als vielmehr die Absicht, die allgemeine Zahlungsmoral aufrecht<br />

zu erhalten. 212<br />

Das Französische Schuldensanierungsverfahren kannte bis zu der Gesetzesreform 1998 213 keinen<br />

Restschuldenerlass. 214 Es wollte verschuldeten, aber sanierungsfähigen Privathaushalten lediglich<br />

Hilfestellungen offerieren, ihre Verbindlichkeiten weitgehend vollständig zu tilgen. 215 So beschränkte<br />

sich die Kompetenz der für die außergerichtliche Sanierung zuständigen Gütekommissionen 216 und<br />

der Gerichte darauf, Zahlungen zu stunden 217 , Zahlungsmodalitäten anzupassen und Zinsen zu reduzieren<br />

oder aufzuheben 218 ; die Hauptforderung blieb hingegen der Höhe nach unangetastet. <strong>Die</strong>se<br />

Form der Schuldenregulierung kann als Schuldenverwaltung charakterisiert werden. Allerdings<br />

sieht das Französische Recht eine Überprüfung des Kreditvergabeverhaltens der Banken vor. Hatte<br />

die Bank vor Abschluss des Kreditvertrages Kenntnis von einer Verschuldung des Kreditnehmers,<br />

muss der Sanierungsvorschlag die Forderung der Bank nicht in voller Höhe berücksichtigen. Damit<br />

folgt das Französische Modell der Idee, dass das Insolvenzrecht eine Form des Vertragsrechts bleibt.<br />

Mit Inkrafttreten der Gesetzesreform 1998 219 hatten erstmals mittellose Schuldner 220 die Aussicht,<br />

nach Ablauf eines max<strong>im</strong>al drei Jahre 221 währenden Moratoriums ganz oder teilweise 222 von ihren<br />

restlichen Schulden befreit zu werden. 223 <strong>Die</strong> am 2.8.2003 in Kraft getretene Gesetzesreform 224 hat<br />

mit dem „retablissement personnel“ einen neuen gerichtlichen Verfahrensabschnitt für „hoffnungslos<br />

und dauerhaft Überschuldete“ eingeführt. <strong>Die</strong> Gütekommissionen können diese Fälle direkt dem<br />

Gericht zuführen. Ein vom Gericht eingesetzter Liquidator verwertet das vorhandene<br />

Schuldnervermögen. Danach hebt das Gericht das Verfahren auf, womit der Schuldner von seinen<br />

restlichen Schulden befreit ist. Der vollständige Restschuldenerlass bleibt somit den „Ärmsten der<br />

Armen“ vorbehalten. 225 Das französische Modell bleibt damit auch weiterhin dem pr<strong>im</strong>ären Ziel einer<br />

möglichst vollständigen Schuldentilgung verhaftet, nähert sich mit der ausnahmsweisen Zulassung<br />

des Schuldenerlasses gleichwohl schrittweise den übrigen Europäischen Insolvenzmodellen an.<br />

Das Modell der Schuldnererziehung prägt das Österreichische Verbraucherkonkursverfahren. 226<br />

Es sieht in der <strong>Überschuldung</strong> ein normabweichendes Verhalten, das zu sanktionieren ist. Dem<br />

Verfahren liegt ein Leitbild des Schuldners zugrunde, der versuchen könnte, das Verfahren zu Lasten<br />

seiner Gläubiger zu verschleppen und sich seinen Zahlungspflichten mutwillig zu entziehen, indem<br />

er es unterlässt, ein ausreichendes Arbeitseinkommen zu erzielen. Um dieses Risiko zu begrenzen,<br />

werden den Schuldnern Verhaltenspflichten auferlegt und den Gläubigern Kontrollbefugnisse<br />

eingeräumt. Im Gegensatz zum Wohlfahrtsmodell und dem Modell der Schuldenverwaltung bleibt<br />

die Kreditvergabepraxis künstlich ausgeblendet.<br />

187


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 1 | 2<br />

Im Gegensatz zur U.S.-amerikanischen „straight liquidation“-Philosophie folgen die<br />

Skandinavischen und Kontinentaleuropäischen Verbraucherinsolvenz- bzw. -sanierungsmodelle einer<br />

„earned start“-Philosophie 227 . Der Schuldner muss sich seinen wirtschaftlichen Neuanfang<br />

„verdienen“, indem er einen mehrjährigen Zahlungsplan zu erfüllen und sich <strong>im</strong> übrigen „wohl zu<br />

verhalten“ hat. Im <strong>Vergleich</strong> der Skandinavischen mit den Kontinentaleuropäischen Verfahrensordnungen<br />

beziehen erstere stärker den sozialen Kontext der Verschuldung ein, während letztere<br />

– mit Ausnahme Frankreichs – Verschuldung pr<strong>im</strong>är als individuelles Fehlverhalten begreifen.<br />

<strong>Die</strong> Kontinentaleuropäischen Verfahrensordnungen begrenzen zwar <strong>im</strong> Gegensatz zu den<br />

Skandinavischen Modellen nicht den Zugang zum Entschuldungsverfahren, 228 dafür sind aber die<br />

Verhaltenspflichten <strong>im</strong> eröffneten Verfahren strenger und die Anpassungsmöglichkeiten des<br />

Zahlungsplans an veränderte Umstände geringer.<br />

2. <strong>Die</strong> grundlegenden Verfahrensstrukturen<br />

Im Gegensatz zur U.S.-amerikanischen Verfahrensstruktur, das sowohl die „straight liquidation“<br />

(Chapter 7 U.S. Bankruptcy Code 229 ) als auch die Schuldenreorganisation 230 (Chapter 13 U.S.<br />

Bankruptcy Code) innerhalb eines Gerichtsverfahrens umsetzt, soll vom gerichtlichen Verfahren in<br />

den Skandinavischen und Kontinentaleuropäischen Modellen nur ausnahmsweise Gebrauch<br />

gemacht werden. 231 Es soll ult<strong>im</strong>a ratio bleiben – der „Stock hinter der Tür“. Vorgeschaltet ist daher<br />

ein außergerichtliches Schuldenregulierungsverfahren, das eine gütliche und interessenwahrende,<br />

gleichwohl flexible, kostengünstige und wenig stigmatisierende Lösung in Aussicht stellen soll. Es ist<br />

der ausdrückliche Wunsch der Europäischen Gesetzgeber, den außergerichtlichen Sanierungsversuch<br />

zu stärken.<br />

188


--<br />

INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 2<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Niederlande<br />

Schweden<br />

Deutschland<br />

Verfahrensstufe 1: außergerichtliche gütliche<br />

Schuldenreorganisation<br />

Ein gerichtlich bestellter Mediator stellt einen<br />

Zahlungsplan auf und verhandelt diesen mit den<br />

Gläubigern. <strong>Die</strong> Dauer des Zahlungsplans soll<br />

mindestens 3 und max<strong>im</strong>al 5 Jahre betragen.<br />

Der Schuldner handelt – unterstützt von einem<br />

Schuldnerberater – mit seinen Gläubigern einen<br />

Entschuldungsplan frei aus.<br />

<strong>Die</strong> Gütekommission vermittelt zwischen dem<br />

Schuldner und den Gläubigern einen Sanierungsvorschlag<br />

(Stufe 1). Bleiben die Vermittlungsbemühungen<br />

ohne Erfolg, unterbreitet die<br />

Kommission einen eigenen Vorschlag, der gesetzlich<br />

definierte Sanierungsmaßnahmen vorsieht.<br />

(Stufe 2).<br />

Eine unter kommunaler Aufsicht stehende „debt<br />

management agency“ (Kommunale Kreditbank,<br />

Sozialbehörde oder <strong>private</strong> Organisation) handelt<br />

mit den Gläubigern auf der Basis eines 1979 auf<br />

Initiative des Dachverbandes der Kommunalen<br />

Kreditbanken (NKVV) 232 eingeführten Code of<br />

Practice (Gedragscode Schuldregeling) einen<br />

Regulierungsplan aus. <strong>Die</strong>ser sah bis zur Einführung<br />

des gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens<br />

– 1.12.1998 – vor, dass der Schuldner<br />

für max<strong>im</strong>al 3 Jahre einen festgelegten Max<strong>im</strong>albetrag<br />

an die Gläubiger zu zahlen hat. Nach<br />

dem 1.12.1998 wurde der Code of Practice an<br />

die Vorgaben des neuen gerichtlichen Verfahrens<br />

angepasst. 233<br />

<strong>Die</strong> örtlich zuständige Vollzugsbehörde (debt<br />

enforcement agent’s office) erstellt einen<br />

Sanierungsplan. Lehnen die Gläubiger den Plan<br />

ganz oder teilweise ab, kann die Vollzugsbehörde<br />

dem Plan Rechtskraft verleihen.<br />

Eine „geeignete Stelle oder Person“ erstellt<br />

zusammen mit dem Schuldner einen Schuldenregulierungsplan.<br />

Der außergerichtliche Einigungsversuch<br />

gilt als gescheitert, wenn dem Plan nicht<br />

alle Gläubiger zust<strong>im</strong>men oder ein Gläubiger während<br />

der Verhandlungen die Zwangsvollstreckung<br />

betreibt. <strong>Die</strong> „geeignete Stelle oder Person“ muss<br />

das Scheitern bescheinigen. <strong>Die</strong> außergerichtlichen<br />

Bemühungen dürfen – gerechnet ab dem Tag des<br />

Antrages auf Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens<br />

– nicht länger als sechs Monate zurückliegen.<br />

Tabelle 14: <strong>Die</strong> Europäischen „two-tier-systems“ zur Entschuldung (Beispielhafte Auswahl)<br />

Verfahrensstufe 2: gerichtliches<br />

Entschuldungsverfahren<br />

Das Gericht kann dem Zahlungsplan gegen den<br />

Willen der Gläubiger Rechtskraft verleihen.<br />

Das gerichtliche Verfahren kann eröffnet werden,<br />

wenn mindestens ein Gläubiger außergerichtlich<br />

nicht verhandlungsbereit war.<br />

<strong>Die</strong> Kommission legt ihren Vorschlag (Stufe 2) dem<br />

Gericht mit der Bitte vor, diesen für vollstreckbar zu<br />

erklären, um ihn notfalls auch gegen den Willen<br />

der Gläubiger durchsetzen zu können.<br />

Dem am 2.8.2003 neu eingeführten Gerichtsverfahren<br />

„retablissement personnelle“ ist kein<br />

außergerichtliches Verfahren vorgeschaltet.<br />

Lehnen die Gläubiger den Regulierungsvorschlag<br />

ab, best<strong>im</strong>mt das Gericht die Dauer des<br />

Zahlungsplans (max<strong>im</strong>al 3 Jahre) und den Umfang<br />

der Restschuldbefreiung. Der Schuldner hat den<br />

Gläubigern den Teil seines Einkommens oberhalb<br />

von 95% des Existenzmin<strong>im</strong>ums zur Verfügung zu<br />

stellen.<br />

Ansonsten gibt die Vollzugsbehörde den Fall an das<br />

Gericht ab, das jetzt einen eigenen Sanierungsplan<br />

aufstellen kann.<br />

Das Gericht prüft die Erfolgsaussichten für eine<br />

gerichtliche Schuldenbereinigung. Liegen diese<br />

nicht vor, eröffnet es das Insolvenzverfahren, soweit<br />

die übrigen Voraussetzungen gegeben sind. Sieht<br />

das Gericht Erfolgsaussichten, stellt das Gericht den<br />

Gläubigern den vom Schuldner mit dem Antrag<br />

eingereichten gerichtlichen<br />

Schuldenbereinigungsplan zu. Der Plan gilt als<br />

angenommen, wenn kein Gläubiger Einwendungen<br />

erhebt (Schweigen gilt als Zust<strong>im</strong>mung)<br />

oder die Zust<strong>im</strong>mung nach § 309 InsO ersetzt wird. 234<br />

In der Praxis hat sich das Stufenverhältnis bislang weitgehend nicht bewährt. Das gerichtliche<br />

Verfahren wird nicht ausnahmsweise, sondern standardmäßig eröffnet. <strong>Die</strong> Zahl der außergerichtlichen<br />

<strong>Vergleich</strong>e hat sich nach der Einführung eines gerichtlichen Insolvenz- oder -sanierungsverfahrens<br />

regelmäßig deutlich reduziert.<br />

189


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 2 | 3<br />

Land<br />

In der zurückhaltenden Akzeptanz des außergerichtlichen Entschuldungsverfahrens drückt sich das<br />

größere Vertrauen der Gläubiger in die Sicherheit und – vermeintlich – höhere ökonomische Effizienz<br />

eines gerichtlichen Verfahrens aus. Zugleich bietet das Gerichtsverfahren den Gläubigern ein kostengünstiges<br />

staatliches Inkasso. So lange außergerichtliche Verfahren weniger Anreize bieten als<br />

Gerichtsverfahren, ist der Trend kaum aufzuhalten, dass sie häufig nur formale Vorläufer des judiziellen<br />

Entschuldungsverfahrens sind.<br />

3. Entschuldungsdauer und Entschuldungsumfang<br />

<strong>Die</strong> Mehrheit der Verfahrensordnungen sieht eine Entschuldung nach drei bis fünf Jahren vor.<br />

<strong>Die</strong>s beruht auf der Erkenntnis, dass die Wiedererlangung der ökonomischen Handlungsfähigkeit<br />

gefährdet ist, wenn der Sanierungszeitraum für den Schuldner unabsehbar ist. Denn die<br />

Leistungsmotivation eines Schuldners, der schon vor dem Sanierungsverfahren viele Jahre an der<br />

Pfändungsfreigrenze lebte, ist weitgehend aufgebraucht.<br />

190<br />

Außergerichtliche Einigungsquoten<br />

Finnland Da es für den Nachweis des Scheiterns der außergerichtlichen Einigung ausreicht, wenn ein Gläubiger<br />

die Verhandlungsbereitschaft ablehnt, ist das vorgerichtliche Verfahren häufig bloße formale Vorstufe<br />

des gerichtlichen Insolvenzverfahrens.<br />

Frankreich Bis zur Gesetzesreform 1998:<br />

74% der <strong>Vergleich</strong>e beließen den Schuldnern einen frei verfügbaren Einkommensteil unterhalb des<br />

Existenzmin<strong>im</strong>ums. 50% dieser <strong>Vergleich</strong>e scheiterten vorzeitig. Von den <strong>Vergleich</strong>en, die den<br />

Schuldnern das Existenzmin<strong>im</strong>um beließen, scheiterten 30%.<br />

Niederlande<br />

Deutschland<br />

235<br />

Seit der Gesetzesreform 1998 (dem Schuldner muss das Existenzmin<strong>im</strong>um belassen werden):<br />

2/3 der von den Kommissionen unterbreiteten Sanierungsvorschläge werden angenommen. Das<br />

Durchhaltevermögen ist durch den Schutz des Existenzmin<strong>im</strong>ums stabiler. Durch die Möglichkeit, den<br />

Zahlungsplan auf 8 Jahre zu strecken, hat sich die monatliche Ratenbelastung reduziert. Es liegen noch<br />

keine empirischen Daten vor, ob die Schuldner die gesamten 8 Jahre bewältigen. Seit dem 2.8.2003<br />

kann sich der Zahlungsplan über 10 erstrecken; auch hierzu liegen noch keine Erkenntnisse vor.<br />

Bis zur Einführung des gerichtlichen Sanierungsverfahrens (1.12.1998):<br />

1992: Einigungsquote bei ca. 50% von ca. 40.000 Anträgen; 1996: Einigungsquote bei ca. 40% von<br />

ca. 55.000 Anträgen; 1998 (bis 30.11.): Einigungsquote bei ca. 35%. 236 237 Ca. 50% der Schuldner<br />

konnten allerdings den festgelegten Max<strong>im</strong>albetrag nicht in der vorgeschriebenen Zeit aufbringen und<br />

mussten den <strong>Vergleich</strong> nachverhandeln. 238<br />

Seit dem 1.12.1998:<br />

2000: Einigungsquote bei ca. 28% von ca. 60.000 Anträgen239 ; Tendenz weiter fallend. 240<br />

Vor Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens: ca. 36%. 241<br />

Seit InsOÄndG 2001: ca. 30% 242<br />

Tabelle 15: Außergerichtliche Einigungsquoten (Beispielhafte Auswahl)


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 3<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

USA<br />

Mindestdauer bis zur gesetzlichen<br />

Entschuldung<br />

3 Jahre<br />

ab 2.8.2003: (1) ca. 1-2<br />

Jahre für „hoffnungslos und<br />

dauerhaft Überschuldete“; 243<br />

(2) 2 Jahre, wenn sich die<br />

wirtschaftliche Lage eines<br />

zahlungsunfähigen<br />

Schuldners nach dem 2jährigen<br />

Moratorium nicht verbessert<br />

hat; in diesem Fall<br />

werden die Restschulden nur<br />

teilweise erlassen<br />

3 Jahre<br />

60 Tage nach Gläubigerversammlung<br />

bzw. Verfahrenseröffnung<br />

(„straight<br />

liquidation“, Chapter 7 U.S.<br />

Bankruptcy Code)<br />

Deutschland<br />

6 Jahre<br />

Tabelle 16: Außergerichtliche Einigungsquoten (Beispielhafte Auswahl)<br />

244<br />

Regel- bzw. Max<strong>im</strong>aldauer<br />

5 Jahre<br />

5 Jahre<br />

1 Jahr (für Verfahren, die ab<br />

dem 1.4.2004 eröffnet werden)<br />

5 Jahre<br />

5 Jahre (für Verfahren, die ab<br />

dem 1.9.2004 eröffnet werden)<br />

5 Jahre<br />

3-5 Jahre: Reorganisationsverfahren<br />

unter Chapter<br />

13 U.S. Bankruptcy Code<br />

Sondertatbestände<br />

Bei Kreditrückständen darf die<br />

Dauer des Entschuldungsplans<br />

nicht die Hälfte der ursprünglich<br />

noch ausstehenden<br />

Tilgungsdauer überschreiten.<br />

Bei älteren und mittellosen<br />

Schuldnern ist eine kürzere<br />

Entschuldungsdauer erlaubt.<br />

Zum Zweck des Erhalts der<br />

Wohn<strong>im</strong>mobilie kann die<br />

Entschuldungsdauer von<br />

5 Jahren überschritten werden.<br />

Unabhängig von der<br />

Restschuldbefreiung kann der<br />

Schuldner einen (max<strong>im</strong>al)<br />

3jährigen Zahlungsplan zu<br />

erfüllen haben.<br />

Bei älteren und mittellosen<br />

Schuldnern ist eine kürzere<br />

Entschuldungsdauer erlaubt.<br />

<strong>Die</strong> U.S.-amerikanische „fresh start“-Philosophie erfährt eine Entwertung durch den begrenzten<br />

Umfang der Restschuldbefreiung (discharge order). So sind <strong>im</strong> Liquidationsverfahren nach Chapter<br />

7 U.S. Bankruptcy Code z.B. Steuerschulden 245 , Unterhaltsschulden, Ausbildungsdarlehen 246 ,<br />

Deliktsansprüche 247 und Verbindlichkeiten, die der Schuldner unmittelbar vor Verfahrenseröffnung<br />

eingegangen ist, von der „discharge“ ausgenommen. 248 Gesicherte Gläubiger können zudem nach<br />

Verfahrensende in das Sicherungsgut vollstrecken. Der Umfang der Ausnahmen erklärt sich aus dem<br />

Umstand, dass Chapter 7 U.S. Bankruptcy Code einen Restschuldenerlass ohne Gegenleistung des<br />

Schuldners gewähren kann. Demzufolge fällt der Restschuldenerlass nach Erfüllung eines<br />

Regulierungsplans unter Chapter 13 U.S. Bankruptcy Code umfassender aus; ausgenommen sind<br />

hier z.B. nur Unterhaltsschulden, Ausbildungsdarlehen 249 und Strafgelder. 250<br />

191


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 3 | 4<br />

In der Praxis wird der Umfang der „discharge order“ noch dadurch verringert, dass der Schuldner –<br />

auf Drängen eines Gläubigers – nachträglich auf die Schuldbefreiung ganz oder teilweise verzichtet<br />

(waiver of discharge), oder der Schuldner – ebenfalls auf Drängen eines Gläubigers – schon <strong>im</strong> voraus<br />

eine Gläubigerforderung von der Schuldbefreiung ausn<strong>im</strong>mt (reaffirmation agreement). Nach<br />

einer Untersuchung aus dem Jahr 1996 hatten 50% der Umfrageteilnehmer ein „reaffirmation<br />

agreement“ abgeschlossen. 251<br />

<strong>Die</strong> Europäischen Verfahrensordnungen umfassen hingegen die meisten Verbindlichkeiten und sind<br />

darum bemüht, die bevorrechtigte Behandlung von Gläubigern zu min<strong>im</strong>ieren, um den Schuldnern<br />

eine realistische zweite Chance einzuräumen. <strong>Die</strong> Ausnahmetatbestände umfassen pr<strong>im</strong>är nicht<br />

erfüllte Unterhaltspflichten (teilweise beschränkt auf Kindesunterhalt) und Schadensersatzansprüche<br />

wegen einer deliktischen Handlung. Einige EU-Mitgliedstaaten nehmen auch Ausbildungsdarlehen,<br />

Steuerschulden und Hypotheken ganz oder teilweise von der Restschuldbefreiung aus.<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien Ja (Kindesunterhalt)<br />

Niederlande<br />

Portugal 254<br />

Schweden<br />

Deutschland<br />

Ja<br />

Ja<br />

Tabelle 17: Von der Restschuldbefreiung ausgenommene Forderungen (Europäischer Überblick)<br />

4. Der Umgang mit dauerhaft zahlungsunfähigen Schuldnern<br />

<strong>Die</strong> meisten Verbraucherinsolvenz- oder -sanierungsmodelle bieten dauerhaft zahlungsunfähigen<br />

Schuldnern eine ökonomische Lösung ihrer Probleme an. So erhalten vermögens- und einkommenslose<br />

Schuldner in den USA die sofortige Schuldbefreiung unter den Voraussetzungen des<br />

Chapter 7 U.S. Bankruptcy Code. <strong>Die</strong> europäischen Verfahrensordnungen bzw. die Rechtsprechung<br />

255 lassen für mittellose Schuldner überwiegend (flexible) Nullpläne zu. Damit haben sie<br />

Zugang zum judiziellen Entschuldungsverfahren und die Restschuldbefreiung wird auch nicht<br />

versagt, wenn der Schuldner bis zum Ende des Verfahrens keine Zahlungen leistet, vorausgesetzt, er<br />

ist seinen sonstigen Verhaltenspflichten nachgekommen. Das Tatbestandsmerkmal des dauerhaft<br />

zahlungsunfähigen Schuldners wird in den Verfahrensordnungen unterschiedlich interpretiert.<br />

<strong>Die</strong> Niederlande machen es vom Nichtüberschreiten von 95% des Existenzmin<strong>im</strong>ums abhängig;<br />

in Finnland reicht eine zweijährige Arbeitslosigkeit als Indiz aus.<br />

192<br />

Unterhalt<br />

Ja 252<br />

(aber privi-<br />

legiert) 253<br />

Ja<br />

Unerlaubte<br />

Handlung<br />

Ja<br />

Straf-,<br />

Bußgelder<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ausbildungsdarlehen<br />

Ja<br />

Ja<br />

Steuern<br />

(aber privilegiert)<br />

Ja<br />

Hypothek<br />

(nicht bekannt) (nicht bekannt) (nicht bekannt) (nicht bekannt) (nicht bekannt) (nicht bekannt)<br />

Ja (Kindes-<br />

Ja (aber <strong>im</strong><br />

unterhalt)<br />

Ermessen des<br />

Gerichts)<br />

Ergänzende<br />

Anmerkung<br />

Zu Hypothekenschulden<br />

s. Fn.214


INTERNATIONALER VERGLEICH E | I | 4 | II | 1<br />

So notwendig die ökonomische Lösung ist, so wünschenswert wären für diesen Personenkreis<br />

Konzepte, um die eigene finanzielle Krise produktiv aufarbeiten zu können. Frankreich könnte diesen<br />

Weg einschlagen, wenngleich das Konzept noch diffus erscheint. Nachdem Untersuchungen<br />

aufdeckten, dass nicht die „aktive“ <strong>Überschuldung</strong> (Übernahme steigender finanzieller<br />

Verpflichtungen, obgleich das Haushaltseinkommen stagniert oder sinkt) sondern die „passive“<br />

<strong>Überschuldung</strong> (Einkommenseinbußen als Folge unvorhergesehener Lebensereignisse) überwiegt, 256<br />

behandelt die Französische Regierung <strong>Überschuldung</strong> zunehmend als zu bekämpfendes<br />

Verarmungs- und Verelendungsrisiko. 257 So kann das Gericht in den zum 2.8.2003 eingeführten<br />

Verfahren (retablissement personnelle) für „hoffnungslos und dauerhaft Überschuldete“<br />

Sozialarbeiter einbeziehen und dem Schuldner auch nach Verfahrensende einen Sozialarbeiter<br />

betreuend zur Seite stellen. Da die Funktion und die Aufgaben der Sozialarbeiter nicht konkret<br />

beschrieben sind, sind Praxis und Effizienz dieser Maßnahmen offen. 258 In Großbritannien<br />

(England/Wales) gibt es aktuelle Überlegungen zur Einführung eines „no income no asset –<br />

insolvency scheme“, dessen Design aber noch nicht bekannt ist. 259<br />

II. Beratungsangebote zur Unterstützung der wirtschaftlichen Reintegration<br />

<strong>Die</strong> Verfügbarkeit von unabhängiger, professioneller und kostengünstiger Beratung ist ein<br />

Schlüsselfaktor in der wirtschaftlichen Reintegration überschuldeter Privathaushalte und in der <strong>Überschuldung</strong>sprävention.<br />

Angebote des Gesetzgebers (wie z.B. die Gewährung der Restschuldbefreiung)<br />

oder (sozial-) politische Aktivitäten zur Überwindung des Schuldturms bleiben ohne<br />

nachhaltigen Effekt, wenn die betroffenen Haushalte nicht darin unterstützt und beraten werden,<br />

von diesen angebotenen Instrumenten überhaupt Gebrauch zu machen.<br />

1. Schulden- und Insolvenzberatung<br />

Money und Debt advice hat heute in Europa einen festen Stellenwert. Auch die südeuropäischen<br />

EU-Mitgliedstaaten schließen parallel mit der Ausdehnung ihres Hypotheken- und Konsumentenkreditmarkts<br />

ihre Lücken <strong>im</strong> Beratungsangebot.<br />

Zur Akzeptanz und Notwendigkeit von Schuldnerberatung hat die Einführung der Verbraucherinsolvenz-<br />

bzw. -sanierungsverfahren in den 90er Jahren wesentlich beigetragen. Sie – bzw.<br />

Begleitgesetze – haben die Rechtsposition der Beratungsstellen – teilweise erstmals – verfestigt. In<br />

den Niederlande hatten die kommunalen „debt management agencies“ zwar seit 1979 ihre angestammte<br />

Rolle bei der Aushandlung eines freiwilligen Sanierungsplans; ihre Tätigkeit ist aber erst<br />

mit Einführung der verbraucherinsolvenzrechtlichen Vorschriften integraler Bestandteil des<br />

Insolvenzrechts für natürliche Personen (Wet schuldsanering natuurlijke personen), das die erlaubten<br />

Beratungselemente beschreibt. In eigenständigen Gesetzen außerhalb insolvenzrechtlicher<br />

Best<strong>im</strong>mungen haben Belgien (jeweils als eigenständiges Dekret für die Regionen Flamen, Flandern,<br />

Wallonien etc. geregelt) und Finnland (Act of Economy and Debt Counselling 2000/713) die<br />

Aufgaben der Schulden- und Insolvenzberatung geregelt. Als Teil des Verbraucherschutzrechts normiert<br />

Frankreich Verbotstatbestände für gewerbliche und unseriöse Schuldenregulierer (L.321-1<br />

Code de la Consommation). Schweden regelt die Beratung als Teil seiner Sozialgesetzgebung (§1<br />

Law on Social Services – Skuldsaneringslag), was die öffentliche Verantwortung für den Zugang zu<br />

kostenloser bzw. kostengünstiger Beratung betonen soll. In Deutschland behandeln die Insolvenzordnung<br />

(unter Beachtung der Landesausführungsgesetze), das Rechtsberatungsgesetz und das Bundessozialhilfegesetz<br />

260 die zulässigen Aufgaben von Schuldner-, Insolvenz- und Verbraucherberatung.<br />

193


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 1<br />

<strong>Die</strong> wesentlichen Anbieter von non-profit Schulden- und Verbraucherberatung in Europa sind:<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

Deutschland<br />

<strong>Die</strong> Beratungsinhalte konzentrieren sich auf folgende Aufgaben:<br />

194<br />

Non-profit Anbieter<br />

Centres publics d’aide sociale; diverse Non-profit<br />

Organisationen<br />

Beratungsstellen in kommunaler Trägerschaft<br />

Verbraucherorganisationen; Sozialarbeiter;<br />

Non-profit Organisationen wie z.B. Debtors<br />

Anonymous, Societé de St Vincent de Paul<br />

Consumer Credit Counselling Service; National<br />

Debtline; Citizens Advice<br />

Kommunale Kreditbanken; Sozialberatungsstellen;<br />

NIBUD (National Institute of Debt Advice)<br />

DECO (Verbraucherschutzorganisation); CIAC<br />

(Kommunale Informationszentren für Verbraucher)<br />

Kommunale Beratungsstellen<br />

Kirchliche Organisationen (Caritas, Diakonisches<br />

Werk); Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband;<br />

Deutsches Rotes Kreuz; Arbeiterwohlfahrt;<br />

Kommunen; Verbraucherzentralen<br />

Tabelle 18: Anbieter von Schuldenberatung in Europa<br />

Land<br />

Budgetberatung<br />

Finanzplanung<br />

Schuldenregulierung<br />

Belgien X X X<br />

Finnland X<br />

X<br />

Frankreich X<br />

Großbritannien X X X<br />

Niederlande X<br />

X<br />

Portugal X<br />

X<br />

Schweden X<br />

X<br />

Deutschland X<br />

X<br />

Tabelle 19: Beratungsinhalte der non-profit Anbieter<br />

Rechtsberatung<br />

X<br />

X<br />

Kommerzielle Anbieter<br />

Keine praktische Bedeutung<br />

Keine praktische Bedeutung<br />

Gesetzlich verboten, solange es kostenfreie<br />

non-profit Angebote gibt.<br />

Debt management services<br />

Gesetzlich verboten<br />

2 <strong>private</strong> Organisationen haben <strong>im</strong> Zuge des<br />

bevorstehenden Inkrafttretens eines<br />

Verbraucherinsolvenzverfahrens die Absicht<br />

geäußert, Insolvenzberatung anzubieten.<br />

Keine praktische Bedeutung<br />

<strong>Die</strong> AG SBV sammelte 2003 in einer Woche<br />

1.000 Anzeigen in Printmedien mit Angeboten<br />

von unseriösen Kreditvermittlern und gewerblichen<br />

Schuldenregulierern, die häufig kooperieren.<br />

<strong>Die</strong> Probleme mit unseriösen<br />

Schuldenregulierern nehmen zu. <strong>Die</strong> öffentliche<br />

Achtsamkeit (auch die von<br />

Strafverfolgungsbehörden) wächst.<br />

Sozialberatung<br />

X<br />

X<br />

X<br />

Existenzsicherungsberatung<br />

X<br />

Betreuung<br />

<strong>im</strong><br />

Insolvenzverfahren<br />

X<br />

X<br />

Finanzielle<br />

Allgemein<br />

-bildung<br />

X


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 1<br />

<strong>Die</strong> Konzentration auf die Aufgaben „Budgetberatung“ und „Schuldenregulierung“ demonstriert,<br />

wie die Einführung judizieller Entschuldungsverfahren den Beratungsalltag dominiert. Gerade die<br />

Kontinentaleuropäischen Schuldenberatungsstellen, die ihren Ursprung vielfach in der Sozialarbeit<br />

haben und <strong>Überschuldung</strong> als soziales Phänomen und damit Schuldenberatung als sozialpolitische<br />

Aufgabe verstehen, sind nun stark in die ökonomische und verfahrensrechtliche Einzelfallberatung<br />

eingebunden und müssen sich den Freiraum für ihre angestammte Sozialberatung und<br />

Existenzsicherungsberatung wieder zurück erobern. Der Beratungsansatz bzw. -schwerpunkt hat<br />

sich von der traditionellen Sozialarbeiterperspektive gelöst und sich <strong>im</strong> Europäischen <strong>Vergleich</strong> zu<br />

einem ökonomisch-sozialen Beratungsansatz entwickelt.<br />

In den USA haben sich (non-profit) Consumer Credit Counseling Services (CCCS) auf die Budgetund<br />

Schuldenberatung überschuldeter Privathaushalte spezialisiert. 261 Weitere non-profit Kreditberatungsstellen<br />

sind in der National Foundation for Consumer Credit (NFCC) zusammengeschlossen.<br />

Regionale Stellen wie BUCCS (Budget & Credit Counseling) in New York unterstützen Überschuldete<br />

bei ihrem Privatkonkursverfahren. Aufgrund der besonderen Finanzierung von BUCCS und CCCS<br />

– sie erhalten ca. 15% der vom Schuldner geleisteten Tilgungsraten als Erfolgsprämie von den<br />

Gläubigern zurück – ist jedoch zu beobachten, dass sich diese Stellen auf noch zahlungsfähige<br />

Schuldner konzentrieren. Im Gegensatz zu Europa vertreten insbesondere Anwälte die Interessen der<br />

Schuldner <strong>im</strong> Konkursverfahren. Da es nicht zum anwaltlichen Aufgabenbereich gehört, mit dem<br />

Mandanten die Ursachen der finanziellen Krise aufzuarbeiten, und der nachhaltige Effekt des „quick<br />

fresh start“ ohne begleitende Beratung öffentlich in Zweifel gezogen wird, fordert eine<br />

Gesetzesinitiative des U.S. Kongresses die Einbindung von non-profit Schulden- und Kreditberatung<br />

<strong>im</strong> Privatkonkursverfahren. 262 Danach soll die Restschuldbefreiung nach Chapter 7 und 13 U.S.<br />

Bankruptcy Code davon abhängig sein, dass sich der Schuldner zuvor einer „personal financial<br />

management“-Beratung unterzogen hat. Außerdem soll nur der Schuldner das Verfahren beantragen<br />

können, der innerhalb von 180 Tagen vor seinem Eröffnungsantrag an einer Kreditberatung teilgenommen<br />

hat. <strong>Die</strong> New York Law School hat <strong>im</strong> Vorgriff auf eine mögliche Gesetzesänderung ein<br />

Pilotprojekt gestartet (Coalition for Consumer Bankruptcy Debtor Education 263 ), das vom Staat,<br />

der Wirtschaft und Verbraucherverbänden getragen wird. Das Projekt will nicht nur überschuldeten<br />

Verbrauchern Finanzwissen vermitteln, sondern sie auch als Lehrer für Gruppenberatungen<br />

ausbilden. Hierzu werden Curricula und Lerntests entwickelt, Evaluationskriterien für Unterrichtseinheiten<br />

erarbeitet, Dozenten ausgebildet und andere Programme zur finanziellen Bildung unterstützt.<br />

Da die Coalition auf kostengünstige Konzepte setzt, an<strong>im</strong>iert sie nicht nur das Engagement<br />

des Bildungssystems, sondern auch das der Anbieter. Es handelt sich bei diesem Ansatz um die bislang<br />

professionellste Form, in der in den USA die konkrete Fallbearbeitung mit einem Programm zur<br />

„financial literacy“ verknüpft wird.<br />

195


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 2<br />

2. Finanzielle Allgemeinbildung<br />

Finanzielle Allgemeinbildung als eigenständige Disziplin 264 befindet sich – mit Ausnahme der USA,<br />

Großbritanniens und – mit Einschränkungen – Skandinaviens – noch in der Entwicklung.<br />

In den USA hat sich die finanzielle Alphabetisierung (financial literacy) als Mittel zur Bekämpfung von<br />

<strong>Überschuldung</strong> und Armut von der allgemeinen ökonomischen Bildung abgespalten und zu einem<br />

eigenständigen Sektor entwickelt. Ausgehend von alarmierenden <strong>Überschuldung</strong>szahlen unter<br />

Einwanderern wird Bildungskampagnen in diesen Bevölkerungskreisen ein wichtiger Stellenwert eingeräumt.<br />

<strong>Die</strong>s knüpft an die früheren Alphabetisierungskampagnen an, die die USA als klassisches<br />

Einwanderungsland seit jeher begleitet haben. Financial literacy ist damit bereits begrifflich subjektiviert<br />

– es ist der Mangel an Wissen über Kredit und Anlagen sowie die Unfähigkeit, mit diesen<br />

Produkten umzugehen. In den Definitionen wird financial literacy daher als einseitiger Lernprozess<br />

der Verbraucher interpretiert. Danach soll das Erlernen von Begriffen und Verhaltensweisen zur<br />

Ermöglichung täglicher Wahlentscheidungen mit und zum Geld die Teilnahme am Marktgeschehen<br />

gewährleisten. 265 <strong>Die</strong>se Sichtweise ist zu eng, weil finanzielle Alphabetisierung suggeriert, dass es –<br />

entsprechend der Zahl der Buchstaben des Alphabets – einen feststehenden Bestand an<br />

Finanzprodukten gibt, deren Regeln man lediglich zu erlernen habe. Je begrenzter der Zugang zum<br />

Geld ist, desto unsinniger muss aber das Erlernen einer solchen Sprache erscheinen. Hier eine<br />

Auswahl von financial literacy-Aktivitäten in den USA:<br />

Angebote<br />

Schulfach „Verbraucherbildung“ (teilweise<br />

Pflichtfach, teilweise unverbindliches<br />

Schulfach)<br />

Schulfach „Ökonomie“<br />

Schulfach „Finanzielles Wissen“<br />

Unterrichts- und Bildungsmaterialien<br />

für Schulen und Lehrer<br />

Kursangebot „Financial planning“<br />

Aktionsprogramm „Financial literacy<br />

2001“<br />

196<br />

Inhalte<br />

Tabelle 20: Angebote „Financial literacy“ in den USA 266<br />

Financial planning,<br />

Kreditmanagement, Rolle als<br />

Verbraucher;<br />

Trainingskurse für Lehrer<br />

Budgetplanung, Zahlungsverkehr,<br />

Vermögensanlage,<br />

Einkommenserzielung, Kredite<br />

Vermögensaufbau<br />

Das Programm will einen Beitrag dazu<br />

leisten, „Financial literacy“ an High<br />

Schools zu etablieren.<br />

Anbieter<br />

Schulen in ca. 37 Bundesstaaten;<br />

Trainingskurse für Lehrer bietet z.B.<br />

der „Council on Economic<br />

Education“ in verschiedenen<br />

Bundesstaaten an<br />

Verschiedene Bundesstaaten<br />

Staat New York<br />

Finanzwirtschaft; Federal Reserve<br />

Bank; Consumer Credit Counselling<br />

Services; Jump$tart Coalition<br />

National Endowment for Financial<br />

Education (NEFE)<br />

Gemeinschaftsprojekt von<br />

Verbraucherschutzorganisationen,<br />

Wertpapierhändlervereinigungen etc.


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 2<br />

<strong>Die</strong> meisten dieser Bildungsanstrengungen gehen davon aus, dass Privathaushalte mit<br />

Niedrigeinkommen vom Kredit zu sorglos Gebrauch machen und Sparen nicht gelernt haben.<br />

Bei diesem Leitbild ist die Verschuldung nicht Ausdruck von Statusarmut, sondern von mangelnder<br />

Sparfähigkeit. <strong>Die</strong>se Annahme ist angesichts der Disproportionen bei den Einkommen dieser<br />

Haushalte, ihren Arbeitsplätzen und den für sie nur noch zugänglichen Finanzprodukten des „zweiten<br />

Kreditmarkts“ anzuzweifeln. Dass sich die Bildungsanstrengungen bisher auch weder in der<br />

Spar- noch in der Verschuldungs- oder <strong>Überschuldung</strong>squote niedergeschlagen haben, lässt die in<br />

den USA bislang kaum diskutierte Frage wichtig werden, welche Funktion die außerordentliche<br />

Werbung für Finanzielle Bildungskampagnen hat.<br />

Der U.S. amerikanische Ansatz bedarf daher einer Erweiterung. Finanzielle Allgemeinbildung ist die<br />

kritische, an den Bedürfnissen des Wirtschaftsbürgers ausgerichtete Vermittlung von Allgemeinwissen,<br />

Fertigkeiten und sozialer Handlungskompetenz <strong>im</strong> Umgang mit – auf Kreditmöglichkeiten<br />

aufgebauten – Finanzdienstleistungen, um Einkommen und Ausgaben, Arbeit und Konsum während<br />

seiner Lebenszeit produktiv zu verknüpfen. <strong>Die</strong>s äußert sich insbesondere in den folgenden<br />

Lernzielen: 267<br />

Den produktiven Gebrauch von Geld in seinen verschiedenen Ausprägungen einschließlich Kredit und Schulden, Sparen<br />

und Investment erkennen und verstehen. <strong>Die</strong> Folgen finanzieller Entscheidungen erkennen und abschätzen können.<br />

Nutzen und Risiken von Finanzdienstleistungen abwägen können, um eine sachgerechte Entscheidung für die eigenen<br />

Bedürfnisse zu treffen.<br />

Informationen und Tipps zu Finanzdienstleistungen eigenständig abrufen, deuten, hinterfragen und bewerten können.<br />

Das persönliche Finanzmanagement ausüben können.<br />

Rechte und Pflichten des Wirtschaftsbürgers kennen und umsetzen können.<br />

Tabelle 21: Lernziele finanzieller Allgemeinbildung<br />

<strong>Die</strong> Aktivitäten in Europa greifen diese Lernziele weitgehend noch nicht auf – mit Ausnahme von<br />

Großbritannien und Skandinavien. Es fehlt an einem konsensualen Begriffs- und Inhaltsverständnis,<br />

aus dem heraus zunächst Instrumente zu entwickeln wären, um den Status quo der finanziellen<br />

Fähig- und Fertigkeiten der Verbraucher verlässlich feststellen zu können. <strong>Die</strong>s ist eine<br />

Grundvoraussetzung für die weitere Entwicklung von Konzepten und deren Evaluation. Bislang<br />

herrscht nur Einvernehmen darüber, dass Finanzielle Allgemeinbildung ein lebenslanges Lernkonzept<br />

ist und <strong>im</strong> Schulalter einsetzen muss. <strong>Die</strong> aktuelle Unsicherheit über die Lernziele und -inhalte führt<br />

dazu, schlichte Informations- und Aufklärungskampagnen mit Finanzieller Allgemeinbildung zu<br />

verwechseln. <strong>Die</strong> Europäischen Aktivitäten lassen sich <strong>im</strong> wesentlichen wie folgt zusammenfassen:<br />

(1) Nationale Regierungsstellen rufen ressortübergreifende politische Aktionen aus; (2)<br />

Verbraucherschutzorganisationen, Medien und einige Finanzanbieter initiieren Einzel- oder<br />

Langzeitkampagnen; (3) Schulbehörden integrieren Finanzielle Allgemeinbildung in ihre Curricula.<br />

197


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 2<br />

Land<br />

Belgien<br />

Finnland<br />

Frankreich<br />

Großbritannien<br />

198<br />

Konkrete Angebote einzelner Anbieter und<br />

ihre Inhalte<br />

Aufbau von „Écoles de Consommateurs“. <strong>Die</strong><br />

Schulen wenden sich an „gefährdete“ Verbraucher<br />

und bieten Workshops zu Themen wie Finanzplanung,<br />

Versicherung, Kredit und Zahlungsverkehr<br />

an. <strong>Die</strong> Écoles werden pr<strong>im</strong>är von den Centres<br />

Publics d’Aide Sociale geleitet.<br />

Seit 2001/02 ist das Schulfach „Verbraucherschutz“<br />

Teil des Lehrplans in den französisch sprechenden<br />

Regionen. Kursinhalte sind z.B. Vertragsanalyse,<br />

ökonomische Strukturen von Verbraucherverschuldung,<br />

Agieren als Verbraucher.<br />

<strong>Die</strong> Association Belge des Banques bietet Lehrern<br />

Trainingskurse und Lernmaterial zu Themen wie<br />

Konsumentenkredit, Zahlungsverkehr, Wertpapierhandel<br />

und E-commerce an.<br />

Bâtissons notre Avenir (Walloon Money Advice<br />

Service) unterstützt Selbsthilfegruppen wie „Group<br />

Solidarité Budget“. <strong>Die</strong> Gruppen entwickeln<br />

eigenständig Kursinhalte. Sie haben die Theaterkompanie<br />

„Les fauchés comme les blés“ gegründet,<br />

das mit dem selbst geschriebenen Stück<br />

„Le banc“ auftritt.<br />

Fernsehsendungen wie „Au nom de la loi“,<br />

„Autant savoir“, „Cartes sur table“ oder<br />

„Questions d’argent“ greifen Finanzdienstleistungsthemen<br />

unter Bildungsaspekten auf.<br />

Informationsbroschüren und -magazine verschiedener<br />

Anbieter zu diversen Finanzdienstleistungsthemen.<br />

Anbieter u.a.: Caisses d’allocations familiales<br />

(CAF); INC; ANIL; Verbraucherorganisationen<br />

wie ADEIC, AFOC, CLCV und CSF; Assocation<br />

Francaise des Sociétés Financières, Fédération<br />

Bancaire Francaise.<br />

Budgetplanung und vergleichbare<br />

Finanzdienstleistungsthemen sind unverbindliche<br />

Schulkursinhalte.<br />

Engagement der Politik<br />

Das Wallonische Ministerium für Soziale<br />

Angelegenheiten hat seit März 2001 ca. 105<br />

Écoles de Consommateurs bewilligt und<br />

finanziell unterstützt.<br />

Der „Act of Economy and Debt Counseling<br />

2000“ benennt Finanzielle Allgemeinbildung<br />

als Aufgabe der Schuldnerberatung.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung konkreter Bildungsinhalte<br />

ist noch nicht abgeschlossen.<br />

Das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen<br />

finanziert Aufklärungskampagnen.<br />

<strong>Die</strong> Initiative geht auf ein Rundschreiben des<br />

Ministeriums für Erziehung vom 17.12.1990<br />

zurück.<br />

Regierungsprogramm 2004 zur Verbesserung<br />

der finanziellen Fertigkeiten. <strong>Die</strong> Financial<br />

Services Authority soll eine „national strategy<br />

for financial capability“ als Basis eines „skills for<br />

life“-Programms erarbeiten. Das Regierungsprogramm<br />

stellt Erfolgskriterien auf und will<br />

künftig jährlich einen Evaluationsbericht<br />

veröffentlichen. 268<br />


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 2<br />

Land<br />

Niederlande<br />

Portugal<br />

Schweden<br />

Deutschland<br />

Konkrete Angebote einzelner Anbieter und<br />

ihre Inhalte<br />

Seit 9/2000 ist „Personal finance“ – unverbindlicher<br />

– Bestandteil des englischen Schulcurriculums für<br />

Pr<strong>im</strong>ary und Secondary Schools. Kursinhalte betreffen<br />

z.B. das Verstehen von Bankauszügen,<br />

Geldleihe, Verbraucherpflichten und -rechte,<br />

Zahlungsverkehr, Haushaltsbudget.<br />

Kampagne „Financial understanding and awareness“,<br />

an der folgende Institutionen beteiligt sind:<br />

Personal Finance Education Group, Scottish Centre<br />

for Financial Education, Financial Services Authority,<br />

Citizens Advice, Basic Skills Agency, National<br />

Institute of Adult Continuing Education, Adult<br />

Financial Literacy Group.<br />

Verbraucherorganisationen (Consomentenbond,<br />

NIBUD) bieten Informationsbroschüren und -magazine<br />

zu verschiedenen Finanzdienstleistungsthemen.<br />

Kein Angebot<br />

Verbindliches Schulfach „Verbrauchererziehung“<br />

einschließlich Trainingskurse für Lehrer. Kursinhalte<br />

sind z.B. Persönliche Finanzen, Verbraucherrechte<br />

und -pflichten.<br />

Verbraucherorganisation Konsumentenverket bietet<br />

Informationsbroschüren und -magazine zu diversen<br />

Finanzdienstleistungsthemen.<br />

Schuldnerberatungsstellen und<br />

Verbraucherzentralen entwickeln<br />

Informationsmaterialien für Schuldner, Kurs- und<br />

Spielmaterialien für Schüler oder bieten<br />

Budgetberatung an.<br />

Sparkassen und Privatbanken entwickeln<br />

Lernmaterialien für Schüler und Lehrer.<br />

Tabelle 22: Europäische Aktivitäten <strong>im</strong> Bereich Finanzielle Allgemeinbildung<br />

Engagement der Politik<br />

Das Department of Trade and Industry und das<br />

Department for Education and Skills unterstützt<br />

die Institutionen finanziell.<br />

Kein Programm<br />

Eingeführt vom „Nordic Network for Consumer<br />

Education“ innerhalb des „Nordic Council of<br />

Ministers (Consumer Sector).<br />

Das Bundesministerium für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend unterstützt Pilotprojekte:<br />

(1) Grundlagenforschungen des Instituts für<br />

Finanzdienstleistungen zur Finanziellen<br />

Allgemeinbildung in Deutschland und seine<br />

Modellprojekte in Schulen, Schuldnerberatungsstellen<br />

und in den Medien; (2) Projekt<br />

Armutsprävention „Vermeidung von <strong>Überschuldung</strong><br />

– Netzwerk Schuldenprävention“ des<br />

Katholischen Verbandes für soziale <strong>Die</strong>nste in<br />

Deutschland<br />

199


INTERNATIONALER VERGLEICH E | II | 2<br />

Viele der beispielhaft aufgelisteten Angebote haben Aktionscharakter; die Bildungsinhalte sind<br />

daher nicht alltäglicher Bestandteil der Beratung. Viele Aktivitäten orientieren sich am Leitbild der<br />

Finanziellen Erziehung, das sich wie folgt auszeichnet:<br />

• Finanzielle Erziehung setzt auf der individuellen Ebene an;<br />

• konzentriert sich auf das Verstehen und Beherrschen des Haushaltsbudgets;<br />

• beschränkt sich auf individuelle Verhaltensänderungen insbesondere<br />

des Konsumverhaltens;<br />

• beschränkt sich auf die Anpassung des Verbrauchers an die Marktbedingungen und<br />

• akzeptiert damit das Angebot an Finanzdienstleistungsprodukten als gegeben.<br />

Finanzielle Allgemeinbildung, so wie sie auf der Grundlage einer kritischen Auseinandersetzung mit<br />

dem U.S. -amerikanischen Financial literacy-Ansatz für Deutschland definiert wurde, verfolgt hingegen<br />

einen weitergehenden Ansatz: 269<br />

• Sie setzt auf der gesellschaftlichen Ebene an;<br />

• begreift den Verbraucher als mündigen Wirtschaftsakteur;<br />

• vermittelt Wissen über Finanzdienstleistungen, seine Akteure und deren Interessen;<br />

• vermittelt finanzielle Handlungskompetenzen;<br />

• vermittelt eine kritische Distanz zu Finanzdienstleistungsprodukten und<br />

• erzeugt damit langfristig Rückkoppelungseffekte mit dem Produktmarkt und initiiert<br />

einen Qualitätswettbewerb unter den Anbietern.<br />

Mit Ausnahme von Großbritannien und – teilweise – Skandinavien fehlt es in den übrigen<br />

Europäischen Ländern an einer nationalen „financial literacy agenda“, die ein koordiniertes,<br />

standardisiertes und damit nachhaltigeres Vorgehen ermöglicht.<br />

200


INTERNATIONALER VERGLEICH F<br />

F. Fazit und Ausblick für die Diskussion in Deutschland<br />

<strong>Die</strong> für die untersuchten Länder zur Verfügung stehenden Daten lassen den Gesamtverschuldungsgrad<br />

deutlich erkennen, weisen aber – ähnlich wie in Deutschland – Lücken bei dem individuellen<br />

Verschuldungsgrad, der individuellen Verschuldungsstruktur und dem individuellen Verschuldungsprozess<br />

auf. Eine Datenverdichtung gibt es hingegen be<strong>im</strong> individuellen <strong>Überschuldung</strong>sgrad und -<br />

prozess. <strong>Die</strong> Fallakten insolventer Schuldner ermöglichen aussagekräftige Analysen und erlauben<br />

eine Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf Personengruppen mit vergleichbaren Merkmalen,<br />

die noch keine Beratung in Anspruch genommen haben. Um aus den Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sdaten<br />

Schlussfolgerungen für Lösungsansätze entwickeln zu können, wären für alle Länder regelmäßigere<br />

und aktuellere Datenerhebungen wünschenswert, die sozioökonomische/soziodemografische<br />

Merkmale einbeziehen. <strong>Die</strong> vorhandenen Datensätze lassen international aber zwei Trends<br />

erkennen:<br />

(1) Dem Konsumentenkredit kommt <strong>im</strong>mer stärker die Funktion zu, die Ausgabenliquidität zu<br />

sichern. <strong>Die</strong>s ist am deutlichsten in den USA und Großbritannien zu erkennen. In beiden Ländern<br />

gleicht der Kredit Einkommenseinbußen bzw. -schwankungen als Folge von Arbeitslosigkeit und<br />

kurzzeitigen Arbeitsverhältnissen <strong>im</strong> Niedriglohnsektor aus. Zudem eröffnet der Kredit den Zugang<br />

zum Gesundheitswesen. Gleichzeitig weisen beide Länder den höchsten Anteil an Privathaushalten<br />

aus, die vom regulierten „ersten Finanzdienstleistungsmarkt“ ausgeschlossen sind. Der Wohlfahrtsund<br />

Sozialstaatsgedanke sowie der reglementierte Bankensektor bewahren Kontinentaleuropa und<br />

Skandinavien vor einem vergleichbaren Szenario. <strong>Die</strong> Pflicht zur Übernahme von mehr (finanzieller)<br />

Eigenverantwortung durch die Sparzwänge der Staatshaushalte macht aber auch für diese Länder<br />

die Notwendigkeit deutlich, dafür Sorge zu tragen, dass Privathaushalten ein diskr<strong>im</strong>inierungsfreier<br />

Zugang zu Finanzdienstleistungen offen gehalten werden muss, weil sie künftig stärker auf<br />

Finanzdienstleistungen zurückgreifen müssen, um höhere Vorsorgeausgaben zu tätigen und<br />

Einkommenseinbußen auszugleichen.<br />

(2) <strong>Überschuldung</strong> ist in keinem Land eine Randerscheinung, sondern hat sich zu einem drängenden<br />

sozialen Problem entwickelt. Alle nationalen Regierungen sind sich des Handlungsbedarfs<br />

bewusst.<br />

<strong>Überschuldung</strong> ist für die Betroffenen mit finanzieller und sozialer Ausgrenzung verbunden. Darüber<br />

hinaus verursacht <strong>Überschuldung</strong> für die Gläubiger, die Gesellschaft und den Staat Zusatzkosten.<br />

Konzepte zur Bewältigung des modernen Schuldturms sollten darauf abzielen, dass die<br />

Betroffenen ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zurückerlangen und ihr Leben wieder eigenverantwortlich<br />

führen können, und der sozialen Verelendung, die mit sozialen Folgekosten verbunden<br />

ist, entgegen wirken. Hierfür reicht das Angebot eines judiziellen Entschuldungsverfahrens alleine<br />

noch nicht aus, wenn <strong>im</strong> Übrigen die soziale Realität des Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sprozesses ausgeblendet<br />

bleibt. <strong>Die</strong>s lässt sich am Beispiel Großbritanniens erkennen – dem Land mit der längsten<br />

Tradition eines Restschuldenerlasses und – gemessen an der Zahl überschuldeter Privathaushalte –<br />

den niedrigsten Zahlen eröffneter Privatkonkursverfahren. <strong>Die</strong> Ausdehnung des „sub-pr<strong>im</strong>e<br />

lending“-Markts mit seinen Zinshöchstsätzen verdeutlicht, dass allein ein „post-contractual“-<br />

Lösungsansatz, wie er mit dem Britischen Insolvenzrechtsmodell gewählt ist, dem modernen<br />

Schuldturm nicht wirksam begegnen kann. Ähnliches gilt für die USA, die <strong>im</strong> Gegensatz zu<br />

201


INTERNATIONALER VERGLEICH F<br />

Großbritannien zwar kein Hemmnis bei der Nutzung der Privatkonkursverfahren erkennen lassen,<br />

damit aber zugleich die Kosten der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> am rigorosesten auf die Gläubiger<br />

abwälzen. Frankreich und Skandinavien bieten hingegen ausgewogenere Ansätze. Neben einem<br />

regulierten Kreditmarkt und gesetzlichen Zinssatzbegrenzungen räumt das Französische Modell den<br />

Gütekommissionen und den Gerichten Kompetenzen ein, um zunächst die gestörte Vertragsbeziehung<br />

an die soziale Realität des Schuldners anzupassen, ohne dabei die Interessen der<br />

Gläubiger zu vernachlässigen. Erst wenn die Vertragsanpassung keine Aussicht auf Erfolg hat, steht<br />

als ult<strong>im</strong>a ratio eine insolvenzrechtliche Lösung zur Verfügung. Skandinavische Regierungen betätigen<br />

sich vereinzelt zudem als Kreditgeber, indem sie „social loans“ vergeben und damit die die <strong>Überschuldung</strong><br />

befördernde Spirale „the poor pay more“ eindämmen. <strong>Die</strong> in allen Ländern zu beobachtende<br />

Konzentration der Beratungsangebote auf die akute finanzielle Krise und die Insolvenz eines<br />

Privathaushalts verdeckt den Blick darauf, dass weitere Beratungsangebote wünschenswert wären,<br />

die den Schuldner an<strong>im</strong>ieren könnten, korrigierende Hilfen zu einem früheren Zeitpunkt in Anspruch<br />

zu nehmen. <strong>Die</strong>se Beratungsangebote könnten sich am Verlauf einer Finanzdienstleistungsbeziehung<br />

orientieren, wie sie Privathaushalte typischerweise eingehen. Eine solche Finanzdienstleistungsbeziehung<br />

lässt sich – grob – in fünf Lebensphasen, fünf mit den Lebensphasen korrespondierende<br />

Krisen und fünf mit den Krisen korrespondierende Beratungsinhalte gliedern:<br />

1. Anbahnungsphase<br />

(Absicht der Kreditaufnahme)<br />

1. Finanzielle Allgemeinbildung(Bedarfsanalyse/-kommunikation,Produktvergleich)<br />

2. Finanzberatung<br />

(Kreditanalyse,<br />

Kreditrecht)<br />

3. Rechtsberatung<br />

(Möglichkeiten der<br />

Vertragsanpassung,<br />

Verhandlung /<br />

Moderation)<br />

Abbildung 1: Beratungsbedarf zum rationalen Umgang mit Finanzkrisen<br />

4. Schulden- und<br />

Insolvenzberatung<br />

(Schuldenregulierung,<br />

Sozialberatung)<br />

5. Finanz- und<br />

Sozialberatung<br />

(Wiedererlangung<br />

Kreditwürdigkeit;<br />

soziale Stabilität)<br />

<strong>Die</strong> Beratungsangebote in Kontinentaleuropa decken – entsprechend Abbildung 1 – schwerpunktmäßig<br />

Phase 4 ab; für Südeuropa sind für diese Phase Lücken festzustellen, die aber mit der weiteren<br />

Entwicklung der Kreditgesellschaft geschlossen werden dürften. <strong>Die</strong> USA, Großbritannien und<br />

Skandinavien entwickeln zunehmend Beratungsangebote für Phase 1 und die USA bietet Kurse zum<br />

Wiederaufbau einer Kredithistorie (Phase 5). Für Phase 2 fehlt es an unabhängigen und kostengünstigen<br />

Beratungsangeboten. Durch die weitgehende Dominanz einer „post-contractual“-Lösung der<br />

<strong>Überschuldung</strong> sind auch für Phase 3 unabhängige und kostengünstige Angebote noch rar gesät.<br />

202<br />

<strong>Die</strong> 5 Lebensphasen einer Finanzdienstleistungsbeziehung (am Beispiel des Konsumentenkredits)<br />

1. Zugangshindernis<br />

(unpassende<br />

Kreditprodukte)<br />

2. Abschlussphase<br />

(Aushandlung des<br />

Kreditvertrages und<br />

seiner Konditionen)<br />

3. Anpassungsphase<br />

(Vertragsanpassung<br />

an geänderte<br />

Lebensumstände des<br />

Kreditnehmers)<br />

4. Auflösungsphase<br />

(Kreditkündigung)<br />

<strong>Die</strong> mit den 5 Lebensphasen korrespondierenden 5 Krisen<br />

2. diskr<strong>im</strong>inierende<br />

Vertragskonditionen<br />

(„the poor pay<br />

more“)<br />

3. Probleme bei<br />

Vertragserfüllung<br />

(Verzug als Folge von<br />

Liquiditätsproblemen)<br />

4. Akute Krise<br />

([drohende] <strong>Überschuldung</strong>)<br />

5. Rehabilitationsphase<br />

(Entschuldung)<br />

5. Ausschluss von<br />

Finanzdienstleistungen<br />

(kreditunwürdig)<br />

<strong>Die</strong> mit den 5 Krisen korrespondierenden wünschenswerten 5 Beratungsangebote bzw. -inhalte


INTERNATIONALER VERGLEICH F<br />

Aus dem <strong>internationalen</strong> <strong>Vergleich</strong> lassen sich folgende Anregungen für die Diskussion in<br />

Deutschland ableiten:<br />

Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sstatistiken<br />

Gesamtgesellschaftliche politische<br />

Agenda<br />

Verbraucherinsolvenzverfahren<br />

Beratungsinfrastruktur<br />

Tabelle 23: Anregungen für weitere Lösungsansätze in Deutschland<br />

Um die Entwicklung der Ver- und <strong>Überschuldung</strong> verfolgen zu können,<br />

• wären Bankenstatistiken wünschenswert, die nicht nur Auskunft<br />

über Gesamtbestandsveränderungen geben, sondern auch<br />

Entwicklungen bei der individuellen Kreditaufnahme ausweisen (z.B.<br />

durchschnittliche Kredithöhe, Kreditprodukte);<br />

• wäre die regelmäßige und zeitnahe Erfassung wesentlicher sozioökonomischer/soziodemografischer<br />

Daten wünschenswert;<br />

• wäre in bestehenden bzw. bevorstehenden Datenerhebungen eine<br />

klarere Trennung objektiver von subjektiven <strong>Überschuldung</strong>sindikatoren<br />

wünschenswert;<br />

• um die Datenauswertung zu verbessern, wäre eine Verständigung<br />

auf methodische Ansätze wünschenswert.<br />

Das Prozesshafte und die Multikausalität, die die <strong>private</strong> <strong>Überschuldung</strong> kennzeichnen,<br />

sollten sich auch in den politischen Bemühungen widerspiegeln. Hierzu<br />

liefert Großbritannien ein diskussionswürdiges Beispiel. <strong>Die</strong> Britische Regierung<br />

hat eine „Task Force zur Bewältigung der <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong>“ ins Leben<br />

gerufen, der unterschiedliche Regierungsressorts, die Kreditwirtschaft,<br />

Verbraucherverbände, non-profit Organisationen und Wissenschaftsinstitute<br />

angehören. Ihre Aufgabe besteht darin, auf der Grundlage wissenschaftlicher<br />

Untersuchungen einen nationalen Aktionsplan zu entwickeln, der rechtliche und<br />

tatsächliche Aktivitäten forcieren soll (z.B. strengere Lizensierungspflichten für<br />

Geldverleiher, Entwicklung eines Entschuldungsverfahrens für vermögens- und<br />

einkommenslose Schuldner, Programme zur Finanziellen Allgemeinbildung). Der<br />

Aktionsplan definiert Erfolgskriterien, die den Maßstab für den jährlich vorzulegenden<br />

Evaluationsbericht bilden. Der Aktionsplan soll laufend fortgeschrieben<br />

und gegebenenfalls korrigiert werden. <strong>Die</strong> Idee der „Task Force“ ist ein diskussionswürdiger<br />

Ansatz für ein gesamtgesellschaftliches, koordiniertes Vorgehen in<br />

Deutschland.<br />

Unabhängig von dem für August 2004 angekündigten Referentenentwurf für<br />

eine Änderung des Verbraucherinsolvenzverfahrens sollte in den nächsten Jahren,<br />

sobald Erfahrungen mit einer nennenswerten Zahl von restschuldbefreiten<br />

Schuldnern vorliegen, über eine grundlegende Reform nachgedacht werden.<br />

<strong>Die</strong>se sollte den „post-contractual“-Ansatz modifizieren und – wie Frankreich und<br />

Skandinavien – die Umstände des Ver- und <strong>Überschuldung</strong>sprozesses stärker <strong>im</strong><br />

wirtschaftlichen Verfahrens-ergebnis abbilden. Im Gegensatz zum Deutschen<br />

Recht n<strong>im</strong>mt das Französische Modell bewusst Abstand vom Gebot der<br />

Gläubigergleichbehandlung und fördert damit die Verhandlungsbereitschaft aller<br />

Gläubiger. Das Französische Modell liefert auch Denkanstöße zur Stärkung des<br />

außergerichtlichen Einigungsversuchs. <strong>Die</strong> Gütekommissionen, die die verschiedenen<br />

wirtschaftlichen und sozialen Interessen repräsentieren, stoßen auf vergleichsweise<br />

hohe Akzeptanz. Sie sind zudem mit Kompetenzen ausgestattet, die<br />

die ursprünglichen Verhandlungsungleichgewichte zwischen Schuldner und<br />

Gläubigern austarieren und Sanierungsmaßnahmen mit Hilfe von Zwangsmitteln<br />

durchsetzen können.<br />

Professionelle und unabhängige Beratung ist kostenintensiv. Vor dem Hintergrund<br />

der in dieser Studie aufgezeigten zusätzlich wünschenswerten Beratungsbedarfe<br />

(Abbildung 1) sollten Modelle diskutiert werden, wie eine ausreichende<br />

Beratungsinfrastruktur trotz des zunehmenden öffentlichen Sparzwangs aufrechterhalten<br />

werden kann. Ausgangspunkt dieser Diskussion könnte das New Yorker<br />

Pilotprojekt „Coalition for Consumer Bankruptcy Debtor Education“ sein.<br />

203


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

Anmerkungen<br />

1 Insbesondere festzustellen bei den öffentlichen Debatten über die Reform des Privatkonkursverfahrens in den USA<br />

und Großbritannien sowie die Einführung eines solchen in Portugal.<br />

2 Ramsay (2003a), S.37<br />

3 Ebenda, S.39<br />

4 <strong>Die</strong> Befragung basierte auf einer schriftlichen Umfrage ergänzt um persönliche Interviews. Der Fragebogen umfasste<br />

31 Fragen zu folgenden Themenblöcken: A. Development of indebtedness among <strong>private</strong> households,<br />

B. Development of over-indebtedness among <strong>private</strong> households, C. Public attention on the social phenomena of<br />

consumer over-indebtedness, D. Official data on consumer indebtedness/over-indebtedness, E. Treatment of consumer-overindebtedness:<br />

judicial and other measures. <strong>Die</strong> Experten gehören wissenschaftlichen Einrichtungen an<br />

und verfügen über langjährige Erfahrungen in der Thematik (Belgien: Observatoire du Crédit et de l'Endettement;<br />

Finnland: National Research Institute of Legal Policy; Frankreich: Institut National de la Consommation; Niederlande:<br />

Erasmus University Rotterdam; Portugal: Observatório do Endividamento dos Consumidores/Centro de Estudos<br />

Sociais, Faculdade de Economia da Universidade de Co<strong>im</strong>bra; Schweden: Konsumentverket).<br />

5 Caplovitz (1963)<br />

6 „Konkurs“ leitet sich aus dem Lateinischen „concurrere“ ab und bedeutet das Zusammenkommen der Gläubiger.<br />

7 „Einfache <strong>Überschuldung</strong>” (surrendettement: Impossibilité manifeste pour le débiteur de bonne foi de faire face à<br />

l’ensemble de ses dettes non professionnelles exigibles et à échoir.). Zu den Definitionen zweier weiterer <strong>Überschuldung</strong>statbestände<br />

siehe Köhler (2003a), S.638/639<br />

8 Siehe hierzu Kapitel E.I.<br />

9 Gilt nur noch bis 31.8.2004 und wird ab 1.9.2004 durch neue Vorschriften zur Verbraucherinsolvenz abgelöst.<br />

10 Aizcorbe (January 2003), S.3<br />

11 Quellen: Für die EU-Mitgliedstaaten: Eurostat, Wirtschaftskammer Österreich, Statistisches Bundesamt; für die USA:<br />

U.S. Census Bureau<br />

12 Quelle: Statistics Finland, Outstanding Credit<br />

13 Quelle: Finnish Bankers’ Association, Survey on Saving and Credit Use in 2001-2004<br />

14 Quelle: Observatoire de l’endettement des ménages<br />

15 Quelle: National Statistics, in: Kempson (September 2002), S.2 (Auszug aus Tabelle 1.1). Siehe <strong>im</strong> übrigen auch<br />

Tudela; Young (December 2003)<br />

16 Kempson (September 2002), S.12-14. Hierbei handelt es sich nur um „mainstream”-Kreditprodukte. Nicht ausge<br />

wiesen ist „sub-pr<strong>im</strong>e credit“, den „non-status“ und „alternative“ Geldverleiher einkommensschwachen Haushalten<br />

zu unverantwortlichen Preiskonditionen anbieten (siehe hierzu noch Kapitel D.).<br />

17 Quelle: Dutch Financial Markets Authority, May 2004<br />

18 Marques; Frade (2003), S.124 (Auszug aus Grafik 1)<br />

19 Quelle: Bank of Portugal<br />

20 Quelle: CETELEM, „Observador 2001“<br />

21 Untersuchung der Schwedischen Verbraucherorganisation zur <strong>private</strong>n <strong>Überschuldung</strong> <strong>im</strong> Auftrag der<br />

Schwedischen Regierung (4. Quartal 2003)<br />

22 Zwischen 1970 und 2000 hat sich die Gesamtverschuldung <strong>im</strong> Verhältnis zum verfügbaren Gesamteinkommen der<br />

Haushalte be<strong>im</strong> Konsumentenkredit (revolvierender und nicht-revolvierender) von 16 auf 21% erhöht; Quellen:<br />

Rederal Reserve für die Gesamtverschuldung und Bureau of Economic Analysis für das Haushaltseinkommen<br />

(Gesamt).<br />

23 Quelle: Federal Reserve Statistical Release, Consumer Credit, Release Date: May 7, 2004<br />

24 Aizcorbe (January 2003), S.21 ff.<br />

25 Quelle: Zeitreihe PQ3150 der Deutschen Bundesbank<br />

26 Knies; Spieß (2003), S.278, Tabelle 1<br />

27 Siehe hierzu Kapitel C.V.2.<br />

28 Zum <strong>Vergleich</strong> der Daten mit der Gesamtpopulation siehe Tabelle 4<br />

29 Quelle: National Bank of Belgium<br />

30 Quelle: Statistics Finland, Outstanding Credit<br />

31 Ebenda<br />

32 Quelle: Statistics Finland’s Household Survey<br />

33 <strong>Die</strong> Streuung war wie folgt: < 500 £ (16%), 500 < 1.500 £ (7%), 1.500 < 3.000 £ (5%), 3.000 < 7.000 £ (7%),<br />

7.000 < 10.000 £ (3%), 10.000 £ und mehr (4%); Kempson (September 2002), S.14 (Auszug aus Tabelle 2.4).<br />

Ordnet man dem durchschnittlich geschuldeten Kreditbetrag Produkte zu, ergibt sich folgendes Bild: Kreditkarte<br />

(1.570 £), Ratenkredit/Versandhandel (240 £), Personal loan (5.000 £), Teilzahlungskauf (3.800 £), Überziehungs<br />

kredit (450 £), Kredit bei Handelsunternehmen (210 £); ebenda. Zu einem weitgehend identischen Ergebnis kommt<br />

die Untersuchung von B&W Deloitte (unter Beteiligung der Financial Services Authority) in 2002; Financial Services<br />

Authority : FSA (2003), S.40 (Box 3).<br />

34 Department of Trade and Industry: DTI; Department of Work and Pensions: DWP (2004), S.13, Punkt 18; Financial<br />

Services Authority (2004)<br />

204


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

35 Ebenda, S.13, Punkt 19; Kempson (September 2002), S.15 (Auszug aus Tabelle 2.5), 16<br />

36 Quelle: Experian’s Credit Reference Agency; Department of Trade and Industry : DTI : Task Force on Overindebtedness<br />

(January 2003), S.61<br />

37 Department of Trade and Industry: DTI; Department of Work and Pensions: DWP (2004), S.10, Abbildung 1<br />

38 Marques; Frade (2003), S.128 (Auszug aus Tabelle 3)<br />

39 Quelle: Bank of Portugal<br />

40 Ebenda<br />

41 Quelle: Riksbank<br />

42 Aizcorbe (January 2003), S.24<br />

43 Ebenda, S.25<br />

44 Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich 2001 die Kreditzinssätze reduziert haben; Aizcorbe (January 2003), S.26.<br />

45 Ebenda, S.28<br />

46 Gallagher (26.12.2001)<br />

47 Knies; Spieß (2003), S.279, Tabelle 2<br />

48 So verfügten 1989 61% der britischen Privathaushalte über durchschnittlich 2,1 Kreditzugangsmöglichkeiten. 2001 war<br />

dieser Anteil auf 75% gestiegen. 44% hiervon machten von der Kreditzugangsmöglichkeit auch tatsächlich Gebrauch.<br />

47% hatten offene Zahlungsverpflichtungen; Kempson (September 2002), S.12. Zur Entwicklung der Zugangsmöglichkeiten<br />

über Kreditkarten siehe noch Kapitel B.II.<br />

49 <strong>Die</strong>se Aussage ist vor der Einschränkung zu sehen, dass aus den Statistiken Umschuldungen weitgehend nicht<br />

erkennbar sind.<br />

50 Mit Ausnahme von Portugal, wobei hier zu beachten ist, dass sich Portugal erst seit seiner EU-Mitgliedschaft schrittweise<br />

auf dem Weg in eine Kreditgesellschaft bewegt und die erstmals vorhandenen Kreditzugangsmöglichkeiten für<br />

breite Teile der Bevölkerung genutzt werden, um in den Aufbau eines Haushaltsstandes zu investieren.<br />

51 Für Großbritannien: Department of Trade and Industry: DTI; Department of Work and Pensions: DWP (2004), S.23 ff.,<br />

Punkt 45 ff.Kempson (September 2002), S.5, 15-17; Financial Services Authority: FSA (2003), S.37. Department of<br />

Trade and Industry: DTI: Task Force on Overindebtedness (January 2003), S.3, 11. Für die USA: Aizcorbe (January<br />

2003), S.1<br />

52 Privathaushalte, deren Vorstände zwischen 20 und 49 Jahre alt waren, verfügten über 2,6 (20-29 Jahre) bzw. 2,4<br />

(30-39 und 40-49 Jahre) Kreditverpflichtungen. <strong>Die</strong>s korrespondiert mit dem Lebenslagenansatz, wonach gerade diese<br />

Altersgruppen in den Aufbau eines eigenen Haushaltes und in langlebige Vermögenswerte investieren. Zieht man den<br />

Familienstand hinzu, trat die höchste Zahl der Kreditverpflichtungen bei Familien mit 2 Kindern (2,5), Alleinerziehenden<br />

und kinderlosen Ehepaaren (jeweils 2,2) und Singles (2,0) auf. Einkommenshöhe und kurzfristige Einkommensschwankungen<br />

(nach unten und oben) übten den größten Einfluss auf die Nutzung der Kreditzugangsmöglichkeiten<br />

aus. So lag die Zahl der Kreditverbindlichkeiten bei Niedriglohnbeziehern (< 5.000 bzw. 5.000-7.499 £ brutto p.a.) bei<br />

2,3 bzw. 2,8. Ähnlich die Verschuldung bei Jahresbruttoeinkommen von 15.000-24.999 £ (2,7 Verbindlichkeiten) und<br />

von 25.000-34.999 £ (2,3 Verbindlichkeiten). Dort, wo Privathaushalte innerhalb der letzten 12 Monate<br />

Einkommenseinbußen oder -zuwächse erfahren hatten, was auf 74% der Haushalte zutraf, war die Zahl der<br />

Kreditverpflichtungen mit 2,7 am höchsten; diese Gruppe machte in dieser Situation auch zu 38% von der<br />

Kreditfunktion ihrer Kreditkarten Gebrauch; Kempson (September 2002), S. 10/11 (Auszug aus Tabelle 2.2), 12-14, 22.<br />

53 Kempson (September 2002), S.39; Department of Trade and Industry: DTI: Task Force on Overindebtedness<br />

(January 2003), S.3<br />

54 Marques; Frade (2003), S.124<br />

55 Im Jahr 2000 hatten 14% der U.S.-Bevölkerung (ca. 41,16 Mio. Bürger) weder einen <strong>private</strong>n noch einen staatlichen<br />

Versicherungsschutz; http://www.census.gov/population/pop-profile/2000/chap15.pdf (vom 8.2.2003). Siehe auch<br />

Jacoby (2003), S.287 ff. Aktuelle Feststellungen beziffern die Zahl auf 43,6 Mio. US-Bürger; Pyne (13.07.2004)<br />

56 Flynn; Bermant (October 2001)<br />

57 Quelle: Statistics Finland, Financial Statistics<br />

58 Quelle: British Bankers’ Association, in: Kempson (September 2002), S.3 (Auszug aus Tabelle 1.2)<br />

59 Credit Card Research Group (2001)<br />

60 Quelle: National Statistics, in: Kempson (September 2002), S.3 (Auszug aus Tabelle 1.1). Siehe <strong>im</strong> übrigen auch:<br />

http://www.statistics.gov.uk<br />

61 Credit Card Research Group (2002)<br />

62 Quelle: Marktest 2001<br />

63 Aizcorbe (January 2003), S.25<br />

64 Gross; Souleles (2002), S.151<br />

65 Ratsuchende der New Yorker Schuldenberatungsstelle BUCCS (Budget & Credit Counseling), die das<br />

Privatkonkursverfahren nach Chapter 7 oder 13 U.S. Bankruptcy Code beantragen, verfügen nach Angaben der<br />

BUCCS-Berater <strong>im</strong> Durchschnitt über 6-11 Kreditkarten.<br />

66 Quelle: Federal Reserve Statistical Release, Consumer Credit, Release Date: May 7, 2004<br />

67 Quelle: Federal Reserve Statistical Release 1995<br />

205


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

68 Gallagher (26.12.2001)<br />

69 Hammer (18.09.2003). Zur Entwicklung bis Mitte 1999 siehe auch Korczak (2001), S.36/37<br />

70 Durchschnittlicher Jahresumsatz 2002 bei Mastercard-Inhabern 1.642 €<br />

71 <strong>Die</strong> Umsätze laufen auf dem Kreditkartenkonto auf und werden – in der Regel monatlich – über das Girokonto des<br />

Karteninhabers eingezogen.<br />

72 5% der britischen Kreditkarteninhaber gelten als überschuldungsgefährdet; Quelle: Thwaites (June 2004)<br />

73 Sullivan; Warren; Westbrook (2000), S.137 ff.<br />

74 Kempson (September 2002), S.3 (unter Bezugnahme auf eine Untersuchung des Marktforschungsinstituts NOP<br />

Research aus dem Jahr 2001). In der Tendenz schon ähnlich: Rowlingson; Kempson (1994)<br />

75 Hammer (18.09.2003)<br />

76 Deutsche Bundesbank (11. September 2003), S.6; der durchschnittliche Wert pro Transaktion<br />

eines Karteninhabers übersteigt hingegen geringfügig den <strong>internationalen</strong> Mittelwert.<br />

77 Hammer (18.09.2003)<br />

78 Kempson (September 2002), S.10/13<br />

79 Schufa Holding AG [Hrsg.] (November 2003)<br />

80 Roland Berger Market Research / IJF Institut für Jugendforschung (Juni 2003)<br />

81 Müller (2003)<br />

82 Schufa Holding AG [Hrsg.] (November 2003)<br />

83 Insbesondere durch die von großen Handelsketten ausgegebenen „store cards“.<br />

84 Lewis (21.09.2001)<br />

85 Lewis (21.9.2001)<br />

86 Ebenda; Lewis (21.09.2001). Eine Gesetzesinitiative, die das Kreditkartenl<strong>im</strong>it für Studenten auf 20% ihres<br />

Jahreseinkommens begrenzen und das Einverständnis der Eltern für die Ausdehnung des L<strong>im</strong>its vorschreiben wollte, ist<br />

gescheitert; ebenda.<br />

87 Von den 43,6 Mio. nicht krankenversicherten U.S.-Bürger sind 41% junge Erwachsene; Pyne (13.07.2004)<br />

88 Ebenda; unter Verweis auf die <strong>im</strong> Mai 2004 veröffentlichte Untersuchung des Commonwealth Fund<br />

89 Hochrechnung des L’Observatoire du crédit et de l’endettement<br />

90 Quellen: Statistics Finland und The National Research Institute of Legal Policy<br />

91 <strong>Die</strong> Studie wurde <strong>im</strong> Auftrag der „Task Force on Overindebtedness“ durchgeführt; die Britische Regierung setzte die<br />

Task Force <strong>im</strong> Oktober 2000 ein; Kempson (September 2002), S.39. Department of Trade and Industry : DTI : Task<br />

Force on Overindebtedness (January 2003), S.3. Department of Trade and Industry: DTI; Department of Work and<br />

Pensions: DWP (2004), S.14, Punkt 21. <strong>Die</strong> Untersuchung von Oxera, die bei der Verwendung der selben Daten zu<br />

dem Ergebnis gelangt, <strong>Überschuldung</strong> sei nur das Problem einer geringen Minderheit, überzeugt nicht, weil die ver<br />

wendeten Messkriterien zu ungenau sind und objektive mit subjektiven Kriterien vermengt werden (Verhältnis der<br />

Schuldentilgung zum Einkommen, die Anzahl der Haushalte mit Zahlungsrückständen und die subjektive Einschätzung<br />

zu hoher Kreditverpflichtungen); Oxera (April 2004).<br />

92 Hochrechnung der Swedish Consumer Agency auf der Basis ausgewerteter Fallakten<br />

93 Gegenüber 11,7% in 2001 und 11,3% in 2000; Weinberg (26.09.2003)<br />

94 Korczak (2001)- Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht Ende August 2004 eine<br />

aktualisierte Schätzung.<br />

95 Zu den beiden Ansätzen „ökonomische Lösung“ und „Beachtung der sozialen Realität“ siehe schon Kapitel A.<br />

96 Der Begriff der Verbraucherinsolvenz wird an dieser Stelle als übergeordneter Begriff für einen Schuldner verwendet,<br />

der die Voraussetzungen der jeweiligen nationalen Legaldefinitionen für Insolvenz, Konkurs oder <strong>Überschuldung</strong> erfüllt.<br />

97 Einen detaillierteren Überblick über die judiziellen Entschuldungsverfahren gibt Kapitel E.I.<br />

98 Quellen: National Research Institute of Legal Policy. Der Anstieg in 2003 um 50% gegenüber dem Vorjahr geht auf eine<br />

2003 in Kraft getretene Gesetzesänderung zurück, die Zugangsbarrieren zum Debt adjustment-Verfahren beseitigt hat.<br />

<strong>Die</strong> vergleichsweise hohen Verfahrenszahlen zwischen 1993 und 1995 gehen auf die Einführung des Schuldenregulierungsverfahrens<br />

zurück, auf das viele Überschuldete gewartet hatten.<br />

99 Köhler (2003b), S.77 (m.w.N.). Aus der Gesamtzahl „826.000“ ist nicht der Anteil der Verfahren zu entnehmen, in<br />

denen das Gericht eingeschaltet werden musste. Bis zur Reform 1995 schloss sich an ein gescheitertes Güteverfahren<br />

ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren an. Mit der Reform 1995 entfiel der gerichtliche Verfahrensabschnitt;<br />

die Kompetenzen der Gütekommissionen wurden ausgedehnt; die Gerichte können die von den Gütekommissionen<br />

empfohlenen Sanierungsvorschläge für vollstreckbar erklären.<br />

100 Übersteigen die Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners nicht 5.000 £ und ist er gleichwohl nicht in der Lage, ein<br />

gegen ihn ergangenes Zahlungsurteil zu erfüllen, kann er den Erlass einer Administration Order beantragen (County<br />

Courts Act 1984, s 112-117; „poor person’s bankruptcy“). Der Schuldner hat dem Gericht eine Gläubigerübersicht und<br />

einen Schuldenregulierungsplan vorzulegen. Das Gericht informiert die Gläubiger über die Absicht, eine Administration<br />

Order zu erlassen. <strong>Die</strong> Gläubiger können diesem Ansinnen – zeitlich befristet – widersprechen. Ergeht die<br />

Administration Order, sind die Gläubiger anschließend gehindert, die Eröffnung eines Privatkonkursverfahrens zu bean<br />

tragen. Der Schuldner leistet die <strong>im</strong> Regulierungsplan vereinbarten Raten an das Gericht, das diese unter Abzug einer<br />

206


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

Aufwandsgebühr unter den Gläubigern verteilt. <strong>Die</strong> Zahlungsdauer soll drei Jahre nicht überschreiten. Nach Erfüllung<br />

seiner Zahlungspflichten ist der Schuldner gegenüber den <strong>im</strong> Plan benannten Gläubigern von seinen Restschulden<br />

befreit. <strong>Die</strong> Administration Order hat sich in der Praxis nicht als Instrument zur schnellen und effektiven Bewältigung<br />

von Kleininsolvenzen bewährt. Viele Gläubiger drängen darauf, mit ihrer Forderung nicht in die Gläubigerliste aufgenommen<br />

zu werden, um so nicht auf ihre Forderung (teilweise) verzichten zu müssen. Außerdem verlangen Gläubiger<br />

häufig Planlaufzeiten von mehr als drei Jahren. So beträgt die durchschnittliche Laufzeit sechs bis sieben Jahre.<br />

Planlaufzeiten von zehn bis 25 Jahren kommen ebenfalls vor. <strong>Die</strong> formale Begrenzung auf Fälle mit einer<br />

Gesamtverschuldung bis 5.000 £ wird der Realität von „multiple debts“ nicht gerecht. Siehe auch Ramsay (2003b)<br />

101 Ebenda, S.213<br />

102 Vor einem Konkurseröffnungsbeschluss prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen für ein Individual Voluntary<br />

Arrangement vorliegen (Insolvency Act 1986, c 45, s 273). Es soll Freiberuflern, Selbständigen und Geschäftsführern die<br />

Entschuldung ermöglichen, ohne sich dem stigmatisierenden Konkursverfahren mit dem Risiko nachhaltiger beruflicher<br />

Nachteile aussetzen zu müssen. <strong>Die</strong> Gesamtschulden dürfen 20.000 £ nicht übersteigen. Hierbei darf es sich zudem nur<br />

um ungesicherte Verbindlichkeiten handeln (Gläubiger mit gesicherten oder vorrangig zu befriedigenden Forderungen<br />

dürfen sich aber freiwillig dem <strong>Vergleich</strong> anschließen). Der Wert des verwertbaren Schuldnervermögens muss minde<br />

stens 2.000 £ betragen. Der <strong>Vergleich</strong> sieht für die – möglichst nicht zu überschreitende – Dauer von drei Jahren regel<br />

mäßige Zahlungen aus dem laufenden Einkommen des Schuldners vor. Zudem ist sein verwertbares Vermögen teilweise<br />

zu liquidieren. Dem <strong>Vergleich</strong> müssen mindestens 75% der Summenmehrheit der (ungesicherten) Gläubiger zust<strong>im</strong><br />

men. In diesem Fall wird der <strong>Vergleich</strong> be<strong>im</strong> Insolvency Service (Department of Trade and Industry) registriert. Ein<br />

gewerblicher Insolvency Practitioner überprüft die Umsetzung. Das Individudal Voluntary Arrangement wird in der<br />

Praxis für die hohen Kosten der Insolvency Practitioner kritisiert (1.500-2.500 £ pro Fall), die ihre <strong>Die</strong>nste offensiv<br />

bewerben. Ebenda, S.211/212<br />

103 Quellen: The Insolvency Service (http://www.insolvency.gov.uk/information/stats/statistics.htm); Department of Trade<br />

and Industry/Court Service; siehe auch Edwards (May 2003), S.9. Der überdurchschnittlich starke Anstieg der<br />

Privatkonkursverfahren <strong>im</strong> 1. Quartal 2004 ist auf höhere Verfahrensgebühren zurückzuführen, die ab dem<br />

1. April 2004 gelten.<br />

104 Nur wenn ein Schuldner den gerichtlichen Sanierungsplan nicht erfüllt oder während der Laufzeit unabgest<strong>im</strong>mt neue<br />

Kredite aufn<strong>im</strong>mt, wird das gerichtliche Schuldenregulierungsverfahren von Amts wegen in einen Verbraucherkonkurs<br />

umgewandelt, der nach herkömmlichen Konkursregeln abgewickelt wird.<br />

105 Quelle: Statistiken der zuständigen Handelsgerichte. <strong>Die</strong> Verfahren werden nach den für Unternehmensinsolvenzen<br />

geltenden Vorschriften abgewickelt. Im September 2004 wird ein Verbraucherinsolvenzverfahren eingeführt.<br />

106 Quelle: Riksskatteverket (National Tax Board); Sivers; Gunnarsson (2000)<br />

107 Hierbei handelt es sich nicht um ein Verbraucherinsolvenzverfahren, sondern um ein Verfahren, das nach den<br />

allgemeinen Insolvenzregeln abgewickelt wird.<br />

108 „Adjustment of debts of an individual with regular income“ (auch „wage earner’s plan” genannt). Das Verfahren unter<br />

Chapter 13 US Bankruptcy Code sieht vor, dass der Schuldner unter der Obhut eines gerichtlich bestellten Treuhänders<br />

den Gläubigern sein verfügbares künftiges Einkommen für eine Regeldauer von 3 Jahren – verlängerbar auf max<strong>im</strong>al 5<br />

Jahre – zur Verfügung stellt. Der Schuldner hat nicht sein Vermögen zu verwerten; dies unterliegt weiterhin seiner<br />

Verfügungsgewalt.<br />

109 American Bankruptcy Institute (2004)<br />

110 „Straight liquidation“. Der Schuldner hat für seine Entschuldung seine Vermögenswerte, nicht hingegen sein monatlich<br />

verfügbares Einkommen, einzusetzen. Bundesrecht (z.B. Bankruptcy Code) und Bundesstaatenrecht nehmen jedoch<br />

einzelne Vermögensgegenstände – insbesondere die Wohn<strong>im</strong>mobilie – vom Verfahren aus („exempt properties“).<br />

111 Hahlen (18.03.2004), S.11/12<br />

112 Umfasst sind auch Wieder-Alleinlebende (nach Trennung vom Partner oder Tod des Partners)<br />

113 Quelle: Statistics Finland, Household survey<br />

114 Quelle: Bevölkerungsumfragen<br />

115 Ebenda<br />

116 Ebenda<br />

117 Department of Trade and Industry : DTI; Department of Work and Pensions : DWP (2004), S.27, Punkt 59<br />

118 Quelle für die nachfolgenden Daten: DECO (Portugals größte Verbraucherorganisation).<br />

119 <strong>Die</strong> nachfolgenden Daten zu a) beziehen sich jeweils auf Schuldner, die mit Hilfe der Schuldnerberatung die<br />

außergerichtliche Schuldenregulierung suchen.<br />

120 <strong>Die</strong> nachfolgenden Daten zu b) beziehen sich jeweils auf Schuldner, die ein Restschuldbefreiungsverfahren<br />

unter dem Debt Relief Act betreiben.<br />

121 Warren (2003), S.127<br />

122 Quelle: U.S. Census Bureau. Verglichen mit dem durchschnittlichen sonstigen U.S.-Jahreseinkommen von 42.228 $;<br />

Warren (2003), S. 124/125<br />

123 Korczak (2001), S.138. Eine Aktualisierung der Daten ist für Ende August 2004 angekündigt.<br />

124 Ebenda, S.133<br />

207


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

125 Ebenda, S.134<br />

126 Ebenda, S.135<br />

127 Consumer Bankruptcy Project I (1981), II (1991) und III (2001). 2001 wurden die Konkursakten von 1.250<br />

Privathaushalten untersucht. Ergänzend wurden die beteiligten Haushalte in Form von Fragebögen und 1-2stündigen<br />

Telefoninterviews zu ihrem Einkommensstatus, ihrem beruflichen Werdegang (Ausbildung und status quo) und zu ihrer<br />

Wohnsituation (Wohneigentum) befragt. <strong>Die</strong> Haushalte entstammten fünf U.S.-weiten Bezirken. <strong>Die</strong> Untersuchung<br />

schloss auch Befragungen von Richtern, Rechtspflegern, Konkursverwaltern und Rechtsanwälten mit ein. Warren (2003)<br />

128 Ebenda, S.124-127 m.w.N.<br />

129 Ebenda, S.128-131 m.w.N.<br />

130 Ebenda, S.136-140 m.w.N.<br />

131 Quelle: Finnish Debt Enforcement Authorities<br />

132 Quelle: Ministry of Justice, Debt Enforcement Statistics<br />

133 Quellen: Lord Chancellor’s Department Judicial Statistics, Registry of County Court Judgements und Registry Trust,<br />

siehe Kempson (September 2002), S.6<br />

134 MAT = Money Advice Trust (http://www.moneyadvicetrust.org). <strong>Die</strong> Untersuchung, die Teil eines Europäischen<br />

Gemeinschaftsprojekts war, wurde in 60 Money Advice Centres in England und Wales durchgeführt; vgl. Institut für<br />

Finanzdienstleistungen (2000)<br />

135 Edwards (May 2003), S.8<br />

136 Quelle: Department of Studies and Planning of the Ministry of Justice. Allerdings ist bei diesen Zahlungsklagen der<br />

Anlass zur Klage nicht zwingend in tatsächlichen Liquiditätsproblemen des Schuldners zu finden, so dass die hohen<br />

Verfahrenszahlen vorsichtig zu bewerten sind.<br />

137 <strong>Die</strong> aktuell verfügbaren Statistiken geben nur Einblick in die Entwicklung einzelner Regionen, nicht aber für die USA<br />

insgesamt.<br />

138 Korczak (2001), S.140/141<br />

139 Quelle: Argetra-Verlag, der die Termine bundesweit erfasst<br />

140 Edwards (May 2003), S.8/9<br />

141 Kempson (September 2002), S.23. Kempson; McKay; Willitts (June 2004), die die 2001-Daten für Familien mit Kindern<br />

neu aufbereitet haben, kommen nach wie vor zu ähnlichen Ergebnissen.<br />

142 Kempson (September 2002), S.25-27, 31<br />

143 Wegen der neu eingeführten Kommunalsteuer<br />

144 Kempson (September 2002), S.27/28. Im Tenor ähnlich: Department of Trade and Industry : DTI; Department of Work<br />

and Pensions : DWP (2004), S.16, Punkt 27<br />

145 Kempson (September 2002), S.30/31<br />

146 Department for Transport (2001)<br />

147 Consumer Citizens (National Association of Citizens Advice Bureaux); http://www.citizensadvice.org.uk/aboutus.ihtml<br />

148 Edwards (May 2003), S.4, 6/7, 25. Ähnliche Steigerungsraten berichten auch andere Anbieter von Schuldnerberatung.<br />

149 Zu weiteren Tatbestandsmerkmalen von Statusarmut siehe Reifner (2003), S.24 ff.<br />

150 Edwards (May 2003), S.11, 14<br />

151 Bei einer Streubreite von 1 bis 32, vgl. Edwards (May 2003), S.18<br />

152 Ebenda; gegenüber der letzten Untersuchung von 1991 entspricht dies einem Zuwachs um 32%.<br />

153 Bei einer Streubreite von 132 bis 111.000 £; ebenda, S.2<br />

154 Ebenda<br />

155 Ebenda, S.69/70<br />

156 Identisch mit „doorstep“-Kredit; siehe hierzu auch Kapitel C.V.2.<br />

157 Edwards (May 2003), S.25. In diesen Zusammenhang gehören auch die Feststellungen von CA und der Financial<br />

Services Authority (FSA), wonach (Mortgage) Payment Protection Insurances (MPPI / PPI) Zahlungsprobleme nicht auf<br />

fangen, sondern verschl<strong>im</strong>mern, weil die Policen typische Zahlungsschwierigkeiten von Kreditnehmern aus ihrem<br />

Leistungskatalog ausschließen, ohne dass dies dem Versicherten transparent ist; ebenda, S.50 ff. und Financial Services<br />

Authority: FSA (2003), S.39.<br />

158 Zur Definition von prozeduraler Armut siehe Reifner (2003), S.26/27<br />

159 Für die USA siehe z.B. Caskey (January 2002)<br />

160 Kempson; Whyley (1998)<br />

161 Turner (2003)<br />

162 Quelle: Survey of Consumer Finances; Financial Services Authority (July 2000), S.63<br />

163 Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat am 30.6.2004 eine Beschlussempfehlung zum Bericht der<br />

Bundesregierung zur Umsetzung der Empfehlungen des ZKA zum Girokonto für jedermann (BT-Drucksachen 15/2500<br />

und 15/3274) angenommen, die u.a. einen gesetzlichen Anspruch ablehnt und die Bundesregierung auffordert darauf<br />

hinzuwirken, dass künftig die Ablehnung eines Ersuchens um Eröffnung eines Guthabenkontos sowie eine<br />

Kontokündigung schriftlich begründet wird und der Betroffene zugleich auf die Möglichkeit der kostenlosen<br />

Beschwerdemöglichkeit bei einer (konkret zu benennenden) Beschwerdestelle hingewiesen wird;<br />

208


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

164<br />

http://www.bundestag.de/bic/plenarprotokolle/pp/116/index.html<br />

Deutscher Bundestag (11.2.2004), S.5<br />

165 Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände e.V. (http://www.agsbv.de)<br />

166 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />

167 Deutscher Bundestag (11.2.2004), S.4<br />

168 Zu den diskr<strong>im</strong>inierenden Preiskonditionen des „zweiten Kreditmarkts“ siehe Kapitel D.<br />

169 Kempson; Whyley Claire (1999).<br />

170 Kempson; Whyley Claire (1999)<br />

171 <strong>Die</strong> entsprechenden Anbieter lehnten die Kreditgewährung ab, vgl. Office of Fair Trading (1999)<br />

172 Rowlingson; Whyley; Warren (1999). Kempson; Whyley (1998). Office of Fair Trading (1999)<br />

173 Palmer; Conaty (2002), S.5.<br />

174 Auch neuere Untersuchungen beziehen sich überwiegend auf die Daten des „Survey of Consumer Finances“ in 1995<br />

und 1998. Siehe z.B. Caskey (January 2002); Turner (2003)<br />

175 Das Einkommen erreicht max<strong>im</strong>al 80% des U.S.-Medianwerts.<br />

176 Bewertung durch FairIsaac Inc., der größten Kreditscoring-Organisation; Financial Services Authority (July 2000), S.70<br />

177 Financial Services Authority (July 2000), S.66/67<br />

178 Ebenda, S.66<br />

179 Siehe beispielhaft Reifner (2002)<br />

180 <strong>Die</strong> Ergebnisse beziehen sich auf eine Auswertung der Schuldenregulierungsfälle unter dem Debt Relief Act (ohne die<br />

Fälle ehemals Selbständiger und mithaftender Ehegatten für Schulden aus der ehemaligen Selbständigkeit).<br />

181 Alle Werte beziehen sich auf das Jahr 2001.<br />

182 Le Duigou (2000). <strong>Die</strong> Untersuchung wertete Fallakten der regionalen Gütekommissionen aus.<br />

183 Edwards (May 2003), S.54; Kempson (September 2002), S.31/32<br />

184 Ebenda, S.55<br />

185 Damit ist nicht ein übersteigertes Konsumverhalten gemeint, sondern die objektive Feststellung, dass das Verhältnis von<br />

verfügbarem Einkommen zu Zahlungsverpflichtungen gestört ist.<br />

186 Quelle: Untersuchung der Swedish Consumer Agency <strong>im</strong> Auftrag der Schwedischen Regierung (2003)<br />

187 Financial Services Authority (July 2000), S.70 f.<br />

188 U.S. Department of Labor : Bureau of Labor Statistics (29.08.2000)<br />

189 Jacoby (2003), S.283<br />

190 Korczak (2001), S.136<br />

191 In Großbritannien kann sich jeder als Geldverleiher registrieren lassen; auch unregistrierte Geldverleiher sind anzutreffen.<br />

Großbritannien ist „a safe haven for high cost lenders”, Palmer; Conaty (2002), S.4; Financial Services<br />

Authority (July 2000). Es gibt aktuelle Bestrebungen, dieses Marktsegment stärker zu reglementieren; siehe hierzu<br />

das aktuelle „White paper“ der Britischen Regierung: Department of Trade and Industry (December 2003)<br />

192 Hierher gehören auch best<strong>im</strong>mte Einzelhandels- und Versandhandelsketten, vgl. Palmer; Conaty (2002).<br />

193 Ebenda, S.5<br />

194 Marktführer sind hier Provident Financial, London Scottish Bank, Shopacheck, Morses und S & U; ebenda. Der Wert<br />

dieses Marktsegments wird auf 3,3 Mrd. £ geschätzt.<br />

195 Palmer; Conaty (2002), S.9<br />

196 Ebenda, S.14 f.<br />

197 Financial Services Authority (July 2000), S.56<br />

198 Ebenda, S.42. Palmer; Conaty (2002), S.18 f. Zu diesem Problem siehe auch Edwards (May 2003), S.9<br />

199 Palmer; Conaty (2002), S.25<br />

200 Kempson (September 2002), S.40 ff.; Ramsay (2003a), S.25/26<br />

201 Financial Services Authority (July 2000), S.73 f.<br />

202 Palmer; Conaty (2002), S.20<br />

203 Financial Services Authority (July 2000), S.73<br />

204 USA: Title 11 U.S. Code (Populärbezeichnung: U.S. Bankruptcy Code); England/Wales: Insolvency Act 1986 in seiner<br />

Fassung durch den Enterprise Act 2002<br />

205 Mit Ausnahme Dänemarks, das 1984 ein Schuldenbefreiungsverfahren eingeführt hatte.<br />

206 Von der erstmals auch Privathaushalte betroffen waren, die zuvor der Mittelschicht angehörten.<br />

207 Siehe Tabelle 3<br />

208 <strong>Die</strong> Neuregelung geht auf den Enterprise Act 2002 zurück. Bis zum 31. März 2004 wurde die Restschuldbefreiung<br />

nach zwei Jahren (Verbindlichkeiten nicht höher als 20.000 £) bzw. nach drei Jahren erteilt.<br />

209 Contribution Order<br />

210 Debt Enforcement Agent’s Office bzw. das Gericht<br />

211 Niemi-Kiesiläinen (1997), S.497<br />

212 Niemi-Kiesiläinen (2003), S.49, 53, 54<br />

213 Loi n° 98-657 du 29 juillet 1998 d’orientation relative à la lutte contre les exclusions (frei übersetzt: Gesetz betreffend<br />

209


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

den Kampf gegen Ausgrenzung; Köhler (2003b), S.164)<br />

214 Eine Ausnahme betraf Hypothekenverbindlichkeiten. Reichte der Erlös aus einer zwangsversteigerten Immobilie nicht<br />

aus, um die Hypothekenschuld zu tilgen, war ein Restschuldenerlass beschränkt auf diese Verbindlichkeit möglich.<br />

215 Wegen weiterer Verfahrensdetails siehe Köhler (2003b)<br />

216 <strong>Die</strong> regional eingesetzten Gütekommissionen setzen sich seit dem 2.8.2003 wie folgt zusammen: Ein Vertreter der<br />

öffentlichen Verwaltung in dem Departement als Präsident, ein Vertreter der zentralen Finanzverwaltung als<br />

Vizepräsident, ein örtlicher Repräsentant der Bank von Frankreich, zwei örtliche Persönlichkeiten, die von den<br />

Verbraucherverbänden und der Kreditwirtschaft vorgeschlagen werden, ein Vertreter der Steuerbehörde (seit der<br />

Reform 1998), ein Berater in sozialökonomischen und ein Berater in Familienfragen (seit der Reform 2003).<br />

217 Das Gericht konnte bis zur Gesetzesreform 1998 einen Zahlungsaufschub von max<strong>im</strong>al fünf Jahren gewähren; seit dem<br />

3.2.1999 kann dieser auf acht Jahre und seit dem 2.8.2003 auf zehn Jahre ausgedehnt werden.<br />

218 Zur Kompetenzverteilung zwischen Gütekommission und Gericht siehe Fn.99<br />

219 3.2.1999<br />

220 <strong>Die</strong> Gesetzesänderung hat das Tatbestandsmerkmal der „dauerhaften Insolvenz“ eingeführt. Danach darf der Schuldner<br />

über kein pfändbares Vermögen und pfändbare Einkommensbeträge verfügen.<br />

221 Seit dem 2.8.2003 max<strong>im</strong>al zwei Jahre<br />

222 Seit dem 2.8.2003 ist nur noch der teilweise Restschuldenerlass möglich. Der vollständige Restschuldenerlass bleibt<br />

dem neuen gerichtlichen Verfahren „retablissement personnelle“ vorbehalten mit den für dieses Verfahren geltenden<br />

Eröffnungsvoraussetzungen.<br />

223 Das Moratorium dient zunächst nur dazu, insolventen Schuldnern eine Rekonvaleszenzphase einzuräumen, in der sie<br />

ihre Sanierungsfähigkeit wiederherstellen sollen. Verbessert sich die finanzielle Situation, hat der Schuldner nach Ablauf<br />

des Moratoriums einen Sanierungsplan zu erfüllen. Verbleibt es bei der dauerhaften Insolvenz, ist hingegen ein teilweiser<br />

oder vollständiger Schuldenerlass möglich. Während des Moratoriums laufen Zinsen – beschränkt auf den<br />

gesetzlichen Zinssatz – auf die Hauptforderung auf. Kritische Betrachtung der Gesetzesreform 1998 bei Köhler (2003b),<br />

S.164 ff.<br />

224 Loi n° 2003-710 (Loi d’orientation et de programmation pour la ville et la rénovation urbaine)<br />

225 Kritisch hierzu Köhler (2003a)<br />

226 Auch das deutsche Verbraucherinsolvenzverfahren ist diesem Modell zuzuordnen.<br />

227 Niemi-Kiesiläinen (2003)<br />

228 Für das Deutsche Verbraucherinsolvenzverfahren gilt dies allerdings erst seit dem 1.12.2001, da erst ab diesem<br />

Zeitpunkt mittellose Schuldner die Stundung der Verfahrenskosten beantragen können.<br />

229 Siehe hierzu Fn.110<br />

230 Siehe hierzu Fn.108<br />

231 Das Stufenverhältnis gilt eingeschränkt auch für England und Wales, soweit die Voraussetzungen für ein Individual<br />

Voluntary Arrangement vorliegen. Siehe hierzu Fn. 102.<br />

232 <strong>Die</strong> Niederländischen kommunalen Kreditbanken arbeiten nicht gewinnorientiert, sondern nach dem Kostendeckungsprinzip.<br />

Ihre originäre Funktion besteht darin, Risikogruppen den Zugang zum Kredit zu ermöglichen. Das Niederländische<br />

Kreditgesetz zum Schutz der Bevölkerung gegen Wucher regelt die Aufgaben der kommunalen Kreditbanken<br />

<strong>im</strong> Detail.<br />

233 Huls; Jungmann; Niemeijer (2003), S.312.<br />

234 In diesem Fall muss zunächst die Kopf- und Summenmehrheit der Gläubiger dem Plan zugest<strong>im</strong>mt haben. Auf Antrag<br />

eines Gläubigers oder des Schuldners kann das Gericht die Einwendungen eines Gläubigers durch eine Zust<strong>im</strong>mung<br />

ersetzen, wenn er durch den Plan <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit den anderen Gläubigern oder <strong>im</strong> <strong>Vergleich</strong> mit dem voraussicht<br />

lichen Verlauf des gerichtlichen Verfahrens nicht benachteiligt wird.<br />

235 Institut National de la Consommation (INC) (Mai 1995). Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt die Studie des Centre de<br />

Recherche sur l’Épargne (CREP), das 790 Fälle untersuchte; siehe „Une étude peinte les difficultés grandissantes des<br />

ménages surendettés. Les plans d’apurement des dettes ne sont pas respectés”, in: Le Monde, Ausgabe vom<br />

18.5.1995, S.15.<br />

236 Huls; Jungmann; Niemeijer (2003), S.305<br />

237 <strong>Die</strong> rückgängigen Einigungsquoten sind umso bedenklicher, als dass 2/3 der Städte und Kommunen ab Ende der 80er<br />

Jahre Fonds einrichteten („debt funds“ und „guarantee funds“), aus denen entweder zusätzliche Zahlungen an<br />

best<strong>im</strong>mte Gläubiger geleistet wurden („debt funds“) oder die <strong>im</strong> Zahle der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kraft<br />

einer Bürgschaft einsprangen („guarantee funds“). Mit Einführung des gerichtlichen Schuldensanierungsverfahrens sind<br />

mittlerweile 1/3 dieser Fonds aufgelöst. <strong>Die</strong> Anstrengungen der „debt management agencies“, einen außergerichtlichen<br />

<strong>Vergleich</strong> zu erreichen, sind erkennbar zurückgegangen, nachdem Gläubiger selbst unter der Aussicht, <strong>im</strong> gerichtlichen<br />

Verfahren wegen des vorherigen Abzugs von Verfahrenskosten weniger zu erhalten, nicht stärker zu<br />

<strong>Vergleich</strong>slösungen bereit sind. Huls; Jungmann; Niemeijer (2003), S.307 ff.<br />

238 <strong>Die</strong> kommunale Kreditbank Den Haag bezifferte den Anteil auf ca. 40%; Trendelenburg (2000), S.120 (dort Fn. 594)<br />

239 Jungmann; Niemeijer; Voert (2001)<br />

240 Das hat dazu geführt, dass die Niederländische Regierung eine Untersuchung zu den Schwachstellen des neuen<br />

210


INTERNATIONALER VERGLEICH | ANMERKUNGEN<br />

gerichtlichen Verfahrens und seine negativen Auswirkungen auf die außergerichtliche <strong>Vergleich</strong>sbereitschaft in Auftrag<br />

gegeben hat; vgl. Jungmann; Niemeijer; Voert (2001)<br />

241 Durchschnittswert einer Stichprobenuntersuchung; Reifner; Springeneer (19.06.2001)<br />

242 Bundesministerium der Justiz (April 2003), S.15; die Durchschnittsquote bezieht Beratungsstellen ein, die Zugriff auf<br />

Fonds haben, aus denen den Gläubigern attraktive Einmalzahlungen angeboten werden können. In diesen Beratungsstellen<br />

liegen die außergerichtlichen Einigungsquoten bis zu 80%.<br />

243 Der Zeitraum ist abgeleitet aus der Dauer des Prüfungsverfahrens der Gütekommission, ob der Fall direkt dem Gericht<br />

zugeführt wird, und der Dauer des Liquidationsverfahrens.<br />

244 Eine Verkürzung auf fünf Jahre gemäß Art. 107 EGInsO ist in Verfahren, die ab dem 1.7.2003 eröffnet worden sind,<br />

nicht mehr möglich; BGH, Beschluss vom 21.5.2004 – IX ZB 274/03.<br />

245 Sie sind <strong>im</strong> Verfahren sogar vorrangig zu befriedigen, Title 11 U.S.C. §507(a)(8).<br />

246 Es sei denn, die Ausnahme von der Restschuldbefreiung würde eine unzumutbare Härte darstellen.<br />

247 <strong>Die</strong> Ausnahme bedarf eines entsprechenden Gläubigerantrages.<br />

248 Title 11 U.S.C. §523(a)<br />

249 Auch hier gilt, dass Ausbildungsdarlehen nicht ausgenommen sind, wenn ansonsten eine unzumutbare Härte vorläge.<br />

250 Title 11 U.S.C. §1328(a)<br />

251 Jurisch (2002), S.191 f.<br />

252 „Ja“ bedeutet, dass die Forderung von der Restschuldbefreiung ausgenommen ist.<br />

253 „Aber privilegiert“ bedeutet, dass der Schuldner die Forderungen vorrangig zu erfüllen hat, um Restschuldbefreiung<br />

zu erhalten.<br />

254 Der Umfang der Ausnahmetatbestände in dem erst ab September 2004 eingeführten Verfahren konnte nicht gesichert<br />

recherchiert werden.<br />

255 So hat beispielsweise der Belgische Cour d’Arbitrage in seinem Urteil vom 30.1.2003 die grundsätzliche Zurückhaltung<br />

des Belgischen Schuldensanierungsverfahrens bei Restschuldbefreiungen für dauerhaft insolvente Schuldner aufge<br />

weicht und festgestellt, dass ein Gericht den Antrag eines dauerhaft insolventen Schuldners auf Schuldensanierung<br />

nicht wegen des Grundes zurückweisen darf, dass dieser zum Zeitpunkt der Antragstellung keinerlei Zahlungen leisten<br />

kann.<br />

256 So z.B. die Untersuchung des Centre de Recherche sur l’Épargne (CREP) 1994/95 <strong>im</strong> Auftrag des Conseil National du<br />

Crédit und die Untersuchung von Hyest; Loridant (1997-1998).<br />

257 Zuständig für die 2003-Reform des Verbrauchersanierungsverfahrens war dann auch das Französische Ministerium für<br />

Stadtentwicklung und urbane Erneuerung.<br />

258 Kritisch zur Sozialbetreuung Köhler (2003a)<br />

259 Department of Trade and Industry : DTI; Department of Work and Pensions : DWP (2004), S.6<br />

260 Ab 1.1.2005 Sozialgesetzbuch XII<br />

261 Sie verzeichneten 1998 insgesamt 1,4 Mio. Anfragen zur Schuldenreorganisation. <strong>Die</strong> vergleichsweise geringe Zahl<br />

hängt damit zusammen, dass CCCS nur Regulierungspläne für Schuldner erstellt, die noch verfügbares Einkommen<br />

haben und damit Raen leisten können. Braucher (1999), S.166 (Fn.48), 167<br />

262 Der Vorschlag, der Teil eines umfassenden Gesetzgebungspaketes zur Änderung der Privatkonkursverfahren ist (siehe<br />

hierzu Springeneer (2001)), steht <strong>im</strong> aktuellen (108.) U.S. Kongress zur Debatte an.<br />

263 http://www.nyls.edu/pages/103.asp<br />

264 Sie unterscheidet sich von der Schuldenberatung dadurch, dass diese die akute finanzielle Krise eines Ratsuchenden<br />

zu bewältigen versucht. Damit setzt der Beratungsprozess erst unmittelbar vor dem Entschuldungs- oder Insolvenzverfahren<br />

ein. Ziel der Finanziellen Allgemeinbildung ist hingegen kein fallbezogenes Krisenmanagement<br />

265 „Financial literacy is a category of money knowledge and skills. Financial literacy involves the ability to understand<br />

financial terms and concepts and to translate that knowledge skilfully into behaviour (…) Financial literacy embodies<br />

the min<strong>im</strong>um knowledge necessary to participate gainfully in the economy; it is the essential set of tools that will<br />

define how daily money choices are made (…) Without it, there will be no money to invest or comparison shop.<br />

Jacob; Hudson; Bush (2000), S.8 f.<br />

266 Weitere Angebote finden sich bei Reifner (2003), S.213 ff.<br />

267 Ebenda<br />

268 Department of Trade and Industry : DTI; Department of Work and Pensions : DWP (2004), S.28 f.<br />

269 U.S. Department of Labor : Bureau of Labor Statistics (29.08.2000)<br />

211


Projektbeirat / Diskussionsbeiträge<br />

213


PROJEKTBEIRAT<br />

Projektbeirat<br />

Mit Hilfe des Projektbeirats wurde der Schulden-Kompass 2004 weiter ausdifferenziert. <strong>Die</strong> interdisziplinäre<br />

Ausrichtung des Beirats ermöglicht die Gewinnung weiterer Indikatoren zur Analyse der<br />

<strong>private</strong>n Ver- und <strong>Überschuldung</strong>. Das Forum <strong>im</strong> Anschluss der Kurzporträts enthält Diskussionsbeiträge<br />

einiger Beiratsmitglieder.<br />

Adelheid Braumann<br />

Jahrgang 1951. Regierungsdirektorin und Referentin der Abteilung Familie be<strong>im</strong> Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind präventive wirtschaftliche<br />

Bildung und Beratung, Ver- und <strong>Überschuldung</strong> <strong>private</strong>r Haushalte, Schuldnerberatung sowie<br />

allgemeine und grundsätzliche Fragen der Wohnungspolitik und des Bau- und Mietrechts sowie<br />

der Wohneigentumsbildung.<br />

Prof. Dr. Winfried Hacker<br />

Studium der Psychologie (1952-1957 TH Dresden) und Pädagogik (1965-1966 Pädagogische<br />

Hochschule Dresden). Neben einem Teilarbeitsverhältnis als Assistent/Oberassistent Arbeit in der<br />

Wirtschaft (Leiter einer Abteilung für Arbeitspsychologie /-hygiene in der chemischen Industrie<br />

1961-1965). Exper<strong>im</strong>entelle Habilitation zur Auge-Hand-Koordination 1965. Nach Dozentur für<br />

Psychologie 1966 Professur für Psychologie bis zur Emeritierung 2000 mit Schwerpunkten <strong>im</strong><br />

Grenzgebiet von Allgemeiner und Arbeits-/Organisationspsychologie. 2001/2002 Vertretungsprofessur<br />

an der Universität Gießen (Teilstelle) sowie Lehrauftrag für das gleiche Fachgebiet<br />

an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH). Das Hauptforschungsinteresse und<br />

Publikationsschwerpunkt ist die psychische Regulation des zielgerichteten menschlichen<br />

Handelns und dabei insbesondere kognitive (Gedächtnis- und intellektuelle) Grundlagen der<br />

Handlungsregulation.<br />

Prof. Dr. Johannes Hoffmann<br />

Jahrgang 1937. Studium der Theologie, der Volkswirtschaftslehre und der Psychologie in Münster,<br />

München, Bonn und Saarbrücken; Promotion zum Dr. theol. in Bonn mit der Arbeit "Praktizierende<br />

Katholiken zwischen Kirche und Gesellschaft" 1971; 1974 Wissenschaftlicher Rat und Professor an<br />

der Pädagogischen Hochschule Westfalen Lippe in Münster für den Bereich Theologische<br />

Anthropologie und Moralpädagogik; seit 1976 Professor für Moraltheologie und Sozialethik am<br />

Fachbereich Katholische Theologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/M; seit<br />

1985 Mitglied des Vorstandes von Theologie Interkulturell e.V., Frankfurt/M; seit 1993 geschäftsführender<br />

Projektleiter des Projektes "Ethisch-Ökologisches Rating" an der Universität Frankfurt/M.;<br />

seit 1999 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates der oekom research AG; seit 2000<br />

Vorsitzender des Vereins CRIC, Verein für ethisch orientierte Investoren; seit 2003 Vorsitzender des<br />

Umweltrates der Umweltbank; Mitglied in Ethikbeiräten von zwei österreichischen und zwei<br />

deutschen Banken.<br />

214


PROJEKTBEIRAT<br />

Dr. Rainer Metz<br />

Ausbildung zum Juristen in Deutschland und den USA, selbständiger Rechtsanwalt seit ca. 15 Jahren.<br />

Tätigkeiten für den Verbraucherschutz, u.a. bei der Verbraucher-Zentrale NRW und <strong>im</strong><br />

Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft; für die Europäische<br />

Kommission und andere Länder. Autor zahlreicher Veröffentlichungen, insbes. <strong>im</strong> Verbraucherkreditrecht<br />

und zur Verbraucherverschuldung.<br />

Prof. Dr. Hans-W. Micklitz<br />

Hans-W. Micklitz, Lehrstuhl für Privat- und Wirtschaftsrecht an der Universität Bamberg, Jean<br />

Monnet Lehrstuhl für Europäisches Wirtschaftsrecht, Vorstand des Instituts für Europäisches<br />

Wirtschafts- und Verbraucherrecht, e.V. Berlin, Studium der Rechtswissenschaft und der Soziologie<br />

in Mainz, Lausanne/Genf (Schweiz), Giessen und Hamburg. Consultancies für die OECD Paris, UNEP<br />

Genf/Nairobi Kenia und CI (Consumers International) Den Haag Niederlande/Penang Malaysia.<br />

Visiting Professor an der University of Michigan, Ann Arbor, Jean Monnet Fellow am Europäischen<br />

Hochschulinstitut Florenz, Gastprofessor am Somerville College University of Oxford. Vorsitzender<br />

des Wissenschaftlichen Beirates für Verbraucher- und Ernährungspolitik be<strong>im</strong> Bundesministerium<br />

für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft.<br />

Rainer Neumann<br />

Diplom-Mathematiker, Vorstandsvorsitzender der SCHUFA HOLDING AG u.a. verantwortlich für<br />

Marketing, Vertrieb und Solutions. Berufliche Stationen: Vorstandsmitglied der Deutschen Postbank<br />

AG, Vorstandsmitglied der LBS Landsbausparkasse Württemberg mit unterschiedlichen Leitungsfunktionen<br />

in den Bereichen Bausparmathematik und Marketing.<br />

Uli Röhm<br />

Fernsehjournalist und Wirtschaftsredakteur be<strong>im</strong> ZDF, vor zwanzig Jahren einer der Gründungsredakteure<br />

des Fernsehmagazins für Wirtschaft und Soziales WISO. Jahrgang 1945, Studium <strong>im</strong><br />

Diplomstudiengang Industrie Design Planungs- und Entscheidungswissenschaften. Seit 1973 Autor<br />

bei Zeitungen und Zeitschriften, freier Mitarbeiter bei verschiedenen ARD-Hörfunk- und<br />

Fernsehredaktionen und zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a. das Streitbuch "Schwarzgeld <strong>im</strong><br />

Visier", Autor des "WISO-Geld-Buch". Verschiedene Lehraufträge für Presse und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Zuvor Referent bei der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucher, Pressesprecher <strong>im</strong> Bundesministerium<br />

für Jugend, Familie und Gesundheit und Leiter der Pressestelle be<strong>im</strong> Hauptvorstand<br />

der Gewerkschaft ÖTV.<br />

215


PROJEKTBEIRAT<br />

Manfred Schöler<br />

Manfred Schöler ist Leiter der Abteilung Marktstrategie des Deutschen Sparkassen- und<br />

Giroverbandes. Zuvor war er Leiter der Abteilung Privatkunden, stellvertretender Abteilungsleiter der<br />

Abteilung Sparkassengeschäfte, Werbung, Marktforschung und Referent für das Passivgeschäft. Vor<br />

seiner Tätigkeit be<strong>im</strong> Deutschen Sparkassen- und Giroverband war er nach dem Studium der<br />

Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannhe<strong>im</strong> Projektleiter in einem Marktforschungsinstitut.<br />

Vor und während des Studiums arbeitete Manfred Schöler insgesamt drei Jahre bei der Kieler<br />

Spar- und Leihkasse. Manfred Schöler ist verantwortlich für die unternehmerische Seite der StartUp-<br />

Initiative der Sparkassen-Finanzgruppe und <strong>im</strong> Vorstand des Business Angels Netzwerk Deutschland<br />

(BAND) vertreten.<br />

Marius Stark<br />

Marius Stark, geboren 1950 in Düsseldorf, Studium der Sozialarbeit in Köln, 1985 Initiator und erster<br />

Mitarbeiter der Schuldnerberatung des Sozialdienst kath. Frauen und Männer in Düsseldorf, seit<br />

1990 als Referent für Schuldnerberatung auf Bundesebene be<strong>im</strong> SKM – Kath. Verband für soziale<br />

<strong>Die</strong>nste in Deutschland tätig. Seit 1995 n<strong>im</strong>mt der SKM für den Deutschen Caritasverband (DCV) die<br />

innerverbandliche Koordinierung und die außerverbandliche Vertretung des Arbeitsfeldes<br />

„Sozialberatung für Schuldner“ war. Marius Stark vertritt den DCV <strong>im</strong> Ständigen Ausschuss der<br />

Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV), in der sich die Wohlfahrts- und<br />

Verbraucherverbände für eine fachliche und überverbandliche Zusammenarbeit <strong>im</strong> Bereich der<br />

Schuldnerberatung 1995 zusammengeschlossen haben. Seit September 2000 ist er der Sprecher<br />

der AG SBV.<br />

Dirk Stein<br />

1966 geboren in Köln. Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln. Erste berufliche<br />

Tätigkeit in der Marketingabteilung der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer in<br />

London, Großbritannien. Danach Auslandsbankenbetreuer bei der Berliner Volksbank und zuletzt als<br />

Leiter des Euro-Desk tätig. Seit 1999 be<strong>im</strong> Bundesverband deutscher Banken <strong>im</strong> Geschäftsbereich<br />

Retail Banking, Zahlungssysteme und Informationstechnologie, zuständig insbesondere für Retail<br />

Banking, Verbraucherpolitik und SCHUFA.<br />

216


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Verbesserung der finanziellen Allgemeinbildung und des Verbraucherschutzes<br />

– unabdingbare Maßnahmen zur nachhaltigen Bewältigung<br />

und Vermeidung von <strong>Überschuldung</strong><br />

Von Adelheid Braumann<br />

Meinem Beitrag voranstellen möchte ich meinen Dank an die SCHUFA und hier <strong>im</strong> Besonderen<br />

an den Vorstandsvorsitzenden, Herrn Neumann, für den von ihm <strong>im</strong> Jahr 2002 eingeleiteten<br />

Diskussionsprozess, um dem Phänomen <strong>Überschuldung</strong> zu begegnen.<br />

Dass <strong>Überschuldung</strong> ein gesellschaftliches Problem ist, davon zeugen die jüngsten Hochrechnungen<br />

zur Entwicklung <strong>private</strong>r Haushalte für den Zeitraum 1999-2002, die das Institut für Grundlagen –<br />

und Programmforschung München <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend für den 2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung <strong>im</strong> Oktober 2004 vorgelegt<br />

hat. Danach gab es <strong>im</strong> Jahr 2002 rund 3,1 Millonen überschuldete <strong>private</strong> Haushalte, das<br />

waren rund 8,1% aller Haushalte in Deutschland. Fast identische Zahlen hat das Statistische<br />

Bundesamt in Zusammenarbeit mit WZB und ZUMA <strong>im</strong> Datenreport 2004 für das Jahr 2002 veröffentlicht.<br />

<strong>Überschuldung</strong> ist nicht nur für die betroffenen Familien problematisch. Sie wirkt sich auch negativ<br />

auf die Arbeitgeber der Überschuldeten, auf die Gläubiger und die öffentlichen Haushalte aus. Ohne<br />

Intervention verschlechtern sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Betroffenen und ihrer<br />

Familien weiter, und es steigen die Kosten für die Allgemeinheit. <strong>Die</strong>ses zu verhindern bedeutet, die<br />

Menschen zu befähigen, ihre Finanzen und damit auch ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen<br />

bzw. erst gar nicht in die Schuldenspirale zu geraten. Bei der Bewältigung der <strong>Überschuldung</strong> n<strong>im</strong>mt<br />

die Schuldnerberatung eine Schlüsselrolle ein. <strong>Die</strong> Wirksamkeit von Schuldnerberatung sowohl auf<br />

ökonomischer wie auf psychischer und sozialer Ebene haben unterschiedliche Studien belegt.<br />

Beispielsweise zeigt die Expertise von Herrn Prof. Dr. Hamburger, Johannes Gutenberg-Universität<br />

Mainz, die <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für den<br />

2. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung erstellt wurde, dass u.a. nach einjähriger<br />

Schuldnerberatung 46% der Überschuldeten einen gesicherten Arbeitsplatz gegenüber 27%<br />

zu Anfang der Beratung hatten. Je rechtzeitiger die Intervention beginnt, desto Erfolg<br />

versprechender ist sie. <strong>Die</strong>s setzt aber ein flächendeckendes Angebot von Schuldnerberatungsstellen<br />

voraus.<br />

Überschuldeten Mittel und Wege aus der <strong>Überschuldung</strong> aufzuzeigen und sie dabei zu unterstützen<br />

ist eine Sache. Parallel dazu gilt es, die Prävention nachhaltig auszubauen. Denn, obwohl es über<br />

Überschuldete insgesamt keine statistische Quelle gibt, zeigen die Klientenstatistik der<br />

Schuldnerberatung aber auch Informationen der allgemeinen Sozialberatung sowie soziologische<br />

Studien – zwei solcher Studien wurden durch die SCHUFA für den vorliegenden Schuldenreport in<br />

Auftrag gegeben –, dass in einer Vielzahl von Fällen nicht ausreichendes Wissen und Kompetenzen<br />

<strong>im</strong> Umgang mit Geld, mit Angeboten von Finanzdienstleistern aber auch mit Konsumwünschen in<br />

die <strong>Überschuldung</strong> führt.<br />

217


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Bildung ist und bleibt die zentrale Ressource für eine eigenverantwortliche Lebensführung und für<br />

eine verantwortungsvolle Teilhabe an der Gesellschaft. In diesem Zusammenhang gehört finanzielle<br />

Allgemeinbildung – also das Wissen und die Kompetenzen <strong>im</strong> Umgang mit Finanzdienstleistungen<br />

und Konsumwünschen – zur zentralen Voraussetzung für einen rationalen Umgang mit Geld. <strong>Die</strong><br />

Vermittlung entsprechender Qualifikationen wird zu einer <strong>im</strong>mer dringenderen Aufgabe.<br />

Entsprechend kommt der Verankerung der finanziellen Allgemeinbildung in der schulischen wie der<br />

außerschulischen Bildung eine zentrale Bedeutung zu.<br />

<strong>Die</strong> systematische Vermittlung von finanzieller Allgemeinbildung sollte möglichst früh ansetzen und<br />

<strong>im</strong> Sinne eines ganzheitlichen Verständnisses von Bildung als Lebenskompetenz an unterschiedlichen<br />

Bildungsorten wie z.B. in Kindergarten und Schule, in Familie und Freundeskreis, aber auch<br />

in der Kinder- und Jugendhilfe sowie in der Familienbildung stattfinden. Das Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren Frauen und Jugend hat deshalb die Erarbeitung einer Unterrichtshilfe für<br />

Lehrerinnen und Lehrer zur finanziellen Allgemeinbildung gefördert. <strong>Die</strong>se Arbeitshilfe, die unter<br />

Einbeziehung von Materialien der Verbände der Finanzwirtschaft erarbeitet wurde, wird das<br />

Netzwerk Schuldenprävention kostenlos ab November 2004 über das Internet unter:<br />

www.unterrichtshilfefinanzkompetenz.de zur Verfügung stellen.<br />

Zur Stärkung der finanziellen Allgemeinbildung gehört neben der Wissensaneignung der oder des<br />

Einzelnen in gleichem Maße ein effektiver Verbraucherschutz.<br />

Aufklärung, Information und Rechtsschutz tragen ebenso zur Vermeidung von <strong>Überschuldung</strong> bei.<br />

Der Aufforderung des Europäischen Rates für eine wirksame <strong>Überschuldung</strong>sprävention ist die<br />

Europäische Kommission zunächst durch den Vorschlag einer Richtlinie für Konsumentenkredite<br />

nachgekommen. Für Ende 2004 wird ein überarbeiteter Vorschlag erwartet.<br />

Ein Zugang zu Informationen ist notwendige Voraussetzung für eine wirksame <strong>Überschuldung</strong>sprävention.<br />

Neben der verantwortungsvollen Kreditvergabe gilt es für Finanzdienstleister, aber ebenso<br />

für alle Anbieter von Darlehenskäufen, den Kunden zu erklären, welche Gefahren mit einer<br />

weiteren, <strong>im</strong> Einzelfall nicht mehr tragbaren Verschuldung verbunden sein können.<br />

<strong>Überschuldung</strong>sprävention zielt auf Selbstbest<strong>im</strong>mung, Stärkung der Handlungskompetenz und die<br />

Förderung der Eigeninitiative. Ganzheitliche Schuldenprävention setzt nicht nur auf der individuellen<br />

Ebene, sondern auch auf der rechtlichen und strukturellen Ebene an. Neben der finanziellen<br />

Allgemeinbildung und dem Verbraucherschutz leisten die Sicherstellung der Teilnahme am bargeldlosen<br />

Zahlungsverkehr durch ein Girokonto auf Guthabenbasis und ein flächendeckendes Angebot<br />

der Schuldner- und Insolvenzberatung dabei ihren Beitrag. Zur nachhaltigen Bewältigung und<br />

Vermeidung von <strong>Überschuldung</strong> bedarf es eines effizienteren Zusammenwirkens von Staat,<br />

Wirtschaft und sozialen <strong>Die</strong>nsten auf allen regionalen Ebenen.<br />

218


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Mehr Staat oder mehr Verantwortung? Optionen einer<br />

rechtspolitischen Reform<br />

Von Hans-W. Micklitz<br />

<strong>Die</strong> Suche nach einer adäquaten Bewältigung der <strong>Überschuldung</strong> von Verbrauchern in der<br />

Konsumgesellschaft geht weiter. <strong>Die</strong> aktuelle politische Diskussion ist durch gegensätzliche<br />

Strömungen gekennzeichnet:<br />

• Auf der einen Seite steht der Ruf nach mehr Staat, nach einem Ausbau des Verbraucher<br />

schutzes <strong>im</strong> Verbraucherkreditrecht bzw. nach verbesserten Konditionen <strong>im</strong> Verbraucherinsolvenzrecht.<br />

<strong>Die</strong> Forderung nach mehr Staat führt zu weiteren Eingriffen in die Vertragsbeziehungen<br />

von Verbraucher und Kreditgeber, der Staat selbst wird mehr und mehr<br />

zum Verantwortungsträger.<br />

• Auf der anderen Seite steht die Forderung nach weniger Staat, nach einer Wieder-<br />

Herstellung der Handlungsautonomie der Vertragsparteien <strong>im</strong> Zeitpunkt der Kreditvergabe<br />

und <strong>im</strong> Falle der Verbraucherinsolvenz.<br />

Beide Optionen folgen einer je eigenen Logik, beide Optionen sind eng verknüpft mit Vorstellungen<br />

über die Rolle und Funktion des Sozialstaates, bzw. über die Reichweite und Intensität der<br />

Eigenverantwortung der Parteien. Beide Optionen setzen gleichermaßen auf das Recht als<br />

Gestaltungsform rechtspolitischer Überlegungen.<br />

1. Option: Paradoxerweise führt eine effizienzgesteuerte ökonomische Logik der Kreditvergabe<br />

nahezu zwangsläufig zu dem Ruf nach mehr Staat und einer weiteren Einschränkung der<br />

Vertragsfreiheit. Ökonomisch effizient ist eine standardisierte Kreditvergabe anhand bankeninterner<br />

Scoring-Kriterien, die eine kostenintensive Einzelprüfung mit ungewissem Ausgang<br />

ersetzen, so wie es teilweise schon heute für Kleinkredite bis zu einer best<strong>im</strong>mten Obergrenze<br />

praktiziert wird. <strong>Die</strong> Kreditvergabe degeneriert zu einer prädeterminierten Chance auf Kreditzuteilung,<br />

von der „verantwortungslose“ und/oder „bestens informierte“ Verbraucher nur allzu<br />

leicht Gebrauch machen können. Rechtliche Lösungsmuster müssten sich auf die standardisierte<br />

Kreditvergabe einstellen.<br />

<strong>Die</strong> Forderung nach einer Offenlegung der Scoring-Kriterien liegt auf der Hand, um deren rechtliche<br />

Überprüfung, einschließlich einer Haftung für fehlerhaftes Scoring, zu gewährleisten. Konterkariert<br />

wird die Neuverteilung der Verantwortung <strong>im</strong> Zeitpunkt der Kreditvergabe durch eine nachgelagerte<br />

Überprüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers währendder Laufzeit des Vertrages. <strong>Die</strong><br />

fallbezogene vertragliche Nachsorge ersetzt die individuelle vertragliche Prävention. Rechtlich umsetzen<br />

lässt die Überprüfung der Kreditwürdigkeit nur mit tiefen Einschnitten in das Konzept von<br />

pacta sunt servanda. Neue Vertragslösungsrechte, bzw. rechtliche Gegensteuerungsstrategien der<br />

Kreditgeber wären die unmittelbare Folge einer standardisierten Kreditvergabe ohne individuelle<br />

Überprüfung der Kreditwürdigkeit <strong>im</strong> Zeitpunkt der Kreditvergabe.<br />

219


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Ganz auf der Linie der effizienzgesteuerten Logik der Kreditvergabe liegt die aus den Vereinigten<br />

Staaten kolportierte 80/20 Politik, nach der es sich betriebswirtschaftlich lohnen muss, wenn 80%<br />

der Kreditnehmer ihre Kredite bedienen, während die verbleibenden 20% ggf. abgeschrieben werden.<br />

<strong>Die</strong> Folge einer solchen Geschäftspolitik zeigt sich in der spezifisch amerikanischen Deutungssicht<br />

des Verbraucherkonkurses. Der überschuldete Verbraucher ist mit seiner Kaufkraft nach einer gewissen<br />

Sperrfrist dem Wirtschaftskreislauf wieder zuzuführen. Ethische Verantwortungsmax<strong>im</strong>en<br />

treten hinter ökonomisches Kalkül zurück. So gesehen müsste das geltende deutsche Verbraucherinsolvenzverfahren<br />

drastisch verkürzt und von überbordenden moralischen Anforderungen<br />

entschlackt werden. Am Ende stünde ein Rechtssystem, das die individuelle Verantwortung von<br />

Verbraucher und Kreditnehmer zurückn<strong>im</strong>mt, die staatliche Verantwortung für eine angemessene<br />

Umverteilung und den Ausgleich der Risiken indessen verstärkt.<br />

2. Option: Politisch aktuell ist die Forderung nach weniger Staat, also nach der Ausgestaltung des<br />

Verbraucherkredits- und des Verbraucherinsolvenzrechts nach der Max<strong>im</strong>e individuell selbstverantwortlichen<br />

Handelns. Auch dieser Ansatz findet seine Spuren in der aktuellen Diskussion um die<br />

Neufassung der Verbraucherkreditrichtlinie bzw. der Novellierung des Verbraucherkonkurses.<br />

Danach müsste die Rechtsordnung so beschaffen sein, dass sie die beiden Vertragsparteien in die<br />

Pflicht n<strong>im</strong>mt, um die Risiken der <strong>Überschuldung</strong> so weit als irgend möglich zu reduzieren, anstatt<br />

sie <strong>im</strong> Nachhinein „angemessen” zu verwalten. Eine solche Vermeidungsstrategie hätte zuvörderst<br />

bei einer qualifizierten Beratung anzusetzen, in der standardisierte Bewertungskriterien nur den<br />

Auftakt für eine individuelle Kreditwürdigkeitsprüfung liefern. In Rechtsform gegossen geht es um<br />

„verantwortliche Kreditvergabe“ um „responsible lending“. Derlei Kostenvermeidungsstrategien<br />

sind für die Kreditgeber deshalb teuer, weil mit hohem Beratungs- und Qualifizierungsaufwand verbunden.<br />

Für den Kreditsuchenden bergen sie das erhöhte Risiko einer Ablehnung des Kreditgesuchs,<br />

wenn sich in der Beratung herausstellt, dass er sich den Kredit nicht leisten kann. Der Rechtsordnung<br />

würde die Aufgabe zuwachsen, eine qualifizierte Beratung sicherstellen zu müssen. „know your<br />

product” und „know your customer” wären rechtlich durchzukonfigurieren. Ansätze hierzu finden<br />

sich <strong>im</strong> Versicherungsrecht, <strong>im</strong> Anlagerecht und eben auch <strong>im</strong> Kreditrecht. Der Verbraucher hätte die<br />

Konsequenzen zu tragen, wenn er das Angebot einer qualifizierten Beratung ausschlüge, bzw.<br />

Angaben über seine Kreditwürdigkeit verweigern würde. Staatliche Hilfestellung in der<br />

Verbraucherinsolvenz wäre an ein kooperatives Verhalten zum Zeitpunkt der Kreditvergabe gebunden.<br />

<strong>Die</strong> Problematik einer derartigen Rechtspolitik liegt <strong>im</strong> Leitbild des gläsernen Kreditnehmers,<br />

weil nur der angemessen beraten werden kann und weil nur der unter den Schutz des<br />

Verbraucherinsolvenzverfahrens flüchten könnte.<br />

Fazit: Legt man die Erfahrungen der letzten Jahre zugrunde, so wird die Politik nicht mit eindeutigen<br />

Bekenntnissen aufwarten, sondern den Ruf nach mehr Staat und die Forderung nach weniger Staat<br />

miteinander zu verknüpfen suchen. Rechtliche Lösungsansätze sollten dann aber auch dem Umstand<br />

Rechnung tragen, dass die sozialen und ökonomischen Folgen der <strong>Überschuldung</strong> nur von allen<br />

gemeinsam bewältigt werden können: die Kreditgeber sind zur verantwortlichen Kreditvergabe aufgerufen,<br />

der Verbraucher muss mit dem erhöhten Risiko der Kreditverweigerung <strong>im</strong> eigenen<br />

Interesse leben, der Staat kann die Kosten der <strong>Überschuldung</strong> nicht allein finanzieren, neben den<br />

Verbrauchern müssen sich auch die Kreditgeber beteiligen.<br />

220


ADDENDUM<br />

Verschuldung, <strong>Überschuldung</strong> und Verbraucherkreditrichtlinie –<br />

verantwortliche Kreditvergabe und/oder ‚fresh start’<br />

Von Hans-W. Micklitz<br />

1. Das Konzept der verantwortlichen Kreditvergabe in der geplanten Verbraucherkreditrichtlinie<br />

Noch 1987 ging es der Europäischen Kommission vor allem darum, Preistransparenz durch einheitliche<br />

Kriterien für die Berechnung des Kreditzinses zu formulieren. Mit der jetzt angelegten großen<br />

Reform will die Kommission <strong>im</strong> Wege der Vollharmonisierung einen umfassenden einheitlichen<br />

Rahmen für die Vergabe von Verbraucherkrediten in Europa festlegen.<br />

Im Mittelpunkt der kontrovers geführten Diskussion steht das Konzept der verantwortlichen<br />

Kreditvergabe, neu-deutsch responsible lending. <strong>Die</strong> Europäische Kommission will der<br />

Kreditwirtschaft die rechtliche bindende Pflicht auferlegen, den Kunden vor der Kreditvergabe auf<br />

seine Kreditwürdigkeit zu überprüfen (screening) und ihn dementsprechend zu beraten. So soll die<br />

Prävention verbessert werden. <strong>Die</strong> Kreditwirtschaft sieht in der ‚Zwangsberatung’ eine unnötige<br />

Bevormundung des Verbrauchers.<br />

Sie würde haften, wenn sie ihrer Beratungs- und Prüfungsverpflichtung nicht nachkommt. Sofern<br />

der Verbraucher nicht die Daten liefert, die die Kreditwirtschaft für eine Prüfung der Kreditwürdigkeit<br />

benötigt, scheidet hingegen eine Haftung aus. Ob und inwieweit das Konzept der verantwortlichen<br />

Kreditvergabe das Gesetzgebungsverfahren passieren wird, ist unsicher. Dahinter verbirgt sich eine<br />

Richtungsentscheidung über die Best<strong>im</strong>mung der Verantwortungssphären.<br />

2. Ein Ausblick auf die divergierenden Ansätze in der EG und den USA<br />

Das Konzept der verantwortlichen Kreditvergabe ist mit der Ausgestaltung der Regelung über die<br />

Verbraucherinsolvenz verknüpft. Zwei unterschiedliche Ansätze stehen sich gegenüber, die angloamerikanische<br />

‚fresh start’ Philosophie und die kontinentaleuropäische des ‚earned fresh start’.<br />

Den USA, Kanada und dem Vereinigten Königreich, den Ländern des common law also, ist das<br />

Konzept der verantwortlichen Kreditvergabe/responsible lending mehr oder weniger unbekannt.<br />

Dafür gewähren diese Länder dem Verbraucher die Möglichkeit eines ‚fresh start’. Ist er nicht mehr<br />

in der Lage die aufgehäuften Schulden zu bezahlen, so soll er die Möglichkeit erhalten, sich über ein<br />

Verbraucherinsolvenzverfahren zu entschulden. <strong>Die</strong> Philosophie dieses Ansatzes ist vergleichsweise<br />

einfach. <strong>Überschuldung</strong> wird nicht als moralisches Versagen gewertet, das der Verbraucher lebenslang<br />

zu büßen hat, indem er für seine Schulden bis zum Tode einstehen muss. <strong>Überschuldung</strong> wird<br />

als gesellschaftliches Phänomen einer Marktgesellschaft prinzipiell unabhängig davon akzeptiert, ob<br />

es auf individuellen Fehlern (Leichtfertigkeit) oder sozio-ökonomischen Umständen (Arbeitslosigkeit,<br />

Scheidung etc.) beruht. Der überschuldete Verbraucher soll die Möglichkeit erhalten, als<br />

Marktbürger – mehr oder weniger schuldenfrei – in die Markt-Gesellschaft zurückzukehren. <strong>Die</strong><br />

Banken sollen als cheapest cost avoider die durch den Kreditausfall entstandenen Kosten in die<br />

Kreditkosten einrechnen. Insofern kommen die, die ihre Kredite bedienen, für die auf, die in die


ADDENDUM<br />

Insolvenz gehen. Dem entschuldeten Verbraucher steht der erste Kreditmarkt jedoch nicht mehr so<br />

zur Verfügung. Als Folge der ‚fresh start’ Philosophie ist ein weitgehend ungeregelter zweiter<br />

Kreditmarkt entstanden, auf dem sich die entschuldeten Verbraucher zwar bedienen können, jedoch<br />

zu wesentlich schlechteren Konditionen.<br />

<strong>Die</strong> kontinentaleuropäischen Staaten, einschließlich Deutschlands, haben sukzessive die<br />

Verbraucherinsolvenz zugelassen. Wiewohl die Modelle zum Teil divergieren, verbindet sie ihre<br />

Verankerung <strong>im</strong> Sozialstaatsmodell. Weit stärker als in den anglo-amerikanischen Ländern, übern<strong>im</strong>mt<br />

der Staat in der Schuldenregulierung jedoch eine gestaltende Aufgabe. Für<br />

Kontinentaleuropa kennzeichnend ist die Philosophie des ‚earned fresh start’. Der überschuldete<br />

Verbraucher wird nicht einfach aus der Verpflichtung zur Schuldentilgung entlassen, er muss sich<br />

diese Option erst ‚verdienen’. Hierin tritt deutlich die calvinistische Tradition Kontinentaleuropas<br />

zutage. Erst wenn der Verbraucher sich über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren wohl verhält<br />

und sich um die Tilgung seiner Schulden bemüht, winkt am Ende die Schuldbefreiung. <strong>Die</strong><br />

Schuldentilgung bleibt, anders als <strong>im</strong> anglo-amerikanischen Modell, oberstes Ziel des<br />

Insolvenzverfahrens.<br />

Das Konzept der verantwortlichen Kreditvergabe präsentiert sich als Kompromisslösung <strong>im</strong> Dreieck<br />

der Verantwortungsteilung von Verbrauchern, Banken und Staat. Letzterer zieht sich angesichts<br />

knapper Kassen aus der Verantwortung zurück, indem er sowohl die Verbraucher als auch die<br />

Banken stärker in die Pflicht n<strong>im</strong>mt. Erstere würden mit der verantwortlichen Kreditvergabe in die<br />

Kooperation gezwungen. <strong>Die</strong> Verbraucher müssten ihre Daten offen legen, die Banken müssten sie<br />

verantwortlich bewerten. Für die Finanzierung der Schuldenberatung bliebe der Staat jedoch prinzipiell<br />

in der Pflicht.<br />

3. Perspektiven<br />

Sollte das Konzept der verantwortlichen Kreditvergabe in Brüssel scheitern, wächst der Druck, das<br />

Insolvenzverfahren in Deutschland drastisch zu vereinfachen. <strong>Die</strong> anglo-amerikanische ‚fresh start’<br />

Philosophie liegt <strong>im</strong> Zug der Zeit. Eine wirkliche Alternative zum bisherigen Regelungsansatz bietet<br />

sie jedoch nur, wenn das Entstehen eines zweiten Kreditmarktes verhindert wird.


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Besser vorausplanen als später beraten<br />

Von Uli Röhm<br />

Familien werden nur dann Finanzpläne aufstellen, wenn vorher alle Hürden aus dem Weg geräumt<br />

sind. In der Berichterstattung über die steigende Zahl ver- und überschuldeter Haushalte geht es in<br />

den meisten Fällen auch um die Schuldnerberatung. Doch damit gelangt nur das letzte Glied einer<br />

unheilvollen Entwicklung in den Fokus der Öffentlichkeit. Sobald Menschen eine solche<br />

Schuldnerberatung brauchen, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Wer Familien davor<br />

bewahren will, sich zu verschulden, muss früher ansetzen und alles unternehmen, dass es gar nicht<br />

so weit kommt. <strong>Überschuldung</strong> lässt sich verhindern und Verschuldung vermeiden, wenn man<br />

Familien in die Lage versetzt, ihr Leben so zu planen und zu organisieren, dass die Höhe der<br />

Ausgaben und der Umfang ihrer Anschaffungen nicht höher ist als die Einnahmen und der Besitz<br />

über die sie regelmäßig verfügen und verfügen können.<br />

Mancher, der das gelesen hat, wird sich jetzt fragen: Was soll diese banale Aussage, das weiß doch<br />

jedes Kind. Aber was vielen selbstverständlich erscheint, ist in Deutschland für Millionen von<br />

Menschen längst nicht Normalität. Viele Familien haben Probleme ihre persönliche „Buchhaltung“<br />

in den Griff zu bekommen und eine ausgeglichene Gewinn- und Verlustrechnung für das eigene<br />

Budget vorzulegen. <strong>Die</strong>se Schwierigkeiten sind nicht auf die weniger Gebildeten oder sozial<br />

Schwachen begrenzt, diese Probleme gibt es in allen Schichten.<br />

Eine Ursache ist darin begründet, dass Ökonomie und Haushalten nicht von klein auf gelehrt und<br />

gelernt wird. Es hängt wohl auch damit zusammen, dass den regelmäßigen monatlichen Einnahmen<br />

eines Arbeitnehmerhaushalts, wie Gehalts- oder Rentenzahlungen, nicht unmittelbar und zeitgleich<br />

all die Ausgaben gegenüberstehen, die ebenfalls jeden Monat anfallen. Wäre das der Fall, könnte<br />

man sofort und bequem erkennen wie viel Geld darf höchstens ausgegeben werden, damit die<br />

Familie nicht in die Miesen rutscht. Es gibt zwar gleich bleibende monatlich anfallende Posten wie<br />

Mietkosten oder Ausgaben für Lebensmittel. Aber Probleme bereiten die außerordentlichen<br />

Zahlungen, die nicht auf den ersten Blick vorhersehbar sind. Bereits der Kauf von Elektrogroßgeräten,<br />

Kleidung oder Möbeln muss vorausgeplant werden, da diese Posten meist den Betrag<br />

übersteigen, der normalerweise am Monatsende in einem Arbeitnehmerhaushalt übrig ist.<br />

Rechtzeitig so viel Geld zurückzulegen, dass man sich dies alles leisten kann, bedarf einer vorausschauenden<br />

Planung. <strong>Die</strong>s gilt erst recht für größere Anschaffungen, wie die eines Autos oder von<br />

Wohneigentum oder der Finanzierung einer größeren Urlaubsreise für die gesamte Familie.<br />

Für viele ist es eine Überforderung, sich die Übersicht zu verschaffen, wie viel Geld kommt rein, was<br />

fließt regelmäßig ab und wann fallen welche größeren Ausgaben an. In der Vergangenheit gab es<br />

eine Hilfe in Form von so genannten Haushaltsbüchern. Dabei handelte es sich <strong>im</strong> Prinzip um<br />

größere Schulhefte, teilweise waren sie mit einem vorgedruckten Raster versehen. In die mussten<br />

von Hand alle Einnahmen und Ausgaben eingetragen werden. Das war eine mühsame, zeitaufwändige<br />

Angelegenheit und erforderte große Disziplin. Zumal vorher mit großer Sorgfalt auch noch alle<br />

Belege gesammelt werden mussten. Wer diese Aufgaben nicht täglich erledigt hat, dem wächst das<br />

Ganze innerhalb kurzer Zeit über den Kopf. <strong>Die</strong> wenigsten halten diese Form der Dokumentation<br />

über einen längeren Zeitraum durch. Das ist ein Grund, warum diese Form der Schuldenprävention<br />

zum Scheitern verurteilt ist. Familien, die Probleme haben ihre Finanzen in den Griff zu bekommen,<br />

221


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

fehlt meist auch die Ausdauer – und umgekehrt. Man kann Menschen nur dazu bewegen, Ausgaben<br />

vorausschauend zu planen, wenn vorher alle organisatorischen Hürden aus dem Weg geräumt sind.<br />

Aber auch wer es schafft, besitzt danach lediglich eine riesige Datensammlung. <strong>Die</strong> macht wenig<br />

Sinn, wenn man nicht in der Lage ist die Zahlen auswerten und daraus Schlüsse zu ziehen. Eine persönliche<br />

Finanzplanung funktioniert nur, wenn sie einfach durchzuführen – ohne Hilfe eines<br />

Steuerberater. Hilfsmittel müssen problemlos anzuwenden sein und sich selbst erklären. Nur dann<br />

bekommen auch normale Bürger ihre Familienfinanzen in den Griff.<br />

<strong>Die</strong> Wirtschaftsredaktion des ZDF hat sich dazu ein Konzept überlegt, mit dem das zeitaufwändige<br />

und umständliche Sammeln von Belegen und das komplizierte Erfassen der Daten von Hand vermieden<br />

wird, denn sie greifen auf die Buchungsdaten der Banken zurück, die ja bereits alle vorhanden<br />

sind. Voraussetzung ist ein PC mit Internetanschluss. <strong>Die</strong> gibt es inzwischen in der Mehrzahl der<br />

deutschen Haushalte und finden dort <strong>im</strong>mer mehr Verbreitung. Da es außerdem inzwischen über 30<br />

Millionen Girokonten gibt, die online geführt werden, bot es sich gerade zu an, die beiden miteinander<br />

zu verknüpfen. <strong>Die</strong> ZDF-Redakteure haben dafür das Finanzplanungsprogramm „WISO Mein<br />

Geld“ entwickelt, mit dem sich die Daten aus dem eigenen Girokonto automatisch abrufen lassen.<br />

Wer irgendwann über sein Girokonto beispielsweise die Stromrechnung beglichen hat, kann diese<br />

Buchung der Kategorie „Strom“ zuordnen. Dann werden künftig alle Abbuchungen oder Überweisungen<br />

an die Stadtwerke oder den entsprechenden Stromversorger automatisch und korrekt dieser<br />

Rubrik zugeordnet. Das gleiche gilt für jede andere Buchung auf dem Girokonto. Egal ob es sich um<br />

Gutschriften oder Belastungen handelt.<br />

„WISO Mein Geld“ ist ein sich selbst steuerndes Finanzverwaltungs-Programm und arbeitet voll<br />

automatisiert <strong>im</strong> Hintergrund, ohne dass Anwender gezwungen sind, sich jedes Mal jeden einzelnen<br />

Buchungsposten herauszusuchen, festzuhalten und zuzuordnen. Das erspart nicht nur eine Menge<br />

Arbeit, sondern verhindert auch „Lücken“ in der Buchungshistorie.<br />

Kontoauszüge sammeln ist eine Sache. Aus den darin enthaltenen Informationen erfolgreiche<br />

Schlussfolgerungen zu ziehen eine andere. <strong>Die</strong> Auswertungs-Funktionen des Programms schaffen<br />

Transparenz. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Standardeinstellungen für unterschiedliche<br />

Statistiken. Dadurch lassen sich Einnahmen und Ausgaben ohne viel Aufwand analysieren. Durch die<br />

Zuordnung nach Kategorierein kann man Zwischenauswertungen vornehmen und erfahren, wie viel<br />

Geld wurde beispielsweise für Essen, Wohnen oder Freizeit ausgegeben.<br />

Um <strong>Überschuldung</strong> zu vermeiden, ist der Blick in die Zukunft wichtig. So kann <strong>im</strong> Voraus festgelegt<br />

werden, wie viel Geld für das Auto, den Urlaub oder Lebensmittel ausgegeben werden sollen. Sobald<br />

dafür innerhalb eines Monats mehr als gewollt abgebucht wird, macht die Software darauf aufmerksam.<br />

Umgekehrt lassen sich Sparziele ebenso planen und kontrollieren.<br />

222


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

<strong>Die</strong> Liquiditätsplanung kann sogar noch einen Schritt weiter geführt werden. So lassen sich persönliche<br />

Ziele über einen langen Zeitraum abbilden und die finanzielle Entwicklung über einen Zeitraum<br />

von zehn Jahren prognostizieren, unter der Annahme, dass man in drei Jahren ein Haus kaufen,<br />

dann die Miete wegfällt, dafür aber ein Hypothekendarlehen abgetragen werden muss.<br />

Parallel kann die Gehaltsentwicklung angepasst und größere Anschaffungen wie Auto und Urlaub<br />

eingeplant werden. Tabellarische Aufbereitungen zeigen anschaulich, wo Spielräume sind und wo<br />

sich Deckungslücken ergeben.<br />

Mit solchen Programmen lässt sich natürlich auch die Wirkung von Krediten berücksichtigen, denn<br />

Verbindlichkeiten verhalten sich auf das Vermögen progressiv. Mit jeder zurückgezahlten Rate sinkt<br />

Monat für Monat die Schuld. „WISO Mein Geld“ berücksichtigt auch diesen Verlauf durch integrierte<br />

Kreditrechner, so dass reale Aussagen getroffen werden können. Dass mit so einem<br />

Programm auch ganz normale Bankgeschäfte wie Überweisungen erledigt werden können, ist<br />

selbstverständlich.<br />

Wer seine <strong>private</strong>n Finanzen auf diese Weise plant, wird auch dann rechtzeitig gewarnt, wenn das<br />

Konto noch <strong>im</strong> grünen Bereich ist, aber die Ausgaben morgen als Folge heutiger Entscheidungen die<br />

Einnahmen überschreiten werden. Wer heute plant, braucht morgen keine Schuldnerberatung.<br />

223


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Private Banken übernehmen gesellschaftliche Verantwortung<br />

Von Ibrah<strong>im</strong> Karasu* und Dirk Stein<br />

Verbraucherbildung für Jugendliche – Schul/Bank-Programm<br />

Der Bundesverband deutscher Banken hat es sich zum Ziel gesetzt, junge Menschen nachhaltig für<br />

wirtschaftliche Zusammenhänge zu interessieren und ihnen das Thema Wirtschaft verständlich zu<br />

machen. Bereits vor mehr als zehn Jahren hat er daher unter dem Namen „Schul/Bank“ ein<br />

Programm erarbeitet, das sich mit diesen Fragen auseinandersetzt.<br />

Geleitet von der Überzeugung, dass ökonomische Bildung unverzichtbarer Teil der Allgemeinbildung<br />

ist, bietet der Bankenverband Lehrern und Schülern in zielgruppengerechter Form ein<br />

umfangreiches Informationsprogramm zum Themenfeld Wirtschaft:<br />

• Unter der Internet-Adresse www.schulbank.de bietet das Schul/Bank-Programm einen umfangreichen<br />

Informationsservice für Lehrer und Schüler: In einem „GeldSpecial“ können Jugendliche<br />

Inhalte des Geldbuchs auch online abrufen, Informationen zu Krediten bekommen, Zinsberechnungen<br />

anstellen und <strong>im</strong> interaktiven Geldtest herausfinden, welcher „Geldtyp“ sie sind. Auch steht<br />

der monatliche „Schul/Bank-Newsletter“ <strong>im</strong> Netz zur Verfügung. Daneben gibt es auf der Website<br />

ausführliche Informationen zu den verschieden Publikationen, die alle online bestellt werden<br />

können.<br />

• Informationsbroschüren für Schüler vermitteln ökonomische Zusammenhänge. So bereitet<br />

beispielsweise „Das Geldbuch – vom Verdienen, Sparen und Ausgeben“ das Thema Geld umfassend<br />

auf. Gerade Jugendliche müssen lernen, mit Geld verantwortlich umzugehen, ihre Einnahmen und<br />

Ausgaben unter Kontrolle zu halten. „Das Geldbuch“ gibt hierzu praxisnahe Hilfestellung. Auf rund<br />

120 Seiten wird jugendgerecht informiert. In einem Geldtest können die Schüler ihre persönlichen<br />

Stärken und Schwächen <strong>im</strong> Umgang mit Geld ermitteln. Praktische Tipps und Übungen zum<br />

Aufteilen, Anlegen und Ausgeben des eigenen Geldes schließen sich an. „Das Geldbuch“ wurde<br />

bereits rund 60.000 Mal in Schulklassen mit großem Erfolg eingesetzt.<br />

• Bei bundesweiten Schülerwettbewerben setzen sich Jugendliche intensiv und praxisnah mit<br />

der Wirtschafts- und Arbeitswelt auseinander. Im Rahmen des bundesweiten Bankenplanspiels<br />

„Schul/Banker“ übernehmen Jugendliche über vier Monate hinweg spielerisch die Rolle des<br />

Vorstandes einer Bank. Bei „Jugend und Wirtschaft“, einem Gemeinschaftsprojekt der Frankfurter<br />

Allgemeinen Zeitung und des Bundesverbandes deutscher Banken, erhalten Schüler einmal <strong>im</strong><br />

Monat die Chance, auf einer Sonderseite <strong>im</strong> Wirtschaftsteil der F.A.Z. über Wirtschaftsthemen zu<br />

schreiben.<br />

• Lehrer werden bei ihrer Aufgabe, Wirtschaft zu unterrichten, umfassend unterstützt. Der<br />

„Schul/Bank-Newsletter“ stellt jeden Monat 65.000 Lehrern aktuelle Wirtschaftsinformationen zur<br />

Verfügung. Der „Schul/Bank-Ordner Wirtschaft – Materialien für den Unterricht“ enthält eine<br />

umfangreiche Sammlung von Quellentexten und didaktischen Materialien, die von den Lehrern<br />

direkt <strong>im</strong> Unterricht eingesetzt werden können.<br />

224


PROJEKTBEIRAT | DISKUSSIONSBEITRÄGE<br />

Girokonto für jedermann<br />

In der öffentlichen Diskussion Mitte der neunziger Jahre wurde auf die Notsituation von Menschen<br />

hingewiesen, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind und deshalb nur unter erschwerten<br />

Bedingungen Zugang zu Bankdienstleistungen erhalten. <strong>Die</strong> <strong>im</strong> Zentralen Kreditausschuss (ZKA)<br />

zusammengeschlossenen Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft haben deshalb gemeinsam<br />

<strong>im</strong> Jahr 1995 eine Empfehlung zum „Girokonto für jedermann“ erarbeitet. Jedem Verbraucher<br />

sollte hiernach grundsätzlich – sofern nicht <strong>im</strong> Einzelfall schwer wiegende Gründe dagegen sprechen<br />

– auf Wunsch ein Girokonto zur Verfügung gestellt werden, das zumindest die Entgegennahme von<br />

Gutschriften, Barein- und -auszahlungen sowie die Teilnahme am Überweisungsverkehr ermöglicht.<br />

Eintragungen bei der SCHUFA, die auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse hindeuten, sind alleine<br />

kein Grund, die Führung eines solchen Kontos zu verweigern. Überziehungen braucht das<br />

Kreditinstitut nicht zuzulassen.<br />

Wird einem Kunden die Eröffnung eines „Girokontos für jedermann“ durch eine <strong>private</strong> Bank<br />

verwehrt, kann er sich an den Ombudsmann der <strong>private</strong>n Banken wenden, der darüber befindet, ob<br />

eine Mitgliedsbank die Empfehlung beachtet hat. Im Jahr 2003 beschwerten sich 103 Personen<br />

wegen der Versagung eines „Girokontos für jedermann“ (Gesamtzahl der Beschwerden <strong>im</strong> Jahr<br />

2003: 2470). 60 Beschwerdeverfahren konnten bereits <strong>im</strong> Vorfeld kurzfristig <strong>im</strong> Interesse des<br />

Kunden geregelt werden, ohne dass der Ombudsmann selbst eine Entscheidung treffen musste. Von<br />

den übrigen 43 Fällen gingen 24 Verfahren zu Gunsten des Kunden und 13 Verfahren zu Gunsten<br />

der Bank aus. In drei Fällen regte der Ombudsmann einen <strong>Vergleich</strong> an. Drei Beschwerden waren<br />

unzulässig (siehe hierzu www.bankenombudsmann.de).<br />

<strong>Die</strong> Kreditwirtschaft erkennt mit ihrer Empfehlung „Girokonto für jedermann“ die soziale Bedeutung<br />

des Girokontos an, das eine wichtige Voraussetzung für die Teilnahme am Wirtschaftsleben darstellt,<br />

und trägt auf unbürokratische Weise dazu bei, die Probleme sozial schwächerer Bevölkerungskreise<br />

bei der Führung von Bankkonten zu vermeiden.<br />

*Dr. Ibrah<strong>im</strong> Karasu, Jahrgang 1963, studierte Sozial-, Sprach- und Wirtschaftswissenschaften an den Universitäten<br />

Eskisehir/TR, Heidelberg, Hamburg und Bielefeld. Von 1994 bis 1999 war er in der Dresdner Bank AG in Mannhe<strong>im</strong> und<br />

Frankfurt am Main in den Bereichen Firmenkundenkreditgeschäft, Internationales Geschäft und zuletzt als Consultant bei der<br />

Tochtergesellschaft der Dresdner Bank AG, DMC Dresdner Management Consult GmbH tätig. Nach seiner daran anschließenden<br />

Tätigkeit als Direktor Globale Banken <strong>im</strong> Geschäftsbereich Financial Services des IT-Unternehmens Unisys Deutschland<br />

GmbH wechselte er Anfang Oktober 2001 zum Bundesverband deutscher Banken (BdB). Dort ist er Mitglied der<br />

Geschäftsführung des Bundesverbands deutscher Banken und für den Geschäftsbereich Retail Banking, Zahlungssysteme,<br />

Informationstechnologie verantwortlich.<br />

225


GLOSSAR<br />

Glossar<br />

Äquivalenzeinkommen<br />

Daten zur Einkommensverteilung werden meist auf Haushaltsebene erhoben. Um den unterschiedlichen<br />

Haushaltseinkommen gerecht zu werden, wird das Äquivalenzeinkommen best<strong>im</strong>mt. Es ist ein<br />

aus dem Haushaltseinkommen ermitteltes bedarfsgewichtetes Pro-Kopf-Einkommen der Haushaltsmitglieder<br />

in Abhängigkeit vom Alter und deren Stellung zum Haushaltsvorstand. Berücksichtigt<br />

wird, dass größere Haushalte durch gemeinsames Wirtschaften auch größere Vorteile erzielen als<br />

kleinere Haushalte.<br />

Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS)<br />

<strong>Die</strong> EVS wird alle fünf Jahre auf Basis von rund 60.000 Haushalten erhoben. <strong>Die</strong> Befragung des<br />

Statistischen Bundesamtes erfasst Einnahmen, Ausgaben und das Vermögen <strong>private</strong>r Haushalte,<br />

wobei sehr einkommensstarke Haushalte mit monatlichen Nettoeinkommen von über 18.000 Euro<br />

kaum vertreten sind und daher auch nicht ausgewiesen werden.<br />

Existenzmin<strong>im</strong>um<br />

<strong>Die</strong> bundeseinheitliche Pfändungstabelle stellt ein Existenzmin<strong>im</strong>um von Schuldnerinnen/Schuldner<br />

sicher und soll zugleich deren Arbeitsmotivation aufrecht erhalten. <strong>Die</strong> nach Pfändungsfreigrenzen<br />

berechneten Untergrenzen sind in Regel höher als die nach den Richtlinien des Bundessozialhilfegesetzes<br />

(Lfd. Hilfe zum Lebensunterhalt) definierten Sätze. <strong>Die</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

für einen Haushalt errechnet sich aus den haushaltsspezifischen Regelsätzen einschließlich einmaliger<br />

Leistungen und Warmmiete (ohne Strom). Mit dem Existenzmin<strong>im</strong>um ist auch die Frage nach<br />

dem Armutsbegriff verbunden. Das DIW z.B. sieht als Armutsgrenze ein Einkommen von 50% des<br />

bundesweiten Durchschnittseinkommens.<br />

Haushaltsnettoeinkommen<br />

Das Haushaltsnettoeinkommen ist die Summe der Nettoeinkommen aller Haushaltsmitglieder. Das<br />

Nettoeinkommen setzt sich aus unselbständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit inkl. den öffentlichen<br />

und <strong>private</strong>n Transferleistungen (siehe Transferleistungen) zusammen.<br />

227


GLOSSAR<br />

Karriere<br />

Aufwärts- und abwärtsmobile Wege innerhalb sozialer Bereiche. Der Begriff wurde von der Arbeitswelt<br />

auch auf andere soziale Bereiche übertragen (Sportkarriere, Armutskarriere, Drogenkarriere<br />

usw.). Deterministische Karrierekonzepte betrachten die Karrieren der Individuen durch ihre soziale<br />

Herkunft, Bildung bzw. Bildungszugänge usw. als weitestgehend vorgegeben und gehen von einer<br />

geringen individuellen Beeinflussung aus. Handlungstheoretische Karrierekonzepte gehen von einer<br />

größeren möglichen Dynamik der individuellen Karriereverläufe aus, denen jedoch durch Arbeitslosigkeit,<br />

Armut und <strong>Überschuldung</strong> Begrenzungen gesetzt werden können. Ein Weg in die <strong>Überschuldung</strong><br />

kann in zeitlicher Abfolge dieser sein: Aufnahme eines Kredits (Verschuldung), erste<br />

Zahlungsstörung, fortgesetzte Zahlungsstörungen bis zur <strong>Überschuldung</strong> und schließlich die<br />

Zahlungsunfähigkeit.<br />

Konsumentenkredit<br />

Sammelbegriff für <strong>private</strong> Raten- und Dispositionskredite.<br />

Kredit<br />

Wortherkunft = credere (lat.) glauben, vertrauen. Befristete, gewerbliche Bereitstellung von Kaufkraft.<br />

Unterschieden wird nach Finanz-, Waren- und <strong>Die</strong>nstleistungskrediten.<br />

Kreditwürdigkeit<br />

Neben der Prüfung von Sicherheiten auch die Berücksichtigung der bisherigen „Kreditgeschichte“<br />

bei der Kreditvergabe. Dabei wird insbesondere berücksichtigt, ob Kredite in der Vergangenheit über<br />

einen längeren Zeitraum vertragsgemäß bedient worden sind, ob es also nicht zu Zahlungsstörungen<br />

gekommen ist (Rückzahlungsfähig- und Rückzahlungswilligkeit). <strong>Die</strong> Kreditunwürdigkeit hat den<br />

Ausschluss von Finanzdienstleistungen zur Folge.<br />

Kreditfähigkeit<br />

Finanzielle Rückzahlungsfähigkeit auf Basis der voraussichtlichen künftigen Ertragslage und des<br />

bisherigen Verhaltens bei Kreditrückzahlungen.<br />

Kreditbedienendes Selbstmanagement<br />

Dem verhaltensorientierten Ansatz liegt zu Grunde, dass der Mensch <strong>im</strong> Gegensatz zu stabilen<br />

Persönlichkeitseigenschaften selbständig zur aktiven Lebensbewältigung befähigt und lernfähig ist.<br />

Das Selbstmanagement basiert auf situationsabhängigen und veränderlichen Beweggründen<br />

(Motiven) des Handelns.<br />

228


GLOSSAR<br />

Negativmerkmal<br />

• „Hartes“, bei der SCHUFA gespeichertes Negativmerkmal: Eidesstattliche Versicherung (EV),<br />

Haftbefehle zur Abgabe einer EV, Privatinsolvenz.<br />

• „Weiches“ bei der SCHUFA gespeichertes Negativmerkmal: Von Vertragspartnern der SCHUFA<br />

gemeldete Zahlungsstörungen als offene, ausreichend gemahnte und unbestrittene Forderungen.<br />

Pr<strong>im</strong>ärschulden<br />

Bankneutrale Schulden, deren Bezahlung die Funktionsfähigkeit des Haushalts voraussetzen.<br />

Hier unter fallen Miet- und Energieschulden, offene Telefonrechnungen, Unterhaltsschulden,<br />

Versicherungsschulden, Schulden <strong>im</strong> Freundeskreis, Spielschulden, Pfandleihen etc.<br />

SCHUFA<br />

Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung. <strong>Die</strong> SCHUFA HOLDING AG geht auf die 1927 in<br />

Berlin gegründete SCHUFA zurück. Nach dem zweiten Weltkrieg errichteten 1952 die 13 <strong>im</strong> Westen<br />

wieder entstandenen SCHUFA-Gesellschaften und ihre 34 Niederlassungen die BUNDES-SCHUFA e.V.<br />

mit Sitz in Wiesbaden. Nach Gründung der SCHUFA HOLDING AG <strong>im</strong> Jahr 2000 sind die<br />

Anteile der acht selbständigen, regionalen SCHUFA-Gesellschaften auf die Einheitsgesellschaft<br />

SCHUFA HOLDING AG mit Sitz in Wiesbaden verschmolzen worden. Der Aktionärskreis setzt<br />

sich zusammen aus Spezialkreditinstituten, Sparkassen, Privatbanken, Genossenschaftsbanken sowie<br />

Handelsunternehmen und sonstige <strong>Die</strong>nstleister. <strong>Die</strong> SCHUFA bietet heute rund 5.000<br />

Vertragspartnern Entscheidungsunterstützungs-Systeme und Informationslösungen für das<br />

Risikomanagement <strong>im</strong> Privatkundenbereich.<br />

SCHUFA-Daten<br />

<strong>Die</strong> SCHUFA hat einen Datenbestand von rund 340 Millionen Daten von rund 62 Millionen volljährigen<br />

Personen. Neben Basisdaten wie Name, Geburtsdatum und Anschrift werden Vertragsdaten<br />

wie Girokonten, Kreditkarten, Handyverträge, Leasingverträge, Kredite und Versandhandel auf<br />

Rechnung erfasst. Zusätzlich werden offene, ausreichend gemahnte und unbestrittene Forderungen<br />

sowie Eidesstattliche Versicherungen und Privatinsolvenzverfahren gespeichert. <strong>Die</strong> SCHUFA hat<br />

keine Informationen über den Verwendungszweck von Krediten. <strong>Die</strong> SCHUFA speichert keine<br />

Einkommensdaten, keine Daten zum Erwerbsstatuts, zur Staatsangehörigkeit sowie keine Daten zur<br />

Konfessionszugehörigkeit. Mehr als 90% der erteilten Auskünfte sind Positivinformationen.<br />

Schuldenaufnahme bzw. Verschuldung<br />

Verschuldung ist jede Form des Eingehens von Zahlungsverpflichtungen und stellt ein normales,<br />

in vielen Haushalten unvermeidliches Verbraucherverhalten dar.<br />

229


GLOSSAR<br />

Schuldenneigung<br />

Grundsätzlich individuell verschieden ausgeprägte Bereitschaft, Kredite aufzunehmen und dabei<br />

Rückzahlungsausfälle hinzunehmen.<br />

Typisierte Einstellungsmuster zur Best<strong>im</strong>mung der Schuldenneigung:<br />

• Reversibilität: Jede Schwierigkeit wendet sich irgendwann von allein zum Besseren.<br />

• Disengagement: Anforderungen entgeht man am besten durch konsequentes Abschalten.<br />

• Kalkulierte Mindestleistung: Mit Als-Ob-Leistungen lassen sich Anforderungen notfalls<br />

unterlaufen.<br />

• Reaktanz: Anforderungen begegnet man am besten durch konsequente Verweigerung<br />

und aggressives Verhalten.<br />

Sekundärschulden<br />

Bankmäßige Kredite wie Konsumentenkredite (z.B. Dispositionskredit, Ratenkäufe, Leasing, Kreditkartenkredite),<br />

Versicherungsschulden, Schulden bei öffentlichen Gläubigern sowie Hypotheken.<br />

Sozioökonomisches Panel (SOEP)<br />

Vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) durchgeführte jährliche Befragung auf<br />

Haushalts- und Personenebene von rund 12.700 Haushalten mit insgesamt rund 23.500 Personen.<br />

Strategien zur Problembewältigung<br />

“ Reaktives Verhalten”: Keine Strategie, weil weder augenblickliche noch längerfristige<br />

Verhaltensvornahmen entwickelt werden.<br />

“<br />

Momentane Strategien” sind zentriert auf das zu bewältigende<br />

augenblickliche Ereignis.<br />

“<br />

Planende Strategien” sind längerfristige, antizipative und<br />

prophylaktische Vorgehensweisen, die oftmals nicht nur auf das spezielle auslösende Ereignis,<br />

sondern auch auf die gesamte Lebensführung ausgerichtet sind.<br />

Transferleistungen<br />

Transferleistungen bestehen aus öffentlichen Transferleistungen (Kindergeld, Wohngeld, Sozialhilfe,<br />

Arbeitslosengeld etc.) und <strong>private</strong>n Transferleistungen wie Unterhaltszahlungen.<br />

230


GLOSSAR<br />

<strong>Überschuldung</strong><br />

Der Begriff <strong>Überschuldung</strong> ist bislang nicht abschließend definiert worden. Folgende Annäherung<br />

beschreibt <strong>Überschuldung</strong> als Prozess:<br />

• Subjektive <strong>Überschuldung</strong>: <strong>Die</strong> Person fühlt sich psychisch und finanziell überfordert, Schulden<br />

zurückzuzahlen.<br />

• Relative <strong>Überschuldung</strong>: Trotz Reduzierung des Lebensstils reicht der Einkommensrest nach<br />

Abzug der Lebenshaltungskosten (Miete, Energie, Versicherung, Grundnahrungsmittel,<br />

öffentliche Verkehrsmittel, Telefon, Kleidung etc.) nicht zur fristgerechten Schuldentilgung reicht.<br />

• Absolute <strong>Überschuldung</strong> (Insolvenz): Einkommen und Vermögen des Schuldners reichen<br />

nicht mehr, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken.<br />

Vertragspartner der SCHUFA<br />

Kundenkreis von rund 5.000 Unternehmen u.a. aus der Kreditwirtschaft, der Telekommunikationsbranche,<br />

dem Handel und Versandhandel. Vertragspartner der SCHUFA sind nur Unternehmen, die<br />

Finanz-, Waren- oder <strong>Die</strong>nstleistungskredite anbieten. Durch die Übermittlung von Informationen an<br />

einen fest definierten Empfängerkreis mit definierten Nutzungsrechten wird gewährleistet, dass nur<br />

solche Vertragspartner Daten erhalten, die nach dem Datenschutzgesetz ein berechtigtes Interesse<br />

an den Daten haben und schutzwürdige Belange des Verbrauchers nicht entgegenstehen. <strong>Die</strong> SCHUFA<br />

prüft <strong>im</strong> Sinne des Datenschutzgesetzes stichprobenartig, ob <strong>im</strong> Einzelfall auf Seiten des Vertragspartners<br />

das berechtigte Interesse nach den SCHUFA-Daten tatsächlich bestanden hat.<br />

Zahlungswissen<br />

Zahlungswissen ist ein Teil des Finanzwissens, das als Teilbereich der ökonomischen Allgemeinbildung<br />

zugeordnet wird. Während die ökonomische Allgemeinbildung Kenntnisse über die<br />

Funktionsweise der Marktwirtschaft umfasst, beinhaltet die finanzielle Allgemeinbildung die wichtigsten<br />

persönlichen Vorrausetzungen für die individuell sinnvolle Nutzung von Finanzdienstleistungen.<br />

Das Zahlungswissen, wie es in der Pr<strong>im</strong>ärerhebung des Schulden-Kompasses<br />

erhoben wird, stellt zunächst auf die Nutzung von Finanzdienstleistungen ab und <strong>im</strong>pliziert dort<br />

ein Wissen über Grundtypen von Geld- und Kreditgeschäften und einzelne Randbedingungen.<br />

Zahlungsstörung<br />

Von den Vertragspartnern der SCHUFA fallweise gemeldete offene, ausreichend gemahnte und<br />

unbestrittene Forderung. Siehe Negativmerkmal.<br />

231


LITERATUR | TEILANALYSE D | INTERNATIONALER VERGLEICH<br />

Literatur<br />

Teilanalyse D<br />

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- Sullivan, Teresa; Warren, Elizabeth; Westbrook, Jay Lawrence (2000): The fragile middle class: Americans in debt / Sullivan,<br />

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in Europe - The Birmingham Declaration, Birmingham 1993<br />

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LITERATUR | ALLGEMEINE LITERATURHINWEISE<br />

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Gutachten vorgelegt von <strong>Die</strong>ter Korczak unter Mitarbeit von Birte Ostermann. GP-Forschungsgruppe, Institut für Grundlagen-<br />

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zur <strong>Überschuldung</strong> <strong>im</strong> Gutachten der GP-Forschungsgruppe aus dem Jahr 1994 <strong>im</strong> Auftrag des Bundesministeriums für<br />

Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Expertise, unveröffentlichtes Manuskript, Weiler/München 1998 <strong>Überschuldung</strong> in<br />

Deutschland zwischen 1988 und 1999. Band 198 der Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen<br />

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Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend <strong>im</strong> Rahmen der Erstellung des Ersten Armutsund<br />

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Frauen und Jugend, Berlin 2001<br />

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Landessozialbericht Band 4. MAGS NRW. Duisburg 1993<br />

- Reifner, U.: Finanzielle Allgemeinbildung. Bildung als Mittel der Armutsprävention in der Kreditgesellschaft,<br />

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unterstützten Projektes, Baden-Baden 2003<br />

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- Kettschau I.: Armut in Familien - hauswirtschaftliche und haushaltswissenschaftliche Aspekte, in: Materialien (Anm. 10)<br />

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- Rosendorfer, T: Schuldensituation und Haushaltsführung überschuldeter Haushalt. Eine empirische Untersuchung<br />

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- Meiser, H.: Vom richtigen Umgang mit Krediten. Ein Wegweiser durchs Schuldenlabyrinth. Köln 1995<br />

- Möller, M.: Schulden der Verbraucher. Verbraucherverschuldung in der Bundesrepublik Deutschland als wachsendes<br />

gesellschaftliches Problem, Gießen 1994<br />

- Perina, U.: Kursbuch Geld 2. Schulden: Nutzen und Gefahren, Frankfurt am Main, 1991<br />

- Riehm, H. J.: Heute kaufen - morgen bezahlen? Ein Ratgeber zum richtigen Umgang mit Verbraucherkrediten.<br />

Arbeitsheft, Stuttgart 1996<br />

239

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