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Expertenstandard Ernährungsmangement - MDK Bayern

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<strong>Expertenstandard</strong><br />

Ernährungsmanagement zur<br />

Sicherstellung und Förderung der<br />

oralen Ernährung in der Pflege<br />

Christian Kolb<br />

Ressort Pflege<br />

Team für Sonderaufgaben


Fachhochschule<br />

Osnabrück<br />

www.dnqp.de


Methodik<br />

u sind monoprofessionell: Pflegefachpersonen<br />

u nicht Setting-spezifisch (bisher)<br />

u werden anhand Methoden-Richtlinien erarbeitet<br />

* Literaturbasiert / evidenzbasiert<br />

* Empfehlungen durch Expertenrunde<br />

u Experten sind aus Pflegepraxis und –wissenschaft<br />

+ externe Fachberatung<br />

+ Patienten-/ Verbrauchervertretung


<strong>Expertenstandard</strong>s des DNQP<br />

1. Dekubitusprophylaxe in der Pflege, 2000<br />

2. Entlassungsmanagement in der Pflege, 2002<br />

3. Schmerzmanagement in der Pflege, 2004<br />

4. Sturzprophylaxe in der Pflege, 2005<br />

5. Förderung der Harnkontinenz in der Pflege, 2006<br />

6. Pflege von Menschen mit chronischen Wunden, 2008<br />

7. „Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der<br />

oralen Ernährung in der Pflege“<br />

- 8. Oktober 2008 in Osnabrück vorgestellt und diskutiert.


u „Pflegeskandale“<br />

Defizite in der<br />

Ernährungsversorgung<br />

u Hohe Prävalenz von Mangelernährung<br />

u Bedeutung von Ernährung in der Pflege häufig ignoriert<br />

u Unterstützung beim Essen und Trinken wird von Pflegenden häufig als<br />

lästige Pflicht empfunden<br />

u Problem Mangelernährung wird nicht wahrgenommen<br />

Mangelernährung kostet 9 Milliarden Euro jährlich<br />

http://www.cepton.de/cepton_bibliothek/download/Pressemitteilung-Studie-070621.pdf


Rolle der Pflegefachkräfte bei der Prävention von<br />

Mangelernährung<br />

u Einblicke in Risikobereiche durch die Nähe zum Betroffenen<br />

u Weitergabe von Informationen und Anstöße zur<br />

Ernährungstherapie<br />

u Weitreichende Einflussmöglichkeiten in der täglichen<br />

Interaktion<br />

Schreier, Bartholomeyczik; Mangelernährung bei alten und pflegebedürftigen Menschen, Schlütersche, 2004, S. 48


Ziel: allgemeinverständliche Ansage<br />

der angestrebten Qualität<br />

Begründung: Zweck des Standards<br />

Struktur-Kriterien:<br />

was gegeben sein<br />

muss, um den<br />

Standard umsetzen<br />

zu können<br />

Prozess-Kriterien:<br />

was zu tun ist, um<br />

das angestrebte<br />

Qualitätsniveau<br />

sicherzustellen<br />

überprüfbare bzw. messbare Forderungen<br />

in mehreren Ebenen<br />

Ergebnis-Kriterien:<br />

woran erkennbar ist,<br />

ob die angestrebte<br />

Qualität realisiert<br />

wurde


Zielsetzung<br />

Bei jedem Patienten/Bewohner mit<br />

pflegerischem Unterstützungsbedarf<br />

oder einem Risiko für oder<br />

Anzeichen von Mangelernährung ist<br />

die orale Nahrungsaufnahme<br />

entsprechend seinen Bedürfnissen<br />

und seinem Bedarf sichergestellt.<br />

8<br />

Definition Mangelernährung:<br />

Ein anhaltendes Defizit an Energie und/oder Nährstoffen im Sinne einer<br />

negativen Bilanz zwischen Aufnahme und Bedarf mit Konsequenzen und<br />

Einbußen für Ernährungszustand, physiologische Funktionen und<br />

Gesundheitszustand.


Begründung<br />

Die Sicherstellung einer bedürfnisorientierten und<br />

bedarfsdeckenden oralen Ernährung kann eine<br />

Mangelernährung verhindern bzw. verbessern –<br />

und zwar durch:<br />

u frühzeitige Erfassung von Problemen<br />

u angemessene Unterstützung<br />

und Umgebungsgestaltung bei den<br />

Mahlzeiten<br />

u spezifische Maßnahmen sowie<br />

u ein geeignetes Nahrungsangebot


<strong>Expertenstandard</strong> Ernährungsmanagement<br />

Vorbemerkung<br />

u Es geht in diesem Standard ausschließlich um die orale Ernährung.<br />

u Ernährung beinhaltet flüssige und feste Nahrung<br />

u Sicherstellung der Ernährung soll Mangel vorbeugen, Mangelernährung<br />

verhindern<br />

u Zielgruppe sind erwachsene und alte Menschen, die der Pflege<br />

bedürfen und ganz oder teilweise in der Lage sind oral Nahrung und<br />

Flüssigkeit zu sich zu nehmen, sowie deren Angehörige.


Vorbemerkung<br />

Folgende Aspekte sind nicht beinhaltet:<br />

u Übergewicht<br />

u Enterale und parenterale Ernährung<br />

u Schluckstörungen<br />

u Stoffwechselkrankheiten<br />

u Kinder und Säuglinge


Neuregelung durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz<br />

So dürfen ab dem 01. Juli 2008 gem. § 72 Abs. 3 S. 1<br />

Nr. 4 SGB XI Versorgungsverträge nur noch mit<br />

Pflegeeinrichtungen abgeschlossen werden, die sich<br />

u.a. verpflichten, alle <strong>Expertenstandard</strong>s<br />

nach § 113a SGB XI anzuwenden.


13<br />

Erste Ebene: Screening und Assessment


Die Pflegefachkraft<br />

S1a - verfügt über<br />

Kompetenzen zur<br />

Identifikation von<br />

Risikofaktoren und Anzeichen<br />

für eine Mangelernährung<br />

(Screening) und zur tiefer<br />

gehenden Einschätzung der<br />

Ernährungssituation und der<br />

sie beeinflussenden Faktoren<br />

(Assessment).<br />

Die Einrichtung<br />

S1b - stellt sicher, dass die<br />

erforderlichen Instrumente<br />

und Hilfsmittel zur<br />

Einschätzung und Dokumentation<br />

zur Verfügung stehen.<br />

14<br />

Erste Ebene<br />

Die Pflegefachkraft<br />

P1 - erfasst bei allen<br />

Patienten/Bewohnern zu<br />

Beginn des pflegerischen<br />

Auftrags im Rahmen der<br />

Pflegeanamnese, bei akuten<br />

Veränderungen und in<br />

regelmäßigen Abständen<br />

Risiken und Anzeichen einer<br />

Mangelernährung (Screening).<br />

- führt bei vorliegendem<br />

Risiko oder Anzeichen einer<br />

Mangelernährung eine tiefer<br />

gehende Einschätzung der<br />

Ernährungssituation und der<br />

sie beeinflussenden Faktoren<br />

(Assessment) durch.<br />

E1 Für alle<br />

Patienten/Bewohner liegt ein<br />

aktuelles Screening-Ergebnis<br />

zur Ernährungssituation vor.<br />

Bei Patienten/Bewohnern mit<br />

einem Risiko für oder<br />

Anzeichen von<br />

Mangelernährung ist ein<br />

Assessment mit<br />

handlungsleitenden<br />

Informationen erfolgt.


Screening<br />

- kurz und schnell<br />

- für alle<br />

- zur Identifikation gefährdeter Personen<br />

Assessment<br />

- genauere Erfassung bei<br />

Risiko-Personen<br />

- Ursachensuche<br />

Ernährungstherapie<br />

* Ziele festlegen<br />

* Maßnahmen ergreifen


Komponenten des Screening<br />

1. Grobe Anzeichen eines Mangels<br />

z.B. niedriger BMI *, reduziertes Fettgewebe<br />

2. Unbeabsichtigter Gewichtsverlust **<br />

3. Auffällig geringe Ess- und Trinkmenge<br />

4. Erhöhter Energie-, Nährstoff-, Flüssigkeitsbedarf<br />

oder erhöhte Verluste<br />

* BMI nicht empfohlen bei Wirbelsäulenverkrümmungen,<br />

Amputationen oder schweren Ödemen, bedingt bei<br />

ältere Menschen<br />

** Gewichtsverläufe aussagekräftiger als einzelne Werte


Welche Instrumente werden empfohlen?<br />

MNA<br />

NRS<br />

MUST<br />

SGA<br />

Die Nutzung dieser oder anderer publizierter Instrumente sollte angesichts der Grenzen,<br />

die sich bei genauerer Betrachtung ergeben, jedoch nicht unreflektiert erfolgen.


18<br />

ESPEN Guidelines<br />

•Nutrition Risk Screening (NRS-2002) für<br />

Krankenhauspatienten<br />

•Malnutrition Universal Screening Tool (MUST Score) für<br />

ambulante Patienten<br />

•Mini Nutritional Assessment (MNA Score) für Patienten in<br />

geriatrischen Einrichtungen


Screening – Vorschlag für die stationäre Langzeitpflege<br />

PEMU – Pflegerische Erfassung von Mangelernährung und deren Ursachen<br />

Risiko für Nahrungsmangel<br />

1. Zeichen von Nahrungsmangel<br />

Äußerer Eindruck ¡ ja ¡ nein<br />

Nur wenn ermittelbar: BMI < 20 kg/m² ¡ ja ¡ nein<br />

unbeabsichtigter Gewichtsverlust ¡ ja ¡ nein<br />

2. Auffällig geringe Essmenge ¡ ja ¡ nein<br />

3. Erhöhter Energie-/Nährstoffbedarf u. Verluste<br />

(z. B. bei Hyperaktivität, Fieber, offene Wunden) ¡ ja ¡ nein<br />

Risiko für Flüssigkeitsmangel<br />

1. Zeichen von Flüssigkeitsmangel<br />

(z. B. dunkler Urin, trockene Schleimhäute) ¡ ja ¡ nein<br />

2. Auffällig geringe Trinkmenge ¡ ja ¡ nein<br />

3. Erhöhter Flüssigkeitsbedarf<br />

(z. B. bei Fieber, Durchfällen, Sommerhitze) ¡ ja ¡ nein


2.<br />

SCREENING<br />

ASSESSMENT<br />

Hinweise auf<br />

Mangelernährung<br />

ja<br />

Wiederholung<br />

nein<br />

Erneutes Screening<br />

nach 4-12 Wochen<br />

• Abstände individuell festzulegen<br />

• je nach Setting und Zustand des Patienten /<br />

Bewohners<br />

• Bei Stabilisierung des Gewichtsverlaufs<br />

größere Abstände (alle 1 – 3 Monate)


Abklärung möglicher Ursachen von Mangelernährung<br />

PEMU – Pflegerische Erfassung von Mangelernährung und deren Ursachen<br />

… in systematischer Form<br />

1. Körperlich oder geistig bedingte Beeinträchtigung<br />

2. Fehlende Lust zum Essen, kein Appetit, Ablehnen<br />

der Speisen<br />

3. Ungünstige Umgebungsfaktoren<br />

„Checklisten<br />

Checklisten“<br />

4. Inadäquates Essens- bzw. Trinkangebot<br />

5. Gründe für einen erhöhten Bedarf bzw. erhöhte<br />

Verluste<br />

Ł handlungsleitendes Ergebnis


z. B. erkannte kognitive Beeinträchtigung<br />

Ł selbständiges Essen nur bei verbaler<br />

Aufforderung und visueller Anleitung möglich<br />

z. B. Schwierigkeiten beim Kauen oder Schlucken<br />

Ł Hinzuziehen anderer Berufsgruppen<br />

Ł Planung von Maßnahmen zur<br />

Problembewältigung<br />

z. B. keine weiteren Schritte erforderlich<br />

bei biographisch nachvollziehbar niedrigem<br />

Gewicht


23<br />

Essprotokoll<br />

Stichprobenartig max. 3-5 Tage<br />

Keine Kalorienberechnung, dies ist Aufgabe anderer Berufsgruppen!<br />

Berrut, G.; Favreau, A.M.; Dizo, E.; Tharreau, B.; Poupin, C.; Gueringuili, M.; Fressinaud, P.;<br />

Ritz, P. (2002): Estimation of calorie and protein intake in aged patients: validation of a<br />

method based on meal portions consumed. J Gerontol A Biol Sci Med Sci 57(1):M52-56<br />

Shatenstein, B.; Claveau, D.; Ferland, G. (2002): Visual observation is a valid means of<br />

assessing dietary consumption among older adults with cognitive deficits in long-term<br />

care settings. J Am Diet Assoc 102(2):250-252


24<br />

2 Ebene: Multiprofessionelle Maßnahmen zur<br />

Umgebungsgestaltung


Die Pflegefachkraft<br />

S2a -- verfügt über Fachwissen zur<br />

Planung und Steuerung<br />

berufsgruppenübergreifender<br />

Maßnahmen zur Sicherstellung<br />

einer bedürfnisorientierten und<br />

bedarfsgerechten Ernährung<br />

einschließlich der Kompetenz zur<br />

Entscheidungsfindung bei ethisch<br />

komplexen Fragestellungen.<br />

Die Einrichtung<br />

S2b -- verfügt über eine<br />

multiprofessionell geltende<br />

Verfahrensregelung zur<br />

Berufsgruppen übergreifenden<br />

Zusammenarbeit beim<br />

Ernährungsmanagement.<br />

25<br />

2 Ebene<br />

P2 - koordiniert auf<br />

Grundlage der<br />

Verfahrensregelung in enger<br />

Kooperation mit Küche und<br />

Hauswirtschaft sowie in<br />

Absprache mit den anderen<br />

Berufsgruppen (z. B. Ärzten,<br />

Logopäden, Diätassistenten)<br />

Maßnahmen für eine<br />

individuell angepasste<br />

Ernährung.<br />

E2 Die multiprofessionellen<br />

Maßnahmen sind koordiniert,<br />

gegebenenfalls ethisch<br />

begründet und ihre Umsetzung<br />

überprüft.


folgende P.<br />

Nein<br />

Patient<br />

Screening<br />

Demenz + Risiko<br />

für Mangelernährung<br />

(K1)<br />

Ja<br />

Assessment<br />

Auswertung und Festlegung<br />

der Therapiemaßnahmen<br />

Therapie<br />

Tägl. Prüfung der Nahrungs- und<br />

Flüssigkeitsaufnahme<br />

Nach 7 Tage<br />

Gewichtskontrolle<br />

Qualitätsziel<br />

erreicht<br />

(K2)<br />

Ja<br />

Fortführung<br />

der Maßnahmen<br />

Entlassungsmanagement<br />

Nein<br />

Überprüfung der<br />

Therapie<br />

Nein<br />

PEG indiziert<br />

(K3)<br />

Ja<br />

Nein<br />

Terminale<br />

Phase (K4)<br />

Informed<br />

Consent<br />

PEG-Sonde<br />

MMSE<br />

MNA<br />

Gewichtsverlauf<br />

Serumalbumin<br />

Ärztliches Assessment<br />

PAINAID<br />

Blandford Scale<br />

Gespräch mit Angehörigen<br />

Gespräch mit<br />

Pflegeeinrichtung<br />

Essbiografie<br />

Ja<br />

Palliative<br />

Begleitung<br />

Pflegeprozess<br />

Ernährungsdoku<br />

Formblatt Ess- und<br />

Trinkgewohnheiten<br />

K1 (Demenz + Risiko für Mangelernährung)<br />

MMSE < 24 (Screening Demenz)<br />

MNA < 17 Punkte oder falls MNA LF nicht möglich, MNA SF < 11 und<br />

BMI < 20 + Wadenumfang < 31 cm<br />

unbeabsichtigter Gewichtsverlust (Erfragen von früherem Gewicht)<br />

Serumalbumin < 3,5 mg/dl<br />

Die Gesamteinschätzung erfolgt durch die SP ob eine Mangelernährung<br />

bzw. das Risiko einer Mangelernährung vorliegt. Sind 2. und 3<br />

zutreffend muss ein Ernährungsassessment eingeleitet werden.<br />

K2 (Qualitätsziel 1+2 erreicht)<br />

Tägl. Überprüfung der Nahrungsaufnahme: Wenn mehr als 2 Tage die<br />

aufgenommene Nahrungs- und Flüssigkeits-menge von der für den<br />

Patienten/in üblichen Menge um mind. 25% abweicht weiter zu K3.<br />

Nach 5 Tagen Gewichtskontrolle, falls Gewichtsverlust > 1 kg (unter<br />

Berücksichtigung Diuretikagabe) weiter zu K3, wenn Gewicht stabil<br />

oder Gewichtszunahme fortführen der Maßnahmen.<br />

K3 (PEG indiziert)<br />

Ist absehbar, dass die vorhandenen Probleme bei der Nahrungs- und<br />

Flüssigkeitsaufnahme, die nächsten Wochen bestehen bleiben und<br />

durch weitere Maßnahmen keine Verbesserung der Nahrungs- und<br />

Flüssigkeitsaufnahme zu erwarten ist, dann sollte anhand der<br />

nachfolgenden Kriterien überprüft werden, ob eine PEG aus<br />

medizinischer Sicht indiziert ist:<br />

-Patient/in befindet sich nicht in der terminalen Phase<br />

-die Schwere der vorhandenen Erkrankung/en (Nicht der Grad der<br />

Demenz)<br />

-die individuelle Prognose<br />

-die Lebensqualität mit und ohne enterale Ernährung<br />

-mögliche Komplikationen und Beeinträchtigungen im Rahmen der<br />

enteralen Ernährung<br />

-vorhandene körperliche Ressourcen<br />

Die Abwägung der einzelnen Kriterien und Indikationsstellung<br />

unterliegt dem Arzt, dieser sollte sich aber mit einer erfahrenen<br />

Pflegefachkraft beraten. Für das Kriterium terminale Phase gibt es<br />

keine objektiven Kriterien. Sollte diese Kriterium ausschlaggebend sein,<br />

muss ein Oberarzt hinzugezogen werden. Die weitere Vorgehens-weise<br />

und die Entscheidungsgrundlagen müssen gesondert dokumentiert<br />

werden.<br />

K4 Terminale Phase<br />

Wenn bei K3 von Arzt festgestellt wurde, dass weitere invasive<br />

Ernährungsmaßnahmen aufgrund des zu erwartenden terminalen<br />

Krankheitsverlaufs des Patienten/in nicht indiziert sind, so erfolgt eine<br />

weitere Behandlung des/der Patienten/in nach den Grundsätzen zur<br />

ärztlichen Sterbebegleitung der Bundesärztekammer (siehe Punkt 1.<br />

Ärztliche Pflichten bei Sterbenden).


27<br />

3 Ebene: Individuelle und ernährungsbezogene<br />

Pflegeplanung


Die Pflegefachkraft<br />

S3a - verfügt über<br />

Kompetenzen zur Planung<br />

einer individuellen Mahlzeitenund<br />

Interaktionsgestaltung.<br />

Die Einrichtung<br />

S3b – verfügt über ein<br />

geeignetes<br />

Verpflegungskonzept.<br />

28<br />

3 Ebene<br />

P3 - plant gemeinsam mit<br />

dem Patienten/Bewohner und<br />

seinen Angehörigen<br />

Maßnahmen zur<br />

Unterstützung der Nahrungsaufnahme,<br />

zur Gestaltung der<br />

Umgebung, zu geeigneten,<br />

flexiblen Speisen- und<br />

Getränkeangeboten sowie<br />

Darreichungsformen und zieht<br />

bei Bedarf weitere<br />

Berufsgruppen mit ein.<br />

E3 Ein individueller<br />

Maßnahmenplan zur<br />

Sicherstellung einer<br />

bedürfnisorientierten und<br />

bedarfsgerechten Ernährung<br />

liegt vor.


29<br />

4 Ebene: Adäquate Interaktions- und<br />

Umgebungsgestaltung


S4a -- sorgt für eine angemessene<br />

Personalausstattung und -planung<br />

zur Gewährleistung eines bedürfnis-<br />

und bedarfsgerechten<br />

Ernährungsmanagements.<br />

-- gewährleistet geeignete<br />

räumliche Voraussetzungen für eine<br />

patienten-/ bewohner-orientierte<br />

Mahlzeiten- und<br />

Interaktionsgestaltung.<br />

Die Pflegefachkraft<br />

S4b -- verfügt über spezifische<br />

Kompetenzen zur Unterstützung der<br />

Nahrungsaufnahme einschließlich<br />

besonderer Risikosituationen bzw.<br />

bei speziellen Beeinträchtigungen.<br />

30<br />

4 Ebene<br />

P4 - gewährleistet eine, die<br />

Selbstbestimmung und<br />

Eigenaktivität des Patienten/<br />

Bewohners fördernde<br />

Unterstützung (z. B. Begleitung zum<br />

Speisesaal, genügend Zeit) und eine<br />

motivierende Interaktions- und<br />

Umgebungsgestaltung (z. B.<br />

personale Kontinuität, erwünschte<br />

Tischgemeinschaften, Platz für<br />

Gehhilfen) während der Mahlzeiten.<br />

- unterstützt den<br />

Patienten/Bewohner mit<br />

spezifischen Gesundheitsproblemen<br />

(z. B. Dysphagie,<br />

Demenz) fachgerecht.<br />

E4 Der Patient/Bewohner hat<br />

eine umfassende und<br />

fachgerechte Unterstützung<br />

zur Sicherung der<br />

bedürfnisorientierten und<br />

bedarfsgerechten Ernährung<br />

während und auch außerhalb<br />

der üblichen Essenszeiten<br />

erhalten. Die Umgebung bei<br />

den Mahlzeiten entspricht den<br />

Bedürfnissen und dem Bedarf<br />

des Patienten/ Bewohners.


Essen in<br />

Gemeinschaft<br />

Präsentation<br />

Ressourcenfördernde<br />

Unterstützung<br />

Geschmack und<br />

Konsistenz<br />

Essbiographie<br />

DAS ESSEN SOLL ZUERST<br />

DAS AUGE ERFREUEN<br />

UND DANN DEN MAGEN.<br />

Goethe


32<br />

Feeding Assistance Needs of Long-Stay Nursing Home Residents and<br />

Staff Time to Provide Care.<br />

Simmons & Schnelle 2006 Journal of the American Geriatrics Society 54 (6) , 919–924<br />

Durchschnittlicher<br />

Zeitaufwand<br />

35-40 Minuten


Assessment of nutritional status among residents in a Danish nursing<br />

home-health effects of a formulated food and meal policy<br />

Kuosam K., et al (2008) Journal of Clinical Nursing, S. 2288-2293<br />

Policy (Richtlinie)<br />

1. Screening (MNA-SF), bzw. Assessment der<br />

Bewohner alle 3 Monate. Dies beinhaltet<br />

regelmäßige Gewichtsmessung und<br />

Beobachtung des Appetits.<br />

2. Bei Erkennung eines Ernährungsrisikos erfolgt<br />

eine individuelle Pflegeplanung. Eine<br />

Bezugsperson wird ausgewählt welche sicher<br />

stellt, dass zusätzliche Mahlzeiten bereitgestellt<br />

und angeboten werden. Weiterhin wird die<br />

Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme<br />

engmaschig beobachtet, Lieblingsspeisen<br />

ausgewählt und die angepasste Unterstützung<br />

beim Essen und Trinken gewährleistet.<br />

3. Regelmäßige Fallbesprechungen<br />

4. Die Richtlinie ist integriert in das<br />

Bezugspflegesystem.<br />

Study<br />

periods<br />

1st quarter<br />

2nd quarter<br />

3rd quarter<br />

4th quarter<br />

5th quarter<br />

Average weight changes in kg (SD)<br />

-1,4 (3,0)<br />

0,1 (4,5)<br />

0,4 (2,6)<br />

1,5 (2,9)<br />

0,7 (1,8)


34<br />

Pflegeoasen<br />

Kernidee der Pflegeoase:<br />

1. durch das Raumprogramm: Sechs bis acht Personen leben in<br />

einem großen Raum zusammen; geschützte Privatbereiche werden<br />

durch Raumteiler wie Paravents und Schränke ermöglicht…..<br />

2. durch die kontinuierliche Präsenz von Pflegenden: Diese nehmen<br />

die Bedürfnisse der Bewohner direkt wahr und können darauf<br />

reagieren.<br />

Rutenkröger A. Kuhn C. (2008) „Im Blick haben“ Evaluationsstudie zur Pflegeoase im Seniorenzentrum Holle.<br />

S.12<br />

Ebd. S.23<br />

Ebd. S.24


35<br />

www.demenz-support.de/materialien/Forschungsbericht_Pflegeoase_Holle.pdf


36<br />

5 Ebene: Adressatengerechte Beratung


S5 - verfügt über<br />

Informations-, Beratungs- und<br />

Anleitungskompetenz zur<br />

Sicherstellung einer<br />

bedürfnisorientierten und<br />

bedarfsgerechten Ernährung.<br />

37<br />

5 Ebene<br />

P5 - informiert und berät den<br />

Patienten/Bewohner und seine<br />

Angehörigen über Gefahren<br />

einer Mangelernährung und<br />

Möglichkeiten einer<br />

angemessenen Ernährung (z.<br />

B. Art der Unterstützung) und<br />

leitet gegebenenfalls zur<br />

Umsetzung von Maßnahmen<br />

an (z. B. im Umgang mit<br />

Hilfsmitteln).<br />

E5 Der Patient/Bewohner und<br />

seine Angehörigen sind über<br />

Risiken und Folgen einer<br />

Mangelernährung und über<br />

mögliche Interventionen<br />

informiert, beraten und<br />

gegebenenfalls angeleitet.


u Gefahren der Mangelernährung und Erkennen von<br />

Mangelernährung (z.B. Umgang mit<br />

Verzehrmengenprotokolle)<br />

u Möglichkeiten einer angemessenen Ernährung (z.B.<br />

Trinknahrung, Fingerfood)<br />

u Möglichkeiten der Unterstützung<br />

u Umgang mit Hilfsmittel bei funktionalen Einschränkungen<br />

u Individuelle Ernährungskonzepte<br />

u Keine diätische Beratung, Kompetenzbereich von<br />

Diätassistenten


39<br />

6 Ebene: Evaluation des Ernährungsmanagement


S6 - verfügt über die<br />

Kompetenz, die<br />

Angemessenheit und<br />

Wirksamkeit der eingeleiteten<br />

Maßnahmen zu beurteilen.<br />

40<br />

6 Ebene<br />

P6 - überprüft gemeinsam<br />

mit dem Patienten/Bewohner<br />

und seinen Angehörigen in<br />

individuell festzulegenden<br />

Abständen den Erfolg und die<br />

Akzeptanz der Maßnahmen<br />

und nimmt gegebenenfalls<br />

eine Neu-Einschätzung und<br />

entsprechende Veränderungen<br />

im Maßnahmenplan vor.<br />

E6 Die orale<br />

Nahrungsaufnahme des<br />

Patienten/Bewohners ist<br />

seinen Bedürfnissen und<br />

seinem Bedarf entsprechend<br />

sichergestellt.


u Keine einheitlichen Evaluationkriterien bewußt festgelegt,<br />

da abhängig von dem individuellen Ernährungsproblem<br />

unter Berücksichtung des Bedarfs und dem Bedürfnis.<br />

u Erkennen von Grenzen der oralen Ernährung um etwaige<br />

Erweiterung der Ernährungstherapie (z.B. künstliche<br />

Ernährung) gemeinsam mit anderen Berufsgruppen<br />

rechtzeitig einleiten zu können.<br />

u Ethische Begründung wenn von einer Ausweitung der<br />

Therapie Abstand genommen wird, dass heißt z.B. bei<br />

Verzicht von Gewichtskontrollen in der Sterbephase oder<br />

bei großen Belastungen durch den Wiegevorgang.


Pflegeplanung: Zielformulierung Trinkmenge 1,5l<br />

Trinkprotokoll:<br />

1.6. 1250 ml<br />

2.6. 850 ml<br />

3.6. 1560 ml<br />

4.6. 1450 ml<br />

5.6. 1200 ml<br />

6.6. 1150 ml<br />

7.6. 1550 ml<br />

8.6. 1300 ml<br />

9.6. 900 ml<br />

10.6. 950 ml<br />

11.6. 720 ml<br />

12.6 1600 ml<br />

13.6. 1100 ml<br />

14.6. 1300 ml


Autonomie<br />

Der Verzicht auf eine bedarfsgerechte<br />

Nahrungszufuhr, insbesondere mit<br />

invasiven Maßnahmen (PEG-Sonde)<br />

ist auf Grundlage der Ermittlung des<br />

(mutmaßlichen) Willens (z.B.<br />

Patientenverfügung, Ergebnis einer<br />

ethischen Fallbesprechung) möglich,<br />

wenn diese Entscheidung<br />

nachvollziehbar dokumentiert ist.<br />

Hunger muss aber grundsätzlich<br />

gestillt werden.


44<br />

www.stmas.bayern.de


Das Lachen ist der Lebenskraft zuträglich, denn es fördert die Verdauung.<br />

Immanuel Kant<br />

Ein 95-jähriger Mann, der unter<br />

schweren Depressionen litt, wurde in ein<br />

Krankenhaus eingeliefert. Er hatte seit<br />

Tagen weder etwas gegessen noch ein<br />

einziges Wort gesprochen. Die Ärzte<br />

waren sehr beunruhigt, da sie fürchteten,<br />

er würde bald sterben. Da betrat ein<br />

Clown das Krankenzimmer, und nach<br />

einer halben Stunde hatte er den Mann<br />

so weit gebracht, dass er wieder sprach,<br />

lachte und aß. Er lebte noch mehrere<br />

Jahre. (Fallbeispiel nach Moody)<br />

Aus dem Artikel: Wer lacht dämmert nicht vor sich ihn. Von Prof. Dr. Dr. Rolf D. Hirsch in<br />

Pro/Alter 3/07 Kuratorium Deutsche Altershilfe


Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, oder doch?<br />

Die technokratisierung eines menschlichen Bedürfnisses<br />

Bedarf/Management/Therapie<br />

u Indikatoren<br />

u Ernährungsstatus<br />

u Ernährungspläne<br />

u „Astronautenkost“<br />

u Behandlung<br />

Bedürfnis/Spontanität/Zulassen können<br />

u Gemeinschaft<br />

u Genuss und Freude beim Essen<br />

u Egal was, Hauptsache es schmeckt<br />

u Hausmannskost und Slow Food<br />

u Palliative Begleitung


christian.kolb@mdk-bayern.de

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