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Journal Franz Weber Nr. 98 - Fondation Franz Weber

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26 JFW | Tiere<br />

Als Verdauungshilfe für die Würmer streut Giessbach-Gärtnerin Karin Siegfried Sand<br />

über ihre Kompostmiete.<br />

rial wird durch Bewegungen<br />

des Wurmmagens und durch<br />

kleine Sandkörnchen, die der<br />

Wurm ebenfalls aufgenommen<br />

hat, zermahlen. Dadurch<br />

kann das Tier kleinste,<br />

auf-geschlossene Nahrungsteilchen<br />

zur Energiegewinnung<br />

und zum Überleben aufneh-men.<br />

Mit diesem Verdauungsvorgang,<br />

der entfernt an<br />

den eines Hühnermagens erinnert,<br />

entsteht gleichzeitig<br />

feinstes, mineralreiches Gesteinsmehl<br />

fast auf molekularer<br />

Ebene, weil sich die<br />

Sandkörnchen gegenseitig<br />

aufreiben.<br />

«Doch damit nicht genug», ergänzt<br />

Jean-Denis Godet. Der<br />

Schweizer Biologe, der vor allem<br />

für seine Pflanzenführer<br />

in Buchform bekannt geworden<br />

ist, untersuchte Kompostwürmer<br />

während mehreren<br />

Jahren: «Wurmhumus ist steril<br />

und enthält nach Studien aus<br />

den USA sogar geringe Mengen<br />

natürlicher Antibiotika.»<br />

Godet gerät ins Schwärmen ob<br />

all der Vorteile der Wurmerde.<br />

Als Topferde mache sie weissen<br />

Fliegen und anderen ungebetenen<br />

Gästen den Garaus.<br />

«Und die Pflanzen wachsen rascher<br />

und schöner.» Die<br />

Wurmkomposterde habe aber<br />

noch einen weiteren Vorteil:<br />

«Während eine normale Kompostmiete<br />

zur Umwandlung in<br />

fruchtbare Erde etwa zwei Jahre<br />

benötigt, schaffen die Mistwürmer<br />

eine bessere Qualität<br />

in weniger als der halben Zeit»,<br />

verrät Godet.<br />

Kräftige Pflanzen<br />

Diese Vorzüge kann auch<br />

Wurmfarm-Pionier Hans Fuhrer<br />

bestätigen: «Die durch den<br />

Verdauungsvorgang des Re-<br />

genwurms zerriebenen mineralischen<br />

Anteile stehen in<br />

grosser Menge als Kieselsäure<br />

zur Verfügung. Dies dient der<br />

Aushärtung der Blattoberfläche<br />

und verhilft zu mehr Widerstandskraft<br />

gegen Windbruch,<br />

stechende und saugende<br />

Insekten oder Blattkrankheiten.»<br />

Wurmhumus<br />

verbessere die Bodenqualität<br />

durch die Stabilität der Krümelstruktur,<br />

des «Ton-Humus<br />

Komplex» und durch die aktiven<br />

Mikroorganismen. «Wurmerde<br />

versorgt die Pflanzen<br />

langfristig mit Haupt- und Spurenelementen<br />

und unterdrückt<br />

Krankheiten wegen der<br />

grossen Mengen des Bakteriums<br />

Pseudomonas fluorescens.»<br />

Diesen Herbst führt das<br />

Forschungsinstitut für biologischen<br />

Landbau FiBL einen<br />

Versuch mit der Wurmerde<br />

aus Aeschi durch, der diese<br />

krankheitshemmende Wirkung<br />

untersuchen soll.<br />

Firma gegründet<br />

Derweil wird das Kompostwurm-Projekt<br />

weiter vorangetrieben.<br />

Im April 2011 haben<br />

Hans Fuhrer und seine Partner<br />

die Firma VermiSuisse<br />

Wurmerde GmbH gegründet.<br />

Im Handelsregister ist als<br />

Zweck die Projektentwicklung,<br />

Planung und Beteiligung<br />

an Projekten zur Nutzung von<br />

tierischen Exkrementen,<br />

pflanzlichen Rohstoffen, organischen<br />

Abfallprodukten<br />

zwecks Produktion von Wurmerde<br />

und Nebenprodukten<br />

davon genannt.<br />

Mittlerweile konnte Hans<br />

Fuhrer bereits mehr als<br />

<strong>Nr</strong> <strong>98</strong> Oktober | November | Dezember 2011<br />

zehntausend Liter feinste<br />

Wurmerde gewinnen. Der<br />

Folientunnel, in welchem es<br />

angenehm erdig riecht und<br />

nicht eine Fliege umherschwirrt,<br />

ermöglicht durch<br />

seine Klimatisierung mittels<br />

Sonnenkollektoren eine<br />

gleichmässige Wurmhumusproduktion<br />

das ganze Jahr<br />

über. Nun will sich das Vermisuisse-Team<br />

vor allem um<br />

die Vermarktung kümmern.<br />

Vom Einheimischen, der mit<br />

dem «Chesseli» etwas Wurmerde<br />

für die Geranienkistchen<br />

holt, bis zum Grossabnehmer<br />

im Tonnagenbereich<br />

sind alle Kunden<br />

willkommen. Würden sich<br />

Grosskunden melden, wäre<br />

auch bald ein Ausbau des bestehenden<br />

Folientunnels angesagt.<br />

«Alles in allem bin ich überzeugt,<br />

dass unsere Idee nicht<br />

nur ökologisch, sondern<br />

auch ökonomisch Zukunft<br />

hat», meint Hans Fuhrer.<br />

Nun gelte es, mit diesem in<br />

der Schweiz bislang einmaligen<br />

Pionierprojekt die nötigen<br />

Erfahrungen zu sammeln.<br />

«Learning by doing.»<br />

Käme es anders als Fuhrers<br />

optimistische Prognose,<br />

würde ihn dies gewiss «wurmen».<br />

«Doch nur wer wagt,<br />

gewinnt. Wir werden gewinnen!»<br />

■<br />

Mehr Infos:<br />

www.vermisuisse.ch,<br />

Biobetrieb «Spittel»,<br />

Esther und Hans Fuhrer,<br />

Zwygartenstrasse 57,<br />

3703 Aeschi bei Spiez,<br />

Telefon 033 654 89 35<br />

Kompostierung auf dem Giessbach-Gelände<br />

Mittlerweile hat sich auch Giessbach-Gärtnerin Karin Siegfried über den Wurmhumus<br />

informiert. Die Kompostmieten, die auf ihre Initiative hin vor einigen Jahren auf<br />

dem Giessbach-Gelände entstanden sind, bestreut sie künftig regelmässig mit<br />

etwas Sand. «Das soll die Verdauungstätigkeit dieser wunderbaren, faszinierenden<br />

und lebenswichtigen Tiere in unserem Boden unterstützen.»

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