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1995 - Landzunft Regensdorf

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Nochmals von alten Glocken in <strong>Regensdorf</strong><br />

von Lucas Wüthrich<br />

Im letzten Zunftblatt (1994, S.10—13) wurde über die Re<br />

gensdorfer Glocken im alten Schulhäuschen von Watt<br />

und auf dem Torgebäude der dem Abbruch geweihten<br />

Strafanstalt erzählt. Zum damals Vorgebrachten sind in<br />

der Zwischenzeit eine ganze Reihe neuer Erkenntnisse<br />

gekommen, die wohl für alle, die am alten <strong>Regensdorf</strong><br />

Anteil nehmen, von Interesse sein dürften. Erstmals kön<br />

nen die ehemaligen Glocken der reformierten Kirche, die<br />

1917 einem neuen Geläute weichen mussten, vogestellt<br />

werden, und die Geschichte der Glocke auf dem Torge<br />

bäude der Strafanstalt wird aufgedeckt.<br />

Das neue und alte Geläute der <strong>Regensdorf</strong>er Kirche<br />

Am 6. Juni 1915 durfte die reformierte Kirchgemeinde<br />

versammlung die gute Nachricht zur Kenntnis nehmen,<br />

dass «ein im Ausland wohnhafter Bürger hiesiger Ge<br />

meinde, der nicht genannt sein will« offeriert habe, ein<br />

neues Geläute und eine neue Turmuhr zu schenken. Mit<br />

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Giacomo Gossweiler bei der Glockenweihe vom 12. Septemeber<br />

1915 neben den alten Glocken im alten Glockenstuhl (hinten das<br />

alte Schulhaus).<br />

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7.<br />

der Glockengiesserei Rüetschi in Aarau sei zur Ersetzung<br />

der alten Glocken bereits ein Vertrag abgeschlossen wor<br />

den, welcher der Kirchgemeinde zur Kenntnisnahme vor<br />

gelegt wird. Es handelte sich um ein minutiös und offen<br />

bar von Fachleuten abgefasstes Dokument. Danach<br />

hatte man bei Rüetschi vier Glockenbestellt:<br />

1. Glocke Ton d ca. 1800 Kg, 2. Glocke Ton f ca. 1000 Kg,<br />

3. Glocke Ton g ca. 750 Kg, 4. Glocke Ton b ca. 450 Kg,<br />

zusammen 4050 Kg. Bei Mindergewicht hätte Rüetschi<br />

Fr. 3.80 pro Kg in Abzug zu bringen, ein Mehrgewicht<br />

hätte er nicht berechnen dürfen. Als Legierung wurden<br />

78% Kupfer und 22 % Zinn vorgeschrieben, die Glocken-<br />

inschriften und Zierbilder würden noch bekanntgegeben.<br />

Im Vertrag sind alle Details der Aufhängung, des Trans<br />

ports und der Haftung bei Montierung und Unfall gere<br />

gelt; auch die Prüfung der Glocken durch eine von der<br />

Auftraggeberin zu zwei Dritteln und von der Giesserei<br />

zu einem Drittel bestellten Kommisson wird vorgeschrie<br />

ben. Die alten Glocken sollte Rüetschi für Fr. 2.50 per<br />

Kilo zurücknehmen. Als Gesamtpreis vereinbarte man<br />

Fr. 19000.—.<br />

Der Donator, dessen Name sich übrigens nicht lange ver<br />

heimlichen liess, nahm zu dem Vetrag Punkt für Punkt<br />

Stellung, was zeigt, dass er in solchen Geschäftssachen<br />

versiert war und sich kein X für ein U vormachen liess.<br />

Dass diese Vorsicht berechtigt war, sollte sich am<br />

Schluss der ganzen Aktion noch herausstellen. Er fügte<br />

dem Vertrag folgende Nachträge hinzu: «Die Stimmung<br />

der Glocken soll der europäischen Normalstimmung ent<br />

sprechen (ä gleich 870 Schwingungen), eine Abweichung<br />

nach oben ist unzulässig; jede Glocke soll den Hauptton<br />

kräftig & rein zum Ausdruck bringen, die Haupttöne sol<br />

len konsonant zum Grundton sein & störende Nebentöne<br />

fehlen; die Stimmung der Glocken unter sich muss genau<br />

die vorgeschriebenen Jntervalle ergeben; Glocken, wel<br />

che diesen Anforderungen nicht entsprechen sollten,<br />

sind von der Annahme auszuschliessen und vom<br />

Glockengiesser durch tadellose zu ersetzen, ehe das<br />

Geläute angenommen wird und abgeliefert werden darf;<br />

die Legirung soll bis auf 1 % Toleranz der Vorschrift ent<br />

sprechen; an Zahlungsstatt übernimmt im Weitern der<br />

Glockengiesser die Eisenteile der Ausrüstung der alten<br />

Glocken zum Preise von sechs Rappen das Kg.« Man<br />

hatte, wie man sieht, sich in jener Zeit die Sponsoren<br />

noch nicht so weit erzogen, dass sie blindlings zahlten.<br />

Der Stifter, ein erfolgreicher Geschäftsmann, muss neben<br />

seiner Grosszügigkeit ein gewitzigter Rappenspalter ge<br />

wesen sein. Er entpuppte sich als der in Piemont als<br />

Nagelfabrikant zu Wohlhabenheit gekommene, ledig<br />

gebliebene Auslandsregensdorfer Giacomo Gossweiler<br />

(1852—1917), der vor seinem Lebensende für die Heimat-<br />

gemeinde noch etwas Gutes tun wollte. Zu seinen Ehren<br />

hat man später am Brunnnen im Kirchhof eine Gedenk<br />

tafel angebracht.

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